Beiträge von Sergia Plotina

    Während sie sich gerade noch ein letztes Stück vom Honigkuchen in den Mund schob, starrte Plotina nun also mit aufgerissenen Augen und mit gleichzeitigem aufgerissenen Mund ihren Cousin an. Der Ton seiner Antwort hatte in ihren Ohren doch sehr scharf geklungen, und es würde daher in jedem Falle besser sein, das Thema eines verkleideten Besuchs in der Castra ein für allemal fallen zu lassen. Nicht so einfach auf sich beruhen lassen wollte Plotina dagegen die Sache mit dem Trainingszustand, und während sie noch kaute, hatte sie auch genug Zeit, sich eine diplomatische Erwiderung zu überlegen. Außerdem dirigierte sie Mereb, der ohnehin Gesten besser verstand als Latein, langsam die Sachen wieder einzupacken: Wenn ihr Cousin doch ohnehin keinen Hunger gehabt hatte, war es in der jetzigen Situation vielleicht wirklich besser, wieder aufzubrechen, bevor noch ein Streit entflammte. - Der Mund der Sergierin war wieder leer.


    "Lupus, ich weiß, wie pflichtbewusst du bist und dass du nie gegen eure Anweisungen handeln würdest. Und dein persönlicher Trainingszustand scheint mir auch sehr gut zu sein, wenn ich dich so ansehe ..."


    Dies wollte Plotina nun aber nicht zu intensiv tun, deshalb sprach sie gleich weiter:


    "Wahrscheinlich hast du Recht, und das Ganze ist eine Sache der Disziplin. Wobei sich dann natürlich wieder die Frage stellt, wer für diese Disziplin zu sorgen hat."


    Dies war nun natürlich eine ganz und gar rhetorische Frage, und so erwartete Plotina keine Antwort mehr darauf; sie behielt sich aber vor, die Angelegenheit weiterzuverfolgen. Weiterverfolgen wollte sie nun auch gerne die Wanderung auf der Via Flaminia und wandte sich daher noch einmal an ihren Verwandten:


    "Wenn es dir recht ist, brechen wir dann auch wieder auf und gehen weiter, ja?"

    Während Plotina mit ihrer Zunge Stellas Zaubertrank genoss, erfreuten sich ihre dunklen Augen an der unverhofften Begeisterung ihrer Freundin über das neue Betätigungsfeld der Sergierin.


    "Nun, ob mein Wein so gut mundet oder gar die gleichen fast magischen Wirkungen entfaltet wie dein Zaubergetränk - das kann tatsächlich nur eine persönliche Verkostung ergeben. Deine Idee ist wirklich gut, Stella, ich würde dich gerne auch einmal zu Hause besuchen, natürlich auch, um den Palatin einmal so richtig kennenzulernen."


    Denn da hatte Plotina bekanntlich noch eine Menge nachzuholen, wie ihr Stella ja einst aufgezeigt hatte.


    "Was die Musik angeht - nun, möglicherweise wird mich der Wein da ja auch beflügeln." :D

    Während Plotina mit ihrer Zunge Stellas Zaubertrank genoss, erfreuten sich ihre dunklen Augen an der unverhofften Begeisterung ihrer Freundin über das neue Betätigungsfeld der Sergierin.


    "Nun, ob mein Wein so gut mundet oder gar die gleichen fast magischen Wirkungen entfaltet wie dein Zaubergetränk - das kann tatsächlich nur eine persönliche Verkostung ergeben. Deine Idee ist wirklich gut, Stella, ich würde dich gerne auch einmal zu Hause besuchen, natürlich auch, um den Palatin einmal so richtig kennenzulernen."


    Denn da hatte Plotina bekanntlich noch eine Menge nachzuholen, wie ihr Stella ja einst aufgezeigt hatte.


    "Was die Musik angeht - nun, möglicherweise wird mich der Wein da ja auch beflügeln." :D

    Zitat

    Original von Titus Sergius Lupus
    Und woher willst du die Rüstung nehmen? Die bekommst du nur in der Castra


    "O, da hatte ich natürlich an dich gedacht!"


    sprudelte Plotina lachend hervor. Offenbar nahm ihr Cousin ihre "Drohung" immer noch sehr ernst, sich eines Tages einmal verkleidet in die Castra einzuschleichen. Die Reaktion ihres Cousins machte die investigative Sergierin nun allerdings auch ein wenig stutzig: Gab es bei den CU etwa Dinge, die vertuscht werden sollten? - Plotina entschloss sich, das Gerücht vom schlechten Trainingszustand der Milites nun laut zu äußern.


