Beiträge von Duccia Flamma

    Eila spürte, dass Irminars Griff bei seinen Worten fester wurde und erkannte nur daran, wie schwer ihm die so leicht gesprochenen Worte wirklich fallen mussten. Sacht strich sie mit ihren Finger über seinen Handrücken um ihm irgendwie Trost zu spenden. Sagen tat sie jedoch dazu nichts. Sie wussten beide wie sich das alles anfühlte, und was es für einen einzelnen bedeutet, sodass es keiner weiteren Worte bedurfte.
    "Wofür genau bewunderst du sie?" fragte sie junge Germanin dann, da sie selbst von der eben erwähnten bisher noch überhaupt nichts mitbekommen hatte.

    Irminar schien zu verstehen und das freute Eila. Und so verharrten sie einige Minuten. Sie im Bett liegend, er auf dem Stuhl daneben sitzend, die Hand des anderen haltend und trotz des unerwarteten Ausgangs der Reise im tiefen inneren doch froh, dass alle Heim gekommen waren. Zumindest galt dies für Eila.
    "Was ist in den Tagen geschehen, in denen ich im Fieber lag?" fragte sie dann einige Zeit später. Sie konnte sich an kaum etwas erinnern, seit eben jenem Kampf. Nur selten war sie für kurze Zeit bei Bewusstsein gewesen.

    Nun verstand Eila wo der Hase lang lief. Und erst jetzt verstand sie Irminars Schuldgefühle überhaupt richtig. Ihr selbst wäre es, wenn einem der anderen ihr Schicksal zuteil geworden wäre, vielleicht nicht einmal so anders gegangen.
    "Du hast recht. Es ist das Ergebnis deiner Taten, dass ich hier liege.Doch anders, als du es denkst." meinte sie dann. "Hättest du mich nicht verarztet wäre ich nun vielleicht bei meinen Eltern in Walhall, Irminar. Du hast mir nicht das Messer in den Rücken gestoßen, sondern meine Wunde versorgt. Ich muss dir dafür danken." sprach sie weiter und drückt leicht die Hand des Ducciers. Auch wenn sie ihn verstand, sie wollte nicht, dass jemand anders für ihre Taten und ihre Fehler die Schuld auf sich lud.

    Eila tat das Wasser, welches Irminar ihr zu trinken half, gut und nach einigen Schlucken und wenige Augenblicke später fühlte sie sich auch stark genug weiterzusprechen.
    "Sag das nicht,Irminar. Ich bin froh, diese Reise getan zu haben, auch wenn ich mein Leben dafür gelassen hätte. Meine Eltern haben ihren Frieden gefunden, und ihre Mörder den Tod." meinte Eila dann ernst. Dann schaute sie sich einige Moment in der Kammer um, das erste Mal seit sie hier lag. Es war ein schönes Zimmer, in das man Eila einquartiert hatte, dachte sie.
    Die Hand des Ducciers immer noch die ihre haltend, schaute sie dann wieder zu eben jenem. "Wieso denn dir?" meinte sie dann verwirrt. "Welche Schuld trägst du an dem, was geschehen ist. Du hast dich vor mich gestellt und du hättest mich verteidigt, vermutlich bis zum Tod. Was geschehen ist, war Schuld meiner Fahrlässigkeit." sagte sie dann, während sie erkannte, dass es wirklich so war. Nicht die Fahrlässigkeit, sondern viel mehr die Tatsache, dass Irminar, so wie er sich verhielt, sie bis zum Ende verteidigt hätte. Er war ein Freund, ein treuer Freund, dachte sie dann.

    Eila hatte jetzt mit vielem gerechnet, aber mit diesem gestammelten Gefühlsausbruch nicht. Es schien ihm wirklich schlecht zu gehen, und das machte es Eila noch schwerer.
    Mit einiger Mühe hob sie ihren Arm und griff nach seiner Hand, um ihn wieder auf den Stuhl zu ziehen. Zwar war das mehr als ein Ziehen aufgrund ihrer Schwäche eine Geste, aber er wusste, dass sie wollte dass er sich wieder setzte. Und vorerst wollte sie seine Hand auch nicht loslassen.
    Sie blickte ihm direkt in die Augen.
    "Irminar, jeder unserer Gefährten und jeder Gott, der diesen Kampf beobachtet haben mag, wird bezeugen, dass es nicht eure Schuld war. Nicht die der anderen und auch nicht deine. Ihr habt vor mir gestanden und ich bin durch die Linie gebrochen. Ich wollte in diesem Moment nur eines, diesen Mann töten. Das habe ich getan, und dafür trage ich die Konsequenzen. Es ist ...es ist nicht deine Schuld." meinte sie dann und bei den letzten Worten versagte ihr leicht die Stimme. So viel zu sprechen strengte sie noch immer an und sie bat Irminar mit einer Geste zum Becher ihr einen Schluck Wasser zu geben.

