Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Mehrere Tausend?! Ich konzentrierte mich darauf, weiter ein schneidig-sorgloses Gesicht zu machen, auch wenn mich diese Angabe doch ein wenig erschreckte... waren wir nicht losmarschiert, um ein paar Karawanenräuber zur Rechenschaft zu ziehen, und jetzt schien das alles auf einmal viel größer zu sein. Falls diese Kreatur nicht log oder maßlos übertrieb.
    "Na das ist doch schon was" bemerkte ich beifällig zum Optio – was war ich froh dass wir für solche unappetitlichen Aufgaben Spezialisten hatten.
    "In welche Richtung soll dieses Lager denn liegen, hat er das schon ausgespuckt?"
    Ich fand das, angesichts der Nähe zum Reich der Nubier, keine unwichtige Frage.
    Schade war es, dass der Wind heute Nacht so stark geweht hatte. Den Spuren der Angreifer zu folgen, das konnten wir wohl vergessen.

    In meiner Hast verschüttete ich das ganze Fläschchen, aber gleichgültig, endlich Haut an Haut, in kleinen schimmernden Perlen troff das Öl von meinen Fingern, verlieh den Konturen des heißbegehrten Körpers ein seidig mattes Glänzen, der Duft war betäubend, schwindelerregend mein Gespiele, seine Lust, von mir entfacht – Adonis, das hörte ich gerne... Hannibal hatte mich auch so genannt, nein Hannibal gehörte NICHT hierhin, herzloser Bastard, aber überwältigend als Liebhaber, nein, Raus, ich verbannte ihn, dies war mein Zelt – ja, wir schenken uns die Nacht, ja, Massa mir, ich ihm, herrlicher Massa, animalische Gier, warte, meine Finger bereiten mir den Weg, nicht grob aber bestimmt, die schmalen Hüften, ich fasse sie fest, die gestählten Schenkel, der knackige Hintern, lüsternes Keuchen aus meiner Kehle, ich nehme ihn, höher und höher lodert das Feuer, draussen heult der Wind, hitzige Augenblicke in denen die Grenzen verschwimmen, er, ich, fremd, eins, sich verlieren im Rhythmus, in den Stößen, der Hitze, der Flamme, sonst nichts, lange, heftig, leidenschaftlich, als ob es kein Morgen gäbe, und vielleicht gibt es keines für uns, und schneller, stärker, immer wilder bis zum Gipfel der Exstase, Lohe, Taumel, mich verströmen...
    ...
    Leere.
    Ich löste mich von ihm, wischte mir mit dem Handrücken die Haare aus der schweißnassen Stirn und ließ mich neben ihm auf das Lager sinken. Mein Herzschlag dröhnte mir in den Ohren, beruhigte sich dann, so wie mein Atem. Über mir an der Zeltdecke huschten blasse kleine Schattenschemen umher, dann verschwanden sie. Die Öllampe war erloschen, leergebrannt.

    Draussen war der Wind stärker geworden, er wellte die Seitenwände und wehte Sandböen gegen das Zelt. Das Rieseln, wenn sie auf das Leder trafen, klang wie ein feiner Regenschauer. Hier drinnen aber waren wir in einer anderen Welt, und all die Gedanken an das, was wir heute erlebt hatten, und an das, was uns noch bevorstehen mochte – sie verflüchtigten sich, ebenso wie die letzten Reste von Zweifel, sie wehten davon wie die Sandkörner im Wind. Wunderbar.
    "Mhm..." seufzte ich wohlig, dann trat ein begehrliches Lächeln auf meine Lippen. Ich vergrub die Hand tiefer in seinem Haar und zog Massa eng an mich heran.... legte meine Lippen an seinen Hals, seitlich, ein wenig unterhalb des Ohrs und küsste ihn dort hitzig, ließ die Lippen dann weiterwandern, übersäte seinen Hals mit noch viel mehr Küssen und neckischen kleinen Bissen, berauscht und atemlos von ihm, seiner Hitze, seiner Hingabe. Meine Tunika war ein Ärgernis, darum musste ich mich doch noch einmal von ihm lösen, ich richtete mich also auf, zog mir das Ding über den Kopf und warf es auf den Boden, mein Lendentuch flog hinterher. Nur um meine Caligae aufzuschnüren, dazu fehlte mir nun wirklich die Geduld!
    Mit einem halben, lasziven Grinsen sah ich auf Massa hinab, mich ihm präsentierend so wie die Götter mich geschaffen hatten – aber nur einen kurzen Augenblick lang, denn ich war in dieser Nacht nicht unbedingt in der Stimmung für viel Drumherum, ich war hart, ich gierte nach ihm, ich wollte ihn jetzt, mit Haut und Haar.
    "Massa pulcher, venustus meus..." flüsterte ich rauh, und beraubte auch ihn mit einem energischen Griff seines Lendentuches, drückte ihn bäuchlings in die Kissen, und kam über ihn, "was machst du nur mit mir...?"
    Mehr Öl...

    Dass wir so bald nach Rom kämen, da war ich etwas skeptischer, aber diese Frage interessierte mich im Moment wirklich nur ganz am Rande.
    Denn Massa zog gerade seine Tunika aus. Und dann räkelte er sich – mhm, das Spiel der Muskeln an diesem herrlichen Oberkörper, und wie sich, im schmeichlerischen Schein der Öllampe, wohldefiniert die Bauchmuskulatur abzeichnete... genau wie bei der Doryphoros-Statue, die ich in Nikopolis im Atrium stehen hatte! Meine Hände, ja, doch, die waren geübt.
    "Hat sich noch keiner beschwert."
    Massa war heiß! Ich grinste verschmitzt als er sich von sich aus auf meinem Lager niederließ.
    "Natürlich..." Ohne den Blick von ihm zu lösen erhob ich mich, kam auf ihn zu und setzte mich dicht neben ihn auf die weichen Felle, die Beine seitlich untergeschlagen. Meine warmgeriebenen Hände legte ich auf seinen Rücken, fuhr mit festem Druck die Wirbelsäule entlang, dann mit kreisenden Bewegungen zu den Seiten, wobei ich natürlich die verletzte Schulter aussparte, massierte ihm kraftvoll den Rücken.
    "Ist das so angenehm?"
    erkundigte ich mich nach einer Weile, nahm dann nochmal das Fläschchen zur Hand und ließ einen dünnen Faden des kühlen Öls zwischen seine Schulterblätter rinnen, verteilte es mit gefühlvollen Handstrichen zum Lendenbereich. Dort massierte ich weiter, ließ meine Hände immer tiefer wandern. Mein Atem ging schwerer, ich war total scharf auf ihn, ganz besonders nach dem Blutvergießen vorhin. Wie mein alter Kamerad Silio zu sagen pflegte, es gab einfach nichts besseres, 'um sich nach sowas wieder wie'n Mensch zu fühlen'. Auch wenn Silio unverständlicherweise Frauen bevorzugte (jedenfalls wenn er die Auswahl hatte.)
    Jetzt beugte ich mich langsam über Massa, strich ihm mit der Linken das lockige Haar aus dem Nacken... beugte mich noch näher an ihn heran, ließ meinen Atem seinen Nacken streifen, während meine Rechte forsch noch tiefer glitt und mit mit einer Massage der aufreizenden Art begann.
    "Ist das so angenehm...?"
    hauchte ich ihm ins Ohr. Er roch nach Rauch und Schweiß, Blut... Sandelholz und Eisen. Ich atmete tief ein.



