Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Aufmerksam hörte der Gymnasiarchos seinem Gast zu.


    "Mir scheint, du hast hohe Ziele, werter Leonidas Kleomenes. Das ist einerseits gut, andererseits solltest du darüber nicht das Maß verlieren.", sagte er bedächtig und faltete die Hände vor der Brust.
    "Es ist allerdings gut, dass du bereits klare Vorstellungen hast, wennauch du natürlich nicht vergessen solltest, dass du diese an die Wirklichkeit anpassen, ja manchmal sogar über den Haufen werfen musst."
    Er sah seinen Gast an.
    "Mit dem Amt des Strategos ist es so eine Sache. Der derzeitige Träger hat sehr viel für die Stadtwache getan, sie ist gewissermaßen sein Werk der letzten beiden Jahre."
    Wieder ein nachdenklicher Blick
    "Ich kann für dich ein Treffen mit ihm arrangieren. Sein Name ist Cleonymus. Ich denke, wenn er die Gelegenheit hat, dich kennenzulernen, ist er vielleicht bereit, sein Amt in deine Hände zu übergeben, beziehungsweise dich dabei zu unterstützen, in dieses Amt gewählt zu werden."
    Eine Kunstpause.
    "Allerdings wäre es gut, wenn du vielleicht eine Alternative benennen könntest, sollte Cleonymus diese Möglichkeit nicht für gut heißen. Auch deine Vorstellungen über Gesetzesänderungen interessieren mich. Es ist immer gut, wenn ein frischer Geist in die Polis kommt, um alten Staub fortzublasen."

    Auf die Antwort des Markus hätte Nikolaos fast ungläubig den Kopf geschüttelt. Wozu um alles in der Welt ist er dann hier? Nikolaos war innerlich beinahe persönlich gekränkt. Er hatte fest damit gerechnet, dass sich Markus für ein Amt zur Verfügung stellen würde, vielleicht für das des Strategos, um Cleonymus die Abgabe der Stadtwache leichter zu machen und ihm den Weg nach oben zu -
    Nikolaos behielt die Fassung. Was will er von seinem basileus, wenn er doch ein Verbannter ist? Warum fühlt er sich einem König verpflichtet, wenn er doch ein freier Bürger sein kann? Das typisch hellenische Weltbild des Nikolaos erhielt einen tiefen Riss. Er glaubte, Markus nicht mehr trauen zu können. Womöglich war er nur dazu in Alexandria, um die Stadt und die Provinz der Rhomäer auszuspähen, auf dass sein Herrscher mit seinen Truppen in der Stadt mordend und brandschatzend einfallen würde, bald, vielleicht in wenigen Wochen... .
    Daher war Markus Achilleos derart geizig mit seiner Erfahrung! Deshalb drückte er sich darum, seine ominösen Schriften zu übersetzen. Und selbst wenn er sie übersetzte, wäre sein Übersetzung sicher nur ein Vorwand, in Wirklichkeit hatte er lediglich im Sinn gehabt, einen ganzen Stapel von detaillierten Anwesungen und Merkblättern ins Land zu schmuggeln... .
    Nikolaos Säuerlichkeit wich blankem Entsetzen. Oder gab es gar keinen Herrscher von Chin und keine Schriften und Markus war nur ein gewöhnlicher Wahnsinniger?
    Hätte Nikolaos einen Weg gewusst, den Mann höflich aus dem Haus zu jagen, wäre er ihn ohne zu zögern gegangen. Unhöflichkeit Markus gegenüber scheute er hingegen. Wenn dieser wahnsinnig war, würde er sicher nicht davor zurückschrecken, im Zorn ein Messer zu ziehen - wenn er ein Spion war, würde er sicher den Truppen seines Herrschers zuerst den Weg zu Nikolaos Haus zeigen... In allen anderen Fällen würde er vielleicht zu Mithridates Castor laufen... Kannte er Mithridates Castor? Konnte er überhaupt um die Gegnerschaft wissen?
    Nikolaos beschloss, auf jeden Fall vorsichtig zu sein und den Mann im Auge zu behalten. Daher ließ er sich äußerlich von seiner Bestürzung nichts anmerken. Vielleicht konnte er Markus, auch wenn dieser kein Amt im Sinne des Nikolaos ausführen wollte, dazu bringen, wenigstens in der nächsten Volksversammlung im Sinne Nikolaos' seine Hand zu heben.


