Beiträge von Titus Decimus Verus

    Verus nickte.


    "Ich gedenke als Beamter meinen Dienst zu verrichten. Ich denke, dass ich Rom weiterhin dienen will, statt des Schwertes mit der Feder. Ich habe bereits bei Prudentius Balbus vorgesprochen für den Posten des Procurator a rationibus, jedoch meinte dieser, dass es zu hoch gegriffen wäre, sofort mit diesem Posten meine Beamtenkarriere zu beginnen. Er verwieß mich auf den Posten des Curator Kalendarii. Er wollte sich noch beim Stadtpräfekten erkundigen, ob es mir möglich wäre diesen Posten zu besetzen. Ich hoffe auf das Beste. Mein Ziel bleibt jedoch der Posten des Procurator a rationibus. Nicht, dass du denkst, ich habe keine Erfahrung mit dem Beamtenapparat. Ich arbeitete vor meiner Dienstzeit in der Flotte als Provinzbeamter, nämlich als Magister Scriniorum der Regio Italia. Leider wurde die Curia aufgelöst und ich ging zum Militär. Dort arbeitete ich neben dem normalen Dienst als Assistent des Präfekten und machte die Schreibarbeit, ebenso die Verwaltung."


    Recht lange Ausführungen für einen Soldaten, der sonst kurze Sätze gewöhnt war. Wo blieb eigentlich der Wein? Verus hatte nun einen trockenen Hals.

    Verus trank einen Schluck. Er ließ den Wein langsam über seine Kehle laufen. Das Gespräch war ja wirklich zum einschlafen spannend.


    "Ehm...ja," entgegnete Verus auf Serapios Ausführungen.


    Seine Augen wanderten nach optischer Ablenkung suchend durch den Raum.


    "Livianus sollte schon längst eingetroffen sein, ebenfalls seine Begleiter. Ich persönlich habe ihn schließlich nach Ostia gebracht. Ich mache mir wirklich sorgen, dass ihm in der Heimat etwas zugestoßen ist. Schließlich bin ich auch gerade erst eingetroffen. Ich war zwei Tage in Misenum. Ich rechnete eigentlich damit ihn hier anzutreffen...," sagte Verus angespannt. Er war nun ein wenig überrascht und zwar negativ.


    "Merkwürdig," murmelte Verus dahin.

    Verus lehnte sich leicht nach Vorne und räusperte sich kurz.


    "Ich habe meinen Dienst gerade ehrenhaft abgeschlossen. Der Brief, den ich dir schrieb, ist schon ein paar Monate alt. In ihm zeichnete ich ja auf, dass ich bald die Flotte verlassen würde und dies ist nun geschehen. Insofern bin ich wieder frei und offen für neue Dinge."


    Er lächelte.


    "Du musst wissen, 21 Jahre Dienst im Exercitus sollten genug sein. Ich denke, dass man eines Tages auch den Schlussstrich ziehen sollte, man sollte nicht sein ganzes Leben im Militär verbringen. Der Dienst formt zwar einen Mann aber kann ihn auch verformen.

    Ein Bote brachte diesen Brief.


    An Germanica Calvena und Q. Germanicus Sedulus
    Casa Germanica,
    Roma, Italia


    Sedulus,


    Ich schreibe dir diese Zeilen, da Calvena wahrscheinlich bereits zu dir gekommen ist und dir ihr Leid geklagt hat. Ich bin blind vor Liebe gewesen und mein Trauma, ebenso meine Kriegsverletzung haben mich in den Wahnsinn getrieben. Ich habe sie zur sehr bedrängt und habe nicht sie gesehen. Ihre Person beachtete ich nicht. Ich sah nur meine Vorstellung von ihr. Sie hat mich nicht verdient. Ich habe sie zwar gerettet aber zu welchem Preis? Ich habe diese Rettung mehr als bezahlt. Dieser Schmerz, der Einsamkeit treibt einen wirklich in den Wahnsinn. Ich konnte nun die Erkenntnis erlangen und sehe nun meinen Fehler, dass ich Calvena zu sehr bedrängt habe und ich ihr damit geschadet habe. Ich schreibe dir als meinem Freund diesen Brief und natürlich ihr, um mich für alle Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.


