Beiträge von Kassandra

    "Es muss bestimmt schön sein, das alles mit eigenen Augen zu sehen. Noch dazu mit einem Menschen, den man liebt" bestätigte Kassandra neidlos und mit einem zustimmenden Nicken die Worte von Epicharis. Sie konnte es gut verstehen und wahrscheinlich wäre es auch weitaus weniger gefählich, als sie angenommen hatte.


    Epicharis musste wohl ihren grübelnden Laut bemerkt haben. Etwas verduzt blickte Kassandra kurz auf und meinste schnell "Oh! ... nichts weiter ... ich habe mich nur eben gewundert. Ich meine das hier mit den Wahlen ..." und deutete dabei auf die Stelle im Brief "Nun bin ich schon so lange hier in Rom und verstehe von Politik noch immer nichts." Kassandra hoffte, dass ihr diese kleine Notlüge verziehen würde, denn den Todesfall und das mit dem Sohn wollte sie eigentlich nicht weiter zur Sprache bringen, um die freudige Stimmung ihrer Herrin nicht zu trüben.


    Deshalb schickte sie sich auch an den Brief, so schnell wie möglich, zur Post zu bringen. "Ja Herrin, den Weg kenne ich. Und ich hoffe sehr, dass ihr bald wieder eine Nachricht von eurem Verlobten erhalten werdet. Ich bin doch auch schon neugierig zu erfahren, was er euch antworten wird" gab Kassandra grinsend zu, rollte vorsichtig das Pergament zusammen und stand auf, um sich sogleich auf den Weg zu machen.

    "Ja Herrin, ich werde mich sofort auf den Weg machen!" versprach Kassandra kleinlaut und wich dem rügenden Blick von Epicharis aus. "Eure Schwester ist heute zur achten Stunde abgereist" rief sie ihr anschließend noch nach, denn Epicharis hatte sich auch schon umgewandt und war auf den Weg zu ihrem Vater. Kassandra hatte ein schlechtes Gewissen Epicharis gegenüber, denn sie selbst würde Menectrates, mit dieser Nachricht, nicht unter die Augen treten wollen. Andererseits fiel Kassandra erst jetzt so recht auf, wie verzweifelt Epicharis Schwester eigentlich gewesen sein muss. Warum sonst wäre Deandra so überstürzt abgereist und hatte dabei riskiert, von den vigiles innerhalb der Stadtmauern - noch dazu in einer Kutsche ohne Genehmigung - aufgehalten zu werden? (eine bessere Begründung fiel Kassandra zumindest auf die Tatsache hin nicht ein, dass Kutschfahrten eigentlich angemeldet werden mussten. :hmm: *g*).


    Aber noch ein anderer Gedanke drängte sich Kassandra wieder ins Bewußtsein, während sie sich nun auf den Weg zur Villa Aurelia machte. Sie hatte doch nur einen Befehl ausgeführt! ... nur einen Befehl ... ohne darüber nach zu denken, dass es vielleicht besser gewesen wäre, gleich zu ihrer Herrin zu eilen. Mit einem Mal wurde Kassandra bewußt, wie sehr sie sich schon in eine Sklavin verwandelt hatte die lediglich das tat, was man ihr befahl. Traurig blickte sie zu Boden und in diesem Moment vermisste sie wieder ihr Leben in Freiheit, ihre Heimat und ihre Eltern "... Vater, Mutter ... ich möchte nach Hause ..." murmelte Kassandra und fühlte sich zum zweiten Mal, seitdem sie hier war, scchrecklich einsam und verlassen. Dann aber riss sie sich selbst wieder zusammen und beschleunigte ihre Schritte, um wenigstens ihren Fehler wieder gut machen. ...