    "Eine Akademie?" Jetzt erst, als der anfängliche Schrecken abgeklungen war, witterte Nikolaos die Konkurrenz, die dieser Gelehrte damit sowohl dem Museion als auch dem Gymnasion machte. "Darf ich fragen, um was für eine Art von Akademie es sich handelt?", fragte Nikolaos freundlich und unverbindlich.
    Schade bloß, dass Cleonymus mit diesem Mann gutfreund zu sein schien, sonst hätte Nikolaos ihn und seine Stadtwache auf Markus angesetzt. Er ist mir von Anfang an eigenartig vorgekommen... Er lächelte Markus zu und sein Lächeln gelang ihm erstaunlich echt.


    "Ich fürchte, werter Cleonymus, das ist nicht möglich. Auch wenn es sich zum Beispiel in deinem Fall anbieten würde, ich dachte da an das Amt des Strategos und an das des Kosmetes, beides Ämter, glaube ich, die bei dir in guten Händen wären."
    Dass die Vereinigung zweier höchster Staatsämter auf eine Person einen groben Verstoß gegen die Grundsätze der Polis, vor allem gegen den der Isonomie, bedeuten würde, verschwieg Nikolaos. Auch, dass ein solcher Vorschlag, in der Volksversammlung geäußert, unweigerlich lauten Protest und die Forderung nach Verbannung oder ähnlichem hervorgerufen hätte.
    "Es ist bedauerlich, dass du, werter Markos, kein Staatsamt auf dich nehmen möchtest. Ansonsten hätte ich vorgeschlagen, dass Cleonymus bei der nächsten Ekklesia Kosmetes wird, Markus das Amt des Strategos übernimmt, damit die Stadtwache nach wie vor in guten Händen ist."
    Dass sie das bei Markus wäre, bezweifelte Nikolaos natürlich nun. Und daran, dass es wenig klug wäre, einen Spion eines Barbarenfürsten in einem dunklen Reich irgendwo in fernen Gefilden eine Stadtmiliz anzuvertrauen, wollte Nikolaos gar nicht denken. Wobei Alexandria entweder ohnehin verloren wäre, oder aber die Rhomäer sich ohnehin als die Stärkeren erweisen würden.
    "Sehr bedauerlich. Zumal es mir eine Freude wäre, dich, lieber Cleonymus als Kosmetes zu sehen. Oder welches Amt meintest du mit dem zweiten? Ich gehe doch davon aus, dass eines des Strategos gewesen wäre?"

    "Das ist sehr löblich von dir, Cleonymus. Ich hoffe nicht, dass es gesundheitliche Gründe sind, die die ehrenwerte Iunia Urgulania daran hindern, zu erscheinen. Vielleicht aber hast du Recht, und sie ist bereits auf dem Weg, der immerhin kein kurzer und kein unbeschwerlicher ist."


    Nikolaos hatte viele gute Eigenschaften, doch Geduld hatte er nicht. Da er jedoch auf den guten Willen des anderen Gelehrten angewiesen war, musste er sich darin wohl oder übel üben.


    "Ich werde mich gedulden, auch wenn ich, wie du mir hoffentlich nicht übel nimmst, sehr gespannt bin auf dein Werk.
    Ich kenne schließlich nur die Welt von uns Hellenen und die der Rhomäer. Wo wir wieder bei einem leidigen, aber leider unvermeidlichen Thema wären."


    Er sah seine beiden Mitstreiter an.


    "Die Pyrtanie neigt sich dem Ende zu und wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Arbeit zum Wohl der Stadt in Zukunft gestalten."