    Ich habe einen Philosophen aufgesucht, dieser riet mir einige Tage am Meer zu verbringen, alleine in einem Zelt. Ich werde diesen Rat befolgen. Ich muss meinen Verstand erneut ordnen.


    Ich weiß, dass Calvena nicht lesen kann und deswegen bitte ich ihr diese Zeilen vorzulesen: Calvena, ich weiß, dass ich dich verletzt habe und es tut mir Leid. Ich werde dich nie wieder bedrängen und nicht mehr in dein Leben treten und sofern doch, werde ich stillschweigend vorübergehen. Es tut mir Leid.


    Sedulus ich werde in einigen Wochen nach Rom zurückkehren und hoffe auf ein Treffen mit dir. Ich möchte mich nach alter Sitte bei dir entschuldigen. Ich habe mich eines Römers unwürdig benommen. Ovidius hatte recht mit seinen Worten: "Die Liebe verwirrt den Geist auf eine seltsame Weise."


    In Hoffnung,


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    Verus schaute erleichtert zu Serapio. "Salve!" Endlich war jemand eingetroffen, der einfache Gespräche führen konnte. Verus war in Small-Talk eher weniger gut als Serapio. So hoffte er darauf, dass dieser nun mehr seinen Platz als Gesprächsführer einnehmen würde.


    Auch Serapio wurde ein Tonbecher mit Wein gereicht.

    "Salve Senator Aelius," grüßte Verus ebenso freundlich zurück.


    "Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen. Ich bin froh, dass du die Zeit gefunden hast, mit mir zu sprechen. Ich danke dir, Senator!" Verus nickte freudig.

    Mutig trat Verus in der weißen Toga mit dem kleinen Purpurstreifen eines Ritters in den Raum. Er sah sich nach Quarto um und ging dann freudig auf diesen zu. Er überließ ihm das Wort, wie es Sitte war. Quarto hatte das Recht zu erst zu grüßen. Verus wollte ja nicht unhöflich sein.

    Verus kam vom Soldaten geführt bei der Porta an. Der Soldat verließ ihn, blieb jedoch in Sichtweite, damit Verus keinen Mist baute, was Verus umso nervöser machte.


    Er klopfte mit drei Faustschlägen an. Hoffentlich war Quarto in einer gesprächigen Laune, denn Verus hasste Gespräche, in denen er seinem Gegenüber jedes Wort aus der Nase ziehen musste.

    Ein Sklave trat neben Balbus und reichte diesem einen Becher mit Wein.


    "Ist das Wetter nicht schön," sagte Verus als auch er einen Becher mit verdünnten und leicht gesüßten Wein erhielt, um ein wenig Small-Talk zu halten.

    Verus schüttelte mit dem Kopf. "Nein, nein. Ich schaffe das schon alleine," sagte er mit einem munteren überspielenden Lächeln. Er wollte so schnell, wie möglich, dieser Situation entfliehen.


    "Mein Freund und ich werden uns nun entfernen," sprach Verus und legte den Arm auf Catubodus' Schultern. Er flüsterte ihm ins Ohr: "Spiel' einfach mit." Schließlich hatte er sich ja vorhin zur Hilfe bereit erklärt als er den Soldaten dreist anlog. "Vielen Dank!"


    Langsam ging er mit ihm, dem Fremden, unter die Schulter geklemmt davon, hoffentlich war diese Sache nun vorbei.

    Verus stapfte mal wieder zum Palast, dieses mal um einen anderen Bewohner zu besuchen. Er ging munter zu den Wachen.


    "Salve, ich habe einen Termin," sagte er und zog den Epistel heraus. Er zeigte den Wachen das Papyri mit einem süffisanten Lächeln, danach hob er die Arme. "Ihr könnt mich gerne durchsuchen," sagte er zu den Wachen am Tor, dem kleinen Trüppchen von sich langweilenden Soldaten, und drehte sich leicht um die eigene Achse. Er wollte diese nervtötende Prozedur schnell hinter sich haben. "Könntet ihr mich zum Domus des Quarto führen? Ich kenne mich hier leider immer noch nicht aus, obwohl ich recht häufig hier bin." Er lächelte freundlich über seine leichte Witzigkeit. Man sollte nicht alles zu ernst sehen, das hatte Verus zu lange getan und diese Eigenschaft hatte er zum Selbstschutz abgelegt.

