Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Auch im Felde, fern der Heimat, kamen die Saturnalientage. So ausgelassen wie in Rom konnten wir sie leider nicht begehen, denn auch wenn wir Römer an diesen Festtagen keinen Krieg führten, unser Feind war dermassen unzivilisiert, dass es ihm sogar zuzutrauen war, die goldenen Tage durch einen Angriff zu entweihen!
    Aber am letzten Saturnalientag, da feierten wir trotzdem ein bisschen, also, abends, nachdem das Marschlager für diesen Tag erbaut worden war, und natürlich nur die, die nicht Wache schieben oder kundschaften mussten. Nach dem allgemeinen Saturnalienopfer gab es für jeden ein bisschen Wein und Trockenfrüchte und Nüsse. Dann wurde gewürfelt, gesungen und gescherzt und sich eben ein netter Abend gemacht.
    Wie jeder andere liebte auch ich die Saturnalien, fand es nur schade in diesen Tagen (wieder mal) so ewig weit weg von der Familie zu sein. Ich hatte meine schicke Tunika mit den Purpurstreifen abgelegt und trug jetzt eine ganz normale, schlichte. Das war auch gut so, denn um den Feiertag zu ehren hatte ich es übernommen, heute das Brot zu backen, für Ravdushara, Thabit und mich, und das hieß erst mal eine Menge Korn mahlen – hatte ganz vergessen wie anstrengend das war! - dann mischte ich einen Teig zusammen, mit Rosinen drin, und Nüssen und Honig aus meinem Privatvorrat. Selbstvergessen vor mich hinpfeifend knete ich ihn gut durch, dann buk ich ihn in der Pfanne über dem Feuer zu mehreren breiten Fladen. Ganz in mein Tun versunken, sah ich erst auf, als mir ein Brief vor die Nase gehalten wurd.
    "Bona Saturnalia! Post für Decimus Massa und Decimus Serapio! Und hier die neue Acta." schmetterte der Soldat gutgelaunt.
    "Oh danke!" Da war endlich mal wieder ein Postreiter durchgekommen. Schön dass die Welt uns nicht vergessen hatte.
    "Leg es bitte da hin. Bona Saturnalia!"
    Ich säuberte erstmal meine Hände, bevor ich den Brief anfasste und den Absender las. Von Decimus Verus, das war unerwartet.


    "Ach, Ravdushara," wandte ich mich an meinen Sklaven, der gemütlich neben dem Feuer lümmelte, "geh doch bitte Massa Bescheid sagen, dass wir Post bekommen haben."
    Aber er lächelte nur und erwiderte eiskalt: "Ach, Serapio, geh doch bitte selbst."
    "He, übertreibs nicht!" lachte ich und warf ein fertiggebackenes Fladenbrot nach ihm, wie einen Diskus. Er fing es auf und biss hinein.
    "Mhhhm!"
    Ich erhob mich und klopfte mir den Mehlstaub und die Spelzen von der Tunika.
    "Aber pass auf dass das Brot nicht anbrennt, ja?"
    "Ja keine Sorge..."


    Ich nahm das Schriftbündel in die linke Hand, und einen Fladen in die Rechte, von dem biss ich immer wieder ab, während ich durchs Lager schlenderte, Richtung zweite Centurie, und dabei nach Massa Ausschau hielt. Niemand salutierte, Lieder erklangen, Würfel rollten. Herrlich!

    Und was, wenn es doch eine Falle war?? Wenn plötzlich ein paar Bogenschützen aus den Zelten treten und uns erledigen würden? Wir hätten keine Chance... natürlich würde das Lager dann dem Erdboden gleich gemacht, aber vielleicht war der Feind bereit, das in Kauf zu nehmen, um unseren Kommandanten auszuschalten. Barbarenvölker, die denken nicht wie wir, und dass ihre Tücke unermesslich ist, das hatte ich am Chaboras gelernt.
    Ob ich den Kommandanten wohl davon überzeugen könnte, dass es besser wäre, wenn ich bei meiner Kohorte bliebe? Nein, das sähe ja so aus als mangele es mir an Mut... Und bestimmt konnte ich von ihm was nützliches über Diplomatie lernen... davon hatte ich keine Ahnung. Ich schwang mich klirrend vom Pferd, nickte nervös. Stärker aber bescheiden... gut.
    Ich hatte Magenschmerzen. Scharf musterte ich unsere beiden "Gäste", sie wirkten gefasst, was mich etwas beruhigte. Was mir weniger gefiel, war wie das Wüstenweib und Massa sich gegenseitig schöne Augen machten... ich wandte den Blick schnell wieder ab, glättete meine Stirn, und setzte eine kühle Miene auf - es war unprofessionell sich jetzt von so was ablenken zu lassen. (Und überhaupt völlig albern und unsinnig irgendeine Art von Anspruch zu hegen, was nichts daran änderte, dass ich es eben nicht gerne sah.)


    Wir näherten uns dem Nomadenlager. Vom Kamm der Düne aus, auf dem meine Kohorte Stellung bezogen hatte, stiegen wir den Sandhang hinab, hielten auf die Ansammlung von Zelten zu, entfernten uns immer weiter von der beruhigenden Präsenz in unserem Rücken...

    So klang es viel besser.... poetisch... schön. Ich lächelte versonnen, gar nicht so sehr ihm zu, als vielmehr leise in mich hinein, und genoß noch einen Augenblick lang seine wohltuende Berührung. Doch diese war schon Teil des unvermeidlichen Abschiedes, noch ein Streifen der Schulter, dann stand ich wieder allein und sah ihm nach, wie die Dunkelheit ihn verschluckte. Wo, so fragte ich mich, wohin war eigentlich meine Überzeugung verschwunden, dass es sich nur ironisch zu begehren, und ironisch zu lieben lohnte... sie hatte sich schon länger nicht mehr bei mir blicken lassen.
    Nach einer Weile verließ auch ich das Zelt und ging, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, durchs Lager, zum Glück unbehelligt. Ich war müde und (jetzt wirklich) herrlich entspannt. In meinem Zelt angekommen, ent-rüstete ich mich ohne ein Licht zu entzünden. Ravdushara schlief schon, ich kroch zu ihm unter die Felldecke. Schön warm war das, angenehm... aber ich wünschte doch, ich hätte statt ihm Massa neben mir... und lächelte wieder still, beim Gedanken an unsere Verabredung, auch wenn das "nach dem Feldzug" mir noch als ferne Zukunft erschien... Dann fielen mir die Augen zu. Ich schlief traumlos und fest bis zum nächsten Morgen.

