Beiträge von Nordwin

    Wie es sich gehörte, wartete ich noch, bis die Herrin den Säulengang verlassen hatte. Erst dann gestattete ich mir, mich mit einer Hand an der Wand abzustützen. Scheiße, das brannte vielleicht! Weil eh keiner zuschaute, machte ich mir auch keine Gedanken darum, dass mir - einem gestandenen Germanen! - die Knie etwas schlotterten. Ich blieb noch ein paar Sekunden stehen, dann hielt ich die Tunika vor meine Männlichkeit (über den Rücken wollte ich den rauhen Stoff noch nicht ziehen) und ging zu der Peitsche. Ich hob sie auf, rollte sie zusammen und machte mich dann auf den Weg in die Unterkünfte. Meine größte Sorge war, dass mich jemand so sehen würde... Ich brauchte Wasser und ein paar Tücher, das war alles. Aber zuerst war ein Schurz nötig, damit ich die Tunika nicht durchblutete.

    Ich gab mir redlich Mühe, keinen Laut über meine Lippen kommen zu lassen, aber als das Leder der Peitsche immer und immer wieder in bereits offene Wunden schlug und dabei brannte wie Feuer, konnte ich gepresste Laute nicht mehr unterdrücken. Das Blut rauschte in meinen Ohren, mein Körper tat weh von der Anspannung aller Muskeln und meinen Rücken spürte ich nicht mehr, Thor sei Dank. Dann blieb der nächste Schlag aus und ich entkrampfte mich etwas. Irgendwas Warmes lief unendlich langsam an meinem Hintern hinunter. Ich stand auf, wobei ich mich leicht an der Wand hinaufzog, ohne dass Ofella das aber sehen konnte. Anschließend wandte ich mich um, klaubte die Tunika vom Boden und verneigte mich leicht. "Danke, Herrin", wisperte ich und blieb so stehen, bis sie mir erlauben würde, mich zu entfernen.

    Sharif und Sabaco sicherten den Hof, als Samira vortrat und klopfte. Eins musste man ihr lassen, sie war ganz schön mutig, unf das für so ne kleine Frau. Mit vor der Brust verschränkten Armen bezog ich hinter ihr Stellung und wartete darauf, welche Gestalt uns da wohl öffnen würde, der kleine Bucklige Kerl oder die große, ungepflegte Schranze? Meinen Soll hatte ich ja erfüllt und die Damen sicher hierher gebracht.


    Natürlich hatte ich Minnas ängstliches Verhalten bemerkt. Männer riechen sowas ja, Angstschweiß der Opfer, sozusagen. Und ich gab mich natürlich auch als großer, beschützender Germane, der ich schließlich auch war. Als Minna da so neben mir stand, beugte ich mich leicht seitlich zu ihr und sagte, ohne die Tür aus den Augen zu lassen: "Keine Angst, ich werde dich beschützen." :]

    Ofella war ein Monster. Sie war das, was viele fürchteten, die frisch versklavt nach Rom kamen, teilweise noch störrisch, andere schon resigniert oder willenlos. Wenn solchen neuen Sklaven dann eine Ofella passierte, war es vorbei mit der Hoffnung auf ein besseres Sklavendasein oder die entfernt liegende Freilassung.


    Der erste Hieb kam schneller, als ich befürchtet hatte. Ich biss die Zähne aufeinander und presste die Augenlider fest aufeinander. Irgendwo vernahm ich hastige Schritte, aber der Schmerz löschte für einen Moment alles aus und ließ nur undurchdringlichen Nebel zurück. Ich presste die Luft durch die bebenden Nasenflügel und erwartete klaglos den nächsten Hieb, der auch nicht lange auf sich warten ließ. Unwillkürlich spannten sich die Muskeln an bei dem Schmerz, der sich durch meinen gesamten Körper ausbreitete. Ich hasste Ofella, aber noch mehr hasste ich es, dass ich trotz der gewollten harten Schale immerhin noch einen weichen Kern hatte, der mich immer wieder in solche Situationen brachte. "Von Nordwin kann man die letzte Tunika haben." Sowas hatte zumindest mal eine Sklavin gesagt, als ich sie beim klauen erwischt, aber nicht verpetzt hatte. Ich unterdrückte einen Schmerzenslaut beim nächsten Hieb. Die Adern traten vor Anstrengung an meinen Armen hervor, ich suchte mit der linken Hand einen besseren Halt. Gepresst schnaufte ich, aber brechen würde mich Ofella niemals können. Nun gut, das lag sicher auch nicht in ihrer Absicht momentan, denn immerhin ging es gerade um Leah und nicht um mich.