    Lächelnd nahm Kassandra den Brief entgegen und las aufmerksam die Zeilen, welche Epicharis ihrem Verlobten geschrieben hatte. Ein paar mal konnte man sehen, wie sie im Lesen inne hielt und einen Absatz erneut überflog. Ab und zu huschte auch ein Lächeln über ihr Gesicht, wenn eine Formulierung sehr persönlich und schön auf sie wirkte, oder aber sie das Beschriebene selbst mit erlebt hatte. "Ein sehr schöner Brief ... er wird wird ihn mögen." sprach Kassanda leise aber überzeugt, während sie von der bevorstehenden Reise nach Ägypten las und als sie an einer Stelle weiter unten angelangte meinte sie etwas verwundert "Ihr würdet wirklich nach Antiochia reisen wollen? warum denn gerade dorthin?" wäre das nicht zu gefährlich? dachte sich Kassandra noch. Von den Wahlen verstand sie letztendlich zu wenig, um danach zu fragen und der Todefall? "hmmm...." nachdenklich überflog sie auch die letzten Abschnitte. Der Sohn ihres Verlobten hielt sich angeblich auch in Ägypten auf. War das nicht dieser Junge, der auf der Sponsalia ihrer Herrin dieses eigenartige Geschenk hatte schicken lassen? Kassandra hielt es für besser, nicht danach zu fragen und sah nun von dem Brief wieder auf. "Ich werde den Brief gleich zur Post bringen. Dann wird euer Verlobter ihn bald in seinen Händen halten können." schlug sie dann lächelnd vor.

    Etwas verwundert beobachtete Kassandra die gelöste Reaktion von Epicharis, nachdem sie wohl ihre erste Vermutung, dass der Brief könne von ihrem Verlobten stammen könnte, zerstreut hatte. "Jaa, ... von eurer Schwester!" bestätigte Kassandra nochmals mit einem eher skeptischen Blick zu Epicharis. Sprachen sie hier von ein und der selben Schwester, oder hatte Epicharis gar mehrere? So musste es wohl sein, denn noch bevor Kassandra weiter berichten konnte, hatte ihre Herrin den Brief auch schon gelesen und wirkte nun sehr besorgt.


    "Ja Herrin, ich hab es gewusst ..." entgegnete Kassandra kleinlaut und blickte schuldbewusst zu Boden, als sie den leichten Vorwurf heraus hörte. "Es tut mir leid Herrin, ihr habt Recht ich hätte sofort zu euch kommen sollen ... aber eure Schwester wirkte so unglücklich. Sie hat gesagt, dass sie weg will und sie hat mir befohlen, euch den Brief erst nach ihrer Abreise und mit einem lieben Gruß von ihr zu übergeben." versuchte sie dann ihr Verhalten und den Wunsch der Schwester zu erklären. Je mehr Kassandra darüber nach dachte, umso besorgter wurde sie. "Sie hat mir nicht gesagt, wohin sie will ... hat sie es euch denn nicht in dem Brief mitgeteilt?" fragend blickte Kassandra wieder auf, doch sie ahnte bereites die Antwort. Verzweifelt versuchte sie sich deshalb an alle Details zu erinnern "Sie ist noch nicht lange weg! ... Eure Schwester ist mit der Kutsche abgereist. Sie sagte, sie müsse diesem Haushalt vorerst den Rücken kehren ... und sie wollte zwei Sklaven, die ihr beim Einrichten helfen sollten." jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass Deandra ja gar nicht erwähnt hatte, wie lange es dauern könnte. Was, wenn nun der Hausherr oder seine Frau nach ihren ...? "oh nein, sie hat Fiona und Minna mitgenommen! ... Herrin, wisst ihr denn nicht, wohin sie gefahren sein könnte .... glaubt ihr wirklich sie wollte zu ihrem Verlobten?"


    Kassandra klang selbst immer hilfloser, denn in einer Reisekutsche wäre Deandra wohl kaum zur nächstgelegenen Villa in Rom aufgebrochen."...sie ist bestimmt nicht dort, aber ich werde gleich hinlaufen und nachfragen! ... soll ich dem Verlobten noch etwas von euch ausrichten Herrin?" Kassandra würde sofort zur aurelischen Villa aufbrechen, aber eventuell wollte Epicharis ihr noch einen Nachricht mit auf den Weg geben.

