Diese ID bitte wieder freischalten.
Danke!
Diese ID bitte wieder freischalten.
Danke!
Muss mich leider für einige Tage abmelden, da eine gute Freundin von mir ins Krankenhaus muss.
Herzliche Glückwünsche auch von mir!
(kommen zwar spät, aber gute Wünsche kann man ja immer brauchen;))
Auch von mir einen herzlichen Glückwunsch!
@ Aelia: Mal wieder eine klasse Idee!
"Nur" drei Frauen, mit denen er näher in Kontakt war??? Plotina verschlug es die Sprache; sie blieb, ohne es selbst recht zu merken, wie angewurzelt stehen, warf ihren Kopf zu ihrem Cousin herum und starrte ihn an - erst entgeistert, dann aber bitterböse und vorwurfsvoll.
Drei Frauen - Plotina war nicht blind und, allen anderslautenden Gerüchten über sie zum Trotz, auch nicht aus Holz; sie hatte durchaus den Öfteren schon bemerkt, was für ein attraktiver Mann ihr nächster Verwandter war, und es war natürlich vollkommen unwahrscheinlich, dass dies der übrigen weiblichen Bevölkerung der urbs aeterna sowie ihres näheren Einzugsgebietes ganz und gar verborgen geblieben war. Aber dass ihr Vetter sich gleich mit dreien von ihnen eingelassen hatte... Hundert Gedanken jagten durch den Kopf der Sergierin: Woher nahm denn Lupus überhaupt die Zeit für so viele solcher "Zerstreuungen" - immerhin wollte Plotina ja nicht hoffen, dass es sich bei den Damen dieses Trios samt und sonders um Lupae handelte. War er als Miles und Capsarius bei den Cohortes Urbanae denn so gar nicht ausgelastet? Oder stimmten etwa die bösen Anschuldigungen über den schlechten Trainingszustand der Milites der CU, die vor Plotinas plötzlicher Abreise nach Aegyptus in Rom die Runde gemacht hatten?
Eigentlich nicht erst bei ihrem Aufenthalt in Alexandria, dort aber dann noch einmal so richtig, hatte die Sergierin gelernt, den Dingen, und seien sie noch so unangenehm, sine ira et studio ins Auge zu sehen. Und so fasste sie sich nach ihrer ersten Aufregung auch jetzt ziemlich schnell wieder, holte noch einmal tief Luft und stellte dann die in dieser Situation aus ihrer Sicht unvermeidlichen Fragen:
"Glaub' mir, Lupus, ich weiß es sehr zu schätzen, dass du mich so ins Vertrauen ziehst. Aber wenn die Dinge so liegen, muss ich wissen: Wie viele Kinder sind aus diesen drei Verbindungen bisher hervorgegangen? Und wann gedenkst du, dich für eine der drei Frauen zu entscheiden?"
Wobei sich daran natürlich sofort die Frage anschloss, wie dann mit den anderen beiden Frauen zu verfahren wäre.
"Vielleicht wäre es auch nicht das Schlechteste, mein Lieber, wenn du mir die drei Damen einmal einzeln vorstellen würdest. Ich könnte dir dann bei deiner Entscheidung für eine von ihnen helfen - als neutrale Beobachterin sozusagen. Ich will wirklich nur das Beste für dich."
Eifrig, jetzt aber auch schon fast ein bisschen mitleidig sah Plotina ihren Vetter an: Alles Gute war im Übermaß schädlich, und das galt vor allem auch für Frauen.
Die nun schon wieder Triumphe feiernde Fröhlichkeit der Sergia Plotina inmitten der Horti Lolliani musste schon bald einer noch stärkeren Dosis guter, nämlich genauer gesagt: ausgelassener Stimmung weichen. Diese übermannte die Sergierin mit jedem Wort aus dem Mund ihres Cousins stärker, mit dem er auf ihre Frage nach seinem Befinden antwortete, und erreichte daher ihren Höhepunkt am unmissverständlichen Schluss der Erwiderung von Lupus.