    Langweilig, immer wieder die selben Lieder zu hören. Der Marsch schien kein Ende zu nehmen. Müßig begann ich vor mich hinzudichten... Aber die Hitze war meiner Inspiration nicht gerade förderlich, und ich brachte in all der Zeit nur eine halbe Strophe zustande:
    "Wenn der freche Feind die Klingen wetzt,
    sprießt die Saat der Rebellion,
    doch wir merzen dieses Unkraut aus
    wir, die römische Legion!"

    Ich ließ die Zeilen von meinem Beneficiarius notieren, damit ich sie nicht vergass, tupfte mir unter dem Rand des Helmes den Schweiß von der Stirn, und ließ den Blick trübe über diese unmögliche Landschaft schweifen...


    Dann endlich hieß es, wir würden uns dem Nomadenlager nähern. Jetzt war ich gespannt! Wie befohlen, ließ ich meine Kohorte aus der Marschformation ausscheren, und zu der besagten Düne marschieren. Dort ließ ich die Centurien nebeneinander Aufstellung nehmen, damit wir in breiter Front vorrücken könnten – denn ich rechnete natürlich damit, dass wir diesem dubiosen Wüstenvolk in voller Kampfbereitschaft gegenüber treten würden.
    Ich ritt die Reihe ab und schärfte allen ein:
    "Militeees! Der Barbarenstamm, zu dem wir jetzt marschieren, das sind NICHT die Bastarde, die uns angegriffen haben. Es ist ein anderes Wüstenvolk. Seid wie immer wachsam, haltet euch kampfbereit, aber unser oberstes Ziel hier ist es, FRIEDLICHEN Kontakt zu machen, und einheimische Verbündete zu gewinnen."
    Den Centurionen befahl ich nachdrücklich, ihre Männer im Zaum zu halten, dann begab ich mich wieder zum Stab. Da war gerade auch Massa eingetroffen, mit den Gefangenen.
    "Praefectus Octavius, die Zweite Cohorte hat wie befohlen Stellung bezogen."

    Die Sonne stand jetzt im Zenit, und wir marschierten durch einen Backofen. Ich war echt froh, dass ich nicht mehr zu Fuß gehen musste, wie damals in Parthien! Mein braver Fuchs trug mich, mit gleichmäßigem Schritt, stetig über den Sand. Ich spähte in die Weite, hin und wieder sah man einen unserer Späher, ansonsten war da nur Leere, alle Tiere hatten sich aus dem Staub gemacht, kein Feind ließ sich blicken, das ewige auf und ab der Dünen war nur monoton, und ging mir mittlerweile ziemlich auf die Nerven. Wenn da wenigstens mal ein Baum oder Strauch gewesen wäre, oder ein Felsen, irgendetwas auf dem das Auge verweilen konnte... Aber nichts veränderte sich, auch nicht nach Stunden des Marsches, man hätte meinen können, wir würden auf der Stelle treten.
    Zum Zeitvertreib und zum Durchhalten wurden viele Marschlieder gesungen, und die Cornicen und Tubabläser spielten auf ihren Instrumenten die schmissigen Melodien dazu. Ich stimmte auch eines an, mein Lieblingslied, das ich von der Prima her kannte, nur mit einer veränderten zweiten Zeile:


    "Von Britannias rauhen Küsten *
    bis Aegyptus' großem Strom
    ziehen wir mit Mut zu Felde
    für den Kaiser, Ruhm und Rom..."


    Wir hatten das schon oft gesungen, und so wurde es von der zweiten Kohorte schnell aufgenommen, und erschallte aus vielen Kehlen.


    "Unser Alltag ist das Training
    und die Siege unser Lohn
    und wir tragen stolz den Namen
    einer römischen Legion!"


    Und immer so weiter, all die vielen Strophen... 8)





    *Original von Gaius Tallius Priscus, auf die Melodie von "From the Halls of Montezuma"

    Eigentlich hatte ich ihm ja nur sein Focale zurückgeben wollen. Dann hatte ich lediglich einen kleinen Gang durchs Lager mit ihm machen wollen, Sterne angucken. Dann hatte ich gedacht, dass ein - ein einziger - Kuss doch nicht so schlimm sein könne. Und jetzt... jetzt hockte ich schweißverklebt in irgendeinem Fabrica-Zelt, tastete im Stockdunklen auf dem Boden herum, auf der Suche nach meinem Gürtel, und hatte gerade mal so eben wieder Ruf und Karriere in Gefahr gebracht, nur um des Verlangens willen. Ich schämte mich für meine Willensschwäche..... Seltsam wie sich die Welt verändert, sobald die Lust gestillt ist. Vielleicht wäre es besser, wenn sie nie gestillt würde, dann würde der Zauber der Erwartung nie vergehen, der Rausch nie der Ernüchterung, dem Profanen weichen.
    Ah, da war ja endlich mein Gürtel. Ich legte ihn an, zog ihn mit einem Ruck zu, tastete an mir entlang, um mich zu vergewissern, dass ich nichts vergessen hatte. Dann richtete mich auf und blickte zu Massa. Schemenhafter Massa. Der Nachklang, wenn ich ihn denn zuließ, war eine leise Euphorie. Herrlich war es gewesen. Und wie er mich eben geküsst hatte... Ich hatte Lust, ihm etwas zärtliches zu sagen... aber Angst, dass er es irgendwie... falsch verstehen würde? Habe ich schon erwähnt, dass ich diese Momente nicht mag? Das plötzliche Auseinanderstreben, wo eben noch die Illusion von Eins-Sein war. Ich verspürte eine dumme, melancholische Sehnsucht... nach einem, der bleibt.


