Beiträge von Artas Xanthus

    "Wir haben den Kampf gewonnen, ja. Und bei einem Kampf fließt nun mal Blut."


    Ich sah, das Nike die Schmuckschatulle unter dem Arm hielt. Erstaunlich, das sie trotz des Tumultes einen klaren Kopf bewahrt hatte.


    "Ich bringe dich jetzt zu meiner Unterkunft. Dort kannst du dich ausruhen... ich selbst...." ich zögerte einen Moment "... muss Bericht erstatten, was hier vorgefallen ist."


    Ich ging zu dem Zirkusdirektor, der noch immer auf dem Boden lag. "Das ist meines!" deutete auf das Wurfmesser und zog es mit einem Ruck heraus, was dieser mit einem Qualvollen Aufschrei quittierte. Dann zog ich noch mein Gladius aus dem Körper es Riesen und hob das meines Kameraden vom Boden auf.


    "Kannst du mir folgen Nike?" Ich ging stark davon aus, das sie keine führende Hand brauchte.

    Ich sah, wie sich unter der Zeltplane ein Hügel bewegte, sich kreuz und quer einen Weg nach draußen zu bahnen versuchte. Als ich zudem Nikes genervte Stimme von dort vernahm, musste ich trotz meiner Verwundung grinsen. Es war aber auch zu amüsant.


    Ich ging zu der Beule in der Zeltplane und tippte sie leicht an.


    "Einfach geradeaus... noch etwa 2 Meter."


    Mir wurde etwas schwarz vor Augen, doch riss ich mich zusammen, atmete einmal tief durch.

    Viele der Zuschauer reagierten auf meinen Schrei nach Verstärkung und kamen angerannt, begannen sich mit den Artisten zu schlagen. Unter ihnen war auch ein zweiter Vigile. Er zog sein Gladius und stelle sich neben mich. Rücken an Rücken traten wir nun den Artisten entgegen, die mit Steinen und Stöcken auf uns eindrangen.
    Ich parierte zwei Schläge und wich einem anfliegenden Stein aus. Unmittelbar nach einem Angriff schlug ich zu, verpasste einem der Phantomime einen Kinnhaken, das er zu Boden fiel. Einige der Zirkusleute begannen bereits die Flucht zu ergreifen, da stürzte das Zelt ein und machte das Chaos perfekt. Überrascht durch die plötzliche Wende vernachlässigte der andere Vigil seine Deckung und bekam von dem Riesen einen Schlag gegen den Kopf. Er taumelte ein paar Schritte zurück und brach dann Ohnmächtig zusammen. Sofort sprang ich zwischen die beiden Kontrahenten und griff nach dem Gladius meines Kameraden. Den Riesen schienen meine beiden Waffen nicht sonderlich zu beeindrucken. Er nahm eine der großen Stangen, die das Zelt getragen hatten, holte aus und ließ sie in meine Richtung sausen. Nur knapp entkam ich dem Geschoss, welches dann einen der Artisten traf und ihm fast den Kopf vom Rumpf abtrennte. Leblos blieb er liegen.
    Ich umrundete den Riesen langsam. Er folgte mir mit seinem Blick. Vergeblich suchte ich eine Möglichkeit ihn zu Fall zu bringen. Unerwartet stieß der Mann in meine Richtung vor. Ich hatte nicht damit gerechnet, das er so ein Tempo würde entwickeln können. Die Stange krachte gegen meine Brust. Ich fühlte mich, als würden mir alle Rippen brechen und blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Wieder hörte ich die Stange niedersausen und rollte mich zur Seite, doch traf sie meinen Oberarm und riss eine Wunde herein. Blut lief mir über den Arm. Wie ein brennendes Feuer fraß sich der Schmerz durch meinen Arm. "Verlierst du deine Waffe, verlierst du dein Leben, mein Sohn" hallte die Stimme meines Vaters durch meinen Kopf.
    Keuchend presste ich meine Hand um den Griff des Gladius. Ich kniff die Augen zusammen und sprang auf. Sofort rannte ich auf den Riesen zu, wich einem weiteren Schlag der Stange aus. Das eine Gladius rammte ich plötzlich in den Boden. Der Riese glaubte, ich würde versuchen ihn frontal anzugreifen, doch schliderte ich über den Boden auf ihn zu. Seine Schläge gingen über mich hinweg. Kurz vor ihm kam ich zum stehen. Er sah direkt in meine Augen... ich konnte die Überraschung und die Wut in den seinen sehen. Dann stieß ich das zweite Gladius mit aller Kraft nach oben. Es bohrte sich in den Körper des Riesen... brach auf der anderen wieder heraus. Blut spritzte mir ins Gesicht und ich drehte den Kopf weg.
    Der Riese erstarrte... wankte ein paar Sekunden. Seine Hand ergriff das Gladius, er versuchte wohl es herauszuziehen, doch zuvor brach er tot zusammen.
    Keuchend lieg ich blieben. Der Kampf war vorbei. Schwankend erhob ich mich, lehnte die Hilfe eines der Zuschauer ab und deutete ihm, das er sich um meinen Kameraden kümmern sollte. Ich sah den Zirkusdirektor an, der ein paar Meter von mir entfernt im Staub lag. Er versuchte, sich das Messer aus der Schulter zu ziehen.