    Ich konnte mit Mühe ein "So ists brav" unterdrücken, als Samira kleinbei gab und auf den Abend verwies. Übellaunig sah ich dann aber das Messer in Fionas Hand aufblitzen, und ich riet ihr: "Tu das besser schnell wieder dahin, wo du es her hast, Fiona. Die Herrschaften schätzen es ganz und gar nicht, wenn sich Sklaven unerlaubt bewaffnen oder Silberzeug entwenden. Das kann derben Ärger geben." Letztendlich würde ich aber auf Nachfrage von nichts wissen, dachte ich mir und schwieg weiter dazu. Stattdessen belehrte ich Samira. "Ich bin seit acht Jahren ein Sklave der Römer. Jede Stadt ist wie Rom, wenn man weiß, wo man den Abschaum findet. Und genau deswegen habt ihr mich ja gefragt. Bis in drei Stunden also." Dann verschwand ich.


    Ich war natürlich wieder der letzte, der am vereinbarten Ort eintraf. Im Schlepptau hatte ich Sharif, der mürrisch mit einer Sesterze spielte, und Sabaco, den Stummen. "Salvete", grüßte ich die verboten herumstehenden, lieblichen Damen. "Zahir und sein Herr sind leider gar nicht da, sondern in Tibur, also müssen wir mit Sharif und Sabaco hier Vorlieb nehmen. Sharif wird nichts sagen und Sabaco kann nichts sagen." Wie auch, immerhin hatte der Gute keine Zunge mehr... Sabaco nickte leicht dümmlich und viel zu übertrieben, und ich klopfte ihm auf die Schulter. "Ja, ist gut, Alter. - Also, wie stehts, woll'mer los? Dann folgt mir."

    Vom Palatin wegzukommen war ja gar nicht so schwer, das zwielichtige Gesocks hing ja auch viel lieber unter seinesgleichen in der Suburba rum. Aber je näher wir dem Markt kamen, desto mehr besoffene Halunken kreuzten vor uns die Straße, bettelten weggetreten um eine Hand voller Asse für ein neues Bier oder lagen einfach schnarchend in der Gosse. In einer kleinen Sackgasse vergnügten sich zwei Männer mit einer Lupa. Ich war diese Dinge zwar nicht unbedingt gewohnt, kannte aber doch die Stadt bei Nacht. Die Städte am Vesurgis im freien Germanien waren nicht sonderlich anders als das nächtliche Rom. "Los, weiter", trieb ich die Damen an, und Sabaco machte zweimal scheuchende Bewegungen mit den Händen.


    Kurz vor dem Markt bog ich nach rechts in eine Seitengasse ein, die uns über kurz oder lang in die Suburba führen wurde. Allmählich wurden die Häuser schäbiger, die Straßen schlechter und der Gestank nahm zu...

    Beinahe zufrieden nahm ich hin, dass die Herrin sich nun also wirklich für mich entschieden hatte und Leah verschont bleiben würde. Ich wusste zwar um die Kraft, die Ofella bei ihren Hieben an den Tag legen konnte, aber Angst hatte ich keine. Immerhin hatte ich diesen Deal selbst vorgeschlagen. Bereitwillig ließ ich also die Peitsche los und sah dann verdattert zu Leah, die mich wegschubste. Ich traute meinen Ohren nicht, als sie sich gegen Ofella wandte und mit ihr sprach, als sei sie die Herrin. Grob griff ich die hübsche Sklavin am Arm und sagte barsch: "Es ist schlimm genug, dass die Herrschaft sich nicht auf dich verlassen kann, Leah. Wirst du dich jetzt auch gegen das Wort deines Maiordomus stellen? Verschwinde und mach dich nützlich." Natürlich meinte ich das alles gar nicht so, wie ich es sagte. "Geh jetzt. Bitte", fügte ich flüsternd hinzu und ließ sie dann los.


