Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Der Strategos schien in Bezug auf die Rhomäer etwas ahnungslos zu sein. Ihm war offenbar entgangen, dass der Eparchos die Rhomäer war. Nikolaos Gefühl, sein Günstling konnte ihm noch gefährlich werden, verstärkte sich. Er würde ihn zurück auf den rechten Weg bringen müssen. Dieser sich anbahnende Kontrollverlust behagte Nikolaos nicht. Die Gleichgültigkeit, die sich bereits eingestellt hatte, verflog wieder.
    "Vielleicht ist dir dies neu, werter Strategos, doch ich hatte mit den Rhomäern vereinbart, es würde von seiten der Polis eine Benachrichtigung an die Rhomäer gehen, sobald die Stadtwache für die Ausbildung und die Bewaffnung bereit wäre. Vielleicht könntest du kurz darlegen, inwieweit sie es zur Zeit ist. Du musst im übrigen lediglich ein Gesuch an die Rhomäer wenden, es möge nun beginnen, über die Art der Bewaffnung und den Preis sowie über das Stattfinden der Ausbildung hat die Polis mit dem Eparchos bereits Vereinbarungen getroffen. Auch wurde vom vorherigen Pyrtaneion die Übernahme der Kosten, die sich auf, soweit ich mich entsinne, fünfhundert Drachmen belaufen, bereits bewilligt. So müsstest du nicht viel mehr tun, als dich bei den Rhomäern zu melden. Doch wann dies geschehen soll, musst du entscheiden. Nur ist es ratsam, dich den Rhomäern gegenüber zur Zusammenarbeit bereit zu zeigen, denn die Vereinbarung bezüglich der Bewaffnung und der Ausbildung ist als ein Freundschaftsdienst von seiten der Rhomäer anzusehen. Ich bitte dich, dies zu bedenken."

    Nikolaos betrachtete die wohlwollende Miene des Alten zwar mit Freude, doch nicht ohne Misstrauen, was er sich jedoch nicht anmerken ließ. Sosimos hätte gute Chancen, der neue Epistates zu werden, da war es für ihn natürlich von Vorteil, junge Gelehrte als Protegeés hinter sich zu haben.
    Etwas verunsichert noch ob der plötzlichen Aufnahme als vollwertiges Mitglied in die Bruderschaft der Musen nahm Nikolaos den Papyrus entgegen. "Ich danke dir, Sosime", sagte er, vielleicht sogar mit einem Anflug echter Dankbarkeit. "Ich werde dein Vertrauen, das du in mich setztest, nicht enttäuschen." Nikolaos Hand zitterte ein wenig. Doch langsam wurde sie ruhiger. Er nickte, dem Alten seine Ehre erweisend und wartete dann auf weitere Worte, die ihm Sosimos mitgeben würde.

    Der Mann mit dem geflochtenen Bart stutzte etwas auf die Fragen des Jungen hin. Allmählich kam ihm der Kerl etwas aufdringlich vor.
    "Welche Art von Kunden? Nun, ich bin für den Fernhandel zuständig. Meist wird das Opium an andere Händler verkauft, die es wiederum weiterverkaufen im ganzen Erdkreis.", antwortete der Alte höflich.
    Sie hatten den zweiten Eingang des Gebäudes erreicht. "Chaire, Seth", rief der Mann in die offene Ladentür. "Chaire, Kye!", antwortete eine dunkle, tiefe Stimme. Kyos trat ein und gebot dem Jungen, ihm zu folgen. Hinter der Ladentür lag, durch einen dicken Vorhang vor dem Staub der Straßen geschützt, der Laden des Seth. Dieser stand gerade vor einem Regal und schien die dort stehenden Behältnisse unterschiedlicher Größe und Form zu ordnen. "Was kann ich für dich tun? Ah, du hast jemanden mitgebracht! Chaire, Junge!", sagte Seth, vom Regal aufblickend. Kyos nickte kurz zum Abschied und verschwand wieder aus dem Laden. Als sie allein waren, musterte Seth den Jungen kurz. "Womit kann ich dir helfen?", fragte er.