    "Dafür... wirst du in der Arena kämpfen müssen, verdammter Bastard."


    Jetzt fiel mir Nike wieder ein und ich sah mich um... konnte sie nirgends erkennen. Mein Arm schmerzte fürchterlich... ich musste furchtbar Aussehen, vor allem mit dem Blut des Riesen im Gesicht.


    "Nike... Nike?!" schrie ich über den Platz. Ich hoffte das ihr nichts passiert war. Schließlich wäre ich dann an dem ganzen Desaster Schuld.

    Ich legte den Kopf schief und dachte einen Moment nach. Mit solchen Geldmengen hatte ich noch nie zu tun, geschweige denn, darüber nachgedacht.


    "Nun... ich würde vermuten, mit etwa 7000-8000 Sesterzen müssen wir rechnen. Natürlich könnten wir den Preis enorm senken, würden wir nur die schadhafte Stelle ausbessern, doch würde ich Vorschlagen" ich markierte mit zwei Fingern einen Auschnitt des Auquaduktes ".. diesen Teil der Leitung vollständig zu erneuern. So ist eine dauerhafte Reparatur möglich. Alles andere wäre nur vorübergehend.
    Auch wäre es möglich, den Preis zu senken, wenn dir diesen Abschnitt einfach einreißen würden und neu bauen würden, doch bitte bedenke, Proconsul, das dann ein Teil der Stadt ohne Wasser wäre über einen größeren Zeitraum."


    Ich ergriff den Becher Wein und nippte daran. Wie sehr war ich der Versuchung erlegen, diesen Becher sofort vollständig zu leeren? Beherrschung Artas, dachte ich und lächelte.

    Schon als ich das Gebrüll des Hühnen wahrnahm, ließ ich die Schatulle fallen und stieß Nike zur Seite, aus der Bahn des Hühnen heraus. Doch blieb mir so keine Zeit mehr, mich selbst für den Angriff zu wappnen. Die Faust des Hühnen traf mich mitten im Gesicht und ich fiel zu Boden, rutschte einige Meter weit durch den sandigen Boden des Zeltes. Ich schmeckte das Blut in meinem Mund, welches aus einer Wunde an der Lippe hervortrat.
    Ich hörte das hönische Lachen des Hühnen und des Zirkusvorstehers. Das war der Moment in dem ich mich meiner Ausbildung entsann. Ich hörte auf zu denken. Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an. Ruckartig warf ich mich herum und zog im gleichen Atemzug mein Gladius heraus. Instinktiv wich einem weitern Schlag des Jongleurs aus, als dieser, von Nike zu Fall gebracht, im Sturz noch einmal in meine Richtung ausholte.
    Geschickt rollte ich mich ab und stand wieder auf den Beinen, die Waffe schützend vor mich haltend. Ein kurzer Blick in die Runde und ich wusste, was zu tun war.