    Ohne mit der Wimper zu zucken begab ich mich zur Peitschwand und zog meine Tunika über den Kopf. Schnell fiel sie in einem unordentlichen Haufen neben mir auf den Boden und entblößte meinen sonst nackten Körper. Auf dem Rücken waren bereits Narben zu sehen, denn vor den Claudiern hatte ich andere Herren gehabt, die weitaus weniger freundlich waren als die junge Epicharis. Ich legte die Hände auf Schulterhöhe gegen das alte Gemäuer, spreizte die Beine etwas, um einen guten Stand zu behalten, und wartete auf das, was kommen würde. Ich hoffte, dass Leah keine Dummheit begehen würde, sie täte wohl besser daran, sich meinem Wort zu fügen, auch wenn es herablassend gesprochen war. Doch das war es nur, damit sie sich nicht weiter für mich einsetzte.

    Es klopfte, und dann trat ich auf den Plan. "Herr, da ist ein Brief gekommen von deinem Hauslehrer. Am ersten Tag kam er um eine Stunde zu spät, am zweiten erschien er gar nicht und heute kam das hier", sagte ich und schob ihm den Wisch übern Tisch.



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    Herius Claudius Menecrates
    Villa Claudia
    Roma


    Salve dominus,


    hiermit kündige ich meine Stelle als paedagogus.


    gez.


    Theodorus

    Und wieder hatte das Getümmel Dhara verschluckt. Ich sah nur einen winzigen Moment nicht hin, und dann war sie plötzlich wieder weg. "Äh?" machte ich und deutete auf den Fleck, an dem sie eben noch gestanden hatte. "Wo isse denn nu schon wieder hin?!" meckerte ich und machte gleich im Anschluss eine wegwerfende Geste und sah zu Kassandra hin. "Das geht mir allmählich auf den Sandalensenkel. Ihr Frauen seid aber nicht alle so, oder? Ich meine: Man schaut kurz weg und dann verschwindet ihr plötzlich in einen laden oder so, und man sucht sich dusselig bis man euch wiederfindet oder so? Nee. Hör mal, wenn wir jetzt wieder warten, bis Dhara wieder auftaucht, stehen wir zu den Saturnalien noch hier. Komm Kassandra, lass uns gehen. Das Maronen-Angebot steht noch." Ich grinste sie an und streckte die Hand nach der sitzenden Schönheit aus.

    "Papperlapapp, ihr drei Grazien latscht ja nicht alleine rum, ihr habt doch mich dabei und ich pass auf euch auf. Von mir aus neben wir Sharif und Zahir noch mit, sofern die alte Runkelrübe Myrtilus uns den mal ausborgt. Aber alte Leute gehen doch eh früh ins Bett, der vermisst den sicher gar nicht... Hm. Also, wir können jedenfalls nicht am hellichten Tag losziehen und Gift kaufen. Gehen wir heute Abend, und ich kümmere mich um die Sicherheit. Abgemacht?" sagte ich und nickte. Mir würde sich eh keiner freiwillig entgegen stellen. ich ließ die Muskeln spielen und warf Minna grinsend einen Blick zu. Ich hatte ihr natürlich schon wieder vergeben - immerhin hatte sie mindestens zwei ganz überzeugende Argumente. :D 8)

    Zitat

    Original von Fiona
    Doch wo war Nordwin? Er fehlte noch! Schlimmstenfalls saß er immer noch im Garten und hatte ihre Worte vergessen! Sie wurde etwas unruhig. Warum brauchten germanischen Männer immer eine Extraeinladung? :P Schließlich beschloß sie,um Ärger zu vermeiden, schnell nachzusehen, wo Nordwin abgeblieben war. Der Herr würde sicher noch einige Zeit brauchen, bis er im Atrium erscheinen würde.


    Tz, tz, war ja klar: Immer warens Sklavinnen, die nicht mitdachten. Schwer beladen mit einem Tablett voller Kelche, Becher, Gläser und Trinkgefäße steuerte ich die Menschenversammlung an und hatte natürlich das Wichtigste wieder verpasst. Dafür dachte ich eben mit und kredenzte den Herumstehenden Leuten Wasser, Wein und Säfte. Naja, zumindest wollte ich das, aber als ich das Atrium betreten wollte, lief ich fast in Fiona rein. "Argh! Erschreck mich nich so, hilf mir lieber mal", überspielte ich meinen Schrecken und hielt ihr das Tablett hin, damit sie anfing, Getränke zu verteilen. "Was isn hier eigentlich los?"