    Ausserdem hoffte ich, dass ich ihm nicht zu sehr wehgetan hatte. Normalerweise war ich nicht so grob. Er, dies alles, der Feldzug, irgendetwas daran brachte diese Seite an mir zum Vorschein.
    "Ja?" antwortete ich flüsternd, und trat zu ihm.
    "Venustus. Ich..." Mich loszureissen, fiel mir schwer. Ganz sacht legte ich ihm die Hände auf die Wangen. Umrahmte sein Gesicht, hielt es zwischen meinen Händen. Eigentlich, also bevor mir die Gier die Sinne vernebelt hatte, hatte ich noch was mit ihm besprechen wollen, und zwar den geplanten Einsatz unter Optio Septimius, und Massa fragen wollen, ob er daran teilnehmen wollte. Aber das wäre falsch. Massa, der pflichtbewusste, würde jederzeit einwilligen. Ich würde mit solch einer Frage nur mein Gewissen zu beruhigen versuchen, wenn ich ihn der Gefahr aussetzte.
    "... ich möchte, irgendwann wenn dieser Feldzug ausgestanden ist... einmal mit dir zusammen in die Wüste reiten, in einer Nacht wie dieser. Wir werden unter dem Sternenhimmel lagern, nur wir beide, und uns die ganze Nacht..." lieben... "so richtig miteinander austoben."
    Mit dem Daumen fuhr ich langsam über seine Wange, die hohen Wangenknochen, dann küsste ich ihn noch einmal sanft auf die Lippen. Zeit zu gehen.


    Am frühen Vormittag, und doch schon in sengender Hitze, brachen wir das Feldlager ab und zogen weiter. Hinter uns blieben verbrannte Zelte zurück, und zerstörte Ausrüstung... und die Gräber der gefallenen Kameraden, und die unbestatteten, verstümmelten Kadaver der Angreifer, und damit glücklicherweise auch der süßliche Geruch und das Kreischen der Aasgeier.
    Vor uns lag das endlose Sandmeer, konturlos und leer wie ein unbeschriebenes Blatt, das darauf wartete, unsere Geschichte, also die (hoffentlich) ruhmreichen Taten der XXII. Legion im Kampf gegen die Rebellen, festzuhalten.
    Der Feind hatte sich, seitdem sie uns vor zwei Nächten attackiert hatten, nicht blicken lassen, und der Wind hatte ihre Spuren verweht. Einer, den wir beim Angriff gefangen genommen hatten, hatte im scharfen Verhör ausgesagt, ihre Hauptstreitmacht befände sich vier bis fünf Tagesmärsche südöstlich. Dem wollten wir nachgehen.
    Doch zuvor sollte uns unser Weg zu einem Lager nubischer Nomaden führen. Zwei von ihnen waren uns bei der Frühpatrouille in die Hände gefallen, und der Präfekt, nachdem er mit ihnen gesprochen hatte, wollte wohl die Gelegenheit nutzen, um einheimische Verbündete zu gewinnen.


    Wir marschierten in südlicher Richtung. Heute nur in halber Breite, der Kommandant hatte es bei der letzten Stabsbesprechung so angeordnet. Ein langer, langer Heerwurm war es, der sich da durch die Wüste wand, von unseren Aufklärern wachsam umschwärmt. Meine Kohorte marschierte heute ganz vorne. Die beiden nubischen "Gäste" hatten wir in die Mitte genommen. Als wir wieder einmal eine Düne überquerten, zügelte ich, oben angelangt, mein Pferd am Rand neben der Marschformation und ließ den Blick über die gesamte Legion schweifen. Ein stolzer Anblick! Das Klirren der Harnische, Blitzen der Helme, der Wald der Speere... Die Feldzeichen schwangen im Wind. Ich fand es kaum vorstellbar, dass überhaupt noch jemand auf dieser weiten Welt es wagte, den römischen Adler herauszufordern.
    Heiß war es. Nein, Hitze war gar kein Ausdruck. Die Wüste glühte förmlich, und über den Dünen flirrte und waberte die Luft ganz merkwürdig. Viele der Soldaten hatten sich bereits nasse Tücher über Helm und Nacken gebunden. Bisher war mir das ja ästhetisch allzu fragwürdig erschienen, aber nun kapitulierte ich doch, zog ein großes Taschentuch aus meiner Satteltasche, befeuchtete es mit meiner Feldflasche und knotete es um den Helmkamm herum fest. Ausserdem trank ich ein paar Schluck, aber nicht alles - das Wasser war nämlich rationiert - bevor ich mein Pferd weitertrieb.

    "Jawohl Präfekt. Wenn du erlaubst, werde ich deine Anordnung gleich weitergeben."
    Natürlich wartete ich noch die Erlaubnis zum Wegtreten ab, dann verabschiedete ich mich mit einem zackigen Salut. Jetzt wo es endlich weiterging, wir ein greifbares Ziel hatten, scharrte ich förmlich mit den Hufen.
    Aber bevor ich ganz abtrat, wandte ich mich noch kurz an die Wächter – also, eigentlich wandte ich mich an Massa, dem ich natürlich ungleich mehr vertraute als dem Eques. Er schien mir allerdings nicht unbedingt begeistert, hier herumzustehen... vielleicht war er müde... mein Blick irrte zu seinem Halsansatz, der unter dem exotischen Focale verborgen war, dann - nicht dran denken Faustus, nicht hier, du wirst dich noch verraten.... - riss ich mich streng, allerstrengstens zur Raison. Die Wüstenfrau hatte sich geradeeben so ausgesprochen interessiert an ihm gezeigt, und auch wenn ich das durchaus etwas zwiespältig empfand – vielleicht konnte man es ausnutzen.
    "Miles, während du hier wachst, versuch doch bitte, also, wenn möglich, die Gelegenheit zu nutzen, um die 'Gäste' etwas... ähm, kennenzulernen, ganz allgemein. Einfach bekanntmachen, mit Hilfe des Übersetzers irgendwas mit ihnen reden. Es könnte helfen sie einzuschätzen."
    Bevor mein Blick wieder auf Irrwege geraten konnte, verließ ich schnell diesen Schauplatz. Ich schnappte mir ein paar Boten und machte mich daran, den neuen Befehl zu verbreiten. Alsbald wurde das willkommene Signal geblasen: Lager abbrechen, Marschbereitschaft herstellen.




