Beiträge von Germanica Paulina

    Bei dem Gruß des Klienten lächelte Paulina. Sie hatte ihn von dem Moment an gemocht, als sie ihn mit seinem Vetter zusammen das erste Mal hier in der Casa willkommen geheißen hatte.


    Sie nahm neugierig die Holzfigur entgegen und erinnerte sich bei der Gelegenheit an die wunderschöne Rassel, die Lupus ihrer Tochter kurz nach der Geburt geschenkt hatte. Doch bevor sie sich dem neuerlichen Kunstwerk widmete, deutete sie auf eine der Sitzgruppen im Atrium.


    "Ich danke dir, aber lass uns doch zunächst Platz nehmen."


    Sie schritt auf einen der Korbstühle zu und ließ sich dann langsam hineinsinken. Noch in der gleichen Bewegung winkte sie eine der Sklavinnen herbei.


    "Darf ich dir etwas zu trinken anbieten? Wein? Bier? Wasser?" fragte sie ihren Gast dann, bevor sie dem Mädchen auftragen konnte, was diese bringen sollte.

    Einige Minuten später, Paulina war nämlich gerade in der Culina mit ihrer Köchin beschäftigt gewesen als der Sklave den Besuch ankündigte, betrat sie lächelnd das Atrium.


    "Salve Lupus! Welch eine Überraschung und welch eine Freude dich zu sehen." begrüßte sie den ihr sehr sympathischen Gast freundlich.

    Der Sklave führte den Besucher ins Atrium zu einem der Korbstühle und meinte dann : "Wartet hier bitte einen Moment, ich werde die Domina holen."
    Darauf verschwand er auch schon auf der Suche nach seiner Herrin.

    Paulina strich sich kurz eine Strähne aus dem Gesicht und blickte gerade der Frage nachgehend, wie sie den Dreck am besten rausbekommen würde, auf den Saum ihrer Tunika, als Marsus wieder das Wort an sie richtete.


    "Öhm...achja. Ich glaube bei der Tatsache, dass ich noch nie Bier getrunken habe." erwiderte sie dann lächelnd.

    Irgendwie hatte sich Paulina das Ganze etwas anders vorgestellt. Aber nunja, es kam nun einmal nicht immer so, wie man es gerne und so fügte sie sich zumindest amüsiert in ihr Schicksal.


    "Nunja, zwei so hungrigen Männern sollte ich mich besser nicht widersetzen." meinte sie daher und folgte Marsus an einen der Tische.

    Es war schon etwas amüsantes an der Art, wie der kleine Drecksspatz versuchte ein wenig Würde in seine sonst so klägliche Erscheinung zu legen.
    "Schon ok." lächelte Paulina dann. "Ich glaube heute sind schon genug unerwartete Dinge eingetroffen, eine mehr ist da wohl kein Problem mehr." spielte sie auf die vorhergehenden Geschehniss nicht ohne ein Schmunzeln an.
    Daraufhin wandte sie sich an den wirklich ziemlich dreckigen und...naja... geruchsintensiven Jungen.
    "Es freut mich auch, Duccius Rufus. Ich bin Germanica Paulina."

    Paulina hatte gemerkt, dass Marsus und der fremde Junge sich zu streiten schienen. Worum es allerding ging hatte sie nicht mitbekommen. Das einzige, was sie hatte verstehen können war "...Straßen der Stadt..." und dann ihrer Meinung nach unverhältnismäßig oft das Wort Stall. Leicht irritiert blickte sie ihre neue Bekanntschaft an, als dieser den Jungen im Schlepptau zur Garküche, in der sie noch immer wartete, zurückkam. Verwirrt musterte sie den recht schäbig aussehenden Knaben und schaute Marsus fragend an.

    Paulina hatte bereits mit den folgenden Worten ihres Begleiters gerechnet, nicht jedoch damit, dass dieser seine Frage nicht zu Ende führen würde. Irritiert folgte sie seinem Blick, der einem recht schäbig wirkenden Knaben zu gelten schien.
    "Ja... hm..natürlich." meinte Paulina nur noch kurz, als Marsus schon halb aus der Garküche raus war und beobachtete, was sich da zwischen diesen beiden abspielte.

    Paulina hatte sich gerade in der Garküche umgesehen, als der Wirt nach den Getränken fragte. Wie selbstverständlich war sie davon ausgegangen, dass ihr Begleiter Wein bestellen würde, wurde aber eines besseren belehrt. Überrascht wandte sie sich zu ihm um.
    "Bier?" Ja, der Fremde musste eindeutig Germane sein. Da konnte sein Name noch so römisch sein. "Öhm...nunja, um ehrlich zu sein, habe ich noch nie Bier getrunken." gestand sie dann ehrlich. Bier gehörte nun einmal nicht in einen römischen Haushalt, zumindest nicht in ihren.