    Verus kam mit dem Hausgast im Atrium an und ein Sklave brachte den Herren sofort ein Tablett mit einigen Getränken, wie Wein und Wasser, ebenso einige kleine Snacks, wie Oliven und knackiges Brot.


    "Da wären wir," sagte Verus. "Was gibt es denn für Neuigkeiten?"


    Er winkte einen Sklaven zu sich, dem er leicht ins Ohr flüsterte:
    "Lass' die Gens antreten, wir haben wichtige Neuigkeiten. Sag' Prudentius Balbus wäre hier."


    Mit einer schwungvollen Drehung wandte er sich wieder Balbus zu. "Meine Familie wird sicherlich bald eintreffen, wenn du einen Moment hast."

    Verus biss sich auf die Lippe. Er wirkte endlos verzweifelt. Der Tempel seiner Seele war geschändet. Sein Blick näherte sich immer mehr dem Wasser, das unter ihm vorbeirauschte. Sollte er springen? Jetzt oder nie! Es waren bereits zu viele Leute hier. Es wäre nur ein Sprung, ein wenig Wasser und dann wäre er tot.


    Verus beugte seine Kniee leicht. Er wollte gerade zum Sprung ansetzen, da durchfuhr ihn ein Schmerz im Rücken: Ein göttliches Zeichen. Er sollte noch nicht springen, so dachte Verus. Er ließ sich nach hinten fallen und landete unsanft auf dem Fremden. Er lachte leicht. "Ich auch nicht," sagte er antwortend. "Ich weiß selbst nicht, was mich dort hoch getrieben hat. Wahrscheinlich die Verzweiflung nicht die Frau zu bekommen, die ich liebte. Doch plötzlich als ich das Wasser sah und diese gaffenden Leute, wurde mir klar, dass dies nicht mein Tod ist, selbst die Götter gaben mir ein Zeichen. Ich solle anders sterben, nicht so."


    Verus stand auf und half dem Fremdling auf. "Es tut mir leid, ich bin seit Kurzem recht angespannt und habe wohl die Fassung verloren."
    Sein Blick ging zum Soldaten. "Es ist Nichts. Ich habe mich wieder gefangen."


    Verus war sich nun sicher, dass Calvena nicht seinen Tod verdiente. Es wäre ein zu großes Geschenk an sie. Sein Hass, der ihn auf diese Brücke gebracht hatte, brachte ihn nun wieder zurück.


    Sein Gesicht war zwar immer noch von Verzweiflung entstellt, doch ein kleiner Funke erstrahlte wieder in seinen Augen, der des Lebens. Vielleicht war dieser stark genug den Hass zu überwinden.

    Verus wandte sein nervöses Gesicht zum Fremdling, der ihn gerade ansprach. Was wollte dieser Mann? Verus den letzten Schubs geben? Was kümmerte ihn Verus' Leben?


    Seine Augen starrten Angst erfüllt auf den Fremden. Eigentlich wollte Verus ja leben aber dieses mal war ihm alles zu viel geworden. Er war nicht der starke Mann, der all diese Gefühle schultern konnte. Sein Herz war gebrochen, seine Welt mit ihm. Diese ganze Welt stank vor Intrigen, so kam es Verus vor. Rom war ein Moloch aus Intrigen, Missgunst und absoluter Korruption. Verus als aufrechter Bürger war darin verloren. Er konnte die Welt nicht verbessern und ebenso wenig sich selbst retten.


    Langsam wankte sein Körper im Wind. Verus atmete vorsichtig die Brise ein.
    "Sehr gut," antwortete Verus banal und schaute wieder zum Tiber. "Warum fragst du mich dies?" Verus wollte wissen, was dieser Mann von ihm wollte und warum er ihn zu retten versuchte. Wollte er Geld?


    Verus fühlte sich hier oben das erste mal in seinem Leben richtig aufgehoben, dem Tode nahe und würde so schnell nicht von seinem Sprunggedanken abspringen. Er brauchte erneut einen Sinn zum Leben, ein Gefühl der Lebendigkeit.