    edit: Link

    Wie ich es liebte, ihn so vollkommen in... nennen wir es, in der Hand zu haben, ihn mit meinem Tun in einen immer haltloseren Sinnentaumel zu treiben... die Kräfte zu erwecken, sie höher zu peitschen, zu spüren, wie sie aufbrandeten, ihn umtosten, wie ein wilder Sturm... während ich mich an der qualvoll süßen Spannung weidete, die mit dem Hinauszögern der Erfüllung immer weiter wuchs, bis sie nahezu unerträglich war. Da tönten seine Worte wunderbar an meinem Ohr. Wie eine Schlange wand ich mich an ihm empor, küsste ihn gierig mit meinen feuchten Lippen. Nebenan ging es auch ganz schön zu Sache, das war durchaus anregend.
    "...dulcis... dreh dich um...."
    Lag es an der Dunkelheit, lag es an ihm, meine Sinne schienen geschärft und verschleiert zugleich zu sein, ich nahm ihn so unheimlich intensiv war... Massa, meine geheime Droge - sein Geruch, ich atmete ihn, sog ihn tief ein, die betörende kleine Grube an seinem Nacken, direkt unter dem Haaransatz, die rasend schnell pulsierende Ader unter meinen Fingern... Meine Beute... Dann war ich wohl der Jäger. Ich dachte daran, wie ich heute den Stier getötet hatte, was ja irgendwie auch ein mythischer Akt war, und mir war schon so, als wäre ein Teil der... ungestümen Vitalität, der urwüchsigen Potenz dieses Tieres auf mich übergegangen! Hungrig ergriff ich, was Massa mir so freigiebig bot, ich drängte ihn halb gegen die Bank, halb darüber, presste ihn mit meinem Gewicht auf das Holz und ließ ihn spüren wie heiß er mich machte. Und schwungvoll riss ich den Stoff beiseite, der noch irgendwie zwischen uns war. Im Dunkeln verzog mein Mund sich zu einem schelmisch-lüsternen Grinsen – Ha! Jetzt konnte ich es ihm zurückgeben, das unsägliche:
    "Entspann dich..." - Seine Hingabe war wie ein Geschenk. "... so........ ist das gut... mmmhm... was hast du da bloß heraufbeschworen...- geht es...? gefällt dir das... lass mich, so.... ja, so... ich will dich, dich ganz, dich verschlingen!... mein bist du, mein... venustus meus...!"
    Ich nahm ihn leidenschaftlich, mit verhaltener Glut zuerst, ihn genießend, uns genießend, und es ganz ausreizend, mit ihm gemeinsam in die Höhe zu streben... bald immer heftiger, wild entflammt. Mein. Ich keuchte ihm Dinge ins Ohr, die ich hier besser nicht wiedergebe, ich erstickte die Laute, die wild aus mir hervorbrachen, in seinem Haar. Aus den fiebrigen Küssen, mit denen ich seinen Nacken bedeckte, wurden Bisse, ich hielt ihn eisern gepackt, grub meine Zähne in seinen Halsansatz hinein, im Rausch, erfasst und furios hinfortgerissen von der Ekstase der Ekstasen.

    Ich hatte den Eindruck, dass der Präfekt mich nicht ernst nahm. Ja, mir war, als sähe ich da den Anflug eines spöttischen Lächelns, als ich ihm diese ganz normale Vorsichtsmaßname vorschlug. Pikiert bemühte ich mich, mir nichts anmerken zu lassen. Nur meine Lippen wurden etwas schmaler. Ich kann das ja überhaupt nicht ausstehen, wenn man sich über mich lustig macht! (Und noch dazu in Gegenwart von Massa, vor dem ich doch eine gute Figur machen wollte.)
    Ausserdem fand ich die Vorstellung, einen ganzen Barbarenstamm, bei dem es gut möglich war, dass er mit den Blemmyern unter einer Decke steckte, bei uns im Lager zu haben nicht gerade erfreulich. Doch da wir hier inmitten von Soldaten waren, die alles mithörten, unterließ ich es, dem Präfekten Widerworte zu geben. Seine Entscheidung war offensichtlich sowieso schon gefallen.
    "Ja Praefectus." sagte ich unenthusiastisch, und: "Da wir heute sowieso weitermarschieren wollten, würde ich keine Zeit mehr verlieren, jetzt die Zelte abbrechen und mit der gesamten Legion bei diesem Stamm vorbeischauen. Das dürfte auch deine Argumente gegenüber ihrem Häuptling unterstreichen."
    Es würde ein Wohltat sein, diesen Ort mit seinem Pesthauch zu verlassen, und wieder unterwegs zu sein. Ausserdem besser für die Moral, unbeschäftigte Soldaten kamen nur auf dumme Gedanken. (Konnte ich aus eigener Erfahrung voll und ganz bestätigen).
    "Vielleicht können diese Leute uns auch den Weg zu einer Wasserstelle, oder Oase, weisen."

    Mit fiebrigen Fingern tastete ich nach den Riemen seines Harnischs, und voll drängender Ungeduld half ich ihm, sich davon zu befreien. Bei meinem Muskelpanzer ging das schnell, eine Schnalle an der Schulter, zwei an den Seiten gelöst, und schon fiel die Rüstung in den Sand und ich war wieder bei Massa, ganz nah, und augenblicklich waren wir wieder dort angelangt, wo wir vorhin unterbrochen worden waren – nein, es war noch viel besser, Massa legte mit einem Mal eine ungeahnte Wildheit an den Tag, die ich sehr aufregend fand...
    "Mmmmmmh..." Überwältigt erwiderte ich seine Küsse, fuhr mit der Hand in seine Tunika hinein, streichelte zärtlich über seine Brust, die Formen der Muskulatur nachfahrend. Halb an ihm lehnend, genoß ich das Spiel seiner Zunge, seiner Zähne, erbebte in seinen Armen am ganzen Körper, und, bei Eros, beim allgewaltigen Eros, verspürte so eine ungeheure Lust, mich ihm hier auf der Stelle hinzugeben...
    Aber, schoß es mir im gleichem Atemzug schon durch den Kopf, was wenn er mich danach nicht mehr respektierte? So sehr ich mich auch freigemacht hatte, von den moralsauren Fesseln meiner Herkunft – manches ließ sich eben nicht so leicht vollständig abschütteln. Wie zum Beispiel die bescheuerte, allseits verbreitete Überzeugung, es sei zwar nicht glorreich aber schon eher in Ordnung zu nehmen, jedoch absolut schändlich, verachtenswert und undenkbar für einen stolzen Römer, sich hinzugeben.
    Noch dazu war ich der Ältere von uns beiden, und ich war sein Vorgesetzter, und überhaupt, was wenn es sich rumsprach, ich wäre sowas von erledigt... fast erwartete ich, dass im nächsten Augenblick der Zelteingang aufgerissen würde, und auf der Schwelle stünde der Praefectus, ich sah ihn förmlich vor meinem inneren Auge, im Ornat eines Feldherrn, doch sein Gesicht trug die Züge meines Vaters Livianus (vermischt mit denen von Onkel Meridius, und denen der kolossalen Götterstatue im Tempel des Mars Ultor), und er würde mich strafend ansehen, aber noch viel mehr enttäuscht, und...