    "Ah, also ein geschäftlicher Besuch. Und dann überfiel dich wie aus dem Nichts anscheinend ein kleines Hungergefühl. Und auf der Suche nach etwas Essbarem wurdest du dann völlig ohne Grund von einer fremden Frau mit verdreckter Tunika geschlagen, hm?" Meinte sie dann lächelnd. Mittlerweile waren die vorigen Geschehnisse nicht mehr ganz so peinlich, sondern vielmehr amüsant.


    Brot und Fischsauce? Paulina war es als Sedulus Frau und Mitglied einer reichen Gens, wie der der Germanicer nicht mehr gewohnt, solch einfache Speisen zu essen. Und dennoch wäre sie nie auf die Idee gekommen, die Nase darüber zu rümpfen. Vielmehr freute sie sich darauf, wieder einmal etwas so einfaches zu essen und nickte fröhlich.
    "Ja natürlich, von mir aus gerne."

    "Magistratus von Confluentes? Nicht schlecht." meinte Paulina dann lächelnd. "Und was war der Anlass für deinen Besuch?" Sie war sich nicht ganz sicher, ob die Frage nicht zu persönlich war. Andererseits, dachte sie sich, konnte er ja auch immer noch eine Ausrede vorschieben, wenn ihm der wahre Grund zu persönlich war.


    Sie legte kurz ihre rechte Hand auf ihren Bauch und überlegte kurz. "Nunja, ein wenig Hunger habe ich schon. Und wenn dein Hunger so groß ist, kann ich es ja wohl kaum verantworten dich vom Essen abzuhalten." grinste sie dann.
    "Hast du schon ein bestimmtes Ziel vor Augen? Ich kenn mich in den Garküchen der Stadt kaum aus, vor allem da ich unsere Casa schon lange nicht mehr verlassen habe."

    Paulina konnte das Gefühl nicht loswerden, dass dieser Germane sich über sie amüsierte. Doch dann gestand sie sich ein, dass man das bei ihrem bisher wirklich merkwürdigen Begegnung wohl kaum anders konnte.
    "Ach?" meinte Paulina dann und tat so als würde sie das interessieren. Und obwohl sie keine große Lust hatte, schien sie nicht rumherum zu kommen über ihren Mann zu sprechen. "Und, war er ein guter Vorgesetzter?"
    Sie ließ sich ohne Widerstand von Marsus über den Markt führen, blickte mal hierhin mal dorthin aber letztlich immer wieder zu ihrer neuen Bekanntschaft selbst.
    "Welchen Posten hast du denn inne, wenn mein Gatte dein Vorgesetzter war?"

    Als Marsus ihren Namen hörte, schien sich etwas in ihm zu regen und Paulina schwante schon Böses. Dann jedoch kam zunächst nichts und sie atmete erleichtert auf.


    "Ja, mich freut es auch, obwohl es mir gleichmaßen Leid tut." meinte sie dann schmunzelnd. Sie bemerkte, dass sie mittlerweile nicht mehr beobachtet zu werden schienen, und auch die, die vorhin gelacht hatten, hatten sich ihren eigentlichen Besorgungen gewidmet.


    "Ach..." meinte Paulina dann auf einmal überrascht und fühlte sich sogleich ertappt, weil sie nicht gleich etwas gesagt hatte. "Du kennst den ehemaligen Quaestor?" fragte sie dann um sich zunächst Zeit zu verschaffen, während sie sich mit rasenden Gedanken überlegte, ob sie nun die Wahrheit sagen sollte oder lügen und welche Konsequenzen beides hätte und kam zum leider einzig möglichen Schluß.
    "Sedulus ist... mein Mann. Bzw. ich bin seine Frau. Also...wir sind verheiratet." meinte sie dann und fühlte sich zunehmends albern. "Er ist zur Zeit in Rom." fügte sie hinzu, als wäre das eine Erklärung, warum sie ihn nicht erwähnt hatte. Was auch immer hier gerade vorging, ganz normal war das nicht.

    Ein Duccier also, dachte Paulina dann lächelnd. Ja, davon schien es viele zu geben hier in der Gegend.
    "Ich bin Germanica Paulina." Frau des ehemaligen Quaestors, dachte sie dann weiter und war selbst erstaunt, dass sie es nur gedacht und nicht gesagt hatte. Ob er etwas mit ihrem Namen anfangen oder ihn in Verbindung mit dem ihres Gatten bringen würde, blieb nun abzuwarten.


    "Tut es wirklich nicht mehr weh?" fragte sie dann etwas leiser mit entschuldigendem Blick.