    "Herrin!" rief Kassandra nur, denn sie erschrak im selben Moment über sich selbst, als Epicharis völlig aufgelöst auf sie zu eilte. Ein paar Sekunden brauchte Kassandra, um ihre und Epicharis´Gedanken zu sortieren. Natürlich! ihre Herrin dachte sofort an ihen Verlobten und das ihm eventuell etwas passierte sei. Nun, passiert war ja auch etwas. "Nein, nein Herrin ... der Brief stammt von eurer Schwester!" versuchte sie die Gedanken in Worte zusammen zu fassen. "Sie gab ihn mir und ich musste ihr versprechen, den Brief erst an euch weiter zu geben, wenn ..." Kassandra stockte und musste schlucken. Sie fühlte sich irgendwie schuldig, dass sie damit nicht doch gleich zu Epicharis gelaufen war. ." ... wenn sie bereits abgereist wäre. Das Ziel hat sie mir nicht verraten, sie wollte es unbedingt so ..." ganz aufgelöst berichtete Kassandra weiter und hielt den Brief sogleich ihrer Herrin hin. Was würde nun passieren? Das Fiona und Minna auch mitgefahren waren und sie nicht einmal wusste, wann die beiden zurück kommen würden, vergaß sie in ihrer Aufregung ganz zu erwähnen..."hier bitte Herrin, lest!"


    Liebe Epi,


    ich wollte nicht wortlos aufbrechen, also schreibe ich wenigstens dir. Ich weiß nicht, wie du hier leben kannst, ich kann es offensichtlich nicht. Neben dem Verlust meiner Eltern, den ich noch immer nicht überwunden habe, einer fehlenden Stütze, die mir wenigstens über diese Tatsache hinweghilft, habe ich keine Neigung, auch gar keine Kraft, mich mit einer Frau wie Ofella auseinanderzusetzen. Bliebe ich hier, wäre es, als würde man einer Blume Licht und Wasser gleichzeitig entziehen.


    Ich weiß noch nicht, wo ich hingehe, nüchtern betrachtet habe ich kein Zuhause mehr. In dem einen fühle ich mich nicht wohl und in dem anderen wäre es nicht schicklich zu bleiben. Auch kann ich nicht sagen, wie lange ich fortbleiben werde, vielleicht nur Tage, vielleicht Wochen oder Monate. Die Götter mögen mit dir sein.


    Liebe Grüße
    Deandra

    Etwas seltsam kam ihr der komische Vogel da in Fiona´s Händen schon vor. Nach einem Adler sah das zumindest nicht aus und dass es je einer werden würde, ... naja ...Kassandra wollte nicht unhöflich sein, denn Fiona gab sich sichtlich alle Mühe damit. "Na gut, dann laß ich dich mal in Ruhe weiter basteln. Der Kleine wird sich bestimmt darüber freuen wenn der Vogel erst einmal fliegen wird." meinte sie dann lächelnd. Im Grunde würde ES ja sogar einmal fliegen. Nur als was, das wusste Kassandra natürlich nicht. "Bis später dann, Fiona!" verabschiedete sie sich mit einem Nicken denn das Angebot, sich ein andermal weiter unterhalten zu wollen, nahm sie gerne an. Dann verließ Kassandra die Unterkunft wieder um sich die Haare draußen, in der wärmenden Sonne, noch ein wenig zurecht zu machen, bevor sie letztendlich zu ihrer Herrin ginge.

    Auf die einladenende Geste sich zu setzen, holte Kassandra sofort einen Stuhl und nahm neben Epicharis am Tisch Platz. Allerdings hielt sie einen gebührenden Abstand ein, um ihre Herrin nicht zu bedrängen oder gar beim schreiben zu hindern. Mit Interesse verfolgte sie, was ihre Herrin ihr erzählte und zu schreiben beabsichtigte. Nebenbei stellte Kassandra fest, dass nicht nur sie die Zeit, die seit der Abreise des Verlobten vergangen war, nicht richtig abschätzen konnte. Was die Abreise nach Ägypten betraf, da wurde ihr Neugier leider wieder nicht befriedigt.