Eine gewisse Steigerung von Plotinas Ausgelassenheit wäre gleichwohl noch möglich gewesen, und daher bedauerte die Sergierin schon im selben Moment, dass sie eine in Flüsterlautstärke gehaltene nachgeschobene Bemerkung ihres Vetters nicht richtig verstehen konnte; sie konnte sich allerdings gar nichts anderes vorstellen, als dass Lupus mit diesem Satz seinen vorigen kraftvollen Äußerungen den krönenden Abschluss verpasste, der ihr, Plotina, nun vorenthalten wurde.
Dies, so war sie sich sicher, wäre nicht geschehen, hätte ihr Cousin gewusst, wo überall genau in der ägyptischen Metropole und außerhalb derselben sie ihre privaten Ermittlungen im Fall ihres verstorbenen Vaters durchgeführt und was sie dabei in diversen Etablissements so alles zu hören bekommen hatte; gleichwohl hielt es die Sergierin für angezeigt, diese teilweise schmutzigen Details ihrer alexandrinischen Unternehmungen auch vor ihrem Vetter lieber für sich zu behalten und damit eben auf die letzte Würze der Worte Lupus' zu verzichten. Aber auch ohne weitere exotische Zutaten hatten ihre Nerven ja reichlich Anregung bekommen, und so wandte Plotina sich nun - eben ausgelassen - an ihren Cousin:
"Und ich mag dich gerade genauso, wie du bist, Lupus: dass du nicht jedem Vorgesetzten in den Arsch kriechst!"
Dabei hätte Plotina ihren Verwandten am liebsten umarmt, zumal ihre Hände ja nun frei waren, alldieweil Lupus den Becher mit dem Wein festhielt. Und natürlich entsann sich die Sergierin in diesen Augenblicken auch der denkwürdigen Konfrontation ihres Vetters mit seinem ehemaligen Princeps Prior Germanicus Sedulus bei der Hochzeit von Germanicus Corvus und seiner Aelia, eine Episode von dem Potential, dass man mit ihr den lieben Cousin auch in dreißig Jahren bei Gelegenheit noch würde aufziehen können.
Die Erinnerung an jenes Zusammentreffen hatte gemeinsam mit der ausgewogenen Wortwahl ihres Vetters ein Schmunzeln auf Plotinas Lippen gezaubert. Aber Lupus hatte ja - eigentlich ganz gegen seine Art - noch viel mehr gesagt als diese ominösen letzten Worte. Ans Heiraten dachte er also... Langsam legte sich wieder ein gewisser Ernst auf die Züge der Sergierin, und ihr Blick wandelte sich, um gleichsam tiefer in Lupus einzudringen. Sie konnte es in diesem Augenblick selber gar nicht verstehen, dass sie sich nie Gedanken darum gemacht hatte, ob nicht vielleicht ihr nächster Verwandter, der ihr noch verblieben war und der ja auch nicht mehr zu den Allerjüngsten zählte, sich vielleicht nach einer Ehefrau und einem Familienleben sehnte. Dabei waren solche Wünsche doch ganz natürlich, und manchmal hegte Plotina sie für ihre eigene Person auch. Jetzt erst, als ihre Ausgelassenheit der Nachdenklichkeit und dem Zugestehen von Einsamkeit gewichen war, hakte sie sich einfach, ohne zu fragen, bei Lupus ein und setzte sich mit ihm am Arm gemächlich in Bewegung. Nach einigen Schritten fragte sie ihn:
"Würdest du also gerne heiraten? Und ist da vielleicht schon jemand?"
Möglicherweise hatte ihr Vetter wie so viele andere Milites ja auch schon eine Familie, die er eben nur noch nicht hatte legalisieren können. Es konnte ja so vieles passiert sein während ihrer Abwesenheit in Aigyptos.
Plotina seufzte bei der Frage ihres Cousins.