    Nikolaos hatte sehr wohl bemerkt, dass der vorlaute Zwerg ihm seinen einstigen Günstling abspenstig machen wollte. Doch seltsamerweise störte ihn das gar nicht. Er wollte sich ohnehin in der nächsten Pyrtanie etwas aus der Politik zurückziehen. Vollkommen natürlich nicht, denn trotz allen Überdrusses, den Nikolaos mit seinen Pflichten hatte, war die Machtgier in ihm noch nicht ganz erloschen.
    Er machte ein freundliches Gesicht. "Vielen Dank, werter Strategos.", sagte er mit gespieltem Wohlwollen. Den Passus, es fühlten es immer mehr junge Leute der Polis verpflichtet, erheiterte ihn sogar ein wenig, trotz seiner ansonsten eher finsteren und gereizten Stimmung. Damit hatte der Strategos sehr hübsch wohl umschrieben, dass von dem zwar geringen aber dennoch nicht zu verachtenden Sold stets Leute angelockt worden, die ansonsten eher zu denen gehört hätten, die aus der Stadt zu jagen oder einzusperren die Stadtwache meist beschäftigt war. "Eine Frage hätte ich jedoch noch: Wie steht es um die Bewaffnung und Ausbildung deiner Männer durch die Rhomäer? Gab es in dieser Hinsicht bereits Fortschritte? In meiner Amtszeit war es mir leider nicht vergönnt gewesen, dies zu einem Abschluss zu führen, da, wie wir alle wissen, die Aufklärung eines grausamen Verbrechen, zugleich ein ungeheurer Frevel, meine Kraft in Anspruch nahm..." Der letzte Satz erhielt einen Vorwurf, der jedoch so fein versteckt war, dass ihn kaum jemand bemerken würde.

    Ich bin die nächsten paar Woche wieder einmal nur sporadisch in der Lage, zu antworten. Wie sonst auch: Nehmt mir Wartezeiten nicht übel, und auch nicht, wenn ich auf manche Threads antworte, auf andere erst einmal nicht. Irgendwann antworte ich bestimmt ;) .

    Das scheint ganz nach einem weiteren unter den unzähligen toten historischen Rpg auszusehen... . (Einige solcher "Tode" habe ich selbst miterlebt, zum Glück scheint das IR nicht Gefahr zu laufen, von einem solchen Schicksal geschlagen zu werden ;) .)

    Ist ein Neuzeit-Charakter eigentlich Pflicht bei euch? Neuzeit-Rpgs finde ich eigentlich weniger prickelnd, da würde ich eher in eine echte Mikronation gehen. Falls es Pflicht sein sollte: Darf man ihn einfach so laufen lassen, oder gibt es eine Regel zum Verhältnis zwischen dem Aufwand und die Pflege zugunsten des Renaissance-Zeit-Charakters und des Neuzeit-Charakters?

    Ein gehässiges Grinsen konnte sich Nikolaos nicht verkneifen. Der Strategos hatte offenbar hinter Marmorsitzen versteckt geschlafen. Schnell jedoch nahm sein Gesicht einen ernsten, beinahe strengen Ausdruck an.
    "Du kannst der Polis dienen, indem dem hier versammelten Pyrtaneion darlegst, wie es um die Stadtwache steht.", antwortete Nikolaos knapp.

    Etwas pikiert hatte Nikolaos die Säulenhalle verlassen. Mit dem verkühlten Gruß hatte der Eponminatographos einen leichten Anflug von Ärger in Nikolaos ausgelöst, den er aber unterdrückte, denn ihn an sich sichtbar werden zu lassen, hätte die Würde dieser Veranstaltung befleckt. Er sah zu, wie das Opfertier der Stadt sowie sein eigenes Opfertier von den Opferhelfern mitgenommen wurden. Das Spiel der Musikanten hatte sich in seinen Ohren allmählich zu einem Dröhnen entwickelt. Die ihm sonst eigene Frömmigkeit war von Ungeduld getrübt. Nach außen hin jedoch gab er sich ehrfurchtsvoll.

    Nach dem einstigen Gymnasiarchos, dem einstigen Eponminatographos, dem einstigen Exegtes und dem einstigen Kosmetes kamen schließlich drei weitere ehemalige Pyrtanen (beziehungsweise wiedergewählte Pyrtanen) in den Genuß eines etwas verspäteten Dankes des Pyrtaneions.


    Das Pyrtaneion der Polis Alexandria dankt dem gewesenen Eutheniarchos Timokrates Kyrenaikos für dessen Verdienst um die Versorgung der Stadt, um die Pflege der Freundschaft zu den Rhomäern sowie für seine Umsicht bei der Verwaltung der Staatskasse.


    Das Pyrtaneion der Polis Alexandria dankt dem gewesenen Agoranomos Leonidas Philotas für die pflichtbewusste Erfüllung der Aufgaben seines Amtes sowie für seine gewissenhafte Aufsicht über das Vermögen der Polis.


    Das Pyrtaneion der Polis Alexandria dankt dem gewesenen Strategos Nikolaos Kerykes für dessen Einsatz um die Sicherheit in der Stadt und um die Neuordnung der Stadtwache.


    In der letzten der diplomae hatte der Exegetes lobvolle Adjektive fortgelassen, es hatte ihn bereits mit einem gewissen Unbehagen erfüllt, seine eigene Würdigung zu verfassen. Andererseits war dies im Koinon beschlossen worden.


    Nach einiger Zeit wurden die Huldigungen schließlich in Stein geschlagen.