    Das war eine durchaus gelungene Antwort. Zufrieden nickte der Gymnasiarchos.
    "Mir scheint, du hast schon viel über die wesentlichen Dinge im Leben eines tugendhaften Bürgers erfahren und eine ausgezeichnete Erziehung genossen, werter Thimótheos. Wenn du später als Bürger so handelst, wie dein Wissen es dir vorgibt, hat die Polis in dir einen vortrefflichen Bürger gewonnen." Er sah sich in der Runde um. "An ihm-" Er nickte in Richtung des Thimótheos. "Und an ihr-" Er deutete auf Penelope. "-könnt ihr euch alle ein Vorbild nehmen. Wenn ihr alle so eifrig lernen würdet, könnte ich ständig Feste organisieren für die Polis.", tadelte er die anderen Schüler wohlwollend. "Doch dabei dürfen wir natürlich nicht vergessen, dass das Wissen um die Richtigkeit oder Falschheit einer Handlung und das richtige Handeln zwei unterschiedliche Dinge sind. Zwar wird das Zweite durch das Erste bedingt, doch die Anwesenheit des Ersten hat nicht die des Zweiten als notwendige Folge." Er sah jeden Einzelnen an. "Daher wollen wir nicht nur reden, sondern auch - wenngleich im Kleinen und eher modellhaft und symbolisch als praktisch, zudem die einige Bedingungen der Wirklichkeit vernachlässigend - handeln. Wir werden heute den beiden Göttern, denen diese Anlage geweiht ist, Opfer darbringen. In die Tempel selbst werde ich euch nicht mitnehmen, da ihr keine Priester seid. Ich will jedoch das Opfer zum Anlass nehmen, über einige Dinge bezüglich unserer Götter mit euch zu sprechen. Ich werde euch gleich in die Stadt entlassen, auf dass ihr, mit Geld, dass ich euch gleich geben werde, kleine Opfergaben kauft, wobei ihr achtgeben müsst, den Göttern gute Dinge zu schenken, die ihr Wohlgefallen erregen.
    Zuvor jedoch sagt, welche beiden Götter ich meine. Beachtet dabei auch die Unterschiede zwischen Arten von Göttern, die Thimótheos so treffend herausgestellt hat, und beschreibt mir dann kurz, welche Taten sie vollbracht haben, was ihr Charakter jeweils ist. Einige Beispiele genügen. Möchte jemand mit einem der beiden den Anfang machen?"
    Er blickte sich in der Runde um.

    "Chaire, Leonidas." An den Namen hatte sich Nikolaos gerade noch erinnern können. Einige Tage später wäre er ihm sicher entfallen, so okkupiert war sein Geist mit anderen Dingen. Seine kränkliche Konstitution und seine Neigung zu Nervenschmerzen trug nicht gerade zur Verbesserung dieses Misstandes bei.
    "Sei mir willkommen. Aber wir wollen uns nicht lange mit Höflichkeiten aufhalten. Bitte sage mir, wie du dir dein Fortkommen im Staat genau vorstellst."

    "Es freut mich umso mehr, dich kennenzulernen, Leonidas Kleomenes." Nikolaos lächelte wohlwollend. "Nun, du erlangst ein Amt, indem es dir Bürger auferlegen.", flüsterte er ohne Ironie in der Stimme. "Natürlich sind im Grunde die Bürger immer froh, wenn sich jemand dafür bereit erklärt, ohne dass er dazu gedrängt werden muss. Jedoch ist es unerlässlich, zuvor an die richtigen Männer zu geraten."
    Er musterte den Mann, dessen Alter einzuschätzen Nikolaos schwer fiel.
    "Über mich kann ich dir sagen, dass ich dir helfen kann. Davor müsste ich natürlich wissen, welche Ambitionen du genau hast. Vielleicht sollten wir aber diesen Vortrag nicht weiter mit Seitengesprächen stören. Ich schlage vor, dass wir uns im Anschluss hieran, natürlich nur, wenn du Zeit dafür hast, treffen, um alles weitere zu besprechen."
    Er warf einen Blick in Richtung des Markus Achilleos. Er hoffte, dieser würde das kurze Nebengespräch nicht für allzu unkollegial halten.
    "Du wirst mich in meinen Arbeitsräumen auf dem Gelände des Gymnasions finden.", flüsterte er abschließend in Richtung des Leonidas Kleomenes.

    "Da du, wie ich weiß, im Begriff bist, dich im Gymnasion in den Pflichten eines Bürgers unterrichten zu lassen, würde ich dich an dieser Stelle gerne fragen, ob du bereit wärst, nach deiner Aufnahme in den Kreis der erwachsenen und vollwertigen Bürger ein Ehrenamt für die Polis auszuüben. Schließlich ist die Pyrtanie bald vorbei.", sagte Nikolaos. Das Bürschchen, das irgendwo hinter ihm stand, beachtete er nicht mehr, sondern konzentrierte sich ganz auf sein Gegenüber. "Dass eine Frau ein Ehrenamt übernimmt, ist indes nichts ungewöhnliches mehr in unserer Stadt, seit die ehrenwerte Iunia Urgulania die Bürde des Amtes eines Eutheniarchos auf sich genommen hat, dass sie mit bewundernswertem Geschick zum Wohl der Stadt ausübt."

    Nikolaos erschrak, als er von der Seite angesprochen wurde. Schnell hatte er den Schreck überwunden. "Chaire, ehrenwerter Mann", flüsterte er, um das Gespräch des Lehrers mit den übrigen Schülern und anderen Teilnehmern nicht zu stören. "Bitte sage mir, woher wir uns kennen, mein Gedächtnis ist wie ein Sieb in letzter Zeit... ."