"Das Wort 'erledigt' trifft es vielleicht gar nicht einmal ganz genau. Bei den Schulden, um die es da ging, handelte es sich nämlich um Verbindlichkeiten, die meinem verstorbenen Vater angelastet wurden. Ich habe es dir vielleicht schon einmal erzählt: Ich habe meinen Vater ja kaum gekannt, er war viel auf Reisen. Na ja, und vor zwei Jahren etwa ist dann in Alexandria ein Mann aufgetaucht, der behauptete, mein Vater habe bei ihm hohe Schulden gemacht, eine wirklich bedeutende Summe. Auf irgendeine Art und Weise hatte dieser Mann herausbekommen, dass mein Vater eine Tochter hatte, nämlich mich, und verlangte nun von mir diese Summe zurück, andernfalls wollte er mich verklagen, zur Not auch in Rom."
Während die Sergierin alle diese Worte sprach, stiegen die darin geschilderten Erlebnisse wieder in ihr hoch und traten so lebendig vor ihr geistiges Auge, als befinde sie sich gerade wieder in dem kleinen Landhaus in Sais, in dem sie während ihres Aufenthaltes in Aegyptus die meiste Zeit gewohnt hatte.
"Natürlich war die ganze Angelegenheit ein riesiger Schwindel, aber das erst einmal zu beweisen, Lupus, war gar nicht so einfach. Ich bin selber in Aegyptus umher gereist, musste Zeugen suchen und sie befragen. Und dann das Gerichtsverfahren..."
Plotina schüttelte ihren Kopf, und es drohte sich ihrer wieder jene Wut zu bemächtigen, die sie in Alexandria so oft gefühlt hatte. Am Ende aber gelang es ihr, sich selbst zu beschwichtigen; sie wandte sich mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit erneut dem Hier und Jetzt und darin ihrem Vetter Lupus zu.
"Aber ich danke den Göttern, dass dies alles nun ausgestanden, vorbei und - ja, wirklich 'erledigt' ist. Und ich bin froh, dass ich wieder hier bei euch in Rom bin. - Und jetzt sag': Wie ist es dir ergangen?"
Dabei zeigte sich auf dem Gesicht der Sergierin wieder ihr fröhliches Lachen, und mit einladender Miene hielt sie ihrem Cousin den Weinbecher hin.
Natürlich wusste Plotina, dass nicht nur die Sportbegeisterung von Pius daran schuld gewesen war, dass sie diesen ihren Verwandten so wenig kannte. Den Hauptanteil an dieser Unkenntnis trug natürlich die Tatsache, dass sie, Plotina, im Gegensatz zu Pius und auch seiner Schwester Calvina nicht in Rom aufgewachsen war, sondern in Aigyptos. Und dass sie dort ja auch die vergangenen Monate wieder hatte zubringen müssen. - Dies war es, worüber sie eigentlich mit ihrem Cousin hatte sprechen, was sie hatte erklären wollen.
"Lupus, ich habe dich vorhin gefragt, ob du dich noch an unseren ersten Spaziergang in den Horti Lolliani vor ungefähr zwei Jahren erinnern kannst. Ich war da ja noch nicht lange in Rom, und ich hatte dir damals schon gesagt, es könnte sein, dass ich irgendwann kurzfristig in meine Heimat reisen müsse, um dort noch einige Dinge zu erledigen."
Der Sergierin war immer klar gewesen, dass ihr Aufbruch aus Sais nach dem Tod ihres Vaters ein wenig überstürzt gewesen war.
"Und so ist es dann auch gekommen: Hier in Rom erreichte mich eines Tages die Nachricht, dass ich dringend nach Alexandria zurückfahren müsse, um Schulden zu begleichen. - Und du weißt, was "dringend" bedeutet bei einer Entfernung wie der zwischen Rom und Alexandria: Ich musste sofort losreisen und hatte keine Gelegenheit mehr, dir eine Nachricht zu hinterlassen. Es tut mir so leid, dass du erst im Nachhinein von meiner Abfahrt erfahren musstest."
Die "Schulden", von denen Plotina gesprochen hatte, waren natürlich keinesfalls solche gewesen, die die Sergierin selbst gemacht hatte, aber das war ihrem Vetter doch hoffentlich klar. Oder würde er das noch genauer wissen wollen?
