Beiträge von Germanica Paulina

    Paulina stand an ihrem Fenster und schaute hinaus in den Garten, der durch die Dämmerung nur noch aus Schemen bestand. Es war der letzte Abend vor der Hochzeit. Morgen schon würde sie Sedulus Frau sein.
    Das silbrige Licht, das durch das Fenster hineinfiel,ließ ihre ohnehin glatten Züge wie eine Marmorbildnis wirken. In Gedanken versunken wartete die Octavierin auf die Annkunft ihrer Freundin. Ihrer einzigen weiblichen Bezugsperson zur Zeit hier in Rom, die wider der Tradition diese Aufgaben am Abend vor der Hochzeit anstelle ihrer nicht vorhandenen weiblichen Verwandten übernommen hatte.


    Irgendwie fühlte sich Paulina komisch. Zwar waren die schrecklichen Geschehnisse um ihre Entführung nun schon ein wenig her, dennoch wachte sie noch immer völlig verängstigt nach Alträumen auf. Und nun, so kurz danach wartete ein weiteres sie für immer prägendes Ereignis auf sie. Auch wenn sie Sedulus liebte, hatte sie zugleich auch Angst vor diesem Schritt. Wie würde ihr Leben ab nun weiterlaufen? Was hatten die Götter für sie vorgesehen? Würde sie glücklich sein? War es die richtige Entscheidung?
    Immerfort über solche Fragen nachdenkend stand sie nun da, als ihre Freundin eintraf...

    Als ihr Verlobter das Zimmer betrat lächelte sie matt. Seine Hand in ihrer und seine Lippen auf ihrer Stirn waren das beste Gefühl um ihre Ängste zu verscheuchen.


    "Ich habe schrecklich geträumt..." sagte sie leise. "Und selbst wenn ich wach bin verfolgen mich diese Bilder."


    Sie schaute ihn Hilfe suchend an obwohl sie wusste, dass er ihr nicht würde helfen können.


    "Was ist geschehen? Du musst mir erzählen was passiert ist nachdem ich ohnmächtig geworden bin." Ihre Unklarheit darüber machte sie auf merkwürdige Art nervös.

    Ja, Vespa hatte sich wirklich nicht sonderlich verändert, dachte Paulina. Immer noch genauso frech wie früher. Natürlich wusste sie, worauf ihre Erzählweise hinauslaufen sollte, aber sie gönnte ihr das hinauszögern.
    "Ja, natürlich." sagte sie und nahm selbst den Krug von dem Beistelltisch und goss ihrer Freundin einen Becher Wasser ein. Sie reichte ihn ihr hinüber und erst dann grinste sie breit.


    "Kann ich noch was für dich tun, oder erzählst du endlich weiter?" sprach sie halb lachend.

    Paulina hatte sich wieder hingelegt und war in Gedanken und Erinnerungen versunken. Sie versuchte die Geschehnisse zu verstehen, dachte wieder und wieder über die Worte des Wahnsinnigen nach, doch immer wieder brach sie ihre Gedanken ab weil sie ihre Schmerzgrenze erreichte...


    Sie fragte sich, wo ihr Verlobter bliebe. Detritus hatte doch nach ihm schicken sollen. Vielleicht hatte er ja auch wichtigeres zu tun, dachte sie dann bitter.Doch dann hörte sie draußen Schritte und Stimmen. Es schien als wären es der Soldat und Sedulus.


    "Sedi?" rief sie dann, wenn man es in Anbetracht ihrer noch immer brüchigen Stimme denn überhaupt so nennen konnte, durch die Tür.

    Auf einmal tauchten auch noch der Arzt, oder was auch immer er sein mochte, von gestern und ihr Vetter auf. Doch Paulina hatte nicht vor auch nur einen von ihnen in ihr Zimmer zu lassen.


    "Guten Morgen." sagte sie erschöpft zunächst an beide gewandt. Dann drehte sie sich zu Detritus um.


    "Kannst du bitte nach Sedulus schicken lassen. Ich würde gerne mit ihm reden. Bis dahin Ruhe ich mich noch ein wenig aus."


    Und schon schloss sich die Tür wieder. Paulina stapfte, die anderen draußen stehen lassend zurück zu ihrem Bett und wartete auf die Ankunft ihres Verlobten.


    Er hielt ihr das Messer vors Gesicht und schrie sie an. Ein ums andere Mal traf seine Faust sie im Gesicht und sie hörte sein grauenhaftes Lachen. Sie wand sich und wand sich doch wieder nicht, weil sie sich nicht bewegen konnte. Doch sie war nicht gefesselt, sonder starr vor Schreck. Angst, blanke Angst...
    Sie schaute nach oben in eine überdimensionale Fratze des Grauens. Riesige leere Augenhöhlen starrten sie an. Und fortwährend dieses Lachen...
    Erneut blickte sie auf das Messer. Scharf und riesig wie es war schien es sie zu verspotten. Das Monster riß ihren Kopf zurück, lachte und lachte und dann stach es zu...