    "Lupus, mal im Ernst. Man erzählt sich in Rom, dass der Trainingszustand unter euch Milites bei der CU nicht der beste sei."


    Gespannt wartete Plotina, wie sich ihr Vetter dazu nun stellen würde.

    Mit immer größerer Bewunderung sah Plotina ihre fleißige und bescheidene Gesprächspartnerin an, welche ihre Arbeit wirklich zu lieben schien und dementsprechend wohl auch gut in ihr war. Noch mehr Respekt aber nötigte der Sergierin die Tatsache ab, dass Stella unter ihrem Alleinsein in ihrer Wohnung auf dem Palatin gar nicht zu leiden schien, sondern dieses vielmehr positiv zum Entspannen nutzte. Musik war allerdings auch wirklich ein schönes Hobby.


    "Du musizierst gerne? Schade, dass du davon noch nie erzählt hast! Das lässt wieder einmal auf deine echt hellenische Bildung schließen! Ach je, ich bin natürlich auch im Spiel der Lyra unterwiesen worden, aber leider habe ich für die Musik so gar kein Talent."


    Bedauernd blickte Plotina vor sich hin; Stellas erneute Erwähnung ihres Zaubertranks aber riss sie aus allen Grübeleien.


    "A, zu deinem Zaubertrank! Ja, der hat mir wirklich geschmeckt! Aber wusstest du, dass ich von meinem Verwandten Curio, von dem ich dir erzählt habe, eine Weinkelterei übernommen habe? Du musst unbedingt einmal etwas von dem Wein probieren!"



    Sim-Off:

    WiSim-Angebot

    Plotina war durch ihre Arbeit bei der Acta Diurna über Ernennungen und Beförderungen meist recht gut auf dem Laufenden. Auch über den neuen Centurio der CU war bereits berichtet worden.


    "Vielleicht ist euer neuer Centurio wegen der ganzen Anschläge in der letzten Zeit so eifrig. Er hat sicher auch solche Anweisungen von ganz oben bekommen. Immerhin ist ja sogar der Consul Prudentius Commodus ermordet worden."


    Angetan sah Plotina zu, wie Lupus erst selbst aus dem mitgebrachten Weinschlauch trank, bevor er diesen dann an Mereb weiterreichte, der nun ebenfalls davon nahm. Auch den Honigkuchen verschmähte der Ägypter nicht länger. Da die Sergierin selbst schon davon genossen hatte, was für sie zu so früher Stunde ganz und gar ungewöhnlich war, musste sie bei der nächsten Bemerkung ihres Cousins loslachen.


    "Na, ich gratuliere! Dann scheint der neue Centurio von dir ja eine ganze Menge zu halten, wenn du jetzt schon die probati ausbilden darfst. Vielleicht sollte ich diese einmalige Gelegenheit nutzen und jetzt doch versuchen, einmal verkleidet in eure Castra zu kommen und an der Ausbildung teilzunehmen!"


    Interessant wäre das sicherlich, zumal es ja auch einflussreiche Leute gab, die über einen schlechten Trainingszustand der Milites bei den CU munkelten. :P

    Es dauerte eine ganze Weile, bis Plotina, die in ihrem Hunger ihren Mund ziemlich voll genommen hatte, in der Lage war, ihrem Cousin auf zivilisierte Art und Weise zu antworten, wie sich dies für echte römische Bürger gehörte.


    "Danke für dein Lob für den Kuchen! Ich backe ihn immer nach einem Rezept, dass ich noch aus Ägypten kenne."


    Leider aber schien es ausgerechnet dem Ägypter Mereb nicht zu schmecken. Oder hatte ihn das harte Leben am Rande der Wüste derart gestählt? Plotina schob ihm jedenfalls ein Stück des Kuchens hin, dazu auch den Weinschlauch.


    "Ich wohne immer noch in unserer alten Casa Sergia, Lupus. Dort bist du natürlich auch immer herzlich willkommen!"


    Plotina wusste jedoch, wie schwierig es für ihren Cousin war, frei zu bekommen, gerade jetzt, nach den vielen Anschlägen in der letzten Zeit. Dieser Gedanke brachte Plotina auf eine Frage.


    "Habt ihr jetzt bei den Cohortes Urbanae nicht einen neuen Vorgesetzten, ich meine: centurio? Wie ist er so? Kommst du gut mit ihm aus?"


    Wenn man so aufeinander angewiesen war und derartig eng zusammen lebte wie in dieser Polizei-Einheit, dann war es sicher sehr wichtig, dass man sich gut mit seinen Vorgesetzten stellte.