    Eila sah, dass Irminar noch immer das schlechte Gewissen in Person zu sein schien. Und das schmerzte sie beinahe noch mehr als ihre Wunde. Sie war in jeder Hinsicht Schuld an dem was geschehen war und die anderen hatten ihr möglichstes getan. Dennoch schienen sie noch immer der Meinung zu sein, dass sie mehr hätten tun müssen.
    "Hmm... ich weiß nicht. Ich bin zu Hause, wenn man es so nennen will. Ich denke schon." grübelte sie nach. In einem sauberen Bett in einer sicheren Umgebung zu sein, war schon etwas ganz anderes, als auf einer Trage hinter einem Pferd hergezogen zu werden. Sie musterte den Duccier genau.
    "So wie du dreinschaust könnte man meinen, du würdest hier liegen und nicht ich.", spielte sie auf seine ernsten sorgenvollen Züge an.

    Eila bekam lange Zeit nicht mit, dass jemand an ihrem Bett wachte. Sie schlief tief und fest, denn ihr Körper holte sich all die Kraft, die er benötigte um sie irgendwie wieder genesen zu lassen. Dennoch war sie noch immer blass und ihr Gesicht wirkte ausgezerrt.
    Irgendwann wurde sie wach, weil ein Sonnenstrahl vom Fenster ihre Nase kitzelte und mit einer zunächst zu schnellen, dann langsameren Geste, fuhr sie sich mit einem Finger über eben jene, als versuchte sie, die Sonne wegzureiben. Langsam machte sie die Augen auf und sah, dass jemand neben ihrem Bett saß. Im ersten Moment hatte sie mit Loki oder Marbod gerechnet. Doch als sie ihren Kopf umwandte, erkannte sie Irminar.
    "Hey du..." meinte sie zunächst schlicht.

    Eigentlich hatte Eila gedacht, der Schmerz könnte nicht schlimmer werden, als er schon auf der Reise auf dieser von einem Pferd gezogenen Bare hätte sein können. Doch als Marga und Lanthilda an ihr herumzogen und zerrten um ihre Kleider auszuziehen, obwohl sie sich Mühe gaben es sanft zu tun, wurde Eila eines besseren belehrt. Sie stöhnte und biß immer wieder die Zähne zusammen, während die Frauen ihre Arbeit verrichteten. Sie schloß die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken, doch der Schmerz riß sie immer wieder ins Hier und Jetzt zurück. Doch sie weigerte sich strikt, zu jammern. Es war ihre eigene Schuld, und die würde sie ausbaden müssen. "AAARGGGH!" schrie sie kurz, als die Frauen sich an den über ihre Wunde gelegten Verband machten, und vor Schmerz stiegen ihr Tränen in die Augen.

    Eila wachte auf, da sie spürte, dass die normalen rythmischen Bewegungen der Trage, auf der sie lag, nachgelassen hatten. Sie öffnete die Augen und erkannte, dass sie zu Hause waren. Sie erkannte die Mauern der Casa Duccia und die Gesichter der Diener. Sie hätte fast angefangen zu weinen vor Freude, hätte sie doch kaum geglaubt, dass sie dies noch einmal zu Gesicht bekommen würde.
    Am Liebsten wäre sie aufgesprungen, oder auch nur aufgestanden, doch nichts davon ließen ihre Kräfte zu. Dann erkannte sie unter den Umstehenden auch Marga und Dagmar und sie versuchte trotz ihrer Schmerzen ein Lächeln.
    "Dagmar! Marga! Heilsa ihr beiden." Natürlich wusste sie, dass sie noch Ärger von beiden bekommen würde, doch da dies in ihrem derzeitigen Zustand nicht in Frage stand (zumindestens hoffte sie dies) wollte sie zumindest durch ihr Lächeln so tun, als würde es ihr längst nicht so schlecht gehen, wie es das noch immer in Wirklichkeit tat.