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    Es war am Morgen nach dem Gefecht und ich war auf dem Weg zum Kommandanturzelt, zur Stabsbesprechung. So kalt es auch in der Nacht gewesen war, jetzt lastete schon wieder die Hitze auf diesem götterverlassenen Land. Windig war es heute, aber ein knochentrockener Wind der keinerlei Kühlung brachte. In langen Fahnen stob der Sand von den Gipfeln der Dünen, bildete Verwehungen an unseren Zelten, und draussen, auf der Ebene vor dem Lager, waren die Leichen der Barbaren und Kamele und Pferde während der Nacht zu kleinen Sandhügeln geworden.
    Die Sonne glomm als ein ockerroter, aufgeblähter Ballon hinter den Sandschleiern, und die kleinen Körnchen waren überall, kratzten zwischen den Zehen, rieselten aus den Augenbrauen, knirschten zwischen den Zähnen.
    Ich stapfte durch das erwachende Lager zum 'Feldherrenhügel' und unterdrückte ein Gähnen, rieb mir die Schläfen. Viel Schlaf hatte ich nicht bekommen, aber zuviel Wein getrunken, mein Atem war sauer davon. Das Lager stank nach Rauch. Wenn ich das Sandmeer betrachtete, entstand vor meinem inneren Auge das Wunschbild eines richtigen Meeres – die türkisblauen Fluten am Strand von Tarraco, kühl und frisch... oder der klare Bergbach in den Sierras wo meine Großeltern ihren Hof hatten, wie er lustig murmelnd über die Steine sprang... ah, oder die Agrippathermen, die riesigen Becken, bis zum Rand gefüllt mit köstlichem Wasser, welche Lust wäre es da hineinzutauchen.


    Ein Schrei riss mich aus diesen Träumereien, ein gequältes Aufheulen... Ich folgte dem Laut und traf auf Statius, unseren Optio Carceris, der gerade einen der Gefangenen verhörte. Der Barbar war an einen der Trosswägen gefesselt, einige seiner Finger waren gebrochen und er blutete leicht aus kleinen Schnitten an der Brust. Statius hielt ein blutiges Messerchen in der Hand und griff gerade zu einer Schale mit Salz. Einer der Dolmetscher, die wir aus Syene mitgebracht hatten, stand neben ihm, ausserdem ein Schreiber. Der zweite Gefangene hing reglos in seinen Fesseln und sah nicht mehr sonderlich lebendig aus.
    Scheußlich das alles, und noch dazu auf nüchternen Magen. Aber dieses Raub- und Mordgesindel verdiente eben nichts besseres.
    "Morgen Optio Statius."
    "Salve Tribunus." Er salutierte.
    "Hast du schon was aus ihm rausbekommen?" erkundigte ich mich erwartungsvoll.



    edit: Link

    Leider ist es nicht möglich sich, wie von Vala vorgeschlagen, von seinem WiSim-Konto zu trennen, wenn man Simon Briefe verschicken, Kurse belegen oder Eques sein will.


    Auch mit einem Tag Abstand finde ich die Kommentare immer noch sehr unpassend und nervig. Ja, sicher kaufen durch diese Holzhammermethode jetzt mehr Spieler mehr in der WiSim, aber ich finde es völlig verfehlt dass man, um dieses nette Gimmick am Rande zu boosten, dermassen aufdringlich diese plumpen Kommentare neben jeden Beitrag setzt.

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa
    Ein Becher Wein. Ich hielt ihn in beiden Händen, drehte ihn. Roter Wein, rot wie so ziemlich alles, was sich die letzten Tage in mein Gedächtnis eingebrannt hatte. Von meinem Gladius tropfte. In den Sandalen stand. Den Sand in roten Schlamm verwandelte. „ Auf den Sieg.“ Baccus erhielt seinen Teil. Der Wein kratze beim ersten Schluck im Hals. „ Besser überstanden als das erste Gefecht. Das war ein Alptraum. Wäre die Turma nicht aufgetaucht...“ Menas Tod war wieder allgegenwärtig. Unbewußt griff ich zur rechten Schulter. Die Stichwunde verheilte langsam. Der Versuch den Schmerz zu ignorieren, klappt nicht immer. Ich nahm einen kräftigen Schluck vom Wein.
    „Ich habe mir nicht träumen lassen, meine Probaten-Zeit in der Wüste zu verbringen. Der Umgang mit Kopis und Speer ist mir nicht fremd. In Formation mit Gladius und Scutum ist es etwas völlig anderes.“ Ich trank, der Wein verursachte eine wohlige Schwere in meinen Gliedern. Der Schmerz verflog. Das Sprechen ging wie von selbst. Seit gestern Morgen hatte ich nichts mehr gegessen. „ Serapio du sagtest du hast Kontakt nach Rom, könntest du genau dem Titus Decimus Verus mitteilen lassen, dass es seinen Neffen in die Wüste verschlagen hat. Deiner Schwester schreibe dafür unbekannter Weise einen Gruß und Dank.“ Ich straffte meinen Rücken. Die letzten Stunden machten sich bemerkbar. „ Was würde ich für ein Bad und eine Massage geben. Dazu gepflegte Unterhaltung. Aber vorerst wird es bei vereinzelten Gesprächen und einem Becher Wein bleiben, so wie es aussieht. Das Gesindel wird nicht so schnell aufgeben. Ich habe einem in die Augen gesehen, als er durch mein Gladius starb. In ihnen war keine Angst.“ Der Becher war leer. Ich sollte keinen mehr trinken. Müdigkeit kündigte sich an. Die Lider wurden schwer. Ich wäre am liebsten auf der Stelle umgefallen. Gehen? Ja Gehen. Hier saß man so angenehm. Es fiel schwer. „ Erzähl mir bitte mehr von deiner Familie.“ Zögerte ich das Gehen hinaus.