    "Vigilen zu mir!" brüllte ich so laut es mir möglich war und zog aus dem Gürtel ein kleines Wurfmesser hervor. Noch bevor sich mir einer der Artisten weiter nähern konnte, holte ich aus und warf. Das Messer sauste zischend durch die Luft und bohrte sich in die Schulter des Zirkusvorstehers. Nicht tödlich, aber wirkungsvoll. Einer weniger.
    Sofort trat ich zwei Schritt zurück und erwartete meine Gegner. Ich atmete in aller Ruhe. Nur der Kampf beherrschte meine Gedanken noch. Selbst Nike war aus meinem Gedächntis vorrübergehend verschwunden.

    Ohne die Meute aus den Augen zu lassen, griff ich nach unten und packte Nike unter dem Arm, zog sie hoch und lehnte sie gegen den Tisch. Dann nahm ich die Schatulle mit dem Diebesgut und klemmte sie mir unter den Arm, bereit, sie jederzeit fallen zu lassen, wenn es sich als notwendig erweisen sollte.
    Wachsam beobachtete ich den Riesen. An Körperkraft war er mir zweifellos weit überlegen. Doch Kraft war nicht alles. Bis sich dieser Muskelberg in Bewegung gesetzt hatte, konnte ich bereits hinter ihm stehen. Dennoch waren da noch die anderen Artisten. Mit allen auf einmal konnte ich es nicht aufnehmen, auch wenn ich mich nicht kampflos ergeben würde. Meine Uniform schien sie jedoch von dummen Gedanken abzuhalten. Noch....


    Meine Hand schloß sich fester um den Griff meines Gladius, doch zog ich es noch nicht hervor, um die angespannte Situation nicht eskalieren zu lassen.


    Mein Blick wanderte wieder zu dem Zirkusvorsteher, in den Augenwinkeln jedoch achtete ich stets auf die anderen mich umstehenden Leute.


    "Eine kluge Entscheidung... " erwiderte ich selbstsicher und mit fester Stimme ".. bei Sonnenaufgang seid ihr verschwunden."


    Ich packte Nike und zog sie sanft hinter mir her, versuchte, sie so gut wie möglich zu stützen. Langsam und immer einen möglichst großen Abstand zu den Artisten haltend, bahnte ich mir so einen Weg in Richtung des Zeltausgangs.

    Mit funkelnden Augen starrte ich den kahlen Mann an. Ich hob meinen Arm und hielt ihm das Schmuckstück entgegen. Der Finger meiner anderen Hand trommelte leicht gegen den Griff des Gladius.
    Obwohl ich mich nach außen hin sehr beherrscht gab, kochte ich innerlich vor Wut. Auch wenn Nike eine Sklavin war und sich zuweil mit dem Übernahm was sie sagte, empfand ich es als Quälerei, wie dieses abstoßende Scheusal mit ihr Umgang. Ich stieß hörbar die Luft aus meinen Lungen...


    "Lass sie sofort los. Sonst nehme ich den wilden Tieren in der Arena die Arbeit hier und jetzt ab."


    Ich tat einen Schritt auf den Mann zu und sah ihn Hass erfüllt. Wie mich solche Menschen anekelten. Keine Ordnung, keine Diziplin. Nur an der Befriedigung ihrer niederen Machtgelüste interessiert. Einen Zweikampf mit mir würde dieser Bastard keine 5 Sekunden überstehen.


    "Was ich hier gefunden habe, erübrigt wohl jede Erklärung. Ich biete dir nur diese eine Möglichkeit: Die Sklavin hier... " ich deutete auf Nike "... überlässt du mir, genauso wie das Diebesgut und dann will ich dein erbärmliches Gesicht nie wieder in Tarraco erblicken. Solltest du mit diesen Bedingungen nicht einverstanden sein, kannst du es dir in der Zirkusarena gerne noch einmal überlegen."

    Wie lange war es her, das ich Wein getrunken hatte? Ich wusste es nicht.


    "Zu einem Becher Wein würde ich nicht nein sagen, Proconsul."


    Auf den Comes ging ich nicht weiter ein. Zum einen hatten die Prätorianer ihn verhaftet, also hatte alles seine Richtigkeit und zum anderen war ich nicht der Richtige, dem solche Informationen zustanden.