ZitatOriginal von Matthias
"Sergia Plotina, ich möchte dir Sebastian Paulus vorstellen, er ist gewissermaßen der Führer unserer Gemeinde."
Die sich nun unversehens doch wieder als "edle Dame" tituliert findende Sergierin Plotina kam kaum dazu, diesen "Führer" - also vielleicht: sacerdos? - der Christen in Augenschein zu nehmen, denn der beiden Männer bemächtigte sich nun eine merkliche Unruhe. Die wachsame Sergierin sah sich in alle Richtungen um, konnte aber nichts entdecken, worauf sie diese Unruhe ihrer beiden Gesprächspartner hätte zurückführen können. Da sich nun allerdings plötzlich wie aus dem Nichts ein dritter Mann zu ihnen gesellte, glaubte Plotina, in ihm die Ursache des ihr ansonsten unerklärlichen Erschreckens sehen zu können. Die diskrete Sergierin begann sich jetzt fehl am Platze zu fühlen und wollte auch nichts weniger als aufdringlich sein. Sie verabschiedete sich daher nur kurz mit den Worten:
"Schade, dass wir uns schon trennen müssen. Lebt wohl, und möge euer Gott euch behüten!"
Dann entfernte sie sich langsam von den dreien, beschwert von dem Gefühl, dass hier ein noch zartes Gewebe, in das sie ihren Lebensfaden geschlagen hatte, allzu jäh zerrissen worden war, denn gerne hätte sie ihre Unterredung mit Matthias oder auch diesem Sebastian Paulus an der Synagoge in Ostia fortgesetzt. Schon aber war Plotina zwischen junge Leute geraten, die in einer ganzen Horde über das Forum zogen, um Gott weiß was zu unternehmen, und verschwand so unspektakulärer aus dem Blickfeld, als sie es zuvor betreten hatte.
ZitatOriginal von Matthias
"[...] Du hast recht, hier auf dem Forum Romanum ist tatsächlich nicht der richtige Ort - obwohl - warum eigentlich nicht."
Bei diesen Worten ihres Gesprächspartners fuhr die ansonsten doch so mutige Sergierin ein wenig zusammen. Bisher hatte sie sich eher um Matthias und die Seinen gesorgt - daran, dass möglicherweise auch sie selbst sich verdächtig machen konnte, hatte sie noch gar nicht gedacht. Außer bei ihrer Begegnung mit Theodoros hatte Plotina noch nie wirklich lange Gespräche mit Juden oder gar Christen gehabt; von der Religion der Torah hatte ihr schließlich auch nur ihr paedagogus etwas erzählt, sie selbst aber nicht ins Delta zu seinen Unterredungen mit den jüdischen Gelehrten mitgenommen. So waren es tatsächlich erst die Worte dieses Matthias, die Plotina auf das Problem aufmerksam machten:
"Wenn ich das entsprechende Gesetz richtig verstanden habe, ist es ja noch keine Straftat, ein Mitglied der Christen zu sein. Mission allerdings ist verboten, und natürlich, wenn man böswillig ist, könnte man auch unser Gespräch so auffassen..."
Die Sergierin ließ den letzten Satz in der Luft hängen. Nein, eine Christin werden wollte sie nicht, zu groß war ihre Treue gegenüber ihrer angestammten, der römischen Religion. Allerdings wollte sie sich - abseits aller Gerüchte - gerne selbst ein Bild dieses neuen Kultes machen, der doch offensichtlich so vielen ihrer Mitbürger etwas zu geben vermochte, was die römische oder auch die griechische Religion vermissen ließ. Was mochte das nur sein? - Plotina wandte sich wieder ihrem Gesprächspartner zu:
"Ich habe da so eine Idee, wo wir gut miteinander reden könnten. Aber dazu müsste ich in meinem eigenen Haus erst noch etwas klären; dich dorthin einladen möchte ich auch lieber nicht, denn ich glaube, dass würde meine Verwandte, die dort mit mir wohnt, sehr verletzten. - Sag', kann ich dich in Rom irgendwo erreichen? Und könntest du einen ganzen Tag opfern?"
