Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Das schmeichelte mir noch mehr, und natürlich stimmte ich zu. Ich, Patron des Neffen des großen Artorius Avitus, nicht schlecht oder? Um das Patronat zu besiegeln holte ich dann noch eine richtige gute Amphore Massiker aus dem Keller. Wir sassen zusammen, tranken und unterhielten uns noch eine Weile, da im Garten. Menas war wirklich angenehme Gesellschaft und es war ein schöner Abend. Einer der letzten vor unserem Aufbruch.


    Wir hatten ja keine Ahnung, dass die ganzen Pläne nur in den Wind geschrieben waren... Weil der Feldzug Menas das Leben kosten würde.

    Wie konnte ein Soldat nur so fett sein, dachte ich gehässig. Bei der Prima hätte es sowas nicht gegeben! Ich musterte den Centurio unheilvoll, und kniff die Augen noch etwas schmäler zusammen bei seiner höchst nachlässigen Meldung.
    "Sieh an, Centurio Trebellius" sprach ich in süffisantem Tonfall, "Du scheinst vergessen zu haben wie man einen Vorgesetzten grüßt...?"
    Ich bedachte Celeste mit einem kurzen Seitblick und einem lässigen Lächeln – jetzt sollte sie mal sehen wie ich den Ochsenfrosch fertig machte!

    Was für ein bestialischer Gestank!! Der schleimige, faulige Inhalt des Eis tropfte langsam an meinem Harnisch herab. Empört schnappte ich nach Luft. Gerade war ich ja noch großmütig gestimmt gewesen, aber dieser infame Angriff auf meine Würde, der machte mich stinksauer! Ich wischte den ekligen Glibber notdürftig mit meinem Sagum ab und starrte finsteren Blickes hinüber zu den johlenden Aufständischen.
    Aber dem Gesindel verging das Lachen sehr bald, als nämlich meine braven Soldaten die Strassensperre überwanden und das große Prügeln begann. Der alexandrinische Mob machte seinem Ruf alle Ehre, geifernd und schlägernd stürzten sie sich auf uns, und der ein oder andere von uns wurde übel erwischt, vor allem durch die Steine, doch als meine Jungs weiter diszipliniert vorrückten, begann der wilde Haufen zu wanken. Das Gesindel wich der direkten Konfrontation aus, und bewarf uns nur noch mit allem möglichen Zeug, und nachdem wir die schlimmsten Schläger von der Strasse geknüppelt hatten, kippte mit einem Mal die Stimmung und die große Masse ergriff, von einem Moment auf den anderen, die Flucht. Zurück blieb eine verwüstete Strasse, übersät mit zerschlagenen Ziegeln, Holzsplittern, Trümmern und Müll.


    Collatinus hatte schon recht gehabt, es wurde hier nicht so heiß gegessen wie gekocht. Trotzdem konnte der Aufruhr in diesem dreckigen, gärenden Sumpf Rhakotis jeden Moment wieder hochkochen, und ich war ganz froh, als endlich die Verstärkung eintraf. Wir postierten dann starke Abteilungen an den großen Strassen und verdoppelten die Patrouillen, was sich auch auszahlte, denn es kam an diesem Tag noch mehrmals zu kleineren Zusammenstößen.
    Ja, so machte ich also zum ersten Mal Bekanntschaft mit der berühmten alexandrinischen Neigung zu Chaos und Gewalt (mein schönes Sagum übrigens, das hatten sie mir vollkommen ruiniert), und ich muss sagen, es machte mir diesen Menschenschlag nicht unbedingt sympathischer.

    In dem Maße wie wir deutlich die Oberhand gewannen wuchs meine Kampfeslust. Unerträglich, nur hier hinten zu stehen und den anderen beim Kämpfen zuzusehen! Die Wucht, mit der der Schildwall sich voranschob, alles zermalmend was ihm noch im Weg stand war... erhaben! Eine Reihe von Schnittern, die durch ein Kornfeld schritten, die goldenen Halme mit den Sensen niedermähend...
    Aufgeputscht von der Wildheit des Gefechtes, berauscht von der soeben überlebten Gefahr, triumphierend im Bewusstsein unserer überlegenen römischen Macht, verspürte ich in jenem Augenblick stark und urtümlich einen Drang, der mir sonst eher fremd war – ich wollte Blut vergießen, diese Barbaren eigenhändig in den Tartaros schicken, ich wollte Hektors Leiche an meinen Streitwagen binden und dreimal um die Mauen schleifen.
    Da... ein niedergestreckter Feind, der arg zertrampelt aber noch nicht ganz tot war. Seine Hand krampfte sich zusammen, er stöhnte leise.
    "Scheiß Parther..." murmelte ich und stach ihn mit dem Gladius ab, voll Genugtuung. Als ich aufblickte, sah der Cornicen mich so seltsam an. Was hatte der denn?! Wohl noch nie im Gefecht gewesen, alles Frischlinge hier...