    Trotzdem nickte Kassandra nur zu dem Gesagten und fragte nicht weiter nach. Sie wollte ihre Herin ja nicht in ihren Gedanken stören. Und die Bemerkung eben mit dem puls und ihr Gekichere? ... ups, da war sie wohl fast ein wenig zu vorlaut gewesen. Auch wenn Epicharis dies mit einem verschmitztem Lächeln und einen dezenten Hinweis auf ihren Speiseplan überspielte. Nein, was das Essen betraf, konnte sich Kassandra wirklich nicht beklagen und daher senke sie auch schuldbewusst den Kopf. Aber nur für ein paar Sekunden, dann blickte sie schon wieder auf. Neugierig schielte sie auf das Pergament und las mit ... und las ...

    "Was...?" entgegnete Kassandra und hob etwas irritiert den Kopf. Sie war so in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, wie Dhara erneut verschwinden konnte. Es dauerte ein wenig, bis sie begriff was los war und was Nordwin ihr gerade gesagt hatte. "...nicht schon wieder!" meinte sie dann noch niedergeschlagener und sah sich kurz nach allen Seiten um.


    Es half wohl nichts. Alles sah ganz danach aus, dass sie heute nicht zu dritt zur Villa zurück kehren würden. Dann muss Dhara den Weg eben alleine finden, dachte sich Kassandra und stand langsam auf. Nordwin schien das Ganze nicht weiter zu stören, jedanfalls grinste er und tat so als wäre nichts weiter passiert.
    "Na gut, wenn du meinst, dann eben Maronen." nahm sie das Angebot mit einem verzagtem Lächeln dann doch an. Was soll´s , irgendwie hatte Nordwin recht und vielleicht brachte sie das wieder auf andere Gedanken. "Gehen wir zum Tiber, ans Ufer? ... ich möchte den Fluss so gerne einmal sehen." äußerte Kassandra dann, etwas zögerlich und nachdenklich, einen Wunsch. Auch wenn es nur ein Fluss war und nicht das Meer. Sie verspürte plötzlich das Bedürfnis, einfach nur aufs Wasser hinaus zu blicken.

    Gleich nachdem Deandra, zusammen mit Fiona un Minna, die Kutsche bestiegen und abgereist war, lief Kassandra zurück in die Villa und suchte nach ihrer Herrin. Irgendwo in der Villa musste sich Epicharis um diese Zeit ja aufhalten, denn das Haus hatten sie an diesem Tag noch nicht verlassen. Wahrscheinlich hatte sie sich in den Garten zurück gezogen, um ein wenig im Schatten zu dösen, dachte sich Kassandra und schlug den Weg dorthin ein.


    Je mehr sie über diese Abreise nachdachte, umso seltsamer kam ihr das Ganze vor. Warum tat Deandra so geheimnisvoll, ob Epicharis mehr darüber wusste? überlegte Kassandra und da erblickte sie vor sich auch schon Epicharis. Ihre Herrin hatte wohl gerade den selben Gedanken wie sie und befand sich ebenfalls auf dem Weg zum Garten.


    "Herrin wartet! ... ich habe etwas für euch .... einen Brief!" rief Kassandra und beschleunigte ihre Schritte um Epicharis ein zu holen.

    Stumm hörte sich Kassandra an, was Fiona ihr da sage. Bewundernswert fand sich Kassadnra selbst nun gar nicht, weil sie sich so in ihr Schicksal ergab. Doch was sollte sie tun, wenn selbst Männer wie Nordwin dies alles hier ertrugen. "Du hast ja Recht, mit dem was du sagst!" meinte sie etwas niedergschlagen, aber es klang ganz ehrlich so wie es auch gemeint war. Vergiß niemals wer du bist... wiederholte sie im Geiste Fiona´s Worte und nahm sich fest vor, sie nie wieder zu vergessen.


    Jetzt, da die Stimmung so bedrückt wirkte, wollte Kassandra jedoch auch nicht einfach aufstehen und gehen oder einfach das Thema wechslen. Aber sie wusste auch nicht, ob Fiona nun lieber allein wäre oder vielleicht nur auf anderes Thema hoffte. "Soll ich dir vielleicht noch ein wenig bei deiner Arbeit helfen?" fragte sie daher unverbindlich und zeigte auf das, was wohl einmal einen Adler werden sollte. Ein bisschen Zeit hätte sie noch, bevor sie zu ihrer Herin zurück musste. "Ich kann aber auch gehen, wenn du jezt lieber alleine sein möchtest ... und den Brief von Epicharis, den muss ich nachher ja auch noch wegbringen. " schlug sie dann vor und ihr Blick verriet, dass sie Fiona nicht böse wäre, egal wie sie sich entscheiden würde.

