Claudia Epicharis
Villa Claudia
Roma
Drei Tage vor dem Monat August DCCCLVII A.U.C. bei Antiocheia
Liebste Epicharis,
Fortuna scheint uns hold zu sein. Stetig war der Wind im Rücken der Schiffe und in den Segeln all der Kriegsschiffe, die die römischen Soldaten in ein fremdes und fernes Land bringen sollten. Für eine Landratte war- worüber die Soldaten der classis in den Tagen auf See stets gespöttelt haben- der Aufenthalt auf einem Schiff nicht immer einfach. So viele grüne Gesichter der sonst tapferen Männer, die nun jedoch nur den ganzen Tag über der Rehling hängen konnten, habe ich in meiner Zeit in der Legion noch nicht erlebt. Ich muß jedoch sagen, daß die Schiffsreise äußerst angenehm war. Monoton empfand ich es nicht, im Gegenteil. Zudem hat sich unser Vorgesetzter- Matinius Plautius, den Du auf seiner Hochzeit schließlich kennen lernen durftest- ein sehr kurioses Spiel ausgedacht. Auch sonst wußten die Soldaten der classis ihre freie Zeit mit unterhaltsamen Vergnüglichkeiten zu füllen. Sie pflegen stets auf Deck, wenn sie Freiwache haben, zu musizieren und sogar zu tanzen. Womöglich können sich die Landsoldaten von der Lebenslust der Seeleute noch einiges ab gucken.
Wir hatten somit eine gute und flotte Überfahrt. Es muß ein imposantes Auftreten gewesen sein, als wir die Stadt Seleukia- es ist die Hafenstadt von Antiocheia- erreichten und dort an Land gehen konnten. Der Orient verströmt schon mit dem ersten Atemzug ein heimatliches Gefühl bei mir. Wenn es auch nicht Afrika ist, sondern nur Syria, so sind die Farben hier genauso kräftig, aufregend und mitreißend, wie es auch Afrika offenbart. Und die Menschen sind hier genauso spannend mit all ihren kuriosen Ticks und Absonderlichkeiten. Schon die Art, wie sich hier die Männer geben ist immer zum Staunen. Manche sind wie ein bunter Vogel heraus geputzt, tragen rote, goldene und blaue Seidengewänder, dazu mehr Schichten Schminke als ein Saal voller Römerinnen jemals vereinigen könnte. Die Griechen im Orient sind wahrlich weibisch. Daneben tummeln sich Syrer, Römer, Schwarzhäutige mit seltsam sprechenden Nomaden, dazu Scharlatane mit Gelehrten und exotische Tierpracht. Wenn man schon in Rom denkt, daß sich die ganze Welt in wenigen Straßen vereinigt, so ist die Vielfalt hier noch sehr viel ungewöhnlicher. Denn wann begegnet man schon einem Parther mitten in Rom oder einem von so weit aus dem Osten, daß man ihm gerne glauben mag, er hätte das Ende der Welt gesehen? Ich würde mich nicht wundern, hier einem Zyklopen über den Weg zu laufen.
Am nächsten Tag lagerten wir bereits vor den Toren Antiocheias. Wahrscheinlich hast Du schon viel von dieser Stadt gehört, sicherlich schon die ein oder andere Räubererzählungen aus dieser Stadt in den Händen gehalten. Ich habe früher, als Kind zumindest, gerne die Geschichten von dort gelesen. Neben Gaius ist der Beste waren diese Abenteuer mitunter die Aufregendsten. Dir hätte sicherlich das Heiligtum von Daphne gefallen. Es ist einfach ein paradiesisches Fleckchen Erde. Leider kam ich nicht mehr dazu, dem Heiligtum einen Besuch abzustatten. Die Legion zog bereits kurz darauf los. Dieses Mal war es nicht nur die prima, die sich aufmachte. Es schloß sich noch die in Antiocheia stationierte legio XII an. Nun sind es schon mehr als zehntausend Männer, die sich in das Gebiet der Parther aufmachen. Gerüchteweise steuern wir Zeugma an, doch genaues dringt von den Stabsoffizieren auch nicht bis zu den Mannschaftsrängen. Doch da ich noch den Brief an dieser kleinen, einsamen Poststation abgeben wollte, damit er Dich schnell ereilt, muß ich mich nun etwas kürzer faßen.
Epicharis, ich hoffe, es geht Dir gut und Du vermagst Deine Tage mit freudvollen Momenten zu füllen. Die Götter mögen über Dich achten. Aber sie werden das gewiß, schließlich können die Götter so einer schönen, glanzvollen jungen Frau nicht ohne Wohlwollen begegnen.
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