Allmählich machte sich das alte konspirative Talent der Sergierin wieder bemerkbar.
Nachdenklich nippte Plotina einmal an dem Weinbecher, den sie noch immer in ihrer Hand hielt: So richtig kannte sie Pius eigentlich auch nicht.
"Tja, Pius war ja meistens unterwegs mit seinen Freunden. Die hatten ja hauptsächlich ihren Sport im Kopf. Es wird bestimmt interessant, wenn ihr zwei euch mal trefft, beide dann mit euren Militärgürteln."
Plotina war sich natürlich im Klaren darüber, dass das noch eine geraume Zeit dauern würde, denn Pius würde so bald sicher keinen Ausgang bekommen und schon gar nicht so lange, dass er dann nach Rom würde reisen können. Immer natürlich vorausgesetzt, dass man ihn in Mantua überhaupt nehmen würde. Aber daran zweifelte Plotina eigentlich nicht, hatte sie doch kurz vor Pius' Abreise noch einen Blick auf seinen durchtrainierten Körper werfen können, als sie ihm eine neue Tunika anpasste.
Auf ihre doch eher vorsichtige Anmerkung hin hatte Plotina nie und nimmer mit einer so ausführlichen Antwort gerechnet, zumal doch die Anhänger dieses neuen Kultes in Rom gar nicht erwünscht waren. Die Erwiderung des Matthias offenbarte der Sergierin aber immerhin, dass er die Scheu vor ihr abgelegt hatte, und das alleine freute Plotina bereits. Umso mehr bedauerte sie es, dass sie ihrem Gesprächspartner inhaltlich nur schwer folgen konnte trotz der großen Aufmerksamkeit, die sie ihm widmete. Gewiss, sie hatte dieses und jenes über diesen neuen Kult aufgeschnappt, und manches von dem, was Matthias erzählte, erinnerte sie auch ein wenig an die anderen orientalischen Kulte, die in ihrer Heimat Alexandria so in Mode waren. Viele Einzelheiten aber, die Matthias genannt hatte, konnte Sergia Plotina gar nicht einordnen. Sehr gerne wäre sie daher auch auf sein Angebot bezüglich des Schriftstücks dieses Marcus eingegangen; allein ihr war klar, dass dies nicht ganz ungefährlich wäre. Und sie wusste, dass sie spätestens jetzt ihren Gesprächspartner warnen sollte.
"Lieber Matthias, ich danke dir herzlich für deine ausführlichen Erklärungen über deinen Glauben! Dabei habe ich natürlich gemerkt, wie sehr dir das alles am Herzen liegt. Ich bedaure deswegen sehr, dass ich nicht alles von dem, was du erzählt hast, verstanden habe, und würde auch gerne noch mehr erfahren. Aber du weißt, dass wir uns nicht gerade hier weiter darüber unterhalten sollten?"
Ausgerechnet auf dem Forum Romanum... Und sofern Matthias die Sergierin noch weiter in seinem Glauben unterrichten wollte, wäre ein Besuch im Tempel der Vesta natürlich auch nicht unbedingt der richtige Anlass.
ZitatOriginal von Titus Sergius Lupus
Ich kann mich zwar nicht mehr an alles Erinner, aber ich weis noch das wir über alle möglichen dinge gesprochen haben.
Dann nahm er den Becher entgegen und machte eine kleinen Schluck und gab ihn Plotina wieder zurück.
Vor allem über den vorhaben der Castra betreffent
Einen Moment lang musste Plotina überlegen, was um alles in der Welt ihr Cousin wohl mit seiner Andeutung meinte - zu sehr war die Sergierin auf das ernste Thema fixiert, das ihr noch bevorstand. Dann aber brach sie in schallendes Gelächter aus und musste aufpassen, nichts von dem Wein aus dem Becher zu verschütten, den Lupus ihr noch fast voll wieder zurück gereicht hatte.
