Nikolaos nahm sich eine Dattel und zerkaute sie langsam. Auch nahm er einen weiteren Schluck des kühlen Weines. Seine Warnung hatte offenbar Wirkung auf das Oberhaupt der Familie der Bantotaken gezeigt, auf welche Weise auch immer. Aber die Entscheidung schien dem jungen Mann nicht leichtzufallen. Da war es nur zu gut, dass Nikolaos in Bezug auf Ánthimos Milde gezeigt hatte.
Der Gastgeber biss in eine Feige, die mit Honig überzogen und mit Anis gespickt war. Fast geräuschlos kaute er auf der Frucht. Süßer Saft rann ihm die Kehle hinab und vermischte sich mit den letzten Tropfen Wein.
Im Garten sangen und krächszten Vögel. Sperlinge waren da, die leicht in der Luft zu tanzen schienen. Am kreisrunden Teich stolzierten zwei Ibisse, wie reiche Bürgerinnen der Stadt zuweilen am Hafen. In der Luft flatterten Bienen und Schmetterlinge umher, aber auch Mückenschwärme.
Dass der Gast ihn bezichtigte, aus gewissen anderen Gründen ihm das Angebot unterbreitet zu haben, ließ den Gastgeber aufhorchen. Er sah Timótheos freundlich an, dabei aber mit einem durchdringenden, prüfenden Blick, fast wie der eines Vaters, der dem Sohn in einer peinlichen Angelegenheit auf die Schliche gekommen war.
"Es nicht so, dass ich von einem geplanten Anschlag auf eure Familie wüsste.", sagte Nikolaos ernst, aber mit einem süffisanten Lächeln. "In einem solchen Fall hätte ich euch sofort gewarnt, und nicht dich zunächst eingeladen und dir jenen Vorschlag unterbreitet."
Er sah sein Gegenüber nachdenklich an. Einer der Ibisse stakste auf das Peristylon zu, auf den Abschnitt, in dem die beiden Sessel standen. Er krächszte und schlug mit seinem langen, gebogenen Schnabel gegen den Sessel des Gastes.
"Sie sind schon ganz zahm.", sagte Nikolaos plötzlich, wie in Gedanken versunken und gab dem Ibis einen Wink, woraufhin dieser wieder zum Teich zurückstakste.
Konzentriert wandte er sich wieder dem Gast zu.
"Timótheos, als Strategos bekämpfst du das Verbrechen in der Stadt. Das ist eine sehr ehrenvolle Aufgabe, aber auch eine sehr gefährliche. Ohne den Schutz gewisser Männer ist dieses Amt nicht nur für den Inhaber, sondern auch für die Seinen nicht ungefährlich."
Er blickte dem Gast lange schweigend in die Augen, ehe er weitersprach.
"Ánthimos, dein ehrenwerter Bruder, wurde bis vor kurzem vom berühmten und verdienstvollen Mithridates gefördert. Leider ist der ehrenwerte Mithridates, wie ich kürzlich erfahren musste, einem Unfall zum Opfer gefallen."
Wieder ein durchdringender Blick.
"Damit hat euer edles Geschlecht keinen Beschützer mehr. Bitte verzeihe mir die drastische Formulierung: Ihr seid damit gewissermaßen Freiwild. Vielleicht weihte euch der ehrenwerte Mithridates nie in seine Geschäfte ein, aber er soll ein Mann mit weitreichenden Kontakten gewesen sein. Mit Kontakten in Kreise, auf die ich selbst weniger Einfluss habe, als er es hatte."
Wieder eine Pause. Nikolaos wollte dem Gast Gelegenheit geben, die Dringlichkeit zu erkennen.
"Nichtsdestotrotz kann ich euch Schutz bieten. Freilich nur bieten, ihr seid freie Bürger und müsst selbst wählen."