Es dauerte bis zum Abend, bis Narcissa sich überlegt hatte, was sie sagen konnte zu ihrem Bruder. Sie hatte sich das genau überlegen müssen, bevor sie den Mut fasste, ihm unter die Augen zu kommen.
Schließlich wagte sie sich aus ihrem Zimmer heraus und linste um die Ecke. Sie wollte sehen, ob einer der Sklaven oder ob Fundulus in der Nähe war, denn was sie jetzt sagen wollte, fiel ihr nicht leicht und es sollte nur Montanus gelten.
So schleppte sie sich noch immer etwas mitgenommen und anscheinlich auch etwas geschwächt vom Schlafmangel herüber zu seinem Zimmer. Sie hatte eine leichte Decke um ihren Oberkörper gewickelt und zusammen mit dieser ging sie nun auch über den Gang hin, klopfte kurz an und öffnete die Tür. Sie legte demonstrativ einen Finger auf die Lippen, denn sie wollte zuerst sprechen und Montanus so andeuten, dass er schweigen sollte, bis sie geendet hatte. Leise schloss sie aber erst einmal wieder die Tür hinter sich.
"Montanus..", sagte sie zu allererst, diesmal sanfter, als er es vielleicht je gehört hatte. Allein schon wie sie seinen Namen ausgesprochen hatte, kam es einer Entschuldigung gleich. Aber es kam noch mehr. "Es tut mir leid, dass ich dich beschimpft habe. Du willst nur mein Bestes und es war falsch von mir, dich zu beschuldigen und dir vorzuwerfen, dass du erst an deine eigene Nase fassen solltest. Du bist älter als dich und ich bin dir dankbar dafür, dass du so auf mich aufpasst, dass du mich vor allem Bösen dieser Welt beschützen und behüten willst. Ich habe das jetzt verstanden und es tut mir ehrlich leid." Damit endete ihr Monolog endlich und für wenige Momente blieb sie noch stumm stehen. Mittlerweile schmiegte sich wieder eine Träne an ihre Wange und glitt an ihr herunter. "Ich liebe dich Montanus, wie man einen Bruder liebt. Und ich möchte nicht, dass wir zerstritten sind."
Sie stand noch immer dort an der Tür und sah nun aus, als wäre sie endlich fertig. Denn sie holte einmal tief Luft um wieder Kraft zu schöpfen. Sie wollte auch nicht lange auf eine Antwort warten, sondern öffnete die Tür auch schon wieder um zu gehen. Vielleicht wollte er ja erst einmal über ihre Worte und ihre Entschuldigung nachdenken.