    Sim-Off:

    Eine Inscriptio klein für Leonidas Philontantos, sobald er aus dem Exil zurück ist!


    edit: SimOff eingefügt.
    edit II: SimOff-Code korrigiert.

    Nikolaos blickte sich in der Runde um. Als er keinen Widerspruch, und mehr noch, nämlich den Zuspruch seines Gegners erntete, fuhr er fort, denn nur um so nichtiges Thema allein hätte er das Koinon sicher nicht einberufen. Vielmehr hatte es als harmloser Einstieg gedient.
    "Gut. Ich werde veranlassen, dass die versiegelten Tafeln hergestellt werden und ihrer Bestimmung zugeführt. Nun aber hätte ich gerne den Strategos gebeten, über die Fortschritte in der Ausbildung und Bewaffnung der Stadtwache Berich zu erstatten, doch wie ich sehe, ist er leider nicht hier. Weiß jemand etwas über sein Verbleiben?"

    Nikolaos hörte aufmerksam zu. Nebenbei bemerkte er, dass der Stuhl knarrte. Dieses Knarren hatte auf Nikolaos eine beunruhigende Wirkung. Der Alte schien sich ebenfalls Zeit zu lassen mit seiner Antwort. Als sie schließlich wohlwollend ausfiel, war Nikolaos erleichtert, als er von der Gelegenheit hörte, als Priester im Museion aufgenommen zu werden, spürte er eine angenehme, freudige Überraschung. Doch mit einer Antwort wartete Nikolaos, er musste angemessene Worte finden.
    "Ich danke dir, Sosime", begann er schließlich. "Ich würde mich mit Freuden der Verehrung der Musen und ihres Bruders widmen, genau wie ich es auch als Schüler tat, doch nun als ihr Priester. Natürlich werde ich weiterhin im gleichen Maße nach der Wahrheit streben, doch ich glaube, nach meiner Zeit als Schüler einige Instrumente der Suche gefunden zu haben, nicht jedoch die Wahrheit selbst. Vielleicht bleibt sie in ihrem ganzen Ausmaß uns Sterblichen verborgen. Hälst du mich für würdig, Jüngeren den Pfad zu zeigen, der in das unendliche Wegnetz der Suche führt und ihnen Ausrüstung für den langen Weg mitzugeben?"

    Nikolaos hatte wieder einmal eine Sitzung des Pytaneions einberufen.
    "Pyrtanen! Ich möchte den Vorschlag machen, allen Pyrtanen der letzten Pyrtanie Auszeichnungen zukommen zu lassen, die Zeugnis über ihren Verdienst zum Wohl der Polis ablegen. Zwar ist dies vielleicht etwas verspätet, jedoch sollte es zum Dank nie zu spät sein. Es würde sich dabei um keine aufwendige Angelegenheit handeln, einfache kleine versiegelte Klapptafeln aus Bronze dürften genügen, dennoch möchte ich euch dazu um Erlaubnis bitten." Im Grunde war dieser Anlaß sehr nichtig, was Nikolaos durchaus bewusst war. Jedoch wollte er feststellen, ob weiterhin soviele Pyrtanen ihre Pflicht, die der Teilnahme an den Sitzungen, vernachlässigten.

    Die Prozession erreichte den Platz vor dem Tempel des Basileus. Sie hielt inne. Die Klageweiber verstummten, ebenso der Schlag des Tympanions. Die Stille hielt eine Weile an, was ihr eine gespenstische Anmutung gab. Der Platz vor dem Kaisareion war gesäubert und mit Blumen geschmückt. Die üblichen Bettler waren an diesem Tag nicht hier, offenbar hatten die Schergen des Strategos sie vertrieben.
    Nikolaos ging die Treppe zur Vorhalle des Tempels hinauf. Er hoffte, der Eponminatograph würde bald aus dem Inneren des Tempels kommen, um die Opfertiere in Empfang zu nehmen.
    Auf dem Platz versprengten die Tempeldiener weiter Rosmarinwasser und ließen Räucherwerk verbrennen. Die Schwaden zogen zur Vorhalle des Tempels hinauf. Sie umhüllten Nikolaos wie Nebel und hinterließen ein dumpfes Gefühl der Betäubung.
    Ein Windstoß ging über den Platz und zerstreute die Rauchschwaden. Die Bänder aus schwargefärbter Seide, die um Kleopatras Nadeln gewickelt waren, flatterten im Wind, wie auch die Gewänder der auf dem Platz Stehenden. Als bräche sich an den steinernen Stufen des Kaisareions eine schwarze Brandung.