"Lupus, da bringst du mich ja wieder auf die Idee!"
sagte sie, als sie wieder ein wenig zu Atem kam, in ganz übertriebenem Ton, um nur ja in ihrem Vetter keinen neuen Verdacht zu erregen betreffs eines möglichen Beitritts seiner lieben Verwandten bei den Cohortes Urbanae.
"Na, ich glaube, zwei Milites in der Familie sind erst mal genug! Ich bin gespannt, wie Pius sich bei der Legio I schlagen wird."
Plotina lachte, als sie die Worte ihres Cousins hörte: Er hatte sie also wieder einmal durchschaut! Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, nickte die Sergierin ihm einfach zu und schritt dann zu dem Weinverkäufer. Von ihm erwarb sie einen großen Becher verdünnten Wein, mit dem sie wieder zu Lupus zurückkehrte. Während sie ihm den Becher reichte, begann sie endlich über das zu sprechen, was ihr so auf dem Herzen lag:
"Es ist kein Zufall, dass ich gerne wieder in die Horti Lolliani mit dir wollte. Erinnerst du dich daran, wie wir vor etwa zwei Jahren einmal gemeinsam hier waren? Es war damals Frühling, und ich war noch nicht lange in Rom."
Plotina selbst konnte sich noch sehr gut an dieses Gespräch erinnern. Wie fremd Lupus ihr damals noch gewesen war!
Plotina entging keineswegs die Anspannung, die sich Matthias nun sogar wieder stärker zu bemächtigen schien. Sie schob dies aber zunächst einfach auf einen ganz natürlichen Eifer, der ihn wahrscheinlich immer ergriff, wenn er von seiner Religion erzählte. Und vielleicht hatte er hier in Rom auch erst wenig Gelegenheit gehabt, mit anderen Menschen und gar mit römischen Bürgern darüber zu sprechen. Aufmerksamer wurde Plotina dann, als Matthias andeutungsweise über den Grund seiner Anwesenheit in Rom redete:
"Der Mann, der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde? Davon habe ich noch nie etwas gehört",
sagte die Sergierin nachdenklich. Wenn sie auch die Todesstrafe für einige Verbrechen durchaus für angemessen hielt, so hatte sie doch die Kreuzigung wegen ihrer ungeheuren Brutalität und Entehrung immer abgelehnt - und dann mit dem Kopf nach unten! Plotina schüttelte ihr eigenes Haupt voller Abscheu: Scheinbar kannte die Grausamkeit bestimmter milites keine Grenzen.
In solche Gedanken versunken, bemerkte die philanthrophisch gesonnene Sergierin nur beiläufig, wie Matthias einen Zettel fallen ließ. Eigentlich fiel ihr das erst auf, als ihr Gesprächspartner den Zettel wieder an sich nahm, das aber auf eine so seltsame und ungeschickte Art und Weise, dass es fast den Anschein hatte, als tue er dies absichtlich. Plotinas Blick fiel unwillkürlich auf das, was auf dem Zettel abgebildet war: ein Fisch. Auch dem hätte sie von sich aus gewiss keine größere Bedeutung beigemessen; der Inhalt ihres Gesprächs mit dem Peregrinus aber stellte nun einen Rahmen dar, in dem dieses Bild eine ganz bestimmte Bedeutung gewann. Das Zeichen des Fisches kannte die Alexandrinerin nämlich noch von ihrer Heimat her, hatte es wohl auch schon hier und dort gesehen. In diesem Augenblick aber war sie sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte: das Ganze mit Schweigen übergehen - oder doch der möglichen Absicht des Matthias folgen, der ihr dadurch vielleicht ein Signal geben oder zumindest mit ihr auf ein neues Gesprächsthema kommen wollte? - Wie eigentlich auch gar nicht anders zu erwarten, siegte die Neugierde der Sergierin, allerdings gepaart mit großer Vorsicht und Taktgefühl:
"Mein paedagogus hat mir davon erzählt, dass ihr Juden an einen einzigen Gott glaubt. Manche von euch aber glauben doch auch, dass dieser Gott einen Sohn hat?"
Genaueres wusste Plotina darüber allerdings selbst nicht.