    Ich trat an den Schreibtisch und öffnete die Schriftrollen. Eine Menge Zeichnungen waren darauf zu sehen, zusammen mit einer Karte der Stadt.


    "Verzeiht Proconsul, aber meine Fähigkeiten im Schreiben sind nicht eben sehr ausgeprägt, so habe ich das, was ich nicht zu schreiben wusste, gezeichnet."


    "Nun.. man kann sagen, das die Wasserversorgung und der Brandschutz der Stadt sehr gut ist. Lediglich hier..." ich deutete auf eine Markierung auf der Karte "...am nördlichen Tor ist eine Leitung etwas instabil geworden. Ich würde vorschlagen, sie bald reparieren zu lassen, sonst könnte es innerhalb des nächsten Jahres passieren, dass sie einstürzt und ein Teil der Stadt ohne Wasser ist. Ganz abgesehen von der akuten Erhöhung der Brandgefahr."

    Ihre etwas tonlose Stimme verwirrte mich, doch ich nahm an, dass ich dies ihrer Fassunglosigkeit über das unverhoffte Schicksal zuschreiben musste.
    Unverhofft musste ich lächeln. Der Fund einer Kiste voll Diebesgut würde sicher auch die ein oder andere Belobigung nach sich ziehen.


    "Ich werde das Zelt des Direktors sofort aufsuchen. Ich möchte, dass du zu ihm gehst und ihn mir sogleich hinterher schickst."


    Ich machte mich auf den Weg in Richtung des Zeltes des Direktors. Ohne mich stören zu lassen, trat ich ein und sah mich in dem mehr als unordentlichen Zelt um. Nur schwach von dem hereinfallenden Licht erhellt, sah ich in einer Ecke eine schmutzige Schlafstätte. Das Zelt war gefüllt mit einer Menge Gerümpel, von denen ich bei näherer Betrachtung überzeugt war, das sie nicht ihm gehörten. Die Kiste, welche Nike erwähnt hatte, stand auf einem Tisch in der Mitte. Ich ergriff sie und öffnete sie mit einem Handgriff. Die darin enthaltenen Schmuckstücke sprachen eine deutliche Sprache. Ich fragte mich, wem sie wohl einst gehört hatten.


    Grinsend nahm ich eines davon in die Hand, legte die andere vorsorglich auf den Griff meines Gladius und drehte mich zum Eingang um. Wartete auf den Zirkusvorsteher.

    Als ich ihr leises "Ja." hörte blieb ich ruckartig stehen. Wieder einmal fragte ich mich, wozu ich das eigentlich tat. Was empfand ich gegenüber einer Sklavin, das ich ihr so zu helfen bereit war?
    Langsam drehte ich mich.. sah sie an und ging dann zu Gracchus. Wechselte einige Worte mit ihm, zu denen er zustimmend nickte.


    Sim-Off:

    Das wurde per ICQ geklärt ;)


    Ich ging zu Nike und streckte die Hand aus.


    "Artas Xanthus ist mein Name. Nun musst du mir zeigen, womit ich dich hier befreien kann."

    Ihr Zögern dauerte lange. Zu lange. Mehr als ihr dies Angebot zu machen konnte ich nicht.


    "Dann wünsche ich dir weiter viel Spaß in diesem Loch hier. Es war... eine.... nette Unterhaltung"


    Ich wand mich zum gehen.

    Mir schien, ich hatte eine Hoffnung in ihr geweckt, die ich nicht enttäuschen konnte. Ein Sadist war ich nun wirklich nicht.


    "Bis der Scriba sich entschieden haben mag, könntest du mein Angebot annehmen. Einem Staatsmanne wie ihm werde ich keine Steine in den Weg legen."


    "Wie ist deine Antwort? Ja oder Nein?"