    Natürlich, Massa war bei dem Angriff auf die Probati dabeigewesen. Dem Überfall bei dem Menas gestorben war. Betroffen blickte ich zu dem Verband an seiner Schulter und murmelte irgendwas von "...unsere Späher... die haben da total versagt..."
    Noch ein Schluck Wein. Trotz allem tat es gut, sich einfach zu unterhalten, ohne jedes Wort zu überdenken, ohne ständig eine Fassade wahren zu müssen. In Parthien hatte ich meine Contubernales um mich gehabt, und in Sparsus einen guten Freund (auch wenn er manchmal, glaub ich, genervt von meinem vielen Gequatsche gewesen war), als Stabsoffizier war ich dagegen eher einsam. Ravdushara war zwar angenehme Gesellschaft, aber halt nicht wirklich ebenbürtig, zudem konnte ich, seit der Sache mit Hannibal, keinem Sklaven mehr so ganz, vollständig, hundertprozentig vertrauen.
    "Ging mir ähnlich. Ich bin direkt vor dem Parthienfeldzug sub aquila gegangen, und wir haben Teile unserer Grundausbildung in den Marschlagern unterwegs absolviert... - Mhm, in Formation ist ganz anders, nicht kunstvoll aber effektiv... - Klar, das schreib ich ihr, dass sie ihm das sagt, also wenn sich mal wieder ein Postreiter hier blicken lässt. Aber hey, schreib Verus doch auch ein paar Zeilen, der freut sich bestimmt..."


    Ich lehnte mich etwas zurück, stützte mich mit ausgestreckten Armen ab, und betrachtete mein Gegenüber unverwandt. 'Massage' hatte er gesagt, das war ein Stichwort, das mich auf der Stelle auf ganz andere Gedanken brachte. Wie es wäre, meinen Mund in dieses Lockenhaar zu wühlen. Diesen gestählten Körper auf mein Lager zu drücken, und... Verboten.VERBOTEN!
    "Noch Wein?" Ich schenkte uns nach und gab mich unerschrocken. "Ach, letzlich sind es doch auch nur Menschen, also, Barbaren, wir werden sie schon noch das Fürchten lehren. Keine Ungeheuer, schade eigentlich, ich hatte im Museion nachgelesen und da ganz putzige Bilder von diesen Acephali, sogenannten Blemmyern, gefunden. Sie wären eine große Attraktion in Rom, im Kolosseum."
    Die Familie. Ich fuhr mit meinem Finger den Rand des Bechers entlang.
    "Hm... die meisten sind Soldaten. Mein Vater - also, mein Adoptivvater, mein leiblicher Vater ist vor langer Zeit in Mauretanien gefallen, aber Livianus hat mich adoptiert, davor war er mein Onkel – er kommandiert in Germanien die Legio Secunda. Nur mein Onkel Mattiacus schlägt aus der Art und ist Advocatus. Und meine Tante Lucilla, sie ist die Schwester von Meridius, wäre auch ein guter General. Meine Schwester Seiana ist unheimlich klug, unterrichtet an der Scola und hat jetzt sogar die Leitung der Acta übernommen. Ich bin echt stolz auf sie. Warst du schon mal in Rom, Massa? Musst uns irgendwann mal besuchen, dann zeig ich dir alles..."
    Dummer Faustus, schon machst du wieder große Pläne, versuchst die Parzen. Was ist mit den Plänen, die du mit Menas zusammen geschmiedet hast? Pyramiden erforschen, auf den Pharos steigen, alles Staub und Asche...
    Ich kippte meinen Becher runter. Massa konnte morgen schon tot sein. Oder ich. Ein Pfeil und Schluß, Aus, Ende......... Verboten. Aber sowas von verboten. Das war mir scheißegal!!


    "Auf ein Bad müssen wir wohl noch länger warten. Aber eine Massage kannst du haben."
    Ich schenkte Massa ein charmantes Lächeln, wandte mich dann meinem Sklaven zu.
    "Wo ist das Massageöl?"
    "Hier Herr." Ravdushara hatte es mit einem Griff. Unter der spartanischen Oberfläche barg mein Zelt nämlich doch manche Annehmlichkeit. Ich nahm das Fläschchen entgegen, öffnete es und schnupperte. Ein herber Sandelholzduft stieg mir in die Nase.
    "Ravdushara..."
    "Ja?"
    "Geh doch bitte raus und löse den Wachtposten draussen ab. Der Mann hat tapfer gekämpft vorhin, er soll auch noch ein bisschen Schlaf bekommen."
    Mein Sklave sah nicht gerade begeistert aus. Doch er bejahte, nahm seinen Mantel und verschwand. Ein Hauch von kaltem, trockenem Wind kam durch den Eingang, ließ die Flammen der Öllampe kurz tanzen, dann schlug Ravdushara die Lederplanen wieder übereinander. Voll angespannter Erwartung, aber mit unschuldiger Miene, verrieb ich langsam einige Tropfen des Sandelholzöls zwischen den Handflächen.

    Eine ernstgemeinte Kritik an dieser Änderung:
    Mich stören diese Textschnipsel. Die WiSim ist für mich eine nette Nebensächlichkeit gegenüber dem Rollenspiel hier in diesem Forum, durch diese Änderung wird ihr auf einmal eine ganz neue Definitionsmacht über das Simon-Geschehen zugestanden. Ich mag mein Rollenspiel nicht nach Prozentwerten, bunten Balken und imaginären Sesterzen ausrichten.