    Kassandra trat hinter der Herrin aus der Villa und prüfte nach, dass die Kisten bereits verladen waren."Minna, Fiona!..." rief Kassandra dann den beiden anderen Sklavinnen zum Zeichen zu, dass sie sich bereit zur Abreise machen sollten. Die Herrin strebte bereits der Kutsche zu und wollte ohne Verzögerung aufbrechen. "... ich wünsche euch eine gute Reise, kümmert euch um die Herrin und seid bald wieder zurück. Ich weiss nicht wohin ihr fahrt, aber passt auf euch auf." verabschiedete sie rasch aber freundlich die Beiden und winkte ihnen nach, während sie einstiegen und sich die Kutsche schließlich in Bewegung setzte.

    Eine andere Antwort als die welche die Herrin ihr eben gab, hatte Kassandra im Grunde nicht erwartet. Darum nickte sie, ohne weiter nach zu fragen. "Ja Herrin ... ich werde eurer Schwester die Grüße ausrichten und ihr den Brief geben, sobald ihr abgereist seid." antwortete Kassandra wie befohlen. "An der Porta warten Fiona und Minna. Sie werden euch begleiten und der Kutscher heisst Eculeus. Er kennt die Region um Rom sehr gut. Er wird jedes Ziel finden, das ihr ihm nennen werdet. ... Ich wünsche euch eine gute Reise, Herrin!" , verabschiedete sich Kassandra schon hier und jetzt. Dann folgte sie Deandra stumm zur porta, obwohl sie davon ausging das alles gesagt war und sie keine weiteren Anweisungen bekommen würde.

    Wie versprochen klopfte Kassandra zur achten Stunde an die Tür und öffnete diese vorsichtig. Leise trat sie ein und überzeugte sich, dass Deandra hier und allein war. "Herrin, ich bin es Kassandra. Ich habe alles vorbereitet wie ihr es gewünscht habt. Die Kutsche wartet vor der Porta und eure Sachen habe ich bereits ins Atrium bringen lassen" erstattete Kassandra Bericht und wartete einen Moment. Sie versuchte immer noch zu begreifen, warum Deandra so überstürzt abreisen wollte. Noch wäre Zeit alles rückgängig zu machen und um sicher zu gehen, dass es sich die Herrin nicht doch anders überlegt hat, fragte sie noch: "Wollt ihr wirklich abreisen Herrin? ... ich kann eure Sachen jederzeit wieder zurück bringen!" versprach Kassandra, während sie mit der Hand in Richtung der Porta zeigte.

    Kassandra hatte, gemeinsam mit zwei anderen claudischen Sklaven, die Kisten mit den Kleidern und Sachen der Patrizierin bereits vor der achten Stunde ins Atrium gebracht. Um diese Uhrzeit wirkte die Villa wie ausgestorben. Entweder schliefen die Herrschaften, weilten im Hortus oder erledigten wichtige Termine außerhalb der Villa. Draußen vor der Porta wartete bereits Eculeus der Fahrer mit der Kutsche, um Deandra an das gewünschte Ziel zu bringen. Keiner der drei Sklaven würde Fragen stellen, denn Kassandra war mittlerweile lange genug hier und als Leibsklavin von Epicharis hatte sie auch eine gewisse Weisungsbefugnis. Was die Herrschaften wünschten und befahlen wurde eben ausgeführt und mehr interessierte sie auch nicht.