    Ein bisschen verwundert war Plotina schon, dass ihr angeblich doch so unvorteilhaftes Lachen bei ihrer Freundin Stella einen ähnlichen Effekt auslöste wie möglicherweise bei manchem Matrosen, hätte die Sergierin sich nur dazu herabgelassen, seinem Wunsch zu willfahren. Allerdings zeichnete sich die Reaktion Furia Stellas selbstverständlich durch Diskretion und eine natürliche Anmut aus. Erfreut sagte Plotina zu ihrer Gesprächspartnerin:


    "Ach Stella, ich danke dir sehr, ich fühle mich nämlich schon viel besser! Du hast wirklich eine so erfrischende Art an dir, die bestimmt selbst vom Wasser der Thermen nicht mehr übertroffen wird. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in zwei Wochen dort mal für Trubel sorgen; dazu bin ich dann auch ganz bestimmt wieder in der Lage!" :D


    Die Bemerkung Stellas, dass sie ohnehin erst wieder in zwei Wochen einen freien Tag habe, hatte Plotina aber auch nachdenklich gemacht:


    "Sag' mal, musst du hier immer soviel arbeiten? Für mich hört sich das nämlich viel an, wenn du erst in zwei Wochen wieder einen freien Tag hast. Ich hätte auch gedacht, dass du vielleicht einen Teil deiner Arbeit mit nach Hause nehmen kannst. So mache ich das nämlich; ich schreibe meine Artikel für die Acta Diurna immer zu Hause."

    Diesmal schien Sergius Lupus seiner Cousine mehr Vertrauen zu schenken und kontrollierte nicht mehr, wohin sie genau zeigte. Oder war er einfach nur so überrascht, dass sie jetzt schon eine Kleinigkeit zu sich nehmen wollte? Es war doch wohl nicht die Aussicht auf verdünnten Wein, die Plotina schon zu so früher Stunde lockte? :D


    Trotz ihrer vielen einsamen Stunden aber hatte die Sergierin sich diesem "Freund" natürlich noch nicht ergeben. Vielmehr war es so, dass sie von Jugend an kein Frühstück zu sich nahm; es ging nicht, sie konnte einfach morgens nichts essen, und daher war normalerweise ein frugales Mittagessen ihre erste Mahlzeit am Tag. Sonst verspürte sie auch bis zur Mittagszeit kaum Appetit, heute aber, nach einem für ihre Verhältnisse doch ganz ansehnlichen Laufpensum, war Plotinas Magen schon am späten Vormittag leer. Zu ihrem Cousin gewandt, meinte sie lachend:


    "So, du hast noch gar keinen Hunger? Na, da merkt man, wie trainiert du bist!"


    Dabei linste sie verstohlen zu ihm hinüber und musterte seinen Leib, der von eben diesem Training zeugte. Mittlerweile waren die drei Wanderer an eine Stelle gelangt, an der die Via Flaminia neben den unvermeidlichen Grabsteinen nicht von Grasflächen gesäumt wurde, sondern von sandigerem Untergrund. Dieser lud nun freilich zum Verweilen ein, da er nicht so feucht war wie das Gras, bei dem die Herbstsonne den Tau noch nicht weggebrannt hatte. Die aufmerksame Sergia Plotina hatte dies sehr wohl bemerkt und hieß daher Mereb, hier Halt zu machen und eine Wolldecke auszubreiten, auf der die drei nun Platz nehmen konnten. Sie selbst machte sich währenddessen an dem besagten und bezeigten Beutel zu schaffen, holte einen Schlauch mit verdünnten Wein hervor sowie Brote, Dauerwurst-Stücke und einen kleinen selbstgebackenen Honigkuchen. Zu ihren beiden männlichen Begleitern meinte sie dann:


    "Lasst es euch schmecken!",


    während sie es selbst kaum noch abwarten konnte, endlich den ersten Bissen zu nehmen.

    Seit ihrer frühen Jugend war Plotina stets in der sorgenden Obhut ihres paedagogus gewesen, der seinen weiblichen Schützling immer äußerst effizient und diskret vor allen Annäherungen des anderen Geschlechts abgeschirmt hatte. Erst nachdem Basilides so früh verstorben war und Plotina allein das Schiff bestiegen hatte, das sie dann schließlich nach Ostia brachte, war sie in den "Genuss" solcher Bemerkungen gekommen wie: "Hey Kleines, aaach, lach mich doch mal an, du siehst viel hübscher aus, wenn du lachst!" - Bemerkungen, die die gewissenhafte Sergierin stets mit einer deutlichen Abwendung ihres Blickes und ihres Körpers von dem Übeltäter quittiert hatte. Außerdem hatte man ihr in ihrer Jugend doch dringend geraten, eben möglichst nicht zu lachen, weil dabei ihre ohnehin schon breite Nase noch unvorteilhafter aussehe ... :(