    Bei der Erwähnung des Wortes Spartaner lauschte ich auf. Ein Kamerad und Freund meines Vaters war Spartaner gewesen. Ich hatte die zweifelhafte Ehre genossen, bei ihm einige Wochen Kampfesausbildung genießen zu dürfen. Es waren die schrecklichsten Wochen gewesen, an die ich mich erinnern konnte, seit meiner Geburt. Doch nach all der Qual, als ich zuhause war, gelang mir etwas, was mir bis dahin nie gelungen war. Ich besiegte meinen Vater im Gladiuszweikampf. Der Spartaner hatte mich das kämpfen gelehrt wie kein anderer, doch der Preis war hoch gewesen. Schon die Erinnerung an die Ausbildung schmerzte. Dennoch zollte ich diesem Mann Dankbarkeit. Wenn die Spartaner jedoch schon so mit ihren Soldaten umgingen, so wollte ich nicht wissen, was ihre Sklaven zu erdulden hatten.


    "Spartaner. Ich habe so meine Erfahrungen gemacht und kann sagen, das ich es mir Vorstellen kann."


    Es schien, das meine Worte Hoffnung bei ihr erweckt hatte. Und ich verabscheute es, einem Menschen Hoffnung zu machen, die nicht zur Erfüllung gelangen konnte. So oder so, es gab einen Weg dieser blinden Frau aus diesem Zirkus zu helfen. Immer mehr kam in mir die Frage auf, wieso ich das eigentlich tat. Ich schob sie jedoch zur Seite. "Handeln, nicht denken. Denken dauert zu lange. Tu es!" Die Worte meines Vaters hallten durch meinen Kopf.


    "Nike, Tochter der Alexandra" das sie den Namen das Vaters nicht erwähnte fiel mir nur am Rand auf, überging es aber "... nun, der Römer schien mir ganz den Anschein zu machen, als wollte er euch dieses Angebot machen."


    Ich schwieg eine Weile... es kostete mich Überwindung, doch ich sprach es aus.


    "Doch sollte er dies Angebot zurück ziehen, so biete ICH dir an, dich aus diesem Zirkus zu nehmen. Ich habe nur ein kleines Zuhause, kaum mehr als ein Zimmer mit einer Strohpritsche. Eine zweite wird sicher darin noch Platz finden. Kaufen kann ich dich nicht. Aber... " ein fast schon sadistisches Lächeln umspielte meine Lippen ".. wenn ich deinen Gönner vor die Wahl stelle im örtlichen Zirkus gegen die Löwen und Gladiatoren anzutreten zusammen mit seiner.... Mannschaft, oder dich mir zu überlassen, so wird er seine Meinung sicher schnell überdenken. Genug Beweise für eine Verhaftung und Anklage würde ich hier, mit deiner Hilfe, schon finden."


    Bei den Göttern, bei Mars, was tat ich hier nur?


    "Ich kann dir nicht viel bieten außer einem Schlafplatz und etwas zu Essen. Das Zimmer sauber halten wirst du müssen, denn mir bleibt für derartige Arbeit zwischen der Pflicht und dem Training keine Zeit. Desweiteren kann ich dein Gehör für so mansche Arbeit gebrauchen. Überlege es dir! Wie ich schon sagte, ich mache ein Angebot nie zweimal..."

    Auf das "Ja" des Proconsuls hin öffnete ich die Tür, trat ein und blieb in respektvollem Abstand, haltung annehmend vor dem Schreibttisch stehen.


    Salve Proconsul,


    "Artas Xanthus mein Name und ich bin seit kurzem Vigil hier in der Stadt Tarraco. Der Comes beauftrage mich bei meiner Indienststellung mit einer Besichtigung der städtischen Aquadukte um deren Zustand zu dokumentieren. Innerhalb von 14 Tagen hatte ich ihm den Bericht vorzulegen. Doch wie ich sah ist der Comes leider verhaftet worden und ein Zettel verwies mich auf dein Büro. Hier habe ich die Ergebnisse meine Arbeit, sowie einige Verbesserungsvorschläge, besonders in Hinsicht auf den Brandschutz."


    Ich trat einen Schritt vor und legte zwei säuberlich aufgerollte Schriftrollen auf den Schreibttisch des Proconsuls. Anschließend trat ich sofort wieder zurück und nahm wieder Haltung an.