    Noch einmal überprüfte Kassandra, ob die Kisten auch verschlossen sind und wandte sich dann an die beiden anderen Sklaven. "Ich hole eben die Herrin und falls jemand vorbei kommt und euch fragt was das hier soll, sagt ihr einfach die Kisten seien leer und sollen zurück in die aurelische Villa gebracht werden, verstanden?" Eine bessere Ausrede war ihr nicht eingefallen, aber es klang einigermaßen plausibel und würde weitere Diskussionen ersparen. Die beiden Sklaven nickten zum Zeichen, dass sie verstanden hatten und lehnten sich abwartend gegen die Kisten, bis Kassandra und die Herrin hier wären.

    Dankbar lächenlnd erwiderte Kassandra den Griff und drückte leicht Fionas Hand, als wolle sie ihr damit den selben Trost und die Zuversicht zurück geben. "Eines Tages wirst du deinen Verlobten und deine Freunde sicher wieder sehen. Wir alle dürfen nur die Hoffnung nicht auf geben, dass wir eines Tages wieder frei sein werden." auch wenn es sich vielleicht dumm anhören mochte das Kassandra wirklich darauf vertraute wieder frei zu sein. Aber so versuchte Kassandra, zumindest für sich, das Schicksal einigermaßen zu ertragen.


    Als Fiona wissen wollte was damals mit ihr geschen war, seufzte sie kurz, nickte und sah etwas unsicher zu Boden. Bisher hatte sich nur ihre Herrin selbst für ihre Geschichte interessiert. Doch was es bedeutet, in die Sklaverei verschleppt zu werden, würde Epicharis wohl nie nachvollziehen können. Fiona würde es verstehen können und daher tat es gut, es ihr erzählen zu dürfen.
    "Weisst du ... meine Eltern sind Siedler und besitzen ein wenig Land auf Zypern das sie bewirtschaften. Eigentlich konnte unsere Familie immer ganz gut davon leben, bis die Römer kamen. Die Steuern wurden immer höher und eines Tages, als die Ernte schlecht ausgefallen war, konnten meine Eltern die Abgaben nicht mehr aufbringen ..." Kassandra hielt kurz inne und schluchzte, denn sie kam sich jedesmal so hilflos vor, wenn sie daran zurück dachte. "... da haben mich die Steuereintreiber des Statthalters einfach gepackt und mitgenommen. Zur Begleichung der Steuerschuld für ein Jahr haben sie nur gesagt. ... und seitdem bin ich hier ..." endete Kassandra schließlich ihre Erzählung und fuhr sich mit der Hand über die feuchten Augen. "Aber wir sollten nicht zu sehr darüber nachdenken, was wir nicht mehr ändern können. So schlecht haben wir es hier doch gar nicht getroffen, oder?" es war eher aufmunternd gemeint, doch Kassandra konnte es nur wenig überzeugend aussprechen.

    Die Situation brachte Kassandra irgendwie in eine leichte Zwickmühle. Der kleine Herr wollte anscheinend spielen und sie selbst hatte eine dringende Aufgabe zu erledigen. Dass Deandra alles andere als erfreut wirkte, konnte sie sehr gut an ihrer Reaktion dem Bruder gegenüber erkennen und wie sie sich nun, den Blick zum Fenster wendend, auf ihr Bett zurück zog.


    Kurz nur musste Kassandra überlegen, denn der Auftrag der Herrin hatte für sie Vorrang. Also ging sie zur Tür an der der kleine Brutus immer noch stand ."Sieh doch mal im Garten nach hmm?! ... so groß wie der Sklave ist, muss er sich bestimmt ein ganz besonderes Versteck suchen. Die Herrin möchte sich etwas ausruhen und hier ist er ganz sicher nicht." versuchte sie aufmunternd den Kleinen dazu zu bewegen, den Raum mit ihr gemeinsam wieder zu verlassen. Das er vielleicht hierbleiben oder zurückkommen würde, könnte sie ohnehin nicht verhindern.


    Kassandra wandte sich noch einmal mit einem bedeutungsvollen Blick zu Deandra und mit den Worten: "Ich sehe dann zur achten Stunde noch einmal nach euch." , mit denen sie - wie mit einem geheimen Losungswort - noch einmal signalisieren wollte, dass sie alles so erledigen würde wie ihr aufgetragen wurde verschwand sie auch schon.