    Als Plotina nun im Officium des Curator Libris in der Schola Atheniensis eine solche Bemerkung über ihr hübscheres Gesicht beim Lachen von der weichen Stimme einer Frau hörte anstatt aus der rauen Kehle eines Matrosen, konnte sie ihrer Gesprächspartnerin gleich den Gefallen tun und lachte nach einem kurzen Moment der Überraschung breit. :D Dieses Lachen vertiefte sich in Dankbarkeit, als Stella nun noch die Käsebrote erwähnte, die ihr seinerzeit beim Besuch in der Casa Sergia serviert worden waren.


    "Du erinnerst dich tatsächlich noch an die Käsebrote?! Das ist ja ganz unglaublich! Aber ich kann mich ja auch noch so gut an deinen Besuch erinnern und hoffe sehr, dass es nicht dein letzter war. Und an den langen Abenden lese ich oft in der Schriftrolle, die du mir geschenkt hast."


    Auf die Frage nach ihrem Bruder schien Stella nicht recht eingehen zu wollen, so kam es jedenfalls Plotina vor. Vielleicht war es aber auch so, dass Stella jetzt schon endlich weiterarbeiten musste; darauf deutete auch die Tatsache hin, dass sie nun ihren Becher leer trank. Plotina, die nichts weniger als stören wollte, tat es ihr so geschwind gleich, dass sie sich beinahe dabei verschluckte.


    "Ach, Stella, du musst jetzt sicher noch ein Weilchen arbeiten. Ich hoffe aber, dass du dir bald auch mal wieder einen freien Tag gönnen kannst und dann Lust hast, mit mir in die Therme zu gehen; ich würde mich sehr freuen! Melde dich doch dann einfach bei mir! Nur ... vielleicht besser nicht nächste Woche."


    Plotina sah ihr Gegenüber an und fragte sich, ob Stella wohl verstehe, was sie mit der letzten Bemerkung gemeint hatte. Aber eigentlich musste sie das wohl, sie war immerhin auch eine Frau. :]

    Der dreiköpfige, tollkühn zu Fuß marschierende Tross der zwei Sergier nebst einem Sklaven hatte aufgrund eines hohen Eingangstempos schon bald das Stadttor Roms erreicht. Die Autorität und das Auftreten des Miles und Capsarius Sergius Lupus ermöglichten es der Dreierbande, das Tor ohne Weiteres zu passieren. So schritten sie denn alle schon bald außerhalb der Stadt auf der Via Flaminia dahin.


    Es war noch immer früher Morgen, und das hohe Tempo ihrer Schritte mochte auch der Frische geschuldet sein, die Plotina ihre dunkelblaue Paenula immer noch anbehalten ließ. Der Tag allerdings versprach schön zu werden: Nirgends trübte eine Wolke den Himmel, und das solcherart ungebrochene Strahlen der Sonne ließ die Konturen aller Körper mit diamantener Schärfe hervortreten.


    Die Luft war mild, und während die drei kräftig ausschritten und dabei gierig davon in ihre Lungen sogen, gerieten auch die Gedanken Plotinas in Bewegung. Hatte ihr Cousin Recht, und der Sklave Charops kam wirklich nicht damit klar, dass sein dominus nun eine Frau war? Und war er nicht doch Ägypter? Aber was änderte das schon ... Noch andere, trübere und persönlichere Gedanken kamen der jungen Sergierin, und so war sie froh, dass Lupus munter erzählte und sie aus ihren Grübeleien riss.


    Die Zeit ging dahin, die Sonne, nun flankiert von einigen Wölkchen, stieg höher, und die Taverna "Ad Bovem" kam immer noch nicht in Sicht. Dafür gesellte sich, zumindest, was Plotina anging, noch ein vierter Begleiter zu den dreien: Der kleine Hunger. Die Sergierin blinzelte aus den Augenwinkeln heraus zu Mereb hinüber, dessen Gesicht jedoch noch genauso fröhlich leuchtete wie zu Beginn der Reise; und auch ein Blick auf Lupus verriet Plotina nicht, ob dieser nicht auch etwas zu essen vertragen könnte. So hielt sich die Sergierin noch eine Zeitlang zurück; dann aber wandte sie sich endlich an ihren Cousin:


    "Sag mal, was hältst du davon, wenn wir jetzt mal Rast machen und uns einen Imbiss genehmigen? Ich habe zu Hause etwas vorbereitet."