    Nie war er einer der Keryken gewesen. Es gab keine Kerkyra. Es hatte einen Keryken gegeben -
    Frevel! Der alte Vater wie blind - der arme alte Vater - beste Erziehung - beste Erziehung - Hauslehrer und -
    Der Bewohner des Hauses glaubte in diesem Augenblick fest daran, ein Bastard zu sein, und ihm verging Hören und Sehen. Hören verging ihm wirklich, das Sehen nicht, obgleich er die Stirn in das Kissen drückte und die Lider aufeinander. Er konnte den Abendwind nicht mehr hören. Es pfiff und schrie, es schnaufte und röchelte, es klingelte in seinen Ohren.
    Der väterliche Erbteil schlug durch, sodass der Mann sich aufrichtete, sich dann auf den Boden stellte und schließlich vom Bett aufstand. Der Vorhang hing nun ungerührt herunter. Der Mann schob ihn beiseite. Es war Neumond. Die Nacht war dunkel und ungewohnt kalt.
    Frevel... Frevel...
    Er wandte sich ab und eilte zum Bett zurück. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er war nie einer der Keryken gewesen.

    Opium war gut. Doch es hatte an diesem Abend nicht den gewohnten Frieden, die gewohnte Auflösung gebracht, sondern hatte den Rausch des Weines schwarz gefärbt und bitter. Er, der Bewohner, hatte viel und unverdünnten Wein getrunken über den Papyri und den Tafeln, was sonst nicht seine Art war. Gierig hatte er getrunken und die Reste des Abendessens vom Vortag verschlungen. Wie als trotzige Antwort auf eine unausgesprochene Verfemung Für Nikolaos, den Keryken, ist jeder Tag ein Fest! hatte er seine Diener nach Hause und die Sklaven in ihre Quartiere geschickt, um dann die Reste, deren Konsistenz schon in der Auflösung begriffen war, verschlungen, als hätte er schon lange gehungert.
    Opium war gut. Doch mit den Wein wusch es Schmutz aus Gegenden, die der Bewohner des Hauses lieber unberührt gelassen hätte.
    Bei den Göttern! Kerkyra war eine Erfindung, ob irgendjemand unter diesem Namen die Erde bewohnte oder nicht. Der Frevel an ihr - Nikolaos erinnerte sich an die Empörung eines grünen Mädchens, dem er diese Geschichte einmal, selbst noch ein Bürschen und grün, aufgetischt hatte... . Kein todeswürdiges Verbrechen! Bei Isis, der Königin der Nacht und des Meeres! Kein todeswürdiges Verbrechen hatte er sich selbst in seiner Erinnerung zurecht gelegt.
    Kerkyra war eine Erfindung. Es gab keine Kerkyra.
    Hypnos hatte ihm seinen Sohn nicht geschickt in dieser Nacht. Stattdessen: Morpheus Onkel!, entfuhr es dem Bewohner, ein heiserer Schrei, doch unterdrückt vom Reflex auf die eigene Überraschung, geschriehen zu haben.
    Frevel! Frevel! Frevel! Der Wind bewegte die Vorhänge am Fenster, das zum Peristyl-Garten hinausging. Die Tür des Zimmers zum Hof auf der anderen Seite war nur angelegt. Der Mann verschloss und verriegelte sie.
    Frevel! Frevel!
    Wäre es doch nur diese Kerkyra gewesen und diese kleine Harmlosigkeit, die man sich unter guten Freunden getrost erzählen können. Der Stachelfisch nicht einmal wartete, wie in alten Zeiten, denn wo kein Gem... Verdammte -! Bald würde Tyche sicher -
    Nemesis hatte sich, so dachte er, an diesem Abend angekündigt, er hoffte, sie käme ohne Gastgesch -
    Nein, eine Kerkyra hatte es nicht gegeben. Und der Bewohner dieses großen, nachts unheimlich leeren Hauses war nie einer der Keryken gewesen.

    Nikolaos sah prüfend in die Runde, um festzustellen, ob jeder der Schüler seiner Rede gefolgt war und auch schritthalten konnte. Er hatte bemerkt, dass einer der neueren Schüler eifrig mitgeschrieben hatte, was Nikolaos positiv auffiel.


    "Nachdem ihr gelernt habt, wie ein Bürger beschaffen sein sollte und welche Pflichten er hat und wie er nicht sein sollte, steht nun die Angelegenheit des Dienstes an den Göttern in der Mitte unserer Betrachtungen."





    Sim-Off:

    Für Rl-Chaos habe ich aus eigener Erfahrung größtes Verständnis ;).