    Die Balken ohne Kommentar lassen wenigstens noch Raum für Interpretation (und lassen sich leichter wegignorieren), mit Kommentar greift mir die WiSim viel zu aufdringlich ins freie Spiel ein!


    z. B. ist das doch Quatsch, dass bei Serapio "Vorzeigeimmobilie" steht, wenn er auf Feldzug in einem Zelt wohnt. Oder "wahrer Gourmet" bei einem Charakter, der vielleicht einfach ein Vielfraß ist. Oder "Kulturbanause" bei jemandem, der gerade zu knapp bei Kasse ist, um im Tempel Opfer zu bringen. Oder "in edelster Gewandung" bei einem reichen aber gemacklosen Charakter. Geld, auch imaginäres, hat doch nichts mit Geschmack zu tun (auch imaginärem).
    Diese Textschnipsel-Kommentare können überhaupt nicht der Komplexität der IDs und des Spielgeschehens gerecht werden.

    Klytaimnestras Vorwürfe nahmen kein Ende. Agamemnon habe sich vom Feldzug eine Geliebte mitgebracht, die verrückte Kassandra, und diese schamlos an die Stelle seiner rechtmäßigen Ehefrau gesetzt, so klagte Klytaimnestra und meinte, dann habe sie doch auch das Recht auf ihren Geliebten Aigisthos gehabt!
    Der Chor aber erwiderte:
    "Gerechtes sagtest du, doch schändlich ist dies Recht.
    In allem soll doch eine Frau dem Manne weichen,
    wenn sie verständig ist; die, welche nicht so denkt,
    die zählt in meinen Überlegungen rein nichts."


    Und auch Elektra ließ sich davon nicht beeindrucken, sie wich keinen Zoll von ihren Racheplänen. Heimtückisch lockte sie ihre Mutter in die Bauernkate.
    Elektra: "Bereit steht schon der Korb, gewetzt ist auch das Messer,
    das niederschlug den Stier, in dessen Näh getroffen
    du fallen wirst. Auch in des Hades Häusern wirst vereint du sein mit ihm,
    mit dem du schliefst im Licht. So große Huld
    erstatt ich dir – und du mir Buße für den Vater!"


    Ein Schrei – Klytaimnestra war tot, ermordet von ihren eigenen Kindern. Die erkannten erst nach dem Mord wirklich, welchen Frevel sie da begangen hatten, und das Heulen und Wehklagen ging weiter, bis zum Auftauchen der Dioskuren.
    Kastor und Polydeukes offenbarten Orestes, dass er nach Athen reisen müsse, zum Bildnis der Athene, und sich dort der Anklage des Areopag stellen müsse. Ausserdem verfügten sie, dass Elektra den Pylades heiraten und mit ihm Argos verlassen solle.
    Alle fügten sich, und gingen ab, Orestes floh, gehetzt von den gruseligen Keren:


    "Ihre Arme sind Schlangen, von düsterem Schwarz ihre Leiber,
    schrecklicher Schmerzen Ernte fahren sie heim."


    Und der Auszug des Chores wurde begleitet von den Schlussworten:


    "Lebt wohl und freut euch! Der Sterbliche, der
    sich zu freuen vermag und kein Unglück erleidet,
    der führt ein gesegnetes Leben."


    Schluß und Applaus. Ich atmete auf, reckte mich, und verließ zusammen mit Celeste inmitten des großen Menschenpulks das Theater. Der Kopf schwirrte mir von allem, was wir heute an diesem furiosen - und langen - Tag gesehen hatten. Letztlich hatte das Stück mich doch mitgerissen, die Tragik mich angerührt, hatten Mord und Totschlag mich auf eine wohlige Weise erschauern lassen.
    Hm... ja.... verglichen mit dem Schicksal der Atriden waren die Dinge, an denen ich zu leiden hatte, vielleicht nicht ganz so weltbewegend.


    Octavius hatte eine so beruhigende Ausstrahlung, etwas geradezu... väterliches. Das tat mir gut. Der Idee mit dem Opfer stimmte er auch zu, ich nickte, ja natürlich würde ich mich da drum kümmern... Aber wie er von "schreckhaften Feiglingen" sprach, da fühlte ich mich spontan angesprochen. Und es traf mich hart. Auch wenn Octavius es nicht direkt formuliert hatte, ich sah darin deutlich die Rüge, die Aufforderung zu mehr Kaltblütigkeit. Ich biss die Zähne zusammen, ganz fest, und in dem Moment wünschte ich mir einfach nur inständig, wieder in Rom zu sein, bei meiner Schwester, bei Aton, an einem sicheren Ort fernab von jeglichem Blutvergießen.
    "Jawohl Praefectus."
    Er verschwand im Zelt. Im Licht einer Fackel betrachtete ich die Dokumente, die er mir überreicht hatte, und erkannte, dass er damit meiner Bitte zuvorgekommen war. Dann wandte ich dem Feldherrenhügel den Rücken und ging durch die langen, teilweise arg gelichteten Reihen von Zelten, zu den Unterkünften der zweiten Kohorte. Ich gab die Befehle des Kommandanten weiter und zog mich dann hastig in mein Zelt zurück, getrieben von einem unüberwindlichen Verlangen nach einem Schluck Wein...

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa
    Mit einem Salve betrat ich das Zelt. Am Boden sitzend begrüßte mich der Decimer und lud mich ein es ihm gleich zu tun. Ich nahm auf dem Kissen Platz, ungewohnt weich aber angenehm, Gladius und Cassis legte ich neben mich. Seine ausgiebige Musterung war mir nicht entgangen. Ein feines Lächeln umspielte meine Mundwinkel. „ Entschuldige mein Aussehen, Tribun, der Sand gibt nicht genug Wasser her das zu vollbringen, was nötig wäre, um angemessen bei dir als Gast zu erscheinen.“ Das vermisste ich hier in der Wüste. Nach dem Sport auf der Anlage ein Bad, sich treiben lassen, die gefühlvollen Hände eines Masseurs. Bald wieder, so wünschte ich es mir insgeheim und wenn ich dafür ganz Alexandria auf den Kopf stellen musste.