    ...und ich dachte zu viel. Wohl wahr. Trotzdem kränkte mich diese Bemerkung ein wenig, ich mochte es nicht, dass ich so leicht zu durchschauen war. Pah, war halt nicht jeder ein tabuloser Grieche. War ich halt ein verklemmter Iberer, na und!? Sein Atem war heiß an meinem Ohr...
    "Ich... bin ganz entspannt." behauptete ich ein bisschen unleidlich, und wieder vergrub ich die Hände in seinem Haar, fester als zuvor, drückte ihn gegen die Werkbank und verschloß ihm den Mund mit einem kraftvollen Kuss. Immerhin hatte mein Verstimmt-Sein die dummen Grübeleien beiseitegeschoben, und wiederum war nur er in meinen Gedanken, und was ich mit ihm anstellen wollte. Fordernd, herausfordernd suchte meine Zunge die seine, wollte sich mit ihr umschlingen, beinahe einen Kampf austragen. Meine Atem ging schnell, meine Nasenflügel bebten.
    "Du machst mich... so heiß!!" flüsterte ich abgehackt, zog ihm mit einem Ruck die Tunika aus dem Gürtel und ließ meine Hand über seinen Oberkörper hinab wandern, unter seinem Lendentuch verschwinden, wo sie ein aufreizendes Spiel trieb.
    "Aber Adler sind auch gnadenlose Raubvögel" neckte ich ihn atemlos, "nimm dich in Acht, venustus meus! - Was die mal in ihren Klauen haben, das lassen sie nicht mehr los. Sie tragen es in ihren Horst und verspeisen es mit Haut und Haar...!"
    Mit diesen Worten ging ich auf die Knie, um mich dann voll Hingabe - und, bei aller Bescheidenheit, mit einer Rafinesse, welche nur aus echtem Talent in Kombination mit viel Erfahrung entspringt – um mich also leidenschaftlich dem hehren Ziel zu widmen, meinen schönen Geraubten noch höher zu tragen, ihn zu entführen, hinauf in schwindelerregende Höhen, ihn dem Gipfel des Olympos immer näher zu bringen...

    Mit langen Schritten ging ich durch die Zeltreihen unseres ramponierten Lagers. Der Anblick der Spuren, die die Feuer hier und da hinterlassen hatten – ausgebrannte Lücken, verkohlte Lederplanen, halb zusammengebrochene, unnütz gewordene Gestänge... schwarz unter der gleißenden Sonne - war nicht schön. Ein krasser Gegensatz zu der ausgeklügelten Ordnung, die den Aufbau unseres Lagers bestimmte. Nach meinem Empfinden, sogar ein verstörender Anblick. In diesem Barbarenland waren wir der Vorposten von Zivilisation und Richtigkeit, doch wie schnell bekam die Ordnung Sprünge, wich die abgezirkelte Disziplin dem verhängnisvollen Chaos... im Bezug auf Zeltreihen, genauso wie auf Schlachtlinien... und auf die Selbstdiziplin. Nur gut dass wir bald weiterkamen.
    Bei den Zelten der zweiten Centurie, zweite Cohorte machte ich Halt. "Wo finde ich Optio Septimius Palaemon?" erkundigte ich mich bei einem Soldaten, folgte dann seiner Weisung.

    Aufmerksam verfolgte ich die kurze Befragung. Tja, wie es aussah, würde ich mir ein anderes Mitbringsel für meine Schwester überlegen müssen. Aber lokale Verbündete wären schon gut... sogar sehr gut! Falls das nicht alles nur eine Scharade war. Mißtrauisch wandte ich mich an den Dolmetscher, als der gerade mal Atem holen mußte:
    "Die Sprache die sie sprechen – ist das die selbe wie bei den Angreifern, die wir gefangen haben? Also, von der Sprache her, sind sie vom gleichen Stamm oder nicht?"
    "Nein Herr" antwortete der Dolmetscher, "dieser Mann, seine Rede ist ein nubischer Dialekt, aber die Reiter, die ihr gefangen habt, sie sind Blemmyer. Es ist verschieden."
    "Ah so."
    Das minderte meinen Argwohn ein wenig.
    "Praefectus," meldete ich mich trotzdem zu Wort, "wenn ich einen Vorschlag machen darf – ich würde die Frau als Geisel hier behalten, während der Mann unsere Kundschafter begleitet. Und ihm klarmachen, dass wir seine Freundin sofort hinrichten, wenn es sich als Falle oder Lüge erweist!"