    Ich sah auf Minna herunter, die plötzlich zwischen Samira und mir stand. Verstehen konnte ich sie nicht. Natürlich hatten Sklaven ihre Aufträge ohne Rückfrage zu erfüllen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass man selbst dabei gewissenlos wurde. Ich zumindest hatte noch ein Gewissen. Auf germanisch (denn Samira und Fiona verstanden meine Sprache ja nicht) antwortete ich: "Zufälligerweise kann ich den jungen Aurelier aber ganz gut leiden, also würde ich schon gern wissen, ob wir hier den Tod eines Menschen planen, den ich mag, oder ob sie das Gift für...keine Ahnung, eine Rattenplage oder was weiß ich braucht. Wobei ich nicht glaube, dass man Samira wegen einer Rattenplage extra von Germanien hierher schickt." Zugegebenermaßen war der Ton etwas schärfer, als es beabsichtigt war. Ich seufzte und wurde vom Klimpern ihrer Wimpern und dem lieben "Bitte" gleich wieder milde gestimmt. So, dass mich alle wieder verstanden, sprach ich: "Na gut, ich helf euch. Aber wir sollten nicht unbedingt im Hellen losziehen."

    Die Herrin war eine Hexe, ein Fluch für die Sklavenschaft der Claudier! Ich presste die Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen und warf Leah einen verstohlenen und bedrückten Blick zu, während Ofella noch von einem silbernen Tablett sprach. Fünfzehn Hiebe.. Leah tat mir so leid in diesem Moment. Ich hob zögerlich die Hand mit der noch aufgerollten Peitsche und wollte sie Ofella reichen, als sie auf Leah deutete und zurückwich. Gewaltgewohnter Germane hin oder her, ich hasste es, wenn ich zum Henker für meine Mitsklaven werden musste, besonders wenn ich sie mochte. Und Ofella schien sich derweil am Leid anderer zu ergötzen. Meine Zähne knirschten, so fest drückte ich sie aufeinander. Erneut warf ich Leah einen Blick zu. Ich wollte das nicht tun. Mit mir hadernd, senkte ich den Blick und wagte es knapp, Ofella schließlich anzusehen, als sie mich erneut aufforderte, mit der Strafe zu beginnen. "Herrin, ich würde ihre Strafe gern auf mich nehmen", erklärte ich ihr mit fester Stimme und ergriff auch mit der anderen Hand die aufgerollte Verber. Hoffentlich würde sie darauf eingehen. Ich vermied nach meiner Aussage jeglichen Augenkontakt zu Leah. Sicher würde sie nicht wollen, dass man mich an ihrer statt bestrafte, aber was waren schon fünfzehn Hiebe auf meinem Rücken? Fünfzehn weitere Narben zu denen, die sich bereits dort befanden. Nichts im Vergleich zu dem, was ein von mir geführter Hieb mit Leahs zarter Haut anstellen würde, selbst wenn ich nur halbherzig schlug, was den scharfen Augen Ofellas sicher nicht entgehen würde.

    Nebenbei registrierte ich, wohin sie sah. War da nicht ein anerkennendes Funkeln zu sehen? Ich schmunzelte, aber das Lachen fiel mir aus dem Gesicht, als ich hörte, was Samira vor hatte. Erschrocken starrte ich sie an, sah mich dann um, ob auch niemand zuhörte. Nö, außer Minna und Fiona niemand da. Ich verschränkte erneut die Arme vor der Brust und musterte Samira abschätzend. "Ah....ja..." Ein prüfender Blick. "Du meinst, ich wüsste sowas? War das Deandras Auftrag? hat sie gar vor, den jungen Aurelius auf eine komfortable und unblutige Art loszuwerden?" hakte ich nach, nun leiser sprechend. Fiona und Minna waren so....still....

    Wuha, sie schubste mich nicht weg? Begeistert sah ich zuerst in Kassandras Gesicht und dann auf die Hand, die ich hielt. "Ist mir völlig egal, wie das Ding heißt, Süße, Hauptsache du bist zufrieden, wenn du eins davon hast", entgegnete ich aufrichtig und blinzelte sie fröhlich an, die Hand sachte drückend. Schon setzte ich mich in Bewegung, als Dharas anklagende Rede mich wieder innehalten ließ. Ich schloss die Augen um zu verbergen, dass ich mit ihnen rollte. Dhara stichelte, und ich hasste sowas. Entnervt zuckte ich mit den Schultern. "Dhara. Du warst ne Viertelstunde verschwunden. Und du kennst den Heimweg. Schau dich mal um, glaubst du, man findet hier was Verlorenes wieder?" Ich deutete in die überfüllte Umgebung. "Also. Lasst uns jetzt endloch losgehen, ehe mir der Kragen platzt oder alle Kidingsdumse ausverkauft sind."