Hätte sie gewusst, was ihre Abreise aus Mantua für Folgen gehabt hätte, vielleicht hätte sie den Schritt noch mal überdacht. Aber dafür war es nun zu spät und die daraus entstandenen Folgen erachtete sie für schlichtweg ungerechtfertigt. Vielleicht, dachte sie nach einigen Momenten des Schweigens, hatte sie sich getäuscht und Quintus schwieg aus eben den gleichen Gründen wie sie. Die Stimmung war eisig,die Blicke, die sie einander schenkten ebenso. Was sollte das werden? Ein Machtspielchen, wer am längsten schweigen konnte? Das könnte Jahre dauern, so wie Albina gerade gelaunt war und dazu hatte sie noch weniger Lust, als auf die vermutlich folgende Unterhaltung. Also seufzte sie nur kurz und meinte dann. "Ich dachte beinahe, du würdest mir erzählen wollen, was in dem Brief steht. Aber wenn dem nicht so sein sollte, dann von mir aus. Ich habe in der ganzen Angelegenheit ja ohnehin nichts zu sagen." meinte sie dann leicht verbittert und der Vorwurf war wohl kaum zu überhören.
Und nun, da das Schweigen gebrochen war, flossen die Worte fast wie von selbst über ihre Lippen. "Aber weißt du, was mich wirklich interessieren würde, Quintus?" fragte sie dann noch immer mit Kälte in ihrer Stimme. "Warum um alles in der Welt du mir deinen dummen Grobian von einem Diener hinterhergeschickt hast. Hausarrest? Ich bin doch kein Kind mehr! Dazu hattest du kein Recht. Ich bin keiner deiner Sklaven oder Soldaten, die tun oder lassen, was immer du ihnen befiehlst. Vergiss das nicht immer. Reicht es nicht langsam? Reicht das alles, was du von mir erwartest nicht schon aus? Du hast mir Verres genommen! Und ich nahm es hin..." sprach sie weiter und wusste, dass sie sich mit dieser Aussage auf sehr dünnes Eis begab.
"Und nun ist er tot... reicht das nicht? Nein, du verheiratest mich mit irgendeinem Möchtegern-Senator... Ohja, er ist ja von so hohem Stand, noch dazu angesehener Senator. Das ist ja Grund genug mich an den nächstbesten zu verschachern. Aber meinetwegen. Ich habe mich gefügt, auch wenn alles in mir, mir sagt, dass es ein Fehler war. Und dann lebe ich Tag ein Tag aus im Castellum. Unter einer Horde Soldaten, denen ich aus dem Weg gehen muss, weil sie unter Stand sind. Aber ansonsten gibt es nichts, NICHTS in diesem Castell, was mich beschäftigen könnte. Und dann, wenn ich fahre, weil ich einfach wieder nach Rom will, da schickst du mir Titus hinterher? Stellst mich unter Hausarrest? Titus hat kein Gefühl für Anstand oder Höflichkeit! Er kommt unangemeldet in mein Zimmer, beleidigt meine Besucher, widerspricht den Wünschen von Durus... mit welchem Recht?" Sie machte nur eine kurze Pause und schluckte, weil die lange Rede sie anstrengte und sie während dieser immer mehr in Fahrt geraten war.
"Und nun? Nach Wochen bequemst du dich hierher und lässt mich herbringen wie das letzte Gesinde. Zu Fuß an der Seite von Titus... und schweigst mich an?Strafst mich mit Blicken? Ich habe es satt, Quintus, so satt. Tu, was immer du zu müssen glaubst. Aber glaube nicht, dass es mich rührt. Ich bin schon lange nur noch das, was andere von mir wollen. Du hast alles genommen, was mir Freude gemacht hat. Also was, frage ich dich, WAS willst du mir noch anhaben können?" Sie starrte ihn an, kalt und dennoch leicht entsetzt darüber,dass all die Dinge, die sie in der letzten Zeit nur zu denken gewagt hatte, jetzt ausgesprochen waren. Vielleicht, dachte ein kleiner Teil in ihr, war sie zu hart gewesen.Vielleicht hatte sie übertrieben. Aber jetzt, in diesem Moment, war es für sie die Wahrheit. Sie war zornig, und das war die stärkste Emotion, die sie seit langem empfunden hatte.