    Das Ansehen, dass der Rhomäer sich bei Nikolaos erworben hatte, sank schlagartig, als dieser zugab, sich nicht für Dichtung erwärmen zu können. Auch die Aussage des Soldatens über den Zweck des Erlernes fremder Sprachen enttäuschte Nikolaos in seiner neuen Hoffnung und ließ die alten Vorurteile wieder stärker werden. Für Nikolaos diente das Erlernen einer Sprache vor allem dem Erkenntnisgewinn, praktische Nutzen waren ihm zwar nicht fremd, doch sie als Antriebsfeder zu bezeichnen für eine solch edle Sache wie die Suche nach Erkenntnis kam ihm reichlich schnöde vor.
    "Sehr wohl.", sagte Nikolaos und lächelte, dem leisen neuen Anflug von Verachtung zum Trotz. "Man versteht einen Menschen erst dann, wenn man dessen Sprache spricht." Auf die etwas naive Bemerkung bezüglich der Menge der Schriften lächelte Nikolaos milde. "Und es kommen ständig Schriften hinzu. Man könnte ganze Menschenleben mit Lesen verbringen, und wäre doch nicht am Ende. Daher muss man natürlich mit Sorgfalt auswählen. Du scheinst erfahren im Umgang mit dieser Bibliothek zu sein. Das freut mich. Doch anderenfalls wäre es mir auch eine Freude gewesen, dich ein wenig herumzuführen." Er lächelte. Seine Verachtung wandelte sich nun wieder in eine freundliche Haltung, wennauch mehr die Milde, die man Kindern gegenüber zeigte. Von all diesen Regungen würde natürlich der Rhomäer nichts erfahren, Nikolaos war die ganze Zeit gleichbleibend höflich geblieben.
    "Ich fürchte, du irrst dich. Zwar gilt das Amt eines Exegetes durchaus als angesehener und ehrenhafter als das des Strategos. Jedoch ist kein Archont einem anderen weisungsbefugt, weisungsbefugt ist nur die Bürgerschaft von Alexandria. Ihrem Willen habe ich mich unterzuordnen, ihrem Willen hat sich der Strategos unterzuordnen."

    Sichtlich interessiert hörte der fette Wirt zu. Neugier war eines seiner Laster, neben vielen anderen. "Ah, Postpräfekt. Das hört sich doch sehr vornehm an.", sagte er grinsend. "Naja, ich wünsche dir alles gute für deine Arbeit und dein Fortkommen dabei." Der Wirt nahm seinen Becher und trank einen großen Schluck. "Vielleicht sieht man sich mal, in deiner Stegé, die liegt doch gleich an der Agora?" Er stürzte einen weiteren Schwall Wein in seine Kehle, offenbar war er an große Mengen Wein gewöhnt. Dann lauschte der Wirt weiter den Worten des Gastes. "Ach, du meinst den Archipyrtan? Der leitet die Volksversammlungen, trägt die Tagesordnung vor und so weiter. Wenn keiner da wäre, der für Ruhe sorgt bei diesen Veranstaltungen... " Der Wirt grinste wieder, ein Anflug eines Lachens machte sich in seiner Stimme bemerkbar. "Nun, die Verwaltung? Du meinst die der Polis? Über die der rhomäischen Provinz nebenan müsstest du besser bescheid wissen als ich. Naja, wir wählen regelmäßig Beamte, die erledigen dann alles, was so unter Verwaltung fällt. Die wiederum haben natürlich Laufburschen, Marktaufseher undsoweiter, aber das müssen die Beamten selbst bezahlen. Ist wohl ganz schön teuer, Beamter zu sein. Also ich möchte es nicht werden. Aber mich würde auch wohl kaum jemand wählen. Meine Amtsstube ist das Wirtshaus. Nun ja, vielleicht hättest du ja Spaß daran? Am Beamtersein meine ich."

    Höflich nickte Nikolaos den Pyrtanen und dem Eparchos zu, wobei er den Strategos eher streng ansah. Dann versenkte er sich wieder in gespielte Trauer. Die Prozession setzte sich in Bewegung. Die Teilnehmer schwiegen, nur vereinzelt war leises Gemurmel zu vernehmen, das jedoch übertönt wurde von den gellenden Schreien der Klageweiber, die in den Ohren schmerzten, und dem dumpfen Schlag eines Tympanions. Voran gingen Tempeldiener, die Gefäße mit Rosmarinwasser schwenkten, in denen feine Löcher waren, sodass bei den Bewegungen immer etwas von dem duftenden Wasser fein zerstäubt das Gefäß verließ und die Straße benetzte und die Luft schwängerte mit Duft, der den Gestank überdecken sollte. Andere Tempeldiener trugen Schalen mit Räucherwerk, das während der ganzen Dauer des Zuges abbrannte und gelegentlich erneuert wurde. So wurde der Trauerzug in eine Wolke aus Rosmarinwassernebel und schwerem duftenden Rauch gehüllt. Langsam näherte er sich dem Kaisareion.