    Mit einem leisen, wonnevollen Schnurren, lehnte ich meine Wange an die warme Innenfläche seiner Hand. Sie war rauh und kräftig, ich spürte die Schwielen vom Kampftraining.
    Aquila... - Mein Mund zuckte unter seinen Fingerspitzen, ich lächelte, entzückt, dass wir beide den selben Gedanken verfolgt hatten. Und amüsiert, geschmeichelt amüsiert, über den vermessenen Vergleich. Aber es gefiel mir... dies alles gefiel mir gar zu sehr...
    Ich sollte ihm eigentlich sagen, dass ich... sowas wie vergeben bin... meldete sich störend mein Gewissen. Gegen reine Bettgeschichten konnte man ja nicht ernsthaft was einwenden, so lange wie ich schon aus Rom weg war, aber das hier... - Küsse unterm Sternenhimmel... - das hier war auf einmal so verdammt romantisch geworden. Und ich war halt ein Romantiker! Ich sollte jetzt eigentlich den Mund aufmachen, und ihm sagen...
    Seine Fingerspitzen lagen auf meinen Lippen, ganz sacht... als wollten sie mir Schweigen gebieten. Wäre auch zu blöd jetzt die ganze Stimmung zu zerstören... und wozu? Nein, diese faden Skrupel hatten sich vergeblich aufgebäumt. Ich öffnete den Mund, halb... und umfing seine Finger mit den Lippen. Lasziv umspielte ich sie mit der Zunge, und ließ Massa die Verheißung noch viel köstlicherer Genüsse spüren... Seine Liebkosungen waren an meinem Hals angelangt, und ein Beben durchlief mich, ein wohliges Erschauern. Ich ließ meinen Kopf zurücksinken, bot ihm den Hals dar... und genoß in vollen Zügen, den Blick nach oben gerichtet, auf die funkelnde Sternenpracht... Noch einmal suchte ich mit den Augen nach dem Adler, aber wieder vergeblich, Massas Küsse nahmen mich voll und ganz gefangen. Es war ein perfekter Moment – dann hörte ich Schritte. Knirschend auf dem Sand, dazu das leise Klirren eines Cingulums. Jemand näherte sich. Ich zuckte zusammen, fuhr hastig von Massa zurück. Wer da ging... keine Ahnung, die Dunkelheit verbarg ihn.


    "Komm" hauchte ich Massa zu, haschte nach seiner Hand, und zog ihn mit, fort von dem Geräusch. Aus Angst davor gesehen zu werden, ließ ich seine Hand aber dann gleich wieder los, zog auch die Kapuze meiner Paenula wieder auf. Mein Herz pochte wie wild. Es war nicht nur die echte Furcht vor der Entdeckung, es war auch ein gewisser Nervenkitzel dabei.
    "Komm mit mir, Du Schönster aller Sterblichen" lockte ich Massa übermütig, raunend, und strebte weiter durch das Lager. Aber wo zum Hades sollten wir hin? Mein Zelt – nein, da waren Lagerfeuer ganz in der Nähe, und es wäre fatal wenn ihn da einer nachts rein oder rausgehen sähe...
    Nur gut, dass sich mir dieses Problem nicht zum ersten Mal stellte. (Es geht doch nichts über profunde Erfahrung, wenn man in einem Militärlager überleben will. Und die Zeit bei der Prima war auch in dieser Hinsicht lehrreich gewesen.)
    Hastig lenkte ich meine Schritte zu den Zelten der Fabricae. Die waren nachts normalerweise leer, weil auch die Immunes bei ihren Contubernien schliefen. Das erste Zelt war allerdings abgebrannt. Ich ging auf das zweite zu, das als Schmiede fungierte, und wollte eben vorsichtig hineinspähen, als aus dem Inneren halbunterdrückte Lustlaute an mein Ohr drangen.
    "Verdammt!" schimpfte ich leise und stiefelte weiter. Hier war uns jemand zuvorgekommen.
    Aber das übernächste, die Zimmererwerkstatt wie ich annahm, das könnte noch eine Möglichkeit sein. Ich warf Massa einen feurigen Blick zu und schob den Zeltvorhang ein wenig zur Seite...

    Während Thabit kräftig zulangte, knabberte ich nur ein paar Oliven. Das lag an meinem Lampenfieber, das mir mal wieder auf den Magen schlug.
    "Ja, leider." bestätigte ich seufzend. Direkt nach dem Gefecht war ich nur wütend auf dieses irre Vieh gewesen, mittlerweile tat es mir wirklich leid um mein schönes Pferd.
    Ich erzählte Thabit die ganze Geschichte: "Er ist völlig durchgedreht. Naja, der Feind, also diese Kamelreiter, die sind auch mit voller Wucht auf unsere Schlachtreihe geprallt. Das gab schon... etwas Chaos, jedenfalls im ersten Moment, und da hat Noctifer die Nerven verloren und ist mir einfach durchgegangen... hat sozusagen die Flucht nach vorne angetreten. Hätte mich fast mit umgebracht, das verrückte Tier." Daran zurückzudenken ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Ich griff nach meinem Becher und leerte ihn in zwei tiefen Zügen. "Der Händler in Alexandria hat behauptet, der Hengst sei als Schlachtross ausgebildet, aber der hat mich wohl betrogen." Nie wieder würde ich mir ein Pferd nach der Farbe kaufen!! Nur weil ich, wie alle anderen Offiziere, auch einen schicken schwarzen Hengst hatte haben wollen, war ich in diese unnötige Gefahr geraten. Fortuna sei Dank war mir nichts passiert! Abwesend kratzte ich mir über den Schorf am Ellbogen, diese lächerliche Schramme war das einzige was ich davongetragen hatte, während andere ihr Leben verloren hatten.
    "Als Rennpferd wäre er sicher besser aufgehoben gewesen. Er war einfach zu feinnervig, viel zu sensibel für diese Umgebung hier....." schloß ich traurig.


    Und erst nach einer pietätvollen Pause fuhr ich fort: "Ich werde jetzt wohl eines der Legionspferde reiten. Sein Reiter ist letzte Nacht gefallen. Ein Fuchswallach ist es. Ich habe ihn aber selbst noch nicht in Augenschein genommen. Geh doch bitte nachher zu den Ställen und sieh ihn dir mal an, ob er was taugt. Ich geb dir auch eine Tabula mit für den Stallmeister... dass Du für mich arbeitest, und dass er dir Quartier bei den Pferdeburschen geben soll."
    Gesagt getan, ich kritzelte ein paar Zeilen auf eine Wachstafel, und reichte sie Thabit. Im Prinzip hätte er auch hier unterkommen können, das wäre vom Platz her schon noch gegangen, aber.... er wirkte so unschuldig (mir war schon klar, dass er ein alexandrinischer Gassenjunge gewesen war, aber wenn man ihn so sah, so voll glühendem Eifer eine anständige Arbeit anzutreten, wirkte er so rein und unverdorben)... Ich wollte ihn eben einfach von meinen nächtlichen Aktivitäten fernhalten.