    Noch immer unsicher registrierte Paulina das Lächeln auf dem Gesicht des Fremden und seine Beteuerung, dass sie ihm nicht weh getan hätte. Als er dann ein zweites Mal etwas sagte und deutlich machte, dass ihr das Geschehene nicht allzu übel nahm, beruhigte sich die Germanica langsam und bemerkte, wie das Lächeln zu einem Grinsen wurde.


    Und sie wollte gerade in das Grinsen einstimmen, als es ihr auf einmal die Sprache verschlug und sie irritiert zunächst den Fremden und dann die Ursach des ganzen Geschehens auf ihrer Tunika musterte.
    "Ich..." meinte sie zunächst und wollte sich wieder entschuldigen, besann sich dann allerdings.


    "Es tut mir Leid, dass ich dich versehentlich geschlagen habe, aber ich weiß nicht so recht, ob ..." ja, was wusste sie eigentlich nicht. Dieser anmaßende Kerl hatte sie aus der Fassung gebracht. "... ob das eine Rechtfertigung ist in so einem Ton mit mir zu sprechen." brachte sie den Satz leicht eingeschnappt zu Ende. Immerhin war sie nicht irgendwer, sondern eine Römerin und noch dazu die Frau des ehemaligen Quaestors dieser Provinz.


    Sie musterte den Fremden noch einmal, diesmal genauer. Er schien Germane zu sein. Römer war er auf jeden Fall nicht. Nicht, dass das etwas an seinem wirklich angenehmen Äußeren geändert hätte, das Paulina erst jetzt richtig bewusst wurde. Sie blickte an ihm hinab, seine eignen Kleidung begutachtend, um festzustellen, dass seine Stiefel nun wirklich nicht viel besser aussahen als der Saum ihrer Tunika.
    Sie verharrte bewusst einen Moment länger auf seinen Stiefeln, blickte ihm dann mit hochgezogener Augenbraue an und begann zu grinsen...

    Paulina musterte das ihr unbekannte Opfer ihres peinlichen Missgeschickes kurz und sah, wie er sich verdattert über Nase und Lippen fuhr.
    "Ich...ich..." sie wusste garnicht, was sie auf die Frage ihres Gegenübers antworten sollte. "Das tut mir Leid." wiederholte sie sich. "Es war ein Ver...Versehen. Ich hatte mit der Hand ausgeholt und..." naja, den Rest hatte er ja am eigenen Leib mitbekommen. Versucht den Fremden zu betasten um zu sehen ob es ihm gut ging, unterdrückte sie die Bewegung und rang ihre Hände unsicher ineinander gefaltet.


    "Das war wirklich kein Absicht!" beteuerte sie und hatte das Gefühl, dass ihre Wangen von Minute zu Minute roter werden würden. Was hatte sie da bloß angestellt?! Der Fremde, ein gutaussehender Mann mittleren Alters, war zurecht völlig ungehalten und Paulina mit der Situation sichtlich überfordert.
    "Hab ich... tut es sehr weh?"

    Und auf eben jenem Forum befand sich die nichtsahnende Paulina. Nachdem sie vor kurzem von ihrem Arzt erfahren hatte, dass sie wieder völlig gesund sei, hatte es sie nicht lange im Haus, das sie viel zu lange hatte hüten müssen, halten können. So war sie vor ein paar Stunden in aller Seelenruhe zu einem Spaziergang aufgebrochen, ihre kleine Tochter in den guten Händen ihrer Amme lassend.


    Sie wandelte gerade genüßlich zwischen den Ständen her und betrachtete die dargebotenen Waren, als plötzlich eine Horde Kinder an ihr vorbeirannt, die anscheinend Fangen spielten oder aber, was auch nicht unwahrscheinlich war, etwas gestohlen hatten und auf der Flucht waren. Doch das kümmerte Paulina an sich wenig, wäre nicht einer der Jungen direkt neben ihr in eine der Pfützen getreten, die der Verkäufer des angrenzenden Fischstandes durch das Ausschütten von Eimern mit ekliger nach Fisch riechender Flüssigkeit darin, produziert hatte.
    Paulina schrie leicht auf, als die kalte und widerliche Feuchtigkeit ihre dünne Tunika, sowie ihre Unterschenkel und Waden nass machte.