    "NEIN !!! ", schrie Paulina und riss die Augen auf. Das Zimmer war schon erleuchtet vom Tag und sie spürte den Schweiß auf ihrer Stirn. Ihr Puls raste noch immer, und sie strich sich verkrampft die Strähnen aus dem Haar. Dabei spürte sie Schmerzen am Arm und erkannte als sie darauf blickte die Wunde. Es war nur ein Traum gewesen, dachte sie noch immer völlig aufgelöst.
    Trotz den Schmerzen in ihrem Bein und einem starken Schwindelgefühl stand sie auf. Dabei merkte sie, dass sie noch schwächer war als sie dachte. Sich auf allem, was ihr Halt bot abstützend hievte sie sich mehr als sie ging zur Tür.
    Dort angekommen öffnete sie diese und blickte einem verwunderten Soldaten ins Gesicht.
    "Wer bist du?" fragte sie irritiert. "Wo ist mein Verlobter?" Sedulus war zur Zeit alles was sie verlangte und sie fühlte sich entsetzlich verlassen ohne ihn. Sie hatte Angst, auch wenn sie eigentlich in Sicherheit war.

    Paulina merkte, dass ihr Verlobter der Meinung zu sein schien, sie bräuchte erst Ruhe und könnte später noch reden. Und wenn sie bedacht, wieviel Kraft sie das reden kostete musste sie ihm zwangsläufig recht geben.


    "Ich liebe dich..." sagte sie dann nur noch und schloss die Augen, während er ihr durch die Haare strich und der Arzt allerhand mit ihr anstellte.

    Paulina ließ den Arzt seine Salben auftragen und nahm alle Kraft zusammen sich auf ihren Verlobten zu konzentrieren.
    Bei seinen Worten tauchte sie einen Moment in die schlimmen Erinnerungen zurück, die sie vermutlich noch lange belasten würden. Sie dachte an dem Moment, als sie sich , das Messer vor Augen von ihrem Leben verabschiedet hatte, von ihrem Leben und ihren Lieben.


    "Heiraten..." sinnierte sie. "Sedi, ich dachte ich würde ... ich dachte wirklich ich würde sterben. Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen. Das war an alledem noch mit das schlimmste... Die Vorstellung dich jetzt schon verlassen zu müssen." sagte sie traurig mit noch immer recht schwacher Stimme.

    Paulina war klar, dass die Bitte viel verlangt war und erkannte auch die Verwunderung darüber in ihrer Freundin.


    "Glaub mir, wenn ich eine andere Möglichkeit hätte, würde ich dich nicht fragen. Ich weiß, dass es ungewöhnlich ist und viel verlangt." sprach sie offen.


    "Ja, das habe ich." sagte sie betroffen. Sein Tod war in Germanien immerhin allseits auf Trauer gestoßen und bei ihr, den sie ihn doch kannte , umso mehr.
    "Es tut mir schrecklich Leid, ich mochte ihn immer gern. "


    Als Vespa so schnell darauf wieder anfing zu grinsen, ahnte Paulina schon etwas. Dieses Grinsen war so typisch für sie und bedeutete nichts anderes als "Ich habe interessante Neuigkeiten aber genieße es, dich damit auf die Folter zu spannen.".


    "Ich kenne dieses Grinsen!" grinste Paulina nicht weniger breit zurück. "Na los, erzähl schon."

    Von alledem bekam Paulina nicht allzuviel mit. Durch den hohen Blutverlust sah sie all das nur wie durch einen Schleier. Sie hörte wie die Stimmen lauter und wieder leiser wurden, ohne auf deren Inhalt wirklich zu achten. Sie bemerkte, dass Menschen gingen und kamen, aber ohne sich dafür zu interessieren um wen es sich handelte.


    Sie war einfach nur unvorstellbar erschöpft und all der Lärm und das Gewusel strengten sie.


    "Sedi?" fragte sie ihren Verlobten und zurzeit einzigen Halt in diesem Wirrwarr. "Was ist denn bloß los?"

    Paulina war recht perplex diesem neuen Fremden gegenüber, der kurz nachdem der andere gegangen war, eintrat.
    Da er ein Medicus war, ließ sie ihn jedoch gewähren und schaut während der Untersuchung nur unsicher zu ihrem Verlobten.


    "Fieber?" fragte sie sichtlich nervös. Zu dieser Zeit war so etwas noch sehr gefährlich.
    "Aber wir heiraten doch bald..." sagte sie recht zusammenhanglos in Anbetracht der ernsten Situation.

    Diese neue Nachricht darüber, dass Detritus einen Sohn hatte verwirrte Paulina noch mehr, als sie es ohnehin schon war und so schaute sie allenthalben zu wie dieser selbst zu merken schien, dass dies nicht die richtige Situation für solch eine Unterhaltung war und sich entfernte.
    Dann blickte sie wieder zu ihrem Liebsten.


    "Was... was ist geschehen? Ich kann mich nicht an alles erinnern?" fragte sie dann.
    "Ist er...?" fragte sie, doch ließ sie die Frage unausgesprochen. Zu sehr fürchtete sie sich davor, dass er vielleicht entkommen sein könnte.