    Ich betrachete meine Gastgeber eingehender. Seine blauen Augen waren nicht kalt, ein feiner Glanz lag in ihnen. Mein erster Eindruck, ein feinfühliger Mensch. Die Narbe gab ihm etwas Interessantes. Ungewohnt im Vergleich zu Posca und dem Praefectus. Gerade das machte es vielleicht aus. Meine Blicke wanderten durch das Zelt, es gab keine großen Unterschiede spartanisch wie das der einfachen Legionäre. Einzig das Schaflager war um einiges besser als seines. Es rief in mir die Erinnerung wach, dass sich meins unter freiem Himmel befand.


    Diese Erinnerung beiseite schiebend, ging ich in Gedanken meinen Stammbaum durch. „ Ich bin der Neffe von Titus Decimus Cursor. Bis heute ergab sich keine Gelegenheit mit ihm zu sprechen und wie ich erfahren habe steht es um ihn nicht sehr gut. Man muss abwarten. Ich selber bin aus Piraeus.“ Der Tribun stammte aus einer anderen Linie der Decimer, die nicht direkt mit meiner in Verbindung stand, wenn ich das richtig verstanden hatte. Was machte das schon. Ein Lichtblick nach dem Tode meines Freundes. „ Viel ist von meiner Familie nicht mehr übrig. Ein Onkel ist in Rom, wenn er noch lebt. Kontakte zu ihm habe ich nicht. Ich stehe hier auf eigenen Füßen wenn du so willst.“


    Ich musste grinsen, als er sich formvollendet für sein Aussehen entschuldigte. Hatte ihn wohl sehr unverholen gemustert, nun ja, das Militär verdirbt halt die feinen Umgangsformen.
    "Es gibt nichts zu exkulpieren" sprach ich mit leiser Ironie, schließlich waren wir alle schmutzig und mein Zelt kein herrschaftliches Anwesen. Ausserdem gefiel mir was ich sah.
    "So privat, nenn mich doch einfach Serapio. Draussen natürlich nicht, aber hier..." Ich zuckte die Schultern. Für mich waren das dienstliche und das private zwei verschiedene Welten, und ich fand, dass ich mich in der einen doch ruhig mal ganz normal unterhalten konnte, ohne dass in der anderen meine Autorität litt. Dass ich schon ein paar Becher getrunken hatte, das trug aber auch zu meiner Lockerheit bei.


    "Ach so, aus der griechischen Linie." Ich nickte. Massa schlug sich also mehr oder weniger alleine durch. "Meinst du Verus, mit dem Onkel in Rom? Titus Decimus Verus, den kenne ich. Er ist 'n bisschen exzentrisch, so etwas kynisch wirkt er, war auch mal eine ganze Weile lang spurlos verschwunden, ist dann aber wieder aufgetaucht... Ich schreibe mir regelmässig mit meiner Schwester, sie wohnt in Rom in der Familiencasa und hält mich so einigermassen auf dem Laufenden, hier, am Arsch der Welt... "
    Was mich daran erinnerte, dass ich ihr unbedingt mal wieder schreiben sollte. Falls überhaupt noch Postreiter bis zu uns durchkamen.


    Ravdushara stellte den zweiten Becher vor Massa ab, und ich griff zur Amphore, schenkte ihm den roten Wein ein, füllte auch meinen Becher auf, und steckte die Amphore dann wieder aufrecht in den Sand. Es war ein trockener Setinerwein.
    "Auf unseren Sieg!" Ich kippte einen Schluck in den Sand, für Bacchus, bevor ich trank. "Und, hast du das Gefecht gut überstanden?"

    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum


    Unwillkürlich folgte mein Blick dem Deuten des Praefectus. Ich sollte mich lieber hinter den Linien halten? Ja, nur zu gern! Ich biss mir auf die Zunge, es war wirklich nicht nötig rumzuerzählen, dass mir bloß mein bescheuertes Pferd durchgegangen war. (Solange ich nichts sagte, konnte man annehmen dass ich, von kühnem Tatendrang erfüllt, ganz vorneweg heroisch gegen die Barbaren gestritten hatte.)
    Die Verluste schienen den Kommandanten auch nicht kalt zu lassen.
    "Jawohl Praefectus."
    Ich betrachtete die Verlustlisten. Die Reiterei hatte einen hohen, hohen Blutzoll gezahlt, dafür dass sie uns die Barbaren vor die Klingen gelockt hatten. Ganz so war das wohl nicht gedacht gewesen, aber letztendlich hatten sie doch dafür gesorgt dass wir den Feind zu fassen bekamen. Der Praefectus schwieg lange Zeit. Ich vertiefte mich derweil in die Karte, aber sie war total ungenau, kein Wunder hier in dieser weglosen, wilden Einöde. Ich fragte mich auch, wo genau eigentlich Nubien anfing, da gabs ja keinen Grenzfluss oder Limes oder so...


    Mit einem Mal kehrte Octavius zu seiner üblichen Tatkraft zurück. Das kräftige Schulterklopfen riss auch mich aus meinem Grübeln. Ich nickte, verschluckte die Anmerkung, dass ich keineswegs vorgehabt hatte, Leichenteile mitzunehmen, und meldete mich erst zu Wort als die Melder davongestoben waren.
    "Ähm... was die erbeuteten Waffen angeht, Praefectus. Ich denke wir sollten sie Mars opfern. Zum Dank für den Sieg heute nacht. Also, sobald wir den Soldaten etwas Ruhe gegönnt haben, und die Toten bestattet. So ein Opfer halte ich überhaupt für ganz wichtig, es kämpft sich doch besser, wenn man weiß, dass Mars einem zur Seite steht. Im Zuge des Opfers sollten wir die Waffen dann unbrauchbar machen, falls nach uns nochmal irgendwelche Nomaden hier vorbeikommen.
    Ach, und es wäre auch ein feierlicher Rahmen für die Beförderungen, die du vornehmen wirst. Hm... der Optio Septimius Palaemon, aus der zweiten Zenturie, der ist mir schon in Alexandria als sehr fähig aufgefallen, ich denke er wäre für den Rang eines Optio ad spem ordinis prädestiniert. Ansonsten habe ich da keine speziellen Vorschläge, ich denke die Centurionen kennen ihre Leute selbst am besten. Aber eine Bitte habe ich: die Rekruten meiner Kohorte, die haben ja nun alle ihre Fronttaufe hinter sich..."
    Mit gefurchter Stirn, zerquält, bat ich eindringlich: "Ich will nicht, dass nochmal einer von meinen Leuten als Probatus fällt!"
    Krieg dich wieder ein, Faustus...
    Ich fuhr mir über die Brauen, rieb mir die Nasenwurzel. Letztendlich hatte ich schon blutigeres erlebt, es war nur ein Gefecht, wir hatten gewonnen, kein Grund dramatisch zu werden.