    "Naja, selbst gesehen hab ich es noch nicht, wie sie mit ihrem Mann umspringt. Vielleicht ist sie zu ihm ja auch ganz anders... aber ich kann es mir zumindest nur schwer vorstellen, so wie sie sich gegenüber allen anderen aufführt. Ich versuche ihr zumindest, so gut es geht, aus dem Weg zu gehen." meinte Kassandra auf Fionas Worte hin. Sie kannte die Herrin ja nur von der Versammlung im Atrium, ein paar flüchtigen Begegnungen im Haus und den Ergebnissen ihrer Taten, so wie das, was sie von der Bestrafung Nordwins mitbekommen hatte.


    Das alles stimmte Kassandra traurig und auch das was Fiona nun von sich und ihrer Familie erzählte. So nickte Kassandra nur stumm auf Fionas Worte hin, was für ein Spielzeug sie gerade bastelnt würde. Stattdessen sah sie ernst und nachdenklich zu Boden. Zu wissen das die Familie tot ist und damit eine Rückkehr zu ihr für immer ausgeschlossen war, stellte sich Kassandra sehr schlimm vor. "Was mit deiner Schwester passiert ist ist wirklich schrecklich." meinte Kassandra aufrichtig und wirkte ebenfalls betroffen, als sie von deren Tod erfuhr. "... ich weiss nicht ob ich stark genug wäre es zu ertragen. .. naja, ich selbst habe drei Brüder ... zumindest lebten sie damals noch, als man mich vom Hof meiner Erltern holte. Seitdem weiss ich nichts mehr von ihnen und ob ich sie jemals wiedersehen werde. ... was meine Herrin angeht so glaub ich, dass sie ein guter Mensch ist. Sie behandelt uns Sklaven nicht einfach wie Dreck, oder wie ersetztbare Sachen. Irgendwie ist es schwer zu beschreiben, ich gehöre Epicharis, diene ihr so wie es von mir als Sklavin erwartet wird und dennoch fühle mich auch wohl bei ihr und das, was ich für Epicharis tue, mache ich gern."


    Erzählte Kassandra dann leise ein wenig von sich und ihrer Herrin. Als sie wieder aufsah, waren Fionas Augen feucht, obwohl sie schon wieder lächelte und sie musste selbst schlucken, um auch ihre Tränen zurück zu halten. Im Grunde hatten sie alle ihr zu Hause und ihre LIebsten verloren. Die Zukunft war ungwiss und auch Kassandra wünschte sich eigentlich nichts sehnlicher, als frei zu."Was würdest du tun wenn du frei wärst, wohin würdest du gehen wollen?" stellte Kassandra unbewusst sich und Fiona die Frage, als sie gerade daran denken musste, welches Schicksal sie hier gemeinsam teilten.

    Schon als Epicharis in die Hände klatsche hatte sich Kassandra in Richtung Tür begeben. Ihre Herrin schien voller Tatendrang und so wollte sie sich auch beeilen, um das Gewünscht so schnell wie möglich zu holen. Also lief sie in das Tablinum und raffte eilig ein paar Pergamente, Schreibkiel, Tinte und Siegelwachs zusammen. Mit den ganzen Sachen beladen trat Kassandra schon Minunten später wieder das cubiculum, breitete alles auf dem Tisch aus, entrollte ein unbeschriebenes Pergament und öffnete das Töpfchen mit der Tinte.


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    "Hier bitte Herrin, ich bin schon gespannt was ihr ihm schreiben wollt!" antwortete Kassandra und schob den Korbsessel zurecht. "Glaubt ihr denn, die Schlacht hat wirklich schon begonnen. Wie lange ist es überhaupt her, seit die römsichen Armeen aufgebrochen sind. Ein paar Wochen vielleicht? ... Wann wollt ihr denn nach Ägypten aufbrechen, hat euer Vater denn schon zugestimmt?" knüpfte Kassandra an die Worte ihrer Herrin an, so als hätte sie den Raum nie verlassen gehabt. Sie wollte ihrer Herrin zwar keine Löcher in den Bauch fragen, aber die Aufregung hatte sie natürlich angesteckt und neugiereig gemacht."... und was den Puls angeht, glaubt ihr wirklich dass die Soldaten ständig so etwas essen müssen. ... wer mag denn schon ständig Puls, bäh?!" scherzte Kassandra kichernd und kräuselte dabei leicht angewidert die Nase.