    Eila blickte Irminar in die Augen und las darin die Schuld, die er sich selber gab. Eine Schuld, die wahrlich nicht die sein war. "Es ist nicht deine Schuld und egal, was passiert, verprich mir, dass du sie dir nicht gibst." meinte sie dann mit trotz der Schwäche entschiedener Stimme. Sie versuchte sich umzusehen, doch da sie sich nicht allzu sehr bewegen konnte, sah sie auch nicht sonderlich viel. Als Irminar ihr sagte, dass alle anderen gut ginge, hätte sie, wäre dies nicht zu schmerzhaft gewesen , am liebsten vor Erleichterung laut ausgeatmet. So kam nur ein ein erleichtertes :"Hmm...gut.", bevor die junge Germanin die Auge zu machte und aufgrund der Schwäche augenblicklich einschlief.

    Einen Moment lang spürte Eila die Versuchung sich aufzurichten, doch im selben Augenblick war ihr klar, dass dies wohl keine sonderlich gute Idee war, mal davon abgesehen, dass sie vermutlich nicht einmal die Kraft dazu besessen hätte. Sie blickt in die besorgten Augen des Ducciers und es tat ihr schon jetzt Leid, dass sie Anlass zu dieser Sorge gegeben hatte. Sie hatte einen Fehler gemacht und obwohl sie wusste, dass sie ihn nicht rückgängig machen konnte, bereute sie es. Doch all dies half nun nichts und so konnte sie nichts weiter tun, als auszuharren. Der Schmerz in ihrer rechten Seite stieg mit zunehmendem Bewusstsein, doch sie biß einfach die Zähne zusammen. "Es tut mir Leid." meinte sie dann, noch immer leise. "Was... was ist mit den anderen?" fragte sie dann, als sie merkte, dass Irminar als einziger bei ihr saß und in ihr die Furcht aufkam, dass einer der anderen, oder sogar mehrere verletzt oder noch schlimmeres sein konnten.

    Ohne es überhaupt wahrnehmen zu können, war die Bewusstlosigkeit der jungen Germanin ein Geschenk der Götter in Anbetracht der Schmerzen, die sie sonst beim Versorgen ihrer Wunde gespürt hätte. Doch sie bekam nichts davon mit, befand sich in einer Welt ohne Gefühle und Gedanken, vergessen all das was geschehen war.


    Doch irgendwann, es mochten Minuten, Stunden oder Tage vergangen sein, wenn es nach ihrer Orientierungslosigkeit gegangen wäre, erwachte sie. Zu allererst kehrte ihr Schmerzempfinden zurück und ein leichtes Stöhnen entrang ihren Lippen. Ihre Sinne kehrten Stück für Stück wieder und sie hörte Stimmen, auch wenn sie sie vorläufig noch nicht entziffern konnte, und sie Roch den Hauch von Blut und Feuer der in der Luft hing. Langsam, ganz langsam bewegte sie sich. Zunächst ihre Finger, dann die Arme. Ein leichter Ruck in den Beinen. Der Schmerz ließ sie spüren, dass sie noch am Leben war. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen, und dort wo sie erst nur Schemen erkannte, sah sie nach einigen Momenten, das vertraute Gesicht Irminars.


    Eine Träne lief ihr unbewusst über die Wange. Eine einzige nur, unbewusst ob nun aufgrund des Schmerzes oder der Tatsache, dass sie froh darüber war zu atmen. Und sie atmete, auch wenn es sie noch schmerzte. Mit noch leicht irritiertem Blick und nur dem Hauch einer Stimme meinte sie dann zu dem Duccier:" Schön, dich zu sehen.".