    Für Paulina war dieser Mann so oder so ein Fremder und als sie mitbekam, dass dieser nun auch noch neben ihr saß empfand sie dies als leicht unangenehm. Schließlich wusste sie nichts von seinem Einsatz bei ihrer Rettung und sie befanden sich gerade nun einmal in ihrem doch recht privaten cubiculum.


    "Detritus Sohn?" fragte sie verwundert. "Ich habe dich... habe dich noch nie gesehen."


    Sie versuchte sich ein wenig auzurichten und blickte Sedulus dabei an. Konnte er ihn nicht einfach wegschicken, fragte sie sich aber sprach es nicht aus.

    Durch die höhere Geschwindigkeit und dadurch auch durch die stärkeren Bewegungen war Paulina wieder halbwegs bei Bewusstsein.Von Sedulus auf ihr Bett gelegt, bekam sie mit, wie ihr Verlobter aufgebracht die Sklavin anherrschte. Worum es genau ging, dem schenkte sie keine Beachtung.


    Sie öffnete die Augen und fand sich in ihrem Cubiculum wieder , noch dazu stand ihr Verlobter direkt neben ihr. Dieses Gefühl der Sicherheit ließ nach all den Ängsten und Schmerzen Tränen über ihr Gesicht rinnen.


    Ihr Kopf und die Schnittwunden schmerzten noch immer und erneut betaste sie zaghaft ihre geschwollene Lippe und die Wangen. Dennoch verwandte sie keinen Moment darauf sich zu Fragen wie sie wohl aussehen mochte.


    Sie nah die Hand ihres Liebsten, die sie soeben gestreichelt hatte und zog ihn zu sich hinunter bis er neben ihr hockte und sie ihm in die Augen schauen konnte; in ihren Augen standen Reue und Angst geschrieben.


    "Sedulus... du bist hier." sprach sie recht abgehakt. "Ich dachte er würde mich ...würde mich töten. Ich hatte solche Angst, solch unglaubliche Angst." Sie atmete hörbar ein und wieder aus. "Es tut mir Leid... es ist alles meine Schuld, ich hätte nicht alleine unterwegs sein sollen."


    In dem Moment trat ein auf den ersten Blick fremder Mann ein und augenblicklich spannte sich Paulina an. Verwirrt betrachtete sie ihn. Irgendwie hatte sie das Gefühl ihn schonmal gesehen zu haben, aber sie wusste nicht mehr wann.

    Paulina hat den Rückweg nur teilweise bewusst mitbekommen. Sie driftete immer noch hatte sie das Gefühl, dass alles nur durch einen Schleier wahrzunehmen . Doch nun hörte sie die Stimme ihres Verlobten und seine Worte drangen in ihren Verstand ein. Zuhause, dachte sie, ich bin wieder zuhause.
    Schon wieder halb wegdämmernd meinte sie dann mit leiser Stimme : "Das tut mir alles so Leid...". Noch immer gab sie sich die Schuld an dem ganzen, dessen Ausmaß sie noch nicht einmal wirklich erfasst hatte.

    Erst jetzt registrierte Paulina die Worte ihres Verlobten. Sie löste sich leicht von ihm, während sie ihren linken Arm jedoch weiterhin um seinen Hals gelegt hatte. Mit dem rechten fuhr sie sich sacht über die Schwellungen im Gesicht und stöhnte augenblicklich vor Schmerz leise auf.


    "Es ging mir schon besser." versuchte sie das ganze Ausmaß des Elends zu verharmlosen.


    Als sie versuchte ihr verletztes Bein zu bewegen spürte sie sofort einen stechenden Schmerz. "Nein, ich denke nicht." sagte sie dann.


    Als Sedulus sie dann hochhob lehnte sie ihre Kopf wieder an seine Schulter.
    "Ja, ich will nur noch nach Hause." sagte sie dann nur leise.

    Paulina befand sich noch immer in einer für sie im Angesicht der Geschehnisse seeligen Dunkelheit. Doch als erneut Schläge, wenn auch nicht ganz so harte wie die ihres Peinigers ihr ohnehin geschundenes Gesicht trafen rief der Schmerz sie langsam wieder zurück zu Bewusstsein.


    Sim-Off:

    Das ohnehin gepeinigte Opfer noch schlagen... also echt! -.^


    Sachte öffenete sie ihre Augen und versuchte die Situation zu erfassen in der sie sich befand. Sie sah ihren Liebsten, der sich über sie gebeugt hatte und wollte Lächeln, doch dann spürte sie dabei die Schmerzen in ihrem Gesicht und die Geschehnisse fielen ihr wieder ein. Hätte sie nicht tot sein müssen? Sie erinnerte sich an das Messer ... und dann auch wieder an den Krach in dem Moment wo sie mit ihrem Tod gerechnet hatte. Alles fiel ihr wieder ein und in diesem Moment schlang sie schlichtweg ihre Arme um den Hals ihres Verlobten und fing bitterlich an zu Weinen, ihr Gesicht an seiner Schulter vergraben.