    Spannend wurde es wieder in der darauffolgenden Szene, als Klytaimnestra nahte und Orestes mit einem Mal Skrupel verspürte.


    Orestes: Wehe!
    Wie kann ich töten sie, die mich ernährte und gebar?


    Elektra: Wie deinen Vater sie und meinen mordete!


    Orestes: O Phoibos, ganz unsinnig ist was du verkündest, ...


    Elektra: Do wo beschränkt Apollon ist, wer wäre weise da?


    Orestes: ...als du mir streng verbotnen Muttermord gebotst!


    Elektra: Was mag dir schaden, wenn du deinen Vater rächst?


    Orest: Als Muttermörder klagt man dann mich an, der vordem rein.


    Elektra: Und hilfst du nicht dem Vater, wirst du gottlos sein.


    Orest: Ich weiß – doch werd ich für den Muttermord nicht büßen?


    Elektra: Und was, lässt du die Rache für den Vater fallen?
    ...
    Zeig dich nicht hasenherzig, fall in Feigheit nicht,
    nein, geh, umgarne mit der gleichen Arglist sie,
    mit der sie ihren Gatten totschlug mit Aigisth!


    Orest: Ich geh hinein. Furchtbaren Gang trete ich an,
    Furchtbares werd ich tun. Wenn's so die Götter wollen,
    so sei es! Bitter ist, nicht süß mir dieser Kampf!


    Gebannt beugte ich mich nach vorne, die Ellbogen auf den Knien abgestützt, folgte jetzt mit aller Aufmerksamkeit dem Stück. Ich wusste nie, ob ich Orest bemitleidete, weil er, egal was er tat, nur immer das falsche tun konnte, oder ob ich ihn bewunderte, weil er angesichts seines unmöglichen, unbarmherzigen Schicksals irgendwie doch Haltung bewahrte.
    Gleichzeitig erinnerte Elektra mich in diesem Dialog ein klein wenig an meine Schwester Seiana – Bona Dea, nein, nicht das rachsüchtige, gnadenlose! Aber die Entschlossenheit... und halt auch, wie sie ihren Bruder zum Handeln antrieb. Soviel zum Thema 'schändlich ist es dass die Frau das Sagen hat', ich fand dass Elektra sich da gerade selbst widersprach.


    Und noch vielschichtiger wurde das Ganze, als Klytaimnestra nun ihrer Tochter zu erklären versuchte, was für ein Scheusal Agamemnon gewesen sei. Seine Tochter Iphigenie, sein eigen Fleisch und Blut, habe er für den Feldzug gegen Troja hingeopfert:
    "Er aber köderte mein Kind, indem er ihm
    die Ehe mit Achill verhieß, und führte aus dem Hause es
    nach Aulis' Ankerplatz, wo über den Altar
    er's bog und meiner Iphigenie weißen Hals durchschnitt."

    Grausig! Auch wenn Iphigenie ja in Wirklichkeit von... Artemis glaube ich?... entrückt worden war. Ich fand dass dieses Bild – die Tochter des Feldherren auf dem Opferaltar – eine blutige, aber irgendwie auch sehr treffende Metapher dafür war, dass die Familie eines Feldherrn viel Leid ertragen musste. Dass das familiäre Glück auf dem Altar des Krieges hingeopfert wird. Sozusagen.
    Wie bei Livianus, für den Flavus, sein eigener Sohn, nur Mißachtung übrig hatte. Flavus war aber auch ein fieses Aas.
    Und langsam wurde die harte Steinstufe, auf der wir sassen, ziemlich unbequem.

    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa


    Wein. Mehr davon. Es war nach dem Gefecht und nachdem ich beim Praefectus gewesen war, jetzt saß ich in meinem Zelt, auf einer aus Palmzweigen geflochtenen Matte auf dem Boden, mein Sagum um die Schultern, und trank Wein aus meinem ganz persönlichen Vorrat. Ja, das Zelt stand noch, es war nur an einer Seite etwas angekokelt, und mein Ravdushara lebte zum Glück auch noch. Er hockte auf einer Kiste und säuberte meine Rüstung, während ich trank und vor mich hinstarrte. Ich war erschöpft und rastlos zugleich, und dachte... nein, eigentlich dachte ich gar nichts.


    Bis von draussen Stimmen zu hören waren, dann klopfte der Wachtposten gegen den Ledervorhang am Eingang und meldete:
    "Tribun? Der Probatus Appius Decimus Massa!"
    Ach. Erwartungsvoll richtete ich mich im Sitzen zu einer etwas geraderen Haltung auf und rief:
    "Ja bitte!"
    Meinem Sklaven machte ich eine auffordernde Geste mit der Hand, worauf er sich, wenn auch eher gemächlich, erhob und dem Besucher den Zelteingang aufhielt.


    "Salve" grüßte ich und musterte den Eintretenden jetzt zum ersten Mal in Ruhe, interessiert und auf der Suche nach Spuren von Familienähnlichkeit. Das Licht der Öllampe fiel auf ein kantiges Gesicht, einen stattlichen Körperbau. Hübsche Locken hatte er ausserdem. So wahnsinnig familienähnlich erschien er mir aber nicht.
    "Setz dich doch." lud ich ihn ein, wobei ich nur den Boden anzubieten hatte, beziehungsweise einen Platz auf der Sitzmatte mir gegenüber. Ravdushara machte sich nützlich und legte dem Gast ein Kissen hin, dann holte er einen zweiten Becher aus der Truhe und rieb mit dem Tunikarand daran herum. Meine Unterkunft war recht spartanisch, wie es sich gehörte, es gab, mal abgesehen von dem bequemen Schlaflager, nur das Nötigste.
    "Ist eine Überraschung, hier noch einen Decimer zu treffen. Das interessiert mich jetzt ob wir verwandt sind." So einzigartig war der Gensname ja nun nicht, und es gab auch Libertini-Linien die ihn führten. "Ich bin aus Tarraco, bin ein Enkel von Quintus Decimus Mercator. Woher kommst du?"