    "Jetzt muss ich mich umkleiden. Gleich gibt es ein großes Marsopfer, dafür muß ich mich in Schale werfen." Ich erhob mich, suchte mir eine frische Tunika, löste den Knoten meines Focale, und begann meine Alltagsrüstung abzulegen.
    "Hilfst du mir mal bitte mit den Schnallen?"

    Eine köstliche Vorfreude erfüllte mich! Gebannt verfolgte ich, wie seine Zungenspitze kurz aufblitzte, wie sinnlich er sich über die Lippen leckte, als hätte er es darauf abgesehen, mir auch noch den letzten Funken Verstand zu rauben. Ich fühlte seine Wärme, atmete tief seinen Geruch, und dann endlich küssten wir uns, und küssten uns immer weiter.
    Mmmmh, herrlich.... mir war ein bisschen schwindlig, die Hand in meinem Nacken schien mir in jenem Moment zwischen taumelnden Sternen und wogendem Sand das einzige zu sein, was fest war, was mir Halt gab. Ich umschlang Massa mit beiden Armen, grub meine Finger in sein Haar hinein, küsste ihn genießerisch, neugierig, begierig ihn zu erfahren, so intensiv wie nur möglich.
    Er hatte so etwas an sich... - ich weiß nicht ob es daran lag, dass er aus Griechenland kam, und eher unbelastet war, von diesen schrecklich heuchlerischen gutrömischen Vorurteilen, oder der noch viel schlimmeren ur-iberischen Provinz-Prüderie... - etwas natürliches, leichtes, fand ich... ich fühlte mich unbefangen mit ihm.
    Leidenschaftlich zog ich ihn enger an mich, küsste ihn feurig, spielte hingebungsvoll mit der Zunge, genoss das Prickeln, das meinen Körper durchlief, das Flackern der Lust, während meine Rechte ihm über den Rücken fuhr (der leider sehr gepanzert war), über die muskulösen Oberschenkel, sich dann fest auf seinen phantastischen Hintern legte. Wenn es nach mir ginge, hätte dieser Augenblick kein Ende nehmen sollen. Ich wünschte, ich wäre der Adler, hätte starke Schwingen und könnte Massa entführen, in die Nacht hinein, ganz weit weg... uns beide entrücken aus dem festgefügten, beklemmend korrekten Legionsalltag.

    Ich sinnierte darüber, ob der Feind wohl, so wie die Kimbern und Teutonen, seine Weiber und Kinder und überhaupt den ganzen Hausrat mit auf den Kriegszug nahm. Dann könnten die beiden sowohl Zivilisten, als auch Feinde sein. Ehrlich gesagt hoffte ich es ein bisschen, denn in diesem Fall wäre die angemessene Reaktion, sie zu versklaven, und ich fand, dass mir, da ich sie gefunden hatte, die beiden dann eindeutig zustehen würden. Ich würde meiner Schwester liebend gerne so eine hübsche Exotin zum Geschenk machen!
    "Vielleicht sind die beiden auch geflohene Sklaven, und waren deshalb zu Fuß und schlechtausgerüstet unterwegs... " mutmaßte ich, wenn auch müßig. Gewissheit konnten uns wohl nur unsere Kundschafter verschaffen, die der Praefectus gerade ausschickte. Kurz ging mein Blick zu Massa, es interessierte mich... irgendwie... wie er auf die Frau reagierte. Aber seine Miene war ganz professionell, verriet nicht als Wachsamkeit.


    Nun endlich trafen auch die Dolmetscher ein, ein ziemlich bunter Haufen, den wir uns teils bereits in Alexandria, teils in Syene angeheuert hatten. Ich wandte mich an den Mann, der am Vortag beim Verhör des feindlichen Reiters erfolgreich gedolmetscht hatte. Er hatte dunkelbraune Haut, wulstige Lippen und einen lustigen, zu drei Spitzen gezwirbelten Bart, trug eine Art Rock, und um den Kopf herum eine kunstvoll verschlungene grüne Stoffbahn.
    "Frag sie wie ihre Namen sind, zu welchem Stamm sie gehören, und von woher sie kommen." befahl ich ihm.
    So für den Anfang. Das waren recht neutrale Fragen fand ich, wie scharf wir sie noch verhören würden, und ob wir sie dafür trennen würden, lag natürlich beim Kommandanten.
    Der Dolmetscher wandte sich an die beiden und sprach in unverständlichem Kauderwelsch auf sie ein. Erwartungsvoll sah ich zu.




    Sim-Off:

    Der Dolmetscher darf und soll gerne von allen gespielt werden ;)

    Einen Moment lang war es mir, als hätten meine Worte tatsächlich Eindruck auf den Jungen gemacht. Aber dann! Was Elektra und Orest in Alexandria auf der Bühne an Drama aufgeboten hatten, war nichts gegen die Verzweiflung, die da zum Vorschein kam, als ich vom zurückschicken sprach. Ich blinzelte verblüfft, und unangenehm berührt, als er mir mit einem Mal zu Füßen lag. Sowas war mir ja noch nie passiert.
    "Aber..." wandte ich ganz schwach ein, "...aber..." Zum Glück sprang er gleich wieder auf. Ja, der Harnisch war blanker als ich ihn in Erinnerung hatte... und als er weiter so inständig flehte, wurde mir ganz anders. Ich hatte ja nicht ahnen können, dass meine strengen Worte den armen Junge so tief trafen. Das tat mir jetzt richtig leid! Erstmal sprachlos blickte ich in diese weit aufgerissenen Augen... kämpfte kurz noch um meine Strenge... aber vergeblich. Einer meiner Mundwinkel ließ mich zuerst im Stich, hob sich verstohlen, dann der andere. Wer hätte auch diesem hinreißenden, zart hoffnungsvollen Lächeln wiederstehen können.
    "... ja gut. Natürlich kannst du bleiben. Aber ich nehme dich beim Wort! Und du musst Pontia eine Nachricht schreiben, dass du gut hier angekommen bist."