    Sie hockte auf ihren Knien, sich mit der rechten Hand auf der kalten Erde abstützend, mit der linken nach ihrer Verletzung greifend. Doch schon einen Moment später nahm sie am Rande ihres Bewusstseins einen weiteren Angreifer war. Doch so geschwächt wie sie war, hätte sie sich in keiner Form verteidigen können und so versuchte sie es nicht einmal . Der Schmerz war alles, was in ihrem Bewusstsein herrschte. Und schon darauf gefasst, dass der Angreifer sie nach Wallhalla schicken würde, schloss sie die Augen, durch die sie ohnehin nur verschwommen Dinge wahrnahm.
    Doch dann hörte sie einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem Schwerthieb und spürte dann, wie zwei starke Arme sie nach oben zogen. Der Schmerz in ihrer Seite drohte bei dieser ruckartigen Bewegung zu explodieren und sie stöhnte schmerzverzerrt. Nach einen Metern erkannte sie dann denjenigen, der versuchte sie zu retten, als Harlif. Doch schon einen Moment später trat wieder Schwärze vor ihre Augen.
    Dann, irgendwann - Eila hatte jedes Zeitgefühl verloren - landete sie relativ hart auf dem Boden. Warum wusste sie natürlich nicht.
    Das nächste was sie spürte war eine Hand an ihrer Seite und dann ein Druck auf die Wunde, der ihr das Bewusstsein raubte...


    Vor ihrem inneren Auge zogen Bilder vorüber. Bilder von ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrer Familie, besonders Bilder Lokis, und Bilder ihrer Freunde. Was um sie rum geschah, bekam die junge Germanin nicht mehr mit. Bewusstlos lag sie auf der kalten Erde ihrer Heimat, während ganz langsam das Leben gleichsam mit ihrem Blut ihren Körper verließ...

    Eila hatte vorerst garnicht wirklich mitbekommen, was geschehen war. Doch als ihr Bruder auf einmal so harsch aus ihren Gedanken riss. Mit großen Augen starrte sie ihn überrascht an, bevor sie endlich verstand, worum es ging. Augenblicklich stand sie auf, wenn auch nicht hektisch. Langsam schlenderte sie zu ihrer Stute, so als würde sie nur nach ihr schauen wollen und zog, sich an den Hals des Tieres legend und zog langsam ihr Schwert aus der Satteltasche. Ihr Pferd um einen Blick zu riskieren noch einmal
    umrundend machte sie sich dann auf den Weg zum Feuer zurück. Dann ging es los, die Fremden kamen näher und obwohl die anderen sich vor ihr positionierten, konnte sie die Gesichter erkennen. Alles alt bekannte Gesichter. Doch eines stach ihr vor allen anderen ins Auge. Das Gesicht eines einzelnen. Das des Schmiedes, das letzte was sie gesehen hatte, bevor sie und ihr Bruder in den Wald geflohen waren. Der Schmied, wie er gerade eine Fackel in ihre Hütte warf. Sie hörte die Worte, dochinteressierten sie diese nur wenig. Von Kopf bis Zeh war sie angespannt und wartete nur auf den Moment, an dem es losgehen würde. Und dann war es soweit.


    Sie sah ihren Bruder, wie er durch die Reihen der Gegner fegte, schickte ein Stoßgebet zu den Göttern, dass ihm nichts geschehe. Dann griff sie die Schulter Irminars, der rechts vor ihr stand, zog sie zur Seite und stürmte zwischen diesem und Harlif hindurch. Geradlienig, nur ein Ziel verfolgend. Und der Schmied hatte sie nicht kommen sehen, erst im letzten Moment sah er die wie eine Kriegsgöttin wirkende Germanin mit erhobenem Sax auf ihn losstürmen und wich zur Seite. Dennoch streifte ihr Schwert seine Schulter und fügte ihm einen tiefen Schnitt zu. Doch reichte dies nicht um ihn außer Gefecht zu setzen. Einen Moment lang fasste er sich an die Schulter, bevor er sich wieder in Position brachte und seinen Gegenüber erkannte. Und in seinem Blick lag Verwirrung, erkannte er doch in dieser tobenden Frau die Tochter der einst getöten Dorfbewohner. Eila blickte ihn an, ein Blick kalt wie Eis und heiß wie das Feuer des Zorns zugleich. Sie dachte nicht nach, sieh sah förmlich rot. Alles was in ihr herrschte war Wut und der unbändige Durst nach Rache.