    Allerdings brachte mich das auf den Gedanken, dass es doch nett wäre, Gefangene zum ausquetschen zu haben. Und so befahl ich dem nächstbesten Soldaten* der zweiten Centurie, der mir unter die Augen kam, folgendes:
    "Miles, veni! Nimm dir zwei Kameraden, dann seht zu dass ihr unter den Besiegten ein paar Gefangene macht. Möglichst welche die so ausschauen als könnten sie die Nacht überleben. Wenn ihr einen findet, der irgendwie höherrangig aussieht, um so besser. Bringt die Gefangenen dann in die Castra und übergebt sie der Wache des Praefectus Legionis. Age."


    Immer mehr Nomaden machten sich aus dem Staub, unsere Equites konnten sie nicht alle abfangen. Es ging mir gehörig gegen den Strich diese Bastarde entkommen zu sehen, ich wünschte wir könnten sie restlos auslöschen. Und weiter hinten war noch mehr von dem Pack, man sah es an den Brandpfeilen, die noch immer von dort ausgingen.
    Aber auch in meiner Kampfeslust war mir doch bewusst, war mir durch Parthien einfach ganz tief eingebläut, dass es keine gute Idee war mit einer Kohorte Infanterie blind in die Wüste hinein auf die Jagd nach berittenen Bogenschützen zu gehen. Zu dumm dass wir keine peregrine Ala dabeihatten.
    Bevor wir uns zu weit vom Lager entfernten, tönte ich:
    "Militeees cooonsistite! Nicht nachsetzen! Wir kehren zur Porta principalis dextra zurück, langsam und in Formation. - Die ersten beiden Reihen weiterhin allesamt kampfbereit, ihr gebt uns Deckung mit den Scuta! Die hinteren helfen, wenn nötig, den Verwundeten zurück zum Lager. Und..."
    Es fühlte sich beschissen an das zu sagen.
    "Und tragen unsere gefallenen Kameraden."
    Ich wollte nicht dass die Schakale und Hyänen sie in der Nacht anfrassen. Das hatten unsere Kameraden nicht verdient. Ich musste schlucken. Wieviele wir wohl verloren hatten...? Der Gedanke an die Toten, sobald ich ihn zuließ, war grauenvoll. Aber ich ließ ihn nicht zu. Nicht jetzt.
    "Was die Kadaver unserer Feinde angeht: nehmt ihre Waffen mit und schlagt ihnen die häßlichen Köpfe vom Körper! Schließlich hat man uns kopflose Reiter versprochen, und da wir keine gefunden haben, machen wir uns eben selbst welche!"
    Ich lachte dabei, es klang verzerrt in meinen Ohren.
    "Wir stapeln die Barbarenköpfe dann an der Porta principalis dextra. - Militees agite!!"




    Sim-Off:

    *Wer möchte? ;)

    Schmerzhaft wurde mir bewusst: ich war nicht mehr bei der Prima. Während die Männer zu meiner Linken einen ganz passablen zweireihigen Schildwall zur Reiterabwehr aufbauten und die verbliebenen Pila durch die Lücken dem nahenden Feind entgegenstemmten, ging es zu meiner rechten eher chaotisch zu. Verdammt.
    "Reiterabwehr!" brüllte ich erneut, aus Leibeskräften, schrie gegen den Donnerhall der Hufe an:
    "CONTRA! EQUITES!! FORMATE!!!"
    Aber gegen diese heranrasende Lawine von Lärm kam ich einfach nicht an, und konnte nur hilflos mitansehen wie die Wüstenreiter mit ungeheuerer Wucht in unsere Reihen brachen, Soldaten niederritten, einige Lücken in unsere Formation rissen und der Kampf an mehreren Stellen zu Einzelgefechten entartete. Per omnes deos... das durfte nicht sein, das würde unnötige Verluste geben. Wir waren doch keine Gladiatoren, Basis unserer Stärke war die Formation.
    Was würde Artorius Avitus tun?!! – diese Frage schoß mir durch den Kopf, aber zugleich wusste ich, dass dem Artorius Avitus so etwas niemals passiert wäre, weil er nämlich, im Gegensatz zu mir, seine Truppen perfekt gedrillt hätte.


    Schreie gellten durch die Nacht, menschliche, tierische, Waffengeklirr, die Schlacht war in all ihrer Grausamkeit entbrannt... als wäre sie, die Schlacht selbst, ein rasendes Raubtier, in der Nacht über uns gekommen, unter ihrer Herrschaft zu wüten, zu erstechen, zu zertrümmern! Bis hin zu mir wogte das Töten, einer der Barbarenreiter brach eine Bresche durch die Soldaten, ließ seinen Stoßspeer gegen mich vorschnellen. Meine Leibwächter waren schneller, erstachen sein Reittier und machten ihn nieder. Er starb schnell, sein Kamel langsam, zuckend und um sich tretend. Fatalerweise trafen die wirbelnden Hufe meinen Noctifer, dieses verrückte Vieh, das, schon die ganze Zeit am Rande der Panik, jetzt endgültig durchdrehte. Mit schrillem Wiehern bäumte er sich auf, Schaum flog ihm von den Nüstern, und wilde Bocksprünge vollführend raste er blindlings drauflