Du könntest dir auch eine anständige Arbeit suchen. Viele Leute (unter anderem ich) suchen einen scriba personalis, mal als Statussymbol, mal für einen Haufen lästiger Arbeiten. Auch in einer der unzähligen Behörden des IR (Provinzverwaltung etc.) könntest du als Schreiberling einsteigen. Oder du trittst in die Legion ein, das ist aber dann eine längerfristige Entscheidung . Halte einfach deine Augen offen, irgendetwas findet sich immer.
Beiträge von Nikolaos Kerykes
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Der fette Wirt lächelte voller Wohgefallen. "Aber natürlich, werter-" Er blickte den Rhomäer an. "Ja, wie heißt du eigentlich? Mein Name ist Lyros." Am liebsten hätte er noch angefügt: Dann mal rasch her mit den Sesterzen, doch er verkniff sich dies gerade noch. Memmos tauchte am Tisch auf, schwer beladen mit zwei Tellern, auf denen die Teile von jeweils einem ganzen, fetten Huhn zerteilt und gewürzt und mit diversen Früchten garniert lagen, sowie mit einer Kanne voll duftenden mulsum. Der Wirt trat, beinahe rücksichtsvoll, zur Seite, damit Memmos seine Last abstellen konnte. Dabei stellte sich der Junge etwas ungeschickt an, sodass die Kanne mit einem lauten Schlag mit dem Boden auf die Tischplatte aus gehobelten, groben Brettern aufsetzte. Lyros sah den Jungen streng an, verkniff sich aber vor den Gästen die Ohrfeige, die er Memmos gerne verpasst hätte. Rasch und leichtfüßig verschwand Memmos wieder in Richtung des Schanktisches. "Dann lasst es euch schmecken, ihr beiden." Er wartete immer noch darauf, dass der Rhomäer endlich die sechzig Sesterzen rausrückte. Eher würde er den Tisch nicht verlassen.
Sim-Off: Gleich gibt es Angebote in der WiSim.
edit: SimOff eingefügt.
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Der Wirt lächelte verständnisvoll, als der Rhomäer einen Satz über seine Geldsorgen in Richtung des Sklavens sagte. Herr und Sklave schienen ein sehr vertrauliches Verhältnis zu haben. Erneut musste der fette Grieche schmunzeln. "Zwei Wochen also. Ich denke, da werde ich mal siebzig Drachmen von euch nehmen, weil ihr nette Gäste zu sein scheint sagen wir mal- " Er tat so, als würde er nachdenken und sah dabei zur Decke hinauf. Dann senkte er wieder den Kopf und sah den Rhomäer an"- sechzig Drachmen." Inzwischen hatten sie wieder die Gaststube erreicht. Im Gegensatz zum recht ruhigen Zimmer herrschte hier der übliche Lärm. Obgleich es noch nicht spät war, lagen bereits einige Männer und etwas zwielichtig aufgemachte Frauen mit den Oberkörpern auf Tischen. Ein bulliger Ägypter hatte alle Hände voll damit zu tun, solche Leute erst sanft, dann etwas weniger sanft dazu zu bewegen, ihm ihren Geldbeutel zu reichen, aus dem er gewissenhaft genau den geschuldeten Betrag entnahm, um ihn sogleich wieder zurückzugeben und den Gast vorsichtig vor die Tür zu setzen. Memmos kam ihnen entgegen. Der Wirt packte ihn am Halsauschnitt seiner einfachen Tunika. "Bring den Herren gebratene Hühner, beeile dich, die Herren haben großen Hunger." Mit den letzten Worten schleuderte der Wirt den armen Jungen einige Schritte in Richtung des Ausgangs zum Küchenhof. "Bitte setzt euch doch", sagte der Wirt und deutete auf einen der groben Holztische, der noch unbesetzt war und scheinbar frisch abgewischt. Er ging ebenfalls zum Tisch, schließlich wollte er das Geld für das Zimmer sogleich kassieren. Was man hatte, das konnte einem niemand mehr wegnehmen. Der fette Wirt freute sich über die zu erwartende Einnahme.
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Der Wirt lächelte zufrieden. "Wunderbar. Ich werde euch gleich ein Bett hinaufschaffen lassen, währenddessen könnt ihr euch unten stärken." Er blickte den Rhomäer an. "Für wieviel Tage möchtest du im voraus bezahlen?"
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Der Wirt konnte sich nun das Grinsen nicht mehr verkneifen. "Verzeihung", prustete er. Die kühle Bemerkung des Sklaven hatte er überhört. "Ich habe wohl zu lange über offenen Amphoren gestanden, die Dämpfe, musst du wissen... ." Dann beherrschte er sich wieder. "Gefallen dir die Zimmer?", fragte er, an den Herren gewandt. "Beide Zimmer zusammen würden zwanzig Drachmen in für jede Nacht kosten, bleibst du eine Woche hier und zahlst im voraus nur hundert für die ganze Woche. Ein Zimmer mit einem zweiten Bett für den Sklaven kann ich dir, wie schon gesagt, für vierzig Drachmen eine ganze Woche lang überlassen, für vier Wochen für vierundachtzig. Beide Zimmer auf vier Wochen bekommst du schon für hundertundvierzig Drachmen." Trotz aller Geschäftstüchtigkeit und allen Eifers, den der Wirt nun an den Tag legte, verlor er seine derbe Freundlichkeit nicht. Er klopfte dem Rhomäer noch einmal auf die Schulter. "Wenn dir diese Zimmer nicht gefallen, kann ich dir nebenan noch welche zeigen, die etwas größer sind. Weiter oben-" Er hielt den Zeigefinder in Richtung der einfache Holzdecke. "-gibt es Zimmer mit der besten Aussicht, die ihr in Alexandria finden könnt. Ganz vom Paneion abgesehen, wenn ihr eure Betten in der Vorhalle des Heiligtums auf dem Zapfen aufschlagen wollt." Der fette Grieche lachte und sein Bauch bebte unter dem Lachen. "Warst du schon einmal auf dem Paneions-Zapfen? Falls nicht, kann ich dir nur dazu raten, du überblickst die ganze Stadt von dort aus. Doch zurück zu den Zimmern. Wie gefallen sie dir?"
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Nikolaos folgte der Antwort des Kassandros aufmerksam.
"Doch bedeutet es für ein Ding, wenn es nicht nachgewiesen ist, dass es dieses Ding nicht gibt irgendwo im Kosmos?", fragte er. "Schließlich können wir nur das erkennen, was unsere Augen sehen, unsere Ohren hören, unsere Hände tasten, unsere Zunge schmeckt und unsere Nase riecht. Es ist doch möglich, dass die Götter mehr sehen, mehr hören, mehr fühlen als wir, schließlich gibt es in der Welt Dinge, die weniger erkennen als wir. Glaubst du, dass es für einen Stein die Blume gibt, die neben ihm wächst? Und für die Blume etwa den Stein? Erst die Taube, die über beides hinwegfliegt, erst der Käfer, der über den Stein auf die Blume krabbelt. Doch sieht er die ganze Wiese, auf dem der Stein liegt und die Blume wächst? Diese sieht nur die Taube über der Wiese oder aber der Mensch, der am Rande der Wiese steht und diese überblickt." -
Der Wirt lächelte. "Oh, Jungs, ich bin mir sicher, dass ich euch da helfen kann." Natürlich würde diesen Männern sicher auch jeweils ein Platz in der Besseren der Sammelunterkünfte reichen, sie schienen genügsam. Doch den Wirt beschloß, soviel Drachmen aus diesen Männern zu quetschen, wie möglich. "Ein einziges Zimmer mit zwei Betten habe ich leider nicht. Doch ihr könntet zwei Zimmer beziehen, über der Küche sind noch zwei frei, die nebeneinander liegen. Wenn ihr aber Wert darauf legen solltet, ein gemeinsames Zimmer zu haben-" Ein Grinsen erschien im feisten Gesicht des Wirtes. "-kann ich selbstverständlich auch ein Bett aus einem anderen Raum nach oben schaffen lassen. Bitte habt Verständnis dafür, dass ich dafür fünf Drachmen Aufpreis kassieren muss." Er machte ein bedauerndes Gesicht. "Also dann fünfzehn Drachmen pro Nacht für ein Zimmer mit zwei Betten. Wenn ihr euch entschließen könnt, im voraus zu bezahlen und eine ganze Woche hierbleiben wollt, dann kann ich sieben Tage für insgesamt vierzig Drachmen hier wohnen lassen. Je länger ihr bleiben wollt, desto geringer wird der Preis pro Nacht. Ab vier Wochen und auch im voraus bezahlt bekommt ihr das Zimmer für nur drei Drachmen für jede Nacht. Ihr könnt euch den Raum ja erst einmal ansehen. Bitte folgt mir, ihr beiden."
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Inzwischen war auch der Agoranomos erschienen. Nikolaos bedachte ihn mit einem Nicken. "Chaire, Agoranome.", sagte er, ebenfalls leise. Dann näherte er sich dem hässlichen Zwerg noch weiter. Zwar war Nikolaos keineswegs auf Vertraulichkeiten mit diesem Mithridates aus, im Gegenteil, doch die Situation gebot es, dass er nun flüsterte. "Wie steht es um das Opfertier? Es würde mich beruhigen, wenn ich gleich heute einen Tag für das Opfer bekannt geben könnte." Nachdem er das geflüstert hatte, nahm er wieder einen gewissen Abstand zu dem Mann ein. Zwar gab der Agoranomos keine unangenehmen Körperausdünstungen von sich, dennoch fand Nikolaos ihn abstoßend.
edit: Pleonasmus ausgemerzt.
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"Letztendlich ist "Lust" bei den Epikurern nichts anderes als die Abwesenheit von Dingen, die Leid verursachen, also im Grunde eine ähnliche Apathia wie bei der Stoa.", fügte Nikolaos noch an. "Ich glaube, Kassandre, du hast den Epikurern eine gewisse hedoné als Ziel angehängt."
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Menander, stockend: "Dann lasst uns zum Mahl schreiten, Bruder. Mein Ziehsohn -"
Lysias lachte kurz.
Menander: "Mein Ziehsohn wird uns schon erwarten."
Beide gingen ab.
In der orchestra sammelte sich inzwischen eine Gruppe von Tänzern. Zu den Klängen, die die Musikanten erzeugten, führten diese nun Tänze auf. Zuanfang sehr langsam, wie auch der Rhythmus der Auloiklänge und der Schlag des Tympanons zu stocken schien, als ahmten sie das Stocken in Menanders Stimme nach, dann wurden die Bewegungen fließender, ebenso die Melodie. Sie steigerte sich weit ins Zarte hinein, bis sie kaum noch zu vernehmen war. Dadurch wurde eine Spannung erzeugt, etwas lag in der Luft, etwas wurde durch die leisen Töne nur knapp und unsicher gehalten. Plötzlich brach eine laute, kräftige Melodie aus. Nun waren alle Instrumente beteiligt. Die Auloi nahmen zwei Stimmen ein, die Saiteninstrumente eine, das Tympanon dröhnte durch das Theater. Auf der scené hatten inzwischen Männer leise und unauffällig drei Klinen aufgebaut. Als die Lautstärke und die Wildheit der Tänze ihren Höhepunkt erreicht hatten, fiel sowohl die Melodie als auch die Körper der Tänzer in sich zusammen.
Auf der Bühne waren Lysias, Menander und Aristides zu sehen. Sie bewegten sich auf die drei Klinen zu. -
Sim-Off: "Arktos tou Aristidou" werde ich noch zuende schreiben, die übrigen Stücke, die aufgeführt werden und die übrige Handlung nur kurz beschreiben, sonst wird das Spektakel zu lang
Außerdem kann ich mir nicht in wenigen Tagen drei Tragödien, drei Komödien und drei Satirenspiele komplett ausdenken
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Menander und Lysias traten auf.
Menander: "Ist deine Freude so groß wie meine, Bruder? dich zu sehen nach zwanzig Jahren, deine Stimme zu hören, ohne Zorn?"
Lysias: "Ich glaube, meine Freude ist noch größer, denn ich habe die Freude, dir meine Tochter vorstellen zu dürfen-"
Menander erstarrte.
Lysias: "Ich vergaß, du kennst sie bereits. Doch das sei dir kein Hemmnis, sie erneut kennen zu lernen. Sie ist alt geworden, doch kaum verblüht ist ihre Schönheit, die Reife hat ihr erst recht den Kranz der Aphrodite aufgesetzt, doch du wirst selbst sehen."
Menander: "Quäle mich nicht!"
Lysias: "Ich quäle dich nicht so sehr wie du tatest."
Menander: "Bitte, um des Friedens unter diesem Dach-"
Lysias: "Ist der Frieden gefährdet auch ohne mich und meine kleine Morgenröte, die von der Insel Anthemis kam -"
Menander: "Quäle mich nicht, Bruder!"
Lysias: "-um der Versöhnung ihres Vaters mit seinem Bruder beizuwohnen, auf dass es ihr verdorrtes Herz mit dem Saft der Freude erfülle und wieder zum blühen bringe?"
Hesperis trat auf.
Hesperis: "Verzeiht mir, ich wollte euch nicht stören, nur rufen wollte ich euch, eure Mahlzeit steht im Andron bereit."
Sie verbeugte sich und trat wieder ab.
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Die Pyrtanen hatten die Ekklesia zu diesem Tag einberufen. Nikolaos war daher bereits sehr früh von seinem Landhaus aufgebrochen, so dass er beim ersten Morgenrot die Stadt erreicht hatte und vor den meisten anderern Bürgern im Theatron war. Nur einige Männer waren auch so früh erschienen, wohl um sich gute Plätze zu sichern. Die Plätze der Pyrtanen waren noch leer. Nikolaos spürte ein unangenehmes Kribbeln im Hals und in der Brust. Er hatte sehr wenig geschlafen in der letzten Nacht. Es würde ihn einiges an Überwindung kosten, die Nachricht tausenden Bürgern mitzuteilen. Er musste auf jeden Fall verhindern, dass Unruhe entstand. Seine Epheben, die schon vor ihm im Theatron gewesen waren, denn er hatte sie sehr früh hierher bestellen lassen, verteilte er auf das Theatron. Sie sollten in ihrer Nähe die Menschen beobachten und deren Reaktionen auf die Rede, die Nikolaos bald halten würde. Langsam spürte der Exegetes eine Entspannung in seinem Körper. Er hatte im Reisewagen, hinter den Vorhängen, die ihn vor Blicken und vor Staub geschützt hatten, einige Krümel Opium geschluckt. Er hoffte nur, dass der Strategos bald mit der Stadtwache anrücken würde, aber ohne es mit der Präsenz der Stadtwache zu übertreiben. Dies würde die Bürger noch mehr beunruhigen, andererseits würde die bloße Anwesenheit der Stadtwache, wenn auch sie bisher nur leichtbewaffnet war, die Menge vor Aufruhr zurückschrecken lassen. Die Menge, in seiner zweiten Pyrtanie waren die meisten Bürger nur noch dies für ihn. Selbst die Pyrtanen betrachtete er inzwischen als willenlose Werkzeuge. Die Macht, so lächerlich sie in Nikolaos Fall angesichts der Macht der Rhomäer auch sein mochte, stieg ihm schneller zu Kopf als das Opium. Doch noch konnte er beides verbergen.
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"Jedoch ist es schwierig zu erkennen, in welche Richtung die Abfolge der Stufen des Lebens geht.", sagte Nikolaos. "Hat ein Tier die Eigenschaften eines Menschens weniger des Geistes und die Pflanze die des Tieres weniger des Gefühls, und dann eben die Menschen die Eigenschaften der Götter weniger der Unsterblichkeit, oder aber werden die Eigenschaften ergänzt? Oder gibt es gar zwei Wege, einen der Stofflichkeit und einen der unstofflichen Eigenschaften, wenn man solche als vorhanden annehmen möchte? Ist gar der Stein nicht unterste Stufe der Pyramide bis hinauf zum Allgöttlichen, sondern ein Gegenpol dazu? Oder besteht das Allgöttliche gar, wenn man die Lehre von den Atomen einmal aufgreifen möchte, aus der Summe aller stofflichen Dinge dieser Welt? Dann hat also ein Stein wenige, ihm eigene Arten von Atomen, eine Pflanze die vieler Steine, ein Tier die viele Pflanzen, ein Mensch die vieler Tiere, ein Gott die vieler Menschen, Sarapis die aller männlichen Götter, das Allgöttliche die von Sarapis und Isis, und somit die der ganzen Welt? Wie du siehst, tue ich mich damit schwer, sagen zu können, wer wessen Eigenschaften hat, die niederen Dinge einige der Hohen oder die hohen alle der niederen und vielleicht einige mehr?"
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Nikolaos war unter den Zuhörern dieses Vortrags. Er hatte aufmerksam zugehört. Zunächst hatte er keine Fragen, doch dann warf der Gelehrte drei Begriffe in den Raum, ohne sie näher zu erläutern. Zwar waren sie Nikolaos durchaus geläufig, die Lehre der Stoa war ihm nicht völlig fremd, doch Nikolaos fand, dass man Begriffe erläutern sollte, denn schließlich hatte jedes Wort nur die Bedeutung, die der Zuhörer in ihm findet. Eine Zwischenfrage sparte er sich aber auf, vielleicht würde der Redner diese drei Begriffe noch weiter erläutern. Ein Ansatzpunkt für Spitzfindigkeiten hätte sich ohnehin nur im scheinbaren Widerspruch von Autarkia und dem Platz im Kosmos, dem großen Ganzen ergeben. Konnte denn ein Wesen in einem solchen System von Wirkungen und Ursachen Autarkia erreichen? Schließlich konnte sich Nikolaos nicht mehr beherrschen.
"Eine Frage hätte ich: Hier ist einerseits davon die Rede, dass jedes menschliche Wesen einen Platz im Kosmos finden soll. Das lässt sich sicher mit Unerschütterlichkeit und der Freiheit von Leidenschaften und vom Leid selbst vereinbaren, auch die Epikurer sahen dies als eine Notwendigkeit für ein glückliches Leben an, wenn auch sie es auf anderen Wegen zu erreichen versuchten. Wer einen festen Platz im Kosmos hat, kann sicher unerschütterlich sein. Doch wie kann er Autarkia erreichen in einem großen Ganzen, einem System aus Wirkungen und Ursachen? Mit einer Handlung kann jeder doch die Geschicke vieler Menschen beeinflussen. Wenn ich einen toten Hund in einen Fluss werfe, so gibt es immer einen, der daraus trinken muss. Wird er krank davon, so verändert sich doch beinahe wie zwanghaft sein Leben. Zwar ist mir durchaus bewusst, dass die Stoiker vorsehen, dass sich ein Mensch weder durch Krankheit noch durch Tod ängstigen läßt. Jedoch gibt es auch Krankheiten des Leibes, die die Seele, wenn man von einer Seele sprechen möchte, verändern. Und nun gibt es bei den Stoikern keine Seele. Also muss der Leib alles sein oder etwas, dass eine Seele wäre, muss fleischlich und stofflich sein, lässt sich also durch die Stoffe der Gifte des toten Hundes verändern." -
Nikolaos nahm die Schüssel mit etwas beinahe wie Dankbarkeit an. Der Schwindel hatte nachgelassen, doch er spürte, dass der Inhalt seines Magens nun zwischen die Zähne kroch. Schließlich gab sein Unterkiefer nach. Stinkend ergoß sich ein gelblicher Strom in die Schüssel. Die Delphine schienen sich nicht daran zu stören. Sie blieben weiter in ihrer Bewegung erstarrt. Nikolaos nahm nun die Schale selbst, riss sie dem Iatros beinahe aus den Händen. Er umklammerte sie mit allen Fingern und hielt sein Gesicht dicht darüber gebeugt. Ein weiterer Strom folgte dem ersten, dann war er gereinigt. Endlich konnte er wieder klar sehen. Doch nun wurde die Situation wirklich unerträglich für Nikolaos, denn kaum war der Schwindel und der Brechreiz verschwunden, stellte sich schon ein bohrendes Schamgefühl ein. "Verzeihung", sagte er leise und hielt den Kopf über die Schüssel gesenkt. "Bitte verzeihe mir die Unannehmlichkeiten und habe Dank für deine Hilfsbereitschaft." Dies zu sagen, demütigte den Strategos, der sich allmählich an das Befehlen gewöhnte, so sehr, dass sein bleiches, käsiges Gesicht einen roten Schatten um die Schläfen bekam. Er erhob sich, immer noch schwankend. "Ich denke, es ist besser, wenn ich nun deine Räumlichkeiten verlasse." Der Leichenduft, der auch in den Wohnraum hinüberzog, ließ die Übelkeit wieder wachsen. "Chaire, Dore.", sagte er und machte Anstalten zu gehen.
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Nikolaos erkannte den alten Gelehrten wieder. Es war jener Mann gewesen, der ihn bei seiner Aufnahme im Museion beinahe umgerannt hätte im Vorraum des Epistates und der eine gewisse Zeit lang auf der Verdächtigenliste des damaligen Strategos Alexandrinos stand, nachdem der Epistates tot im Brunnen aufgefunden worden war. Doch gewisse Spuren hatten Nikolaos damals schnell von diesem albernen Verdacht weggeführt. Schließlich war es, gerade im Museion und unter den Gelehrten, durchaus üblich, sich heftig zu streiten und dabei jegliche Regeln eines gepflegten Streitgesprächs außer acht zu lassen, ohne dass sie sich gleich die Köpfe einschlugen.
Sehr angenehme Räume hat der alte Mann, dachte Nikolaos. Auf die Aufforderung, sich zu setzen, tat er dies sogleich und sah Sosimos an. "Vielen Dank", sagte er höflich. Sosimos schien durchaus freundlich sein zu können.
"Die Abhandlung, muss ich zugeben, streift Aristoteles Texte nur am Rande. Dies vor allem im ersten Buch, das als Allgemeiner Teil überschrieben ist. Jedoch ist die Grundlage für das zweite Buch Aristoteles Poeteia, wenngleich es sich weit von der Dichtkunsttheorie entfernt und teilweise sogar die Künste der Mechanik streift. Doch bilde dir selbst dein Urteil.". sagte Nikolaos, in einem sehr bescheidenen Tonfall. Dabei sah er Sosimos prüfend ins Gesicht, ohne jedoch unhöflich zu starren.
"Ich glaube, ich lerne nun das dritte Jahr in diesen heiligen Hallen.", antwortete er bereitwillig. "Theodoros, der nun leider den Tempel der Musen verlassen hat, bleibt zu hoffen, dass er dies nicht für alle Zeit tat, hatte mir damals den Rat gegeben, nach Alexandria zu gehen. Ich hatte ihn in einer Bibliothek in der Polis der Rhomäer getroffen." Nikolaos Stimme war nicht ganz frei von einer echten Wehmut. So sehr er sich vor einiger Zeit wegen gewissen Überschneidungen der Angelegenheiten der Polis und der des Museions gestritten hatte, hatte die Anwesenheit des Theodoros ihm doch ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Weiter jedoch ließ Nikolaos seine Rede nicht schweifen, er wollte den Gelehrten nicht mit Geschwätzigkeit belästigen. Schließlich interessierte dieser sich wohl mehr für Abhandlungen über Aristoteles Poeteia denn über sentimentale Erinnerungen des Nikolaos. -
Wie auch schon die angekündigte Veranstaltung des neuen Gelehrtens, dessen Name in Nikolaos unangenehme Erinnerung weckte, würde er auch die des anderen neuen Gelehrten aufsuchen, wenn sie stattfände. Auch dieser Name kam ihm bekannt vor, Kassandros, das war doch der Sarapis-Jünger, dachte Nikolaos. Ihn interessierte allerdings, was dieser mit der Stoa am Hut hatte.
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Zum achtundzwanzigsten des Payni, ANTE DIEM IX KAL APR DCCCLVIII A.U.C. (24.3.2008/105 n.Chr.), wird das alexandrische Volk zur Ekklesia gerufen.
Nikolaos Kerykes Exegetes -
"Also ist im Grunde des System der beiden Prinzipien, männlich und weiblich, das Zerrissene und das Zusammenflickende, auch nur die Ausartung eines einzigen, ursprünglichen göttlichen Prinzips? Also sind alle Götter nichts als Ausprägungen dieses einen göttlichen Wesens?" Nikolaos hatte diesen Gedanken nicht für sein Weltbild übernommen, er bewegte sich nur bei diesem Gespräch innerhalb dieses logischen Rahmens, was durch eine leichte Skepsis, die seiner Stimme mitschwang, erkennbar war. Er nahm diese, für ihn völlig neuen, Gedanken auf wie man ein vorher nicht gekanntes Getränk probiert. "So sind vielleicht die Sterblichen selbst und alles andere, was auf dieser Welt lebt, auch nur Ausprägungen des einen Urgottes, wenn auch auf der niedersten Ebene, unterhalb der der anderen Götter, noch weiter unterhalb der beiden Prinzipien Isis und Sarapis?", fragte Nikolaos. Das war selbstverständlich keine Frage nach Wissen, sondern nach Meinung und Anschauung.