    Das Lager empfing uns mit Rauch und Qualm, überall waren Soldaten damit beschäftigt die Brände zu ersticken. Aber immerhin stand es noch, und das Feuer schien auch schon unter Kontrolle, oder sogar in den letzten Zügen. Ich schickte die Verwundeten ins Valetudinarium, derweil zählten einige Soldaten die abgeschlagenen Köpfe und stapelten sie neben dem Tor auf. Der Haufen sah aber nicht so imposant aus, wie ich mir das vorgestellt hatte. Die erbeuteten Waffen ließ ich gegenüber aufschichten. Vielleicht sollten wir sie bei Gelegenheit dem Mars opfern, damit er uns auch in Zukunft beistand. Wir hatten die Reiter ja wohl besiegt... also, in diesem Gefecht. Als nächstes nahm ich von den Centurionen die Verlustmeldungen entgegen. Erstmal waren das nur Zahlen... Mein Beneficiarius notierte sie auf einer Tabula.


    Nun da die Hitze des Gefechtes vorüber war, der Rausch verflogen, beschlich mich eine bleierne Schwere. Ich blickte auf die Zahlen im Wachs, kleine Zeichen, akkurat notiert, ich blickte auf die blutverschmierten Häupter, ich sah wie einige der Soldaten sich ans Leichenfleddern machten. Klar. Das alles gehörte ja dazu. War ja Krieg. Oder auch nur ein 'kleiner Feldzug', aber für mich fühlte es sich nach Krieg an. Und auch die Luft, rauchgeschwängert, in Augen und Kehle kratzend, stinkend nach verkohltem Leder, was nicht viel anders roch als verbrannte Menschen, bestätigte es bei jedem Atemzug.
    Mein Ellbogen schmerzte, der linke, und ich bemerkte erst jetzt, dass ich ihn mir arg aufgeschürft hatte. War natürlich nur ein lächerlicher Kratzer im Vergleich zu den Verletzungen, die andere davongetragen hatten, tat aber trotzdem weh. Und mein Harnisch hatte vor der Brust eine tiefe Kerbe, eines der bronzenen Gorgonenhäupter, die ihn zierten war mitten entzwei geschlagen.
    Der Anblick machte mir erst wirklich bewusst, dass ich gerade eben ohne weiteres hätte draufgehen können. Wie mein blöder Gaul (um den es mir übrigens nicht leid war). Ich fuhr mit den Fingerspitzen über die Kerbe, und mein Magen wurde flau und flattrig, meine Knie ganz weich. Ich kenn das schon, diesen Moment wenn die Gefahr vorüber ist und auf einmal alles auf mich einstürmt.
    Haltung Faustus! Was sollen die Soldaten denken?!
    Ich löste den Kinnriemen meines Helmes und atmete tief ein und aus, was mich dann sogleich loshusten ließ. Scheiß Rauch.


    Zitat

    Original von Appius Decimus Massa


    Ein Soldat sprach mich an, ich wandte mich ihm zu – es war der mit den Gefangenen – und konzentrierte mich angestrengt darauf ihm zuzuhören.
    Decimus? Interessant. Ein Massa war mir gerade nicht geläufig, aber das will bei unserer weitverzweigten Sippschaft ja nichts heißen. - Einrücken und dem Praefectus berichten, das klang doch gut. Alles was nicht 'nochmal raus in die Wüste' war, klang gut.
    "Danke Miles." Ich machte Anstalten, mich wieder zu den Centurionen zu drehen, aber dann überlegte ich es mir anders, und fügte, in meinem 'normalen' Tonfall, also nicht so zackig, nicht in meinem 'Tribunen'-Tonfall, noch schnell hinzu: "Wenn hier wieder Ruhe eingekehrt ist, schau doch mal bei mir vorbei, es würde mich interessieren inwiefern wir verwandt sind."
    Darauf erhob ich wieder die Stimme:
    "Militeees der Zweiten Kohorte! Einrücken in die Castra und dort beim Löschen helfen! Peergite!"
    Bona Dea, das klang kratzig. Ich brauchte unbedingt einen Schluck Wein. Oder mehrere. Heiß, mit Gewürzen darin. Ein weiches Lager und ein aufmerksamer Sklave wären mir jetzt auch sehr genehm. Hoffentlich war Ravdushara nichts passiert, und hoffentlich stand mein Zelt noch.


    Erst einmal stiefelte ich zum Präfekten. Ein richtiger Feldherrenhügel war das, auf dem er Position bezogen hatte. Die Luft war auch etwas besser hier. Ich salutierte vor ihm.
    "Ave Praefectus. Ich melde, meine Kohorte hat einen großen Trupp des Feindes im Nahkampf erwischt. Vor der Porta dextra, unsere Equites haben ihn zu uns gelockt. Wir haben sie, also die Wüstenreiter, mit einer Pilumsalve empfangen, dann, ähm... den Schildwall zur Reiterabwehr gebildet. Sie sind in uns rein geritten, konnten wohl auch gar nicht mehr ausweichen, so im vollen Galopp. Die waren sehr verbissen, haben bis zum letzten gekämpft. Meine Jungs haben sich gut geschlagen und unsere Equites haben den Feind von hinten in die Zange genommen, so haben wir fast alle niedergemacht. Bei den paar, die uns entkommen sind, habe ich von einer Verfolgung abgesehen." Das klang alles so trocken, es schien mir wenig zu tun zu haben mit dem was ich eben erlebt hatte. Meine Kehle war auch trocken. Ich räusperte mich.
    "Ich schätze, wir haben so an die zweihundert von denen getötet. Habe die Köpfe mitgenommen, zum Zählen und zur Abschreckung. Unsere eigenen Verluste sind hier verzeichnet..." Ich reichte ihm die akkurat beschriebene Wachstafel. "Die Equites hat es wohl schlimmer erwischt. Darf ich fragen, ob es von denen schon eine Verlustmeldung gibt?"
    Von hier oben sah die Wüste noch weiter, endloser aus. Die Dünen waren ein Meer dunkler Schemen, in dem alles mögliche Ungute auf uns warten konnte.