    In einem Reflex packte sie den Urheber dieser Sauerei am Arm und hinderte ihn, weiter zu laufen. Zunächst erschrocken und dann nach Betrachtung des Schadens schuldbewusst blickte der kleine Junge die Frau, die ihn da festhielt an.
    "Kannst du nicht aufpassen?" tadelte Paulina ihn in strengem Ton und wollte gerade mit einer ausladenden Geste anfangen, dem Drecksspatz eine Standpauke zu halten, als sie in der Bewegung ihrer Hand unterbrochen wurde.
    Von etwas hartem...
    Erschrocken ließ sie den Jungen los, der die Chance nutzte und auf Nimmer Wiedesehen verschwand, und drehte sich um. Als sie sah, was sie da aufgehalten hatte, wurde sie knallrot im Gesicht.
    "Bei den Göttern... das... oh Mann... das tut mir soooo Leid!" meinte sie erschrocken und lächelte den Mann, dem sie mit ihrer Hand eine volle Breitseite am Kopf verpasst zu haben schien, entschuldigend, errötet und völlig unsicher an. Während rundherum vereinzelt Leute amüsiert auflachten, hatte Paulina das Gefühl im Erdboden versinken zu wollen...

    Wie viel zu oft in den vergangenen Monaten lag Paulina auf einer Liege, wenn auch ausnahmsweise nicht in ihrem Schlafgemach, sondern draußen im Garten. Sie wartete darauf, dass der Medicus, der bisher ohne Erfolg viel zu viel des Geldes ihres Mannes kostete, mal wieder auftauchte um letztlich doch nichts sinnvolles zu tun.
    Während sie so da lag und wartete, beobachtete sie, wie ihr kleiner Sonnenschein Sabina mit ihrer Amme auf dem Rasen spielte. Auf Geheiß des Arztes, der nicht wusste, was Paulina nun wirklich hatte, hatte ihr schon vor Wochen den direkten Kontakt zu ihrer Tochter verboten, damit sie diese nicht anstecken konnte und obwohl ihr dieses Gebot beinahe das Herz brach, hatte sie sich daran gehalten. Doch auch jetzt wünschte sie sich nichts so sehr, wie ihr Kind endlich wieder in ihren Armen zu halten. Die weiche Haut zu spüren und den für kleine Kinder einfach einmaligen Geruch zu riechen. Doch wieder einmal unterdrückte sie diesen Wunsch und blickte ihre kleine Tochter nur sehnsüchtig an.
    In diesem Moment kam der Medicus in den Garten und sofort projizierte Paulina ihren Frust auf eben jenen.
    "Ach, du kommst auch nochmal?" fuhr sie ihn an und er konnte von Glück sagen, dass Blicke nicht töten konnten.


    "Nana, wieso denn so unfreundlich, liebe Patientin?" meinte dieser widerlich freundlich,ließ sich auf einem Stuhl neben der Patientin nieder und tat so, als wäre nicht weiter.
    Er legte ein ums andere Mal sein Ohr an Paulinas Rücken um ihrem Atem zu lauschen, fühlte ihre Stirn, betastete ihren Bauch und ihre Handgelenke und musterte sie dann kritisch.


    Als die Germanicerin den Blick des Arztes bemerkte, nahm ihr eigener augenblicklich sowohl Mißstrauen als auch Sorge an. Was hatte der Arzt wohl entdeckt? Wusste der Medicus nun, was sie hatte? War es schlimmer geworden? Warum hatte sie davon dann nichts mitbekommen?


    "Was ist denn?" fragte sie unsicher. "Einen Moment noch." meinte dieser dann und wiederholte das ganze Prozedere. Dann blickte er sie erneut einen Moment an und dann lächelte er.
    "Ich kann mir dies zwar ebenso wenig wie die Erkrankung selbst erklären." gestand er dann. "Aber du bist gesund! Ein wenig schwach noch, aber ansonsten völlig gesund."
    Im ersten Moment fehlte Paulina der Atem. Sie hatte mit vielem gerechnet, langfristig sogar mit ihrem Tod, abe damit bei den Göttern nicht.
    Wenn es auch an sich unpassend war, nahm sie zunächst den Medicus in den Arm um dann, wenn auch noch immer langsam, aufzustehen. Es fiel ihr aufgrund der Tatsache, dass sie so lange nicht auf eigenen Beinen gestanden hatte, noch etwas schwer und ihr Gang war wackelig, aber sie spürte, dass aus ihrem Innern eine neue Kraft kam.
    Lagsam also ging sie auf dem Rasen entlang zu ihrer Tochter, die, als sie ihre Mama sah, bereits in ihre Richtung loszukrabbeln begann. Die Amme hatte Tränen in den Augen, hatte sie doch so oft dafür gebetet, dass die Mutter ihres Zöglings genesen würde.


    Kurz vor Sabina ließ Paulina sich auf die Knie sinken, beugte sich nach vorne und hob ihre Tochter hoch. Und als sie den einmaligen Geruch von Kleinkindern in ihrer Nase wahrnahm, lief ihr eine Träne über die Wange... Sie war gesund!