    Der Schmied, einen Kopf größer als Eila selbst und doppelt so breit, stürmte auf sie los. Mit all ihrer Kraft hielt sie den Schlägen des Mannes stand, doch hatte sie ein jedes Mal das Gefühl, dass ihre Arme kurz vorm zerbersten wären. Ein, maximal zwei Schläge, wusste sie, würde sie halten können. Als der Schmied wiederum ausholte machte sie einen Sprung zurück, um sich Platz zu verschaffen. Und warum auch immer musste sie in diesem Moment an Dagmar denken und das, was sie ihr letztens erst beigebracht hatte. Und genauso, wie sie es letztens auf dem Hof geübt hatten, griff sie die Hand des Greifers, schlug mit dem Griff ihres Saxes gegen dessen Schwerthand und entriss ihm so seine Waffe. Vor Schmerz aufheulend ging der Mann in die Knie.


    Eila, mit vom Feuer leicht rot leuchtenden blonden Locken und einem Hauch von Schicksal im Blick schaute ihn an und meinte : "Mögest du nie den Weg nach Walhall finden." Dann rammte sie ihm das Sax in die Brust, sodass der Schmied, der Mörder ihrer Eltern, auf seine Hände sackte. Einen Moment lang blickte sie ihn noch an und dann wandte sie sich um. Wollte einen Überblick erhaschen, wie es um die anderen bestellt war. Sie sah Loki, der noch immer wütete und dann Irminar, der gerade mit einem Angreifer rang. Gerade suchte sie mit ihrem Blick nach Marbos, doch dann...


    Schmerz, ein harter, kalter Schmerz durchfuhr sie und ein Schrei entwich ihren Lippen, noch bevor sie erfasste, dass das Sax ihres Gegners, ihres totgeglaubten Gegners sich von hinten in ihre Seite gebohrt hatte. Sie wandte sich um, doch da sackte dieser schon, sein letztes Werk vollbracht, tot in sich zusammen. Völlig abwesend und starr vor Schock zog Eila unter einem weiteren Schrei das Schwert aus ihrer Seite und tastete dann mit ihrer Hand nach der Wunde.


    Als sie diese wieder nach vorne nahm, war sie voll von Blut, so viel Blut, dass es von ihren Fingespitzen und durch ihre Finger hindurch tropfte.
    Ihr wurde schwarz vor Augen und vom Schmerz gezwungen ging die junge Germanin in die Knie...

    Irminars Nähe spendete Eila Trost, wenn auch nicht soviel, als dass sie sich wirklich hätte beruhigen können. Doch was hieß hier eigentlich beruhigen, Eila war ruhig, beängstigend ruhig. Sie hatte einmal jemanden sagen hören, die Wunden die Trauer hinterließ konnten solange heilen, wie noch Tränen flossen. Doch hatte er diese Schwelle überwunden, dann würde er für immer Narben hinterlassen.


    Einige Minuten blieb sie einfach so stehen, versuchte an Irminars Brust zu sich zurück zu finden. Versuchte über seinen Herzschlag ihren eigenen wieder zu hören. Und irgendwann hatte sie sich wieder halbwegs gefasst. Sie nahm Irminars Hände in die Ihren und meinte kurz "Ich danke dir." bevor sie sich langsam in das Gras sinken ließ und sich dann dort hinsetzte, die Beine angezogen, der Blick auf den Horizont gerichtet. Sie merkte, das sich Irminar neben ihr nieder ließ und blickte ihn dann an.


    "Noch nie in meinem Leben, nicht einmal als kleines Kind, kam ich mir in dieser Welt so winzig und machtlos vor." murmelte sie dann.

    Alles was Harlif in diesen Momenten sagte, ging an Eila vorbei. Der Schmerz und die Trauer waren alles, was sie derzeit mitbekam. So wehrte sie sich weder, als er sie hochzog, noch als er mit ihr zu den anderen zurück ging und sie an Aulus Seite brachte. Was auch immer es war, was ihr gerade geschah, sie hatte das Gefühl, alles was um sie herum geschah nur durch einen Schleier wahrzunehmen.
    Sie hielt sich an Aulus fest, oder vielmehr hielt dieser sie und noch einige Momente lang tat sie nichts, als in den Armen dieses Freundes ihre Tränen zu vergießen. Bis selbst die letzte Träne vergossen war. Dann blickte sie auf die brennenden Gräber ihrer Eltern, die bald ebenso verbrannt aussehen würde, wie die Ruinen ihres einstigen zu Hauses.
    Dann betete sie. Für eine gute Überfahrt für ihre Eltern, für den Segen der Götter, doch viel mehr als für alles andere, für Rache.
    Als sie die Gebete beendet hatte, wandte sie sich wieder Aulus zu, blickte ihn, die Augen ausdruckslos, das Gesicht bleich, die Wangen rot von Tränen, an und meinte kurz mit kaum mehr als einem Hauch von Stimme. "Bring mich hier weg."