    Mit diesen Worten deutete die Sergierin auf einen der Beutel, die Mereb mit sich führte - ob ihr Cousin auch diesmal würde nachschauen müssen, worauf sie nun genau zeigte? :P

    "Ich, äh ... wollte nur die Richtung anzeigen, in die wir jetzt gehen müssen: Die Via Flaminia, also von hier aus gen Norden. Steht ja auch so im Brief. Ja, und Curio hat mir das auch so gesagt",


    stammelte Plotina. Als Lupus sich so nah zu ihr herunterbeugte, war eine heiße Welle Blutes in ihre Wangen geschossen und hatte sie dunkelrot gefärbt. Selbstverständlich war Plotina sich der Tatsache völlig bewusst, dass Titus ihr Cousin war; niemals würde sie irgendetwas mit ihm anfangen, das war klar und verbot sich ja ohnehin von selbst, aber es konnte ihr doch auch niemand verbieten, ihn nett zu finden, nett und attraktiv. Dieser Gedanke beruhigte die Sergierin ein bisschen; ihre Röte legte sich, und sie fasste sich sogar soweit, dass sie sich Lupus zuwenden und ihn anlächeln konnte, wenn auch nur ein wenig. Dann jedoch straffte Plotina ihre Gestalt, gab Mereb ein Zeichen, sah noch einmal zu Lupus hin - aber nur kurz - und setzte sich dann in Bewegung auf der Via Flaminia, in der Hoffnung, die anderen würden ihr folgen.




    Sim-Off:

    edit: Link eingefügt

    Dass Stella sie nun tatsächlich ihre "Freundin" nannte, trieb Plotina vor lauter Freude eine heiße Röte ins Gesicht. Und als Stella dem noch hinzufügte, dass es doch ganz natürlich sei, dass sie sich um die Sergierin Sorgen mache, schließlich habe diese ja niemand anderen mehr, der sich um sie sorge - da füllten sich die Augen Plotinas mit Wasser. Denn tatsächlich war es so, dass Plotina es seit dem frühen Tod ihres paedagogos Basilides gar nicht mehr gewöhnt war, dass sich irgend jemand um sie sorgte. An ihren Vater hatte sie so gut wie keine Erinnerung mehr, so selten hatte sie ihn gesehen; ihre Mutter kannte sie nicht und von Geschwistern war ihr nichts bekannt. Ganz sicher war sie ihren beiden römischen Verwandten Curio und Lupus nicht egal, aber diese waren eben auch nicht immer erreichbar.


    "Dass sich jemand um mich sorgt, habe ich wirklich lange nicht mehr gehört, Stella. Ich danke dir sehr! Und umgekehrt möchte ich natürlich auch, dass es dir gut geht, und deine Freundin sein; ich hoffe, du weißt das! - Dass dein Bruder nach Hispania gegangen ist, war mir übrigens tatsächlich neu. Darf ich fragen, warum er dorthin gegangen ist?"


    Plotina hatte mit dieser Frage gezögert, wollte sie doch, ganz ihrer Gewohnheit entsprechend, nicht indiskret sein. Schließlich aber war doch der Wunsch größer, am Leben ihrer neuen Freundin teilzuhaben. Dies bedeutete allerdings nicht, dass die taktvolle Sergierin nun auch noch danach gefragt hätte, wie Stella denn nun im Einzelnen ihre "Freiheit genieße"; immerhin berührte das möglicherweise Themen, über die echte Kavaliere sich in Schweigen hüllten. :D Und vielleicht würde sich ja bald auch noch eine Gelegenheit zu weiteren Fragen bieten; gerne griff Plotina jetzt nämlich Stellas Anregung mit den Thermen auf:


    "In den Thermen war ich, ehrlich gesagt, noch nie. Mich hat einfach immer der Gedanke gegraust, dort dann ganz alleine herum zu sitzen. Mit dir würde ich aber natürlich sehr gerne einmal gehen!"

    Plotina sah ihren Cousin einen Augenblick lang wie gebannt an; dann wandte auch sie errötend ihre Augen ab und machte sich geschäftig daran, einen Brief zu öffnen. Wie sie dies allerdings tat, war kaum mitanzusehen, so sehr verhedderten sich ihre kräftigen Hände - ob aus Aufregung, ob aus Ablenkung oder aus anderen Gründen - in der Schnürung. Endlich hatte sie das Schreiben auseinandergewickelt und hielt es nun Lupus hin.


    Salve!


    Gruß an meine neue Herrin!
    Betrieb liegt an der Straße Flaminia, bis zur Taverna "Ad Bovem", dann die östliche Abzweigung - nicht weit von Roma entfernt.
    Kelterei ist gut in Schuss - Besuch überflüssig.
    Gruß an meinen alten Herrn!