    "Ein Spielzeug für den Kleinen?! ... was wird es denn" bemerkte Kassandra nebenbei, denn von hier aus konnte sie immer noch nicht genau erkennen, was es werden würde. Dann blickte sie sich kurz um und suchte nach einem Tuch für ihre Haare, während sie weiter sprach. "Naja, an Ofellas Launen wird sich wohl niemand hier je gewöhnen können ... womöglich nicht einmal ihr eigener Gatte. mutmaßte sie dann und mußte bei dem Gedanken daran, dass Ofella auch mit ihrem Ehemann so umsprang, kurz schmunzeln.


    Da fand sie endlich das gesuchte Tuch unter ihrer Liege, hielt aber kurz inne und hob den Blick zu Fiona " Wofür denn danke? ich mach das doch gerne und Minna lernt auch sehr schnell. ... Ihr beide versteht euch wirklich sehr gut und seid richtige Freundinnen, wie? der Dank von Fiona machte Kassandra sichtlich verlegen und unsicher fischte sie das Tuch hervor und sah nach, ob es auch sauber war.


    Das Fiona und Minna oft zusammen waren, hatte Kassandra schon bemerkt und gerne hätte sie auch so eine gute Freundin hier. Bei Dhara war sie sich zumindest nie ganz sicher, ob sie so was wie Freundinnen wären. Und bei Epicharis? ja da war fast so etwas wie Freundschaft. Aber das war genauso unmöglich, weil sie eben nur die Leibsklavin war. "Ich muss später zur Curie, um einen Brief für meine Herrin aufgeben. Der Brief ist für ihren Verlobten der sich gerade im Krieg gegen die Parther befindet." versuchte Kassandra zu erklären, während sie das Tuch um ihre nassen Haare wickelte und sie so im Nacken zusammen band. "...und du? kümmerst du dich um den kleinen Brutus?" wollte sie dann wissen und beobachtete nun wieder gespannt, was Fiona da aus den ganzen Einzelteilen zusammen zauberte.

    Kassandra hörte nur zu und nickte stumm. Ab dem Moment, als Deandra sich verbesserte und meinte sie wolle hier weg, begriff sie, dass diese Frau gute Gründe dafür haben musste. Welche dies auch waren, das ging sie nichts an, auch wenn es für Kassandra immer noch nicht nachvollziehbar war, warum sie so überstürtzt aufbrechen wollte.


    Seufzend nahm Kassandra es also zur Kenntnis und nickte noch einmal ganz deutlich zum Zeichen, dass sie verstanden hatte und alle so schnell wie möglich erledigen würde. "Ja, Herrin alles wird so geschehen wie ihr wünscht, ich ..." hole euch dann zur achten Stunde.... Wollte Kassandra den Satz eigentlich vollenden, denn die achte Stunde wäre die beste Zeit, um das Haus unbemerkt zu verlassen. Doch weiter kam sie gar nicht ihren Plan zu vollenden, denn plötzlich flog die Tür auf und an der Stimme erkannte Kassandra auch schon, wer da herein platzte. ... ooh ? erstaunt und erschrocken zugleich zuckte Kassandra zusammen und wandte sich zur Tür um.


    Der Kleine suchte wohl seinen Leibsklaven, was eigentlich seltsam war denn bisher hatte Kassandra den Numibier noch nie von der Seite des kleinen Herrn weichen sehen, aber wie es schien spielten sie nur verstecken. "Ich ... ich weiss nicht, hier hat er sich nicht versteckt. Vielleicht ist er ja im Garten bei den Rosenbüschen, oder im Triclinum?!" schlug sie schnell auf die Frage hin vor. Dann sah Kassandra sich etwas entschuldigend zu Deandra um, weil sie einfach das Wort ergriffen hatte, aber auch um zu sehen wie die Herrin wohl auf das plötzliche Erscheinen der Verwandtschaft reagieren würde.