    Gelangweilt, weil der Reiseverkehr sich in dieser Jahreszeit in Grenzen hielt, und sich die Hände vor Kält reibend, musterte die Stadtwache den Neuankömmling.
    "Salve." grüßte er den Fremden in ausdruckslosem Ton. Er hatte wenig Interesse an dem Knaben und wollte lieber weiterhin seinen Gedanken an die doch recht attraktive Dienerin verschwenden, die sich in der gestrigen Nacht nach ein wenig Alkohol mit ihm eingelassen hatte.
    "Du kannst passieren." meinte er dann. Natürlich hätte er fragen können, wen genau er suchte um ihm eventuell zu helfen. Aber das war wahrlich nicht seine Natur und so dachte er nur, dass der Kerl sich auch alleine auf die Suche machen könnte und winkte ihn durch, ohne weiter auf ihn einzugehen.


    Sim-Off:

    Ich lass den Neuling mal einfach rein, weil sich die Stadtwache anscheinend ja nicht blickenlässt. Wer ist eigentlich zuständig?? -.^

    Eine weitere Nacht in der Eila von Alpträumen geplagt worden war hatte geendet. Der schlechte Schlaf und die innere Anspannung zerrten an ihren Kräften und dennoch war ihr mittlerweile der Apptetit vergangen, sodass sie das Frühstück schlichtweg ausließ. Warum auch immer hatte sie sich das ganze anders vorgestellt. Zwar hatte sie mit Anstrengungen gerechnet, doch allerdings mit Anstrengungen anderer Art. Als alles fertig war, war sie auf ihre Stute gestiegen und hatte sich der Gruppe angeschlossen.
    Sie sprach kaum, beantwortete höchstens Fragen, wenn jemand sie ansprach und hing ansonsten ihren eigenen Gedanken nach. Es gab vieles über das sie hätte nachdenken müssen. Über Harlifs Gewaltausbruch am gestrigen Tag, über ihre Gespräche mit Irminar oder ihre Gefühle für Marbod. Doch keiner der Männer beherrschte derzeit ihre Gedanken, sondern einzig und allein ihre mit der abnehmenden Entfernung zu ihrem alten Dorf ansteigende innere Unruhe. Von Kilometer zu Kilometer wurde ihre Miene ernster und ihr Herzschlag schneller. Als sie schließlich auf der Anhöhe standen und Eila sah, was für so lange Zeit ihre Heimat gewesen war, die Menschen, die einst Teil ihres Lebens gewesen war und spürte, dass sie für das alles nur noch reinen Hass empfand, schüttelte sie unbewusst ihren Kopf. Mit unnötig viel Kraft zog sie die Zaumzügel ihrer Stute zur Seite, um diese zum Wenden anzuhalten und Loki zu folgen. Hunderte Dinge gingen ihr durch den Kopf und während sie weiterritten, blickte Eila abwesend auf den Boden, über den sie ritten.
    Das nächste Mal blickte sie auf, als Loki anhielt. Doch auch wenn sie nicht hingesehen hatte, wo sie hinritten, wusste sie dennoch wo sie waren. Viel zu oft hatte sie diese Strecke in ihrem Leben schon zurückgelegt um sie vergessen zu können.
    Dennoch hatte sie nicht mit dem gerechnet was sie sah. Als sie die Ruinen sah, die verbrannte Erde und die angekohlten Überreste ihres Heims, hatte sie das Gefühl einen harten Schlag in die Magengrube zu erhalten. Sie hatte das Gefühl irgendjemand hätte sich auf ihren Brustkorb gesetzt und das Atmen fiel ihr schwer. In diesem Moment gab es für sie nichts außer sie selbst, die Ruinen ihrer Vergangenheit und ihre Erinnerungen. Ihre Begleiter waren in diesem Moment völlig vergessen. Sie starrte einfach auf den schwarzen Fleck, der vor ihnen lag und die Erinnerung an jene Nacht stürmten auf sie ein. Einige Sekunden lang, bis sie sie es einfach nicht mehr Ertrug, die Zügel herumriss und Neisti in die Seite trat, sodass diese losgalloppierte. Egal wohin, einfach erstmal weg, dachte Eila und ritt so schnell wie ihre Stute konnte in die entgegensetzte Richtung.
    Erst ein gutes Stück entfernt kam sie zum Stehen, legte ihren Kopf auf den Hals ihrer erschöpften und aufgebrachten Stute und ließ ihren Tränen freien Lauf...

