Manius amatus meus!
Mein ferner Geliebter, ich wünschte ich wäre bei Dir. Dann würde ich Dich nur allzugerne beim Wort nehmen! Dem greulichen Alltag würde ich mich mit gezücktem Schwert entgegenstellen, und das Glühen meiner Waffe würde, so Du dies zulässt, gewiss einen hochlodernden, einen verheerenden Brand entfachen. Gib acht was Du Dir wünscht, meus carus... ich habe iberisches Blut und einen Hang zum Maßlosen!
Ich vermag Dir gar nicht zu sagen, wie sehr ich mich über Deinen Brief gefreut habe. Hier, am Ende der Welt, abgeschnitten von allem, doch von Dir zu lesen, das ist... ein Jubilieren der Seele! Ich bin vollkommen überwältigt. Ich danke Dir auch für das Bildnis. Dein Lächeln darin wiederzufinden, das hat mir unsere letzte Begegnung wieder ganz deutlich vor Augen stehen lassen, als wäre es gestern gewesen. Es ist perfide, wie die Woche, die läppische Woche, die zwischen uns und einem Wiedersehen lag, sich zu dieser Ewigkeit aufgebläht hat. Ich vermisse Dich. Ich fürchte mich davor, dass die Zeit eine Kluft zwischen uns reißt, die schwer zu überbrücken ist. Hier, auf dem Feldzug, im Grenzland, ist man wie in einer anderen, in sich geschlossenen Welt, und die Meditrinalia, und wir, das erscheint mir tatsächlich wie ein Traum, glanzvoll strahlend, unvorstellbar schön, und darum doch um so entrückter, ferner.
Wir müssen uns bald wiedersehen. Ich habe beschlossen, um meine Versetzung nach Rom zu ersuchen, sobald wir diese vermaledeiten Barbaren zurück in ihre Schranken gewiesen haben. Ich liebe Deine Briefe, aber ich will endlich wieder Deine Arme um mich spüren, und Deine warmen Lippen küssen, nicht das trockene Pergament! Und ich will mit Dir zusammensein, und Dich richtig kennenlernen dürfen... und mich mit Dir zusammen auf die Suche machen, nach dem was Aristophanes verspricht!
In Alexandria, als ich mit einer Freundin im Theater war - sie haben die Elektra der Euripides aufgeführt - da habe ich unter den Zuschauern einen Erastes mit seinem Eromenos gesehen, die da beide ganz selbstverständlich Arm in Arm saßen, und nicht verbargen wie sehr sie sich zugetan waren, und es hat sich niemand daran gestört. Wie habe ich sie beneidet!
Und wie habe ich Dich an den Meditrinalien vermisst... Wir sind da gerade, auf einem stinkenden Kahn eingepfercht, den Nil hinauf geschippert. Wie hast Du das Fest verbracht? Erzähl mir davon, und überhaupt, erzähl mir von Dir, ich weiß so viel und so wenig zugleich.
Zur Zeit sind wir denkbar fern jeder Zivilisation. Die Wüste ist auf ihre Weise großartig, die majestätische Leere, das Meer der Dünen, die phantastischen Farben bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang... Aber mittlerweile sägt diese verbrannte Öde doch ziemlich an meinen Nerven. Bisher hatten wir ein größeres Gefecht, da haben die Rebellen uns nachts mit Salven von Brandpfeilen attackiert. Wir sind dann raus, ich habe meine Kohorte da zum ersten Mal in den Kampf geführt. Wir haben den Feind in den Nahkampf verwickeln können und viele von ihnen getötet. Dabei hat sich herausgestellt, dass sie wilde Barbarenkrieger, aber keine mythischen Monstrositäten sind. Seitdem lassen sie sich nicht mehr blicken, es ist als hätte die Wüste sie verschluckt. Wir suchen weiter nach ihrem Hauptheer, und versuchen auch, einheimische Verbündete für uns zu gewinnen. Ich hoffe inständig, dass wir dieses verdammte Gesindel schnell aufspüren und vernichten, damit ich bald zu Dir zurückkehren kann.
Te amo!
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PS. Daß gerade Du bei diesem Prozess als Iudex bestimmt wurdest, ist schon ein komischer Zufall, aber eigentlich ist es eher beruhigend für mich zu wissen, dass wenigstens einer der Richter von unbezweifelbarer Integrität ist. In letzter Zeit häufen sich nämlich die Intrigen gegen meine Familie, besonders natürlich gegen meinen Vater, dessen überragende Verdienste anscheinend die Neider auf den Plan gerufen haben. Und auch, dass er sich nicht scheut, mal ein klares Wort zu sprechen, ist manchem Leisetreter wohl ein Dorn im Auge. Aber ich habe alles Vertrauen der Welt in Dich, dass Du gerecht entscheiden und diese lächerliche Anklage abschmettern wirst.