    Charops


    "Sieh dir das mal an! Das hat der Sklave, der in der Kelterei angestellt ist, mir gewagt zu schreiben! Da muss man doch misstrauisch werden, oder? Irgendetwas stimmt da nicht ... Und dann dieses schlechte Latein! ,Charops' - das klingt irgendwie ägyptisch, irgendwie aber auch wieder nicht ..."


    Bei diesen letzten Worten blickte Plotina zu ihrem ägyptischen Sklaven Mereb, der wohl auch zu keinem endgültigen Urteil bezüglich des Namens seines Kollegen und möglichen Landsmanns gekommen war; jedenfalls zuckte er nur mit den Schultern und legte seinem Gesicht bedauernde Falten auf. Wieder an ihren Verwandten gerichtet, fuhr Plotina fort:


    "Na, wenigstens soll es nicht weit sein bis zu dem Betrieb, dann können wir wohl wirklich zu Fuß gehen. Mitnehmen wollte ich sowieso nichts; betrinken können wir uns ja an der Kelterei selber." :D


    Und für den Fall der Fälle hatte Plotina ihrem Mereb einige größere Leinenbeutel und einen Lederbeutel mitgegeben, in dem sich auch Proviant für die Reise befand. Ein Blick auf den schmalbrüstigen Ägypter und der Vergleich mit ihrem eigenen breiten Kreuz - von der breiten Brust ihres Cousins ganz zu schweigen - belehrte die Sergierin jedoch, dass sie Mereb in dieser Hinsicht nicht zuviel zumuten dürfe.


    "Ich schlage dann also vor, dass wir jetzt losmarschieren."


    Mit ihrer rechten Hand deutete Plotina in Richtung Norden, in die die Via Flaminia vom Kapitolshügel aus verlief.

    Indem Plotina die letzte Bemerkung ausgesprochen hatte, löste sich in ihr ein unzerreißbares seidenes Band, das sie bisher so zugeschnürt hatte. Nunmehr ganz in die Gegenwart versetzt, verfolgte sie aufmerksam all die Bewegungen, mit denen Stella sichtlich liebevoll ein besonderes Getränk für sie zubereitete. Dankbar nahm sie es aus den Händen ihrer Freundin entgegen, mit denen sie wenig später fast mütterlich die Schulter der Sergierin berührte. Plotina nahm einen Schluck des ihr dargebotenen Getränks und war angenehm überrascht von dem angenehm-säuerlichen Geschmack.


    "Ich danke dir sehr, Stella. Weißt du, ich mache dir hier so viele Umstände: Ich stehle deine Zeit, ich lasse mich von dir bewirten, und dann mache ich dir auch noch Sorgen!"


    Bei dieser deprimierenden Aufzählung musste Plotina selbst lachen.


    "Für die Sorgen gibt es allerdings keinen Anlass! Es ist nur so ... Weißt du, Theodoros, der ja wie ich aus Aegyptus kommt, war mir gerade in meiner ersten Zeit hier in Rom eine Art väterlicher Freund. Nun hat er die Stadt verlassen, kurz darauf Curio, mein Cousin Sergius Lupus ist Capsarius bei den CU und lebt in der Castra - kurz gesagt, ich fühle mich hier manchmal ziemlich allein. - Und du?"


    Plotina sah ihre Gesprächspartnerin aufmerksam an. Nach allem, was sie von ihr wusste, bestand die Gefahr, dass sie sich ähnlich allein vorkam.

    "Ich bin wirklich froh, Lupus, dass du dir frei nehmen konntest! Seit meiner Ankunft habe ich Rom ja noch nie verlassen - und dann heute gleich diese Ochsentour ..."


    Dankbar strahlte Sergia Plotina ihren Cousin an, der es trotz seiner verantwortungsvollen Stelle bei den Cohortes Urbanae hatte einrichten können, seine Verwandte am heutigen Tage auf einer herausfordernden kleinen Reise zu begleiten. Denn als ob die Übernahme der Kelterei "In vino feritas" von ihrem Verwandten Curio für die mikroökonomisch unerfahrene Sergierin nicht schon Herausforderung genug gewesen wäre, waren ihr nun auch noch von wohlwollenden Kunden alarmierende Nachrichten hinterbracht worden: Die Qualität des gekelterten Weines habe nachgelassen, und insbesondere die Lieferzeit habe sich unerklärlich verzögert. Grund genug für die ehrgeizige Sergierin, sich der tatkräftigen Hilfe ihres Cousins Lupus zu versichern und aufzubrechen, um selbst in ihrem Betrieb nach dem Rechten zu sehen.