    Eilas Schuss war der Startschuss gewesen und anschließend waren die Angreifer auf sie losgegangen. Doch bereits als Eila den zweiten Pfeil spannen wollte, schob sich Sextus auf seinem Hengst vor sie und in Schussrichtung. Auch wenn sie seine Intention verstand, hatte es sie am Kampf selbst gehindert, sodass Neisti ein paar Schritte rückwärts machte. Von dort aus maltretierte Eila so gut es ging die Angreifer mit Pfeilen, doch hatte sie selten eine Schussbahn, die nicht durch einen ihrer Begleiter blockiert oder zumindest gefährdet war.
    Nachdem Eila merkte, dass die Männer sich der Flucht zu wandten, schickte sie ihnen noch ein paar mehr drohende als ernst gemeinte Pfeile hinterher und sprang sogleich von ihrer Stute. Sie zwängte sich durch die Pferde und hielt bei einem jeden der Begleiter an, tastete sie grob ab, als müsste sie sicher gehen, dass diese ebenso wie alle ihre Körperteile noch da waren , nahm kurz die Gesichter in die Hände und schickte bei einem jeden ein Dankgebet zu den Göttern. Das tat sie sowohl bei Irminar, als auch bei Marbod, den sie einen Moment länger anblickte und dann auch bei Loki, dessen Hand sie kurz drückte, bevor sie sich zu Harlif vorgearbeitet hatte.
    Nachdem sie die Blutspritzer und den enstellten Leichnam gesehen hatte, ahnte sie, was geschehen war. Irgendwer hatte einen schlafenden Löwen geweckt und Eila wollte nicht einmal genau wissen, was Auslöser dafür gewesen war. Doch so wie Harlif noch immer blickte, ging sie nur langsam auf ihn zu, und nahm ihn ganz langsam in die Arme, ohne ein Wort zu sagen.

    Eila hatte schon seit geraumer Zeit ein ungutes Gefühl gehabt, dieses jedoch durch Unterhaltungen sowohl mit Marbod als auch mit Irminar zu unterdrücken vermocht. Als dann auf einmal die Seile vor und hinter ihnen hoch schossen und die Männer auftauchten, hatte sie dennoch wenig Mühe Neisti unter Kontrolle zu halten. Die Stute war ihrer Herrin nur allzu ähnlich und in Moment höchster Anspannung nach außen hin völlig ruhig. Dennoch war beiden bewusst, in welcher bedrohlichen Lage sie sich befanden und dies mehr durch Gefühle als durch logisches Denken.


    Eilas Vorteil lag klar auf der Hand. Während diese gaffenden Kerle sie anscheinend nur als das zu schützende ausmachten, erkannten sie die Gefahr, die von ihr selbst ausging nicht. In einer beinahe unmerklichen Bewegung legte sich ihre Hand auf ihren Bogen, der locker an einer Satteltasche befestigt war und legte die andere in die bestmögliche Position um in ihren Köcher zu greifen.


    Nach außen hin beinahe emotionslos wanderten ihre Augen äußerst angespannt von einem zum anderen, obwohl nach außen hin verschreckt, innerlich hellwach. Sie wusste selbst nicht, was mit ihr los war, aber nicht einen Moment regten sich Zweifel oder Unsicherheit in ihr. Vielleicht auch nur, weil sie sich die wahre Gefahr innerlich nicht eingestand.


    Als Harlif von diesen Kerlen zu Boden gezerrt wurde spannten sich auch die letzten Muskeln in ihr und was Eila in Gedanken am liebsten mit ihnen getan hätte, kann man nicht in Worte fassen.


    Doch dann scheute auf einmal Lokis Hengst und noch während er sein "Nun?" sprach surrte einer von Eilas Pfeilen in die Schulter des zweiten Angreifers.