    Das war geklärt. Ich lehnte mich etwas zurück, auf meine ausgestreckten Arme gestützt, und überlegte, mit welchen Aufgaben ich Thabit betrauen sollte.
    "Hm... dann würde ich sagen, du kümmerst dich ab jetzt für mich um Rüstung und Pferd. Und für Botengänge werde ich dich heranziehen, dein Latein ist ja wirklich gut mittlerweile. In Ordnung? - Und du bekommt ein Ta.... - wirst natürlich entlohnt."
    Mir fiel aber auch auf, dass Thabit ja vorhin erst angekommen war und sich, wie es aussah, gleich in die Arbeit gestürzt hatte.
    "Magst du erst mal was essen eigentlich? Hier müsste noch was sein..."
    Ich suchte und fand einen halben Leib Panis militaris, von Ravdushara gebacken und ziemlich hart. Irgendwie bekam er das mit dem Brot nie hin, ich selbst hätte es besser gekonnt, aber als Tribun wäre das ja leider unter meiner Würde gewesen. Auch Käse und Oliven waren noch da, und etwas von dem Setinerwein von gestern. Ich stellte alles auf die Matte, die den Boden bedeckt, schenkte Thabit und mir ein und füllte die Becher mit Wasser auf.

    Still gingen wir nebeneinander her. Ich sinnierte über den tiefempfundenen Patriotismus, der aus Massas Äusserung sprach, und wünschte, ich selbst wäre in dieser Hinsicht auch so unerschütterlich. Aber meine Gedanken schweiften eher nebenbei in diese Richtung, vor allem gefiel es mir, hier mit ihm zusammen durch die Dunkelheit zu gehen. Es tat gut, vertrieb die Hirngespinste, die sich in meine Träume geschlichen hatten. Auch wenn ich, jenseits des freien Streifens des Intervallums, den Wall erahnen konnte, der uns von der feindlichen Aussenwelt trennte – unter dem schützenden Mantel der Nacht konnte ich mir vorstellen wir wären alleine, und an irgendeinem ganz anderen Ort.


    "Mmhm....." stimmte ich leise zu.
    Ich war dicht neben ihm stehen geblieben, und genoß die leichte Berührung. Das war aufregend... Und ganz schön romantisch dazu! Ich legte den Kopf zurück, und ließ diesen unglaublichen Nachthimmel auf mich wirken. Hier inmitten von endlosem Nichts, und dann auch noch unter dieser überwältigenden Sternenkuppel... ich kam mir SEHR klein vor. Aber zugleich fühlte ich mich.. ja, glücklich.
    "Dort ist der Stier.... und da der Auriga! Und da, die Falcata... Hm... da müsste doch auch irgendwo der Adler sein. Kannst du ihn sehen?"
    Der Vater meiner Mutter hatte mir manchmal die Sternbilder gezeigt, wenn wir bei ihnen in den Bergen zu Besuch waren. So kannte ich die prägnantesten. Aber hier war sogar der Himmel anders als in zivilisierten Gefilden.


    Meine Kapuze war mir längst vom Kopf gerutscht. Ich legte den Kopf schräg, streifte mit der Wange kurz Massas Hand. Dann wandte ich ihm das Gesicht zu, blickte ihn direkt an. Mmm... diese Lippen. Es wäre doch zu schade, wenn ich es schon wieder versäumen würde, sie zu kosten! Ja, was wenn mich morgen - ach was, in einer Stunde, oder jetzt gleich, bei einem weiteren nächtlichen Überfall – ein Pfeil traf und mir das Leben raubte. Ach hätte ich doch... würde mein Schatten dann eine Ewigkeit lang den anderen blutleeren Gespenstern im Jenseits klagen, und ihnen damit fürchterlich auf die Nerven gehen... ach hätte ich doch diese verlockenden Lippen gekostet, damals, als ich die Gelegenheit dazu hatte!
    Das Blut rauschte schneller durch meine Adern, als ich mich zu Massa beugte, und langsam... ganz langsam, aber doch zielstrebig... meine Lippen den seinen näherte.

    "Miles, wir haben hier zwei Gefangene. Ich will, dass du sie zusammen mit dem Eques bewachst." sprach ich zu Massa, wobei ich darauf achtete meinen Tonfall ganz kühl und dienstlich zu halten. "Behalte sie gut im Auge. Auch damit den Gefangenen nichts passiert."
    Ich war gelinde gesagt überrascht, was für einen gewaltigen Aufruhr die Frau erregte... konnte ich irgendwie nicht nachvollziehen. Mir fiel auf, wie intensiv sie Massa betrachtete, kaum mehr den Blick von ihm wandte. Das wiederum fand ich nicht besonders erstaunlich.


    Der Praefectus sah nicht gut aus. Und gerade als ich Meldung machen wollte, musste so ein Idiot, dem fast die Augen aus dem Kopf fielen, dazwischenquaken. Octavius machte kurzen Prozess, aber danach hatte er erst mal einen dieser in sich gekehrten Momente. Da wusste ich es besser, als ihn anzusprechen. Kopfschmerzen schien er auch zu haben... ich sollte ihm mal meinen Sklaven vorbeischicken, für eine entspannende Massage.
    Stumm und kerzengerade wartete ich bis der Kommandant – von wo auch immer – wieder zu uns zurückkehrte.
    "Praefectus Octavius, wir haben bei der Frühpatrouille diese beiden Fremden aufgegriffen. Etwa mille passus südlich von hier. Sie waren alleine, haben zuerst versucht zu fliehen, haben sich dann ergeben ohne Widerstand zu leisten. An Waffen trugen sie nur diese Dolche da." Ich wies auf die Waffengürtel, die noch immer am Sattelknauf des Pferdes des Eques hingen.
    "Gepäck hatten sie keines bei sich. Ich habe sie gleich hierhergebracht, der Rest der Patrouille kundschaftet noch die Richtung aus, in die sie fliehen wollten. Und verfolgt ihre Spuren zurück. - Praefectus, die beiden machen mir ehrlich gesagt eher den Eindruck von Zivilisten... Wobei mir natürlich bewusst ist, dass das ebensogut eine Täuschung sein könnte. Ich habe schon nach den Dolmetschern geschickt, damit wir sie befragen können."