    Es war früher Morgen, und über den Platz vor der Basilica Ulpia eilten um diese Zeit fast ausschließlich Laufburschen, die Waren von einem Ort zum andern zu bringen hatten, um den Wirtschaftskreislauf der Urbs für den Tag zu befeuern. Der Jahreszeit gemäß, war es in solcher Frühe noch ziemlich frisch; Plotinas Sklave Mereb hatte daher unter seiner Tunika einmal mehr die seltsamen kurzen Hosen angezogen, die noch kürzer waren als jene, welche in der Legion eine solch unverwechselbare Augenweide darstellten. Was genau diese merkwürdigen Hosen bei ihrem Sklaven schützen sollten und wie ihr Effekt sich im Detail zeigte - diese Fragen gingen der diskreten Sergierin zwar manchmal durch den Kopf, doch verbot ihr ihr Taktgefühl selbstverständlich, Mereb entsprechenden Untersuchungen zu unterziehen. Außerdem konnte die Wirkung seiner Beinkleider keine schlechte sein, denn Mereb strotzte offenbar nur so vor Tatendrang und blickte dem von ihm bewunderten Lupus frohgemut ins Gesicht. Seine Herrin indes wandte sich mit einer konkreten Frage an den so Bewunderten:


    "Angeblich ist der Betrieb gar nicht so weit außerhalb Roms - was meinst du, Lupus: Sollen wir uns einen Wagen mieten?"

    Das Schmunzeln verschwand nur allzu bald aus dem Gesicht Plotinas, als ihr die Auskunft Stellas einen neuerlichen Stich versetzte, ihr Vorgänger habe nicht einmal ihr erzählt, wieso und wohin er gehe. Diese Nachricht konnte doch nichts anderes bedeuten, als dass ihn wirklich private Gründe in ihre gemeinsame Heimatstadt zurückgelockt hatten - so mutmaßte mindestens die Sergierin voller Groll und Eifersucht. Der Gedanke, dass es dafür doch auch ganz andere private Gründe geben konnte, schlimme und traurige sogar wie Krankheit oder Tod, die normalerweise sofort das Mitgefühl Plotinas erweckt hätten - dieser Gedanke kam ihr in diesem Moment noch nicht, dazu fehlten ihr damals die Reife und der Mut, ihren Schmerz anzunehmen. Aus dem nutzlosen und gekränkten, selbstsüchtigen Grübeln befreite die Sergierin erst wieder die Frage Stellas, ob sie ihr nicht eine Erfrischung anbieten könne. Wie aus weiter Ferne vernahm Plotina zuerst diese freundlichen Worte und verstand sie nicht ganz; erst der Blick in Stellas wohlwollend-besorgte Augen und der Nachhall ihres Angebotes ließen die Sergierin wieder ins Hier und Jetzt des Officiums zurückkehren.


    "Ja, Stella, eine Erfrischung wäre sehr nett! Wenn ich dich vielleicht um etwas Wasser bitten könnte."


    Denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. Und dies wurde noch schlimmer, als Stella sie jetzt, nach einigen Beglückwünschungen für Curio, direkt danach fragte, ob sie in ihren Vorgänger verliebt gewesen sei. Seltsamerweise überraschte diese Frage die Sergierin nicht wirklich, ja eigentlich hatte sie schon die ganze Zeit damit gerechnet. Sie selber hatte doch durch ihr merkwürdiges Verhalten allen Anlass zu entsprechender Neugierde gegeben. Und obwohl sie Stellas Vorgänger in keinster Weise für schwatzhaft hielt, war es doch immerhin möglich, dass etwas von dem Inhalt ihrer damaligen Begegnung durch die dünnen Wände dieses Officiums gedrungen war. Und so wenig überraschend für Plotina diese direkte Frage Stellas gewesen war, so wenig war sie nun doch zu ihrer eigenen Verblüffung um eine Antwort verlegen.


    "Dein Vorgänger, Stella, hat mich an jemanden erinnert, dem ich unendlich viel verdanke und den ich immer verehren werde.",


    sagte Sergia Plotina, und sie spürte, dass diese Worte die Wahrheit waren.

    Schon die teils besorgten, teils wohl auch ein kleines bisschen neugierigen Augen Stellas verrieten der sensiblen Sergierin, dass sie nun doch nicht darum herum kommen würde, hier, ausgerechnet hier in der Höhle des Löwen auf das von ihr sonst so gemiedene Thema zu sprechen zu kommen. Ihr eigenes Verhalten hatte dies heraufbeschworen, ihr unruhiger Blick, ihr heftiges, unhöfliches Nachfragen und die gesamte Erregung, die ihr wohl nur allzu deutlich anzusehen war - oder jedenfalls ihrer einfühlsamen Freundin nicht verborgen bleiben konnten. Behutsam fragte diese nun auch tatsächlich nach und bestätigte auch Plotinas Eindruck, dass die Abreise ziemlich plötzlich erfolgt war.