Aufmerksam lauschte Plotina den Ausführungen des von ihr herausgeforderten Tribuns und genoss auch die kunstvolle Pause, mit deren Hilfe er seine Rede mit einem gewissen Spannungsbogen versah - die Rhetorikschulung, die der Patrizier in seiner Jugend zweifellos durchlaufen hatte, hatte bei ihm also angeschlagen. Dennoch konnte sich die kritische Sergierin an manchen Stellen ein gewisses Stirnrunzeln nicht verkneifen. Allzu allgemein schien ihr die Darstellung des Tribuns zu sein, zudem teilweise noch eng angelehnt an die Äußerungen seines Vorredners - und das, obwohl Aurelius Ursus, wenn Plotina nicht alles täuschte, doch noch nicht lange aus Germania wieder zurückgekehrt sein konnte. Immerhin aber war es möglich, dass er bestimmte Einzelheiten aus Gründen der Geheimhaltung nicht preisgeben durfte. Und noch einiges andere musste man ihm zugute halten, und das sollte es auch sein, worauf die Sergierin ihre öffentliche Erwiderung beschränken wollte:
"Ich danke dem Tribun für seine anschauliche Beschreibung des Limes und den Überblick, den er aus erster Hand über die Grenzregion gegeben hat. Den Göttern sei Dank, wissen unsere Truppen zweifellos im Falle eines Falles, was zu tun ist."
Bei diesen Worten nickte die Sergierin jetzt auch Aurelius Ursus freundlich zu. Nun noch ein "Hoch" auf die Truppen und den Kaiser auszubringen, das überließ sie anderen. Sie selbst war sowieso schon so vorlaut gewesen - nicht, dass jetzt noch jemand kam und Fragen an sie stellte.
Nachdem die beiden Sergier ihren Weg von der Castra recht zügig zurückgelegt hatten, verlangsamte Plotina beim Betreten der Horti Lolliani ihren Schritt. Sie wollte die Ruhe dieses Fleckchens Erde genießen; außerdem hoffte sie, in der Stille die richtigen Worte an Lupus zu finden.
Doch zu früh gefreut! Nicht nur, dass Kinder an diesem heißen Tag im Schatten der Bäume lärmten - das hätte Plotina nicht viel ausgemacht, denn sie liebte Kinder -, nein, auch ein Händler mit einem Karren voller Weinschläuche verursachte neben einem schon penetranten Rattern zusätzlichen Krach, weil er seine Ware noch lautstark feil bot.
Genervt verdrehte Plotina die Augen. Dann aber bemerkte sie, dass ihr dieser Lärm gar nicht so ungelegen kam, erlaubte er ihr doch, noch ein bisschen Zeit zu schinden bis zu ihrer Erklärung. Sie fragte ihren Cousin daher:
"Möchtest du etwas von dem Wein? Es ist immerhin ziemlich heiß heute."
Dabei nestelte sie bereits an ihrem Geldbeutel.
ZitatOriginal von Titus Sergius Lupus
Mir geht es gut, lass uns ein weing die Füsse vertreten, ich lasse dir die Wahl wohin wir gehen
sagte er zu Plotina, er hatte ihr unbehagen gespürt.
Wie feinfühlig ihr Cousin doch immer noch war: Nicht nur, dass er es ihr überließ, wohin die beiden Sergier jetzt gehen würden; er schien auch noch bemerkt zu haben, wie unwohl Plotina sich in der Gegenwart der offenbar nicht nur Wache, sondern auch Langeweile schiebenden Soldaten zu fühlen schien. Und weil die Sergierin mit genau dieser Feinfühligkeit gerechnet hatte, hatte sie sich auch schon einen Plan zurechtgelegt, wohin die Reise diesmal führen sollte: Die Horti Lolliani waren gar nicht so weit von der Castra entfernt - weshalb Lupus und Plotina dort ja auch schon einmal gemeinsam gewesen waren -, und außerdem lag Plotina sehr viel an der dort herrschenden Stille im Gegensatz zum lauten Getriebe der Stadt. Sie wusste, dass sie ihrem Vetter eine Erklärung schuldig war, und diese wollte sich nicht gegen den Lärm von Straßenhändlern herausbrüllen müssen. So hakte sich Plotina bei Lupus unter und führte ihn dem Ziel zu.