    "Das du ein Krüppel bist, mag bei dir keine Rolle spielen. Sehen kannst du, wenn auch nur mit deinen Ohren und deiner Nase. Und äußerte nicht vorhin jener Römer Caius Volteius Gracchus Interesse an deinen Diensten bei ihm im Hause? Also erzähl mir nichts, das dich keiner im Haushalt haben wolle."


    Ich beruhigte mich wieder. Ging zwei Schritte auf und ab.


    "Ich respektiere dich.. für deine Fähigkeiten und deinen Willen, trotz Hungers mein Essen abzulehnen. Doch treibe es nicht zu weit. Ich bin Makedone und du willst nicht wissen, was ich gesehen habe, wie so mancher Grundbesitzer meines Volkes seine Sklaven behandelte. Auch ich glaube, das Zucht das beste Mittel für Diziplin ist, doch hat alles seine Grenzen. Ein geprügelter Soldat kann ebenso wenig kämpfen wie ein Sklave arbeiten kann, dessen Rücken die Peitsche zu oft gesehen hat."


    Ich warf einigen Zuschauer, die mich allzu neugierig angsahen, einen finsteren Blick zu, bis sie sich eiligst aus dem Staub machten.


    "Wie ist eigentlich dein Name?"

    Sprachlos blieb ich stehen. Meine Hand ballte sich zur Faust. Noch nie hatte es eine Sklavin gewagt, sich so gegen mich zu erheben. Schon gar nicht, nachdem ich ihr so offen entgegen gekommen war. Die Zornesröte stieg mir ins Gesicht und nur mühsam kämpfte ich den Drang nieder, sie auf der Stelle eine Züchtigung spüren zu lassen.


    "Der Jongleur" ich schrie das Wort fast schon hinaus.. und fuhr dann ruhiger fort "ist glaube ich das geringste Problem in diesem Pack hier!"


    Die blinde Frau sah auf den Boden, starrte ihr Füße an. Ich folgte ihrem Blick, wanderte so mit den Augen ihren Körper hinab. Erst jetzt fiel mir ihre grazile Gestalt wirklich auf und auch ihr zartes und schönes Gesicht, wenn auch mit den leeren Augen etwas ungewohnt anzusehen.
    Diese kurze Ablenkung brachte mich wieder zurück unter meine Kontrolle. Ich öffnete meine Faust.. langsam.


    "Wenn du jeden so angiftest, der dir etwas Freundlichkeit entgegen bringt, Sklavin, so wundere dich nicht, wenn deine Zeit als Haussklavin in einem römischen Haushalt mehr als kurz für dich sein wird."


    Ich atmete einmal tief ein und stieß die Luft wieder aus. Diese Frau zog mich an.. fazinierte mich auf ihre ganz eigene Weise. Aber sie war eine Sklavin, kein Bürger oder gar Vorgesetzter. Um ihrer Schönheit willen hoffte ich, das sie sich bald eines besseren belehren würde. Narben von Peitschen und Stöcken würden selbst Venus entstellen.

    Ihre Antwort amüsierte mich, konnte man doch trotz all ihrer Versuche nach Selbstbeherrschung sehen, wie sehr es ihr nach Essen verlangte.


    "Es ist dir freigstellt. Ich stelle einen Menschen immer nur einmal vor eine Wahl."


    Ein kurzes Zucken und das Käsestückchen verschwand fliegend in meinem Mund. Genüßlich verzehrte ich es.


    "Wie mir scheint, bist du nicht weiter gewillt, dieses Gespräch fort zu führen. Vielleicht.. zieht es dich ja zu deinem "Gönner" zurück"

    Ich erhob mich und klopfte mir den Staub von den Schenkeln. Sah dich noch einmal durchdringend an.


    "Wie lange bleibt denn der Zirkus noch in der Stadt? So mancher dieser Leute scheint mir nicht frei von Vergehen gegen das Gesetz zu sein. Drum muss ich dafür Sorge tragen, das er stets im Auge eines Vigils ist."

    Ich lachte laut auf.


    "Deinen Vorschlag werde ich schwerlich beherzigen können, denn ich brauche mein Augenlicht. Aber vielleicht lassen sich meine Sinne etwas schärfen. Ich werde trainieren, des Nachts. Mit geschlossenen Augen."