    "O alte Ebene unseres Landes, Strom des Inachos,
    von wo mit tausend Schiffen einst, die Wut des Kriegs entfesselnd,
    ins Land der Troer Agamemnon fuhr, der Fürst.
    Er erschlug dort ihn, der auf Ilions Boden herrschte,
    Priamos, nahm ein des Dardanos berühmte Stadt,
    kehrte dann nach Argos hier zurück und an hohe Tempel hängte er Barbarenbeutestücke in riesengroßer Zahl.
    Dort in der Ferne war ihm Glück, doch in seinem Haus
    stirbt er durch seiner Gattin Klytaimnestras Tücke..."


    So begann das ehrwürdige Stück. Elektra hauste, vermählt mit dem simplen aber hochanständigen mykenischen Bauern, in einer ärmlichen Hütte, während ihre ruchlose Mutter Klytaimnestra gemeinsam mit ihrem schurkischen Liebhaber Aigisthos die Polis regierte. Das Stück begann vielversprechend, der Schauspieler der die Elektra darstellte hatte viel Ausdruck, und die erste Monodie, die Klage der Elektra, war fesselnd vorgetragen, voll berückender Traurigkeit, unter der manchmal kurz aber bedrohlich ein schwelender Zorn aufblitzte:
    "Sporn an, es ist Zeit, deines Fußes Schritt,
    schreit aus, schreit aus und schrei deine Klage,
    o weh mir, weh!
    Gezeugt hat mich Agamemnon
    und geboren hat mich Klytaimnestra,
    Tyndareos' Tochter, die mir verhasst,
    und es nennen die Bürger
    mich 'die arme Elektra'.
    Weh, weh, entsetzlich die Leiden
    und furchtbar mein Leben!
    Vater, im Hades
    liegst du, geschlachtet von deiner Gattin
    und von Aigisthos, du, Agamemnon!
    Auf, ruf wach den tränenreichen Klagegesang,
    stimm an das tränenreiche Vergnügen!"


    Herzzreißend und grimmig flehte die verbannte Königstochter zu Zeus, um die Rückkehr ihres Bruders Orest, der sie erlösen und den Mord an ihrem Vater rächen sollte. Doch als Orestes mit seinem Gefährten Pylades erschien, erkannte sie ihn nicht. Ich fand den Orestes etwas blass besetzt, im Gegensatz zur Elektra, und der Pylades hat ja sowieso leider nur eine danebenstehende Rolle in dem Drama. Ab da war das Stück dann auch eher langatmig inszeniert, man könnte auch sagen arg 'traditionell', da hatte ich in Rom wirklich schon innovativere Aufführungen gesehen.
    Es zog sich ganz schön, bis Orestes Identität offenbar wurde und die Geschwister sich in die Arme fielen, es zog sich, bis Orestes endlich den Aigisthos erschlug.
    Schmunzeln musste ich bei der Schmährede, die Elektra danach auf den toten Tyrannen hielt, und zwar an der Stelle:
    "Und überall in Argos sagte man von dir:
    'der Gattin Mann' und nicht 'des Mannes Weib'.
    Und schändlich ist dies doch, dass in dem Haus die Frau
    das Sagen hat und nicht der Mann!"


    Was meine reizende Begleitung wohl dazu dachte? Ich grinste ihr zu und dachte so bei mir, dass es doch einfachsten war, wenn man sich gar nicht erst eine Frau ins Haus holte. Naja gut, bei den weiblichen Verwandten hatte man natürlich keine Wahl.

    Stellte der sich doch einfach stur. Frechheit!
    "Ich erwarte eine korrekte Meldung, Centurio!" sagte ich brüsk. "Anscheinend muss ich dein Gedächtnis auffrischen: du, Centurio hast dich mit Rang und Gentilnomen zu melden, angebracht ist ausserdem ein 'Salve, melde mich wie befohlen', und deinen Vorgesetzten hast du dabei mit Rang und Gentilnomen anzusprechen. Hast du das verstanden?! - Die Grundlagen der Disziplin bereits in solch kleinen Dingen schleifen zu lassen, das wirft nicht gerade das beste Licht auf deinen Diensteifer!"
    Mit einer auffordernden Handbewegung gebot ich:
    "Also Centurio, das ganze nochmal von vorne. Diesmal korrekt."

    Altersgenossen überragt - Der hatte Nerven. Ich lachte kurz und humorlos auf. Aber dass mein Pfeil ihn sauber getroffen hatte, das war deutlich zu sehen. Ausflüchte, Ausflüchte... ich fasste ihn lauernd ins Auge. Und dann traf der Mistkerl mit einem Mal einen wunden Punkt. Der Kaiser... ja, wir hatten den Kaiser nicht schützen können.
    "Was erdreistest du dich" fuhr ich auf, "den vergöttlichten Iulianus in einem Atemzug mit deinen schmutzigen Machenschaften zu nennen!!? Ich geb dir gleich mißglückt, nennst Du die Eroberung von Edessa und ganz Osroëne, halb Mesopotamien und Circesium etwa mißglückt?! Ihr dreckigen Schakale seid doch alle gleich, heimtückisch und bösartig!"
    (Nicht dass wir die Gebiete gehalten hätten, aber erobert hatten wir sie.) Wutentbrannt sprang ich auf und bedeutete einem der Stiernacken, sich den Gefangenen mal vorzunehmen.
    "Verpass ihm ein paar, Miles!"
    Der Soldat trat näher, ungerührt, und begann den Gefangenen brutal zu ohrfeigen. Von rechts, dann mit dem Handrücken von links, und wieder von rechts.
    "Wer hat dich beauftragt?!" herrschte ich den Perser zugleich zornig an, "Auf wessen Befehl hin hast du den Mord veranlasst?! Waren es diese lächerlichen Aufständischen? War es jemand aus dem Haushalt der Iunia? Oder ging es von Dir selbst aus, Bagaeos, hm?! - SPRICH! Spuck endlich die Wahrheit aus!!"
    Und was wenn er ein parthischer Agent war, hier um Unruhe zu säen... Würde mich nicht wundern.