Germanicus Sedulus lief, wie die kundige Sergierin natürlich sofort feststellte, nach seinen frühmorgendlichen Anlaufschwierigkeiten nun immer mehr zur Höchstform auf. Nicht nur die ausgesprochen charmante Art, in der er nach wie vor und trotz ihrer Frage mit ihr umging, sondern auch der Inhalt seiner Antwort vermochten Plotina zu überzeugen. Sie wollte sich deshalb nun auch ihrerseits nicht lumpen lassen und ihre Anerkennung ebenso öffentlich formulieren wie ihre zum Teil ironische Frage:
"Ich danke dem Quaestor pro praetore für seine ausführliche und kenntnisreiche Antwort! Vor allem die wirtschaftliche Funktion des Limes hatte ich bei meiner Frage gar nicht im Blick und freue mich daher, dass ich daran erinnert worden bin."
Dabei warf die Sergierin Germanicus Sedulus einen freundlichen Blick zu, begleitet von einem Nicken. Danach aber drehte sie sich mit ihrem ganzen Körper Aurelius Ursus zu, denn sie beabsichtigte keineswegs, diesen so einfach davon kommen zu lassen. Wenn das hier nun auch nicht seine Res gestae waren - wer sich so vorlaut gebärdete, musste auch Rede und Antwort stehen. Mit ihrer zweiten Frage wandte sie sich daher direkt und unmissverständlich an ihn:
"Neben der wirtschaftlichen Funktion hat uns der Quaestor pro praetore ja auch ausführlich über den militärischen Nutzen des Limes unterrichtet. Aurelius Ursus, als Tribun könnt ihr den Einwohnern Roms zweifellos mitteilen, wie es um die Sicherheitslage in den in Rede stehenden Regionen bestellt ist, wenn uns doch andere und womöglich größere Germanenstämme als die Mattiaker nicht so wohlgesonnen sind. Besteht eine Gefahr für die Grenze, und wenn ja, wie groß ist sie?"
Plotina geriet jetzt so richtig in Fahrt und hätte Gemüse in ihrem Gesicht möglicherweise gar nicht mehr bemerkt.
Der ausgeprägte Instinkt der Sergierin hatte sie also auch dieses Mal nicht getrogen: Sie hatte tatsächlich einen Juden aus Alexandria vor sich - wieder einmal. Die Erinnerungen, welche die Selbstvorstellung des Matthias bei ihr hervorrief, malten für einen Augenblick Trauer in ihr Gesicht, dann aber riss sich Plotina sofort wieder zusammen und antwortete:
"Aber nein, ich habe ganz und gar nichts gegen Juden - und schon gar nicht gegen solche aus meiner Heimatstadt! Im Gegenteil. Mein paedagogus pflegte enge Kontakte zur jüdischen Gemeinde Alexandrias und hat mir immer wieder das ein oder andere erzählt; auch Verse aus den Liedern eures heiligen Buches brachte er mir bei."
Einen Moment lang überlegte Plotina, ob sie jetzt einige dieser Zeilen zum Besten geben sollte, entschied sich dann aber dagegen, weil sie eigentlich zu ernst für eine so angenehme Plauderei waren wie die zwischen ihr und Matthias, die sie nun, angetrieben durch ihre Neugierde, fortsetzte:
"Darf ich fragen, was dich hierher nach Rom verschlagen hat, Matthias? Bei mir ist es so, dass der größte Teil meiner Familie hier lebt, während ich in Alexandria keine Verwandten mehr habe. Eine Verwandte von mir ist übrigens vor kurzem Vestalin geworden."
Dabei deutete Plotina auf den Vesta-Tempel auf dem Forum.
"Aber ich nehme an, dass dich der römische Cultus Deorum nicht sonderlich interessiert, nicht wahr?"