    Ich schnitt mit dem Gladius ein weiteres Stückchen des Käses ab. Hielt es hoch. Ich wusste, dass die blinde Frau es würde riechen können. Den Rest des Essens steckte ich zurück in meine Gürteltasche.


    "Wirst du mir hierfür deine Geschichte erzählen? Noch habe ich Zeit und eine interessante Lebensgeschichte ist meine Zeit allemal wert."

    Schmunzelnd beobachtete ich, wie die blinde Frau das kleine Stück Brot herunterschlang, als wäre es das erste, was sie zu essen bekommen würde; seit Wochen. Wer weiß, vielleicht war dem sogar wirklich so.


    Ich lauschte ihren Worten, während ich mein Essen in winzigen Stückchen zwischen den Zähnen zerrieb.
    Als der Zirkusbesitzer sich uns wieder einmal näherte und die Sklavin innehielt, kniff ich meine Augen zusammen und sah den schmutzigen Mann funkelnd an. Ich legte eine Drohung in den Ausdruck meiner Augen. Ganz sicher war dieser Mann nicht frei von Schuld, so wie er aussah. Sollte er mich stören wollen, so würde ich schon einen Grund finden, ihn vorrübergehend in einen Kerker zu sperren. Schnell wie er gekommen war, verschwand er auch wieder.


    "Ich habe noch in keiner wirklichen Schlacht gekämpft. Nur ein Scharmützel zwischen einem kleinen Zug römischer Legionäre und ein paar plündernden Germanen habe ich erlebt. In jungen Jahren, als ich meinem Vater entgegen eilte, nachdem er von einem Feldzug zurückkehrte."


    Ich lächelte, als die Erinnerung mich einholte.


    "Natürlich hatten die Germanen keine Siegesmöglichkeit. Doch hast du Recht. Laut ist es in Tat. Die Befehle, das Geschrei der Verwundeten und Sterbenden, die klirrenden Waffen."


    Ich schwieg einen Moment, entsann mich dem Tag, von dem ich erzählte.


    "Aber die Pfeile kann man dennoch hören. Es ist ein Zischen, ein hohes Singen, dass durch die Luft gleitet. Man weiß genau, das es einen treffen kann. Man weiß, das die Waffe kommt. Doch nicht woher. Sie wird lauter, aber wo wird sie einschlagen? Links oder Rechts?
    Du scheinst genau das vorher sagen zu können. Die Richtung, aus welcher der Tod kommt. Es könnte mein Leben retten, viele Male, wenn ich wüsste, wie du das machst. Ich glaube aber, dass diese Fähigkeit schwer, wenn gar überhaupt nicht zu erlernen ist.


    Während ich sprach, verzog die Sklavin das Gesicht zu einer Grimasse, die ich nicht zu deuten vermochte. Es konnte Abscheu ausdrücken, ebenso wie Freude über den wohl lange nicht erlebten Geschmack von Käse.

    Da ich des Stehens etwas Leid war, zog ich mir eine Kiste heran und setzte mich darauf, der blinden Frau gegenüber. Ich überhörte ihren letzten Satz bewusst, auch wenn mir ein scharfer Kommentar auf der Zunge lag.


    Aus einem kleinen Säckchen an meinem Gürtel holte ich ein Stück Brot und ein noch kleineres Stück harten Käse heraus. Ich zog mein Gladius ein Stück aus der Scheide und trennte eine Scheibe von dem Käse ab. Ich wiederholte das Spiel mit dem Brot und machte so zwei Brote mit etwas Käse darauf. Das kleinere der beiden reichte ich nach einigem Zögern der Sklavin herüber, jedoch ohne sie direkt anzusehen.


    "Iss das..."


    Ich kniff die Augen etwas zusammen.


    "Seit ich denken kann, wurde mir nur das Kämpfen gelehrt, darum sag mir: Wie konntest du dem Stein ausweichen? Diese Fähigkeit wäre in einer Schlacht sehr brauchbar."


    Ich biss in das Brot und kaute darauf herum.


    "Und als weitere Gegenleistung will ich wissen. Wie du in diesem...." ich suchte nach einem passenden Wort "Zirkus.... gelandet bist"