    Etwas verspätet kam Nikolaos zu der Runde im Schatten der Säulenhalle. Er hatte gesehen, dass Markus hier lehrte, und er wollte ihm dabei zuhören. Leise stellte sich Nikolaos in den Halbkreis der Hörer. Erde - Kugel - Halbkugel waren die einzigen Satzfetzen, die er gehört hatte. Es ging offenbar in diesem Gespräch um die Gestalt der Erde.

    Nikolaos begutachtete den Kassenbericht sehr genau. Ein Fehler des Agoranomos wäre ihm natürlich sehr gelegen gewesen. Doch offenbar hatte Mithridates sehr sauber und ordentlich gearbeitet, was selbst sein wahrscheinlich bester Feind ihm - Zähneknirschen hin oder her - eingestehen musste. So setzte Nikolaos zu einer Lobrede an.


    "Verehrter Agoranomos! Dir für deine Mühen und für Sorgfalt, die du dabei hast walten lassen, ausreichend zu danken, ist unmöglich. Daher bitte ich dich, diesen einem unzureichenden Dank, den ich dir, wie ich hoffe, stellvertretend für alle Kollegen und alle Bürger, entgegenbringe, nicht abzuweisen, sondern milde darüber hinwegzusehen, dass er armselig ist, angesichts deiner Wohltaten für die Stadt.
    Verehrter Agoranomos! Ich denke, auch im Namen aller kann ich dir höchstes Lob für deine Umsicht und Klugheit verehren. Ich hoffe, du bleibst der Stadt noch lange als Pyrtan erhalten.
    Von meiner Seite also gibt es überhaupt gar nichts an deiner Rechnungsführung auszusetzen."

    "Ich fürchte, du übertreibst, wenn du mich brilliant nennst und untertreibst, wenn du deine Erfahrungen als nichtig betrachtest.", meinte Nikolaos jovial. "Was deine Übersetzungen betrifft, über die ich mir sicher bin, dass sie gut sein werden, so wäre es mir ein Vergnügen, sie auch dann schon zu lesen, wenn sie noch unvollständig sind." Nur mühevoll konnte Nikolaos eine gewisse Gier und den Eifer des Gelehrten verbergen. "Vielleicht könntest du mit ihnen einmal zu mir kommen und die noch fehlenden Kommentare durch Erklärung im Gespräch ersetzen."
    Er trank einen Schluck Wein.
    "Leider werden wir uns an diesem Abend auch mit lästigen Dingen wie den Geschehnissen in unserer Stadt befassen müssen, was das Vergnügen an der Erweiterung des Wissens schmälern würde, wie es das Vergnügen am Gelage mit Sicherheit schmälern wird. Ich hoffe, es wird dennoch ein angenehmer Abend für euch. Weiß jemand von euch beiden, wo Iunia Urgulania bleibt?"

    Alexandria verliert einen verdienten Bürger mit dir :( . Schade, ich hätte gerne einen Sarapis-Kultverein mit dir gegründet... . Nun gut, mögen die elysinischen Felder dir eine angenehme Heimstatt sein.

    Sofort erschienen Diener, die das Gewünschte brachten: Aus einem Krater goß einer der Diener besten Falerner-Wein für Cleoymus und den Hausherr in grünliche und dünnwandige Glasbecher, Marcus Achilleos bekam seine Posca und einen ausladenden Klismos, der die gesamte Polsterung einer Kline auf sich zu vereinen schien. Nikolaos befremdete, dass sein Gast es vorzog, wie eine Frau oder ein minderjähriger Junge bei Tisch zu sitzen anstatt zu liegen. Doch dies wäre nicht die einzige eigenartige Gewohnheit des Markus gewesen, von der Nikolaos erfahren hätte. Wenn es im Reich Han Sitte war, mit Schwertern in Tempelanlagen herumzuwedeln, so wäre es sicher auch keine Unsitte, beim Essen zu sitzen, womöglich auf dem bloßen Boden, wie es den Barbaren nachgesagt wurde, sie täten es.


    "Ich hatte schon die Ehre, den ehrenwerten Markos kennenzulernen. Ich weiß nicht, ob es dir bekannt ist, Kleonymos, dass Markos ein brillianter Gelehrter und ein Mann ist, der wohl mehr von der Welt gesehen hat als wir beide, unsere Väter und die ganze Reihe unserer Vorväter zusammen.", meinte Nikolaos höflich.
    "Darf ich bei der Gelegenheit fragen, lieber Markos, wie weit du mit den Übersetzungen der Bücher aus dem fernen Land im Osten bist?"