    "Nun, Alexandria ist eben nicht nur meine Heimat, sondern auch die deines Vorgängers. Arbeitet er jetzt nicht vielleicht im Museion? Vielleicht haben ihn aber auch wichtige familiäre Angelegenheiten so eilig zurückgerufen."


    Inständig hoffte die Sergierin, dass die erste der beiden Varianten die zutreffende sei und Stella ihr hierüber vielleicht nähere Auskunft geben könnte. Dass sich mit der zweiten der genannten Varianten möglicherweise eine von der Familie eingefädelte Hochzeit verbinden könnte - daran wollte Plotina jetzt nicht denken. Viel lieber ging sie auf die Frage ihrer Freundin nach ihrem Verwandten ein, war dies doch etwas, das sie nicht wenig stolz machte.


    "Sergius Curio ist jetzt Magister Officiorum beim Praefectus Aegypti. Es hat, glaube ich, sogar in der Acta Diurna gestanden, allerdings ziemlich versteckt unter den "Meldungen". Aber du hast natürlich Recht, du hast ihn nicht gekannt."


    ... was Plotina nicht wenig schade fand, denn Stella und Curio hätten sich vielleicht ziemlich gut verstanden. Aber solche Dinge zu beurteilen, fühlte sich Plotina nach ihren eigenen traurigen Erfahrungen nicht geeignet.


    "Ist es nicht seltsam, Stella? Curio lebt jetzt in meiner alten Heimat, und ich sitze hier in Rom tatsächlich allein in unserer Casa. - Ich vermute ja, dass jetzt bei deiner gestiegenen Verantwortung dieses Gebäude der Schola hier so etwas wie dein Zuhause geworden ist?!"


    Plotina schmunzelte: Bei Stellas Vorgänger schien es jedenfalls so gewesen zu sein.

    Stellas Einladung wirkte vor lauter Lebhaftigkeit so unwiderstehlich, dass Plotina nun auch gar kein bisschen mehr zögerte, das ihr so wohlbekannte Officium zu betreten. Sie ließ sich mitreißen von Stellas Energie, versuchte aber doch aus den Augenwinkeln heraus zu erkunden, ob sich in dem Arbeitsraum viel geändert habe, seitdem - er nicht mehr hier wirkte. Immer noch versuchte die Sergierin, den Namen des Amtsvorgängers von Stella aus ihren Gedanken zu tilgen. Doch gleich die ersten Worte ihrer Freundin riefen wieder viele Erinnerungen in ihr wach; als Stella andeutete, es sei alles so schnell gegangen mit der Amtsübernahme, konnte Plotina sich nicht mehr bezwingen und fragte ungewohnt hektisch nach:


    "Unerwartet? Wie meinst du das? Hat ... hat dein Vorgänger dir denn nicht gesagt, wann er abreisen wollte?"


    Im gleichen Moment, in dem sie dies ausgesprochen hatte, merkte die Sergierin schon, wie unhöflich sie sich benommen hatte. Betreten sah sie zu Boden, der an der Stelle, an der ihre Füße standen, schon leicht abgewetzt war. Hier saßen Tag für Tag die Menschen, die dem Curator libris einen Besuch in den unterschiedlichsten Anliegen abstatteten; hier auf diesem Stuhl nahmen sie Platz, und darunter standen dann eben ihre Füße. Auch Plotina hatte hier schon gesessen, auf diesem Stuhl; dann, im Laufe ihres Gespräches mit - ihm hatte sie ihren Platz verlassen, war aufgestanden und ... Doch was nützte es, sich mit diesen Erinnerungen zu quälen? Plotina gegenüber saß nun nicht mehr der bärtige Jude, sondern ihre Freundin Furia Stella, und die hatte die Sergierin nach ihrem eigenen Befinden gefragt.


    "Mir persönlich geht es eigentlich ganz gut, danke! Allerdings ... wusstest du, dass auch mein Verwandter Sergius Curio vor Kurzem Rom verlassen hat? Er arbeitet jetzt in Alexandria, meiner alten Heimat. Na, und ich sitze hier in Rom bei einer alten Freundin, Stella!"


    Bei diesen Worten musste Plotina nun doch ein wenig lächeln und sah ihre Gesprächspartnerin aufmerksam an in der Hoffnung, ihr mit ihrer Bemerkung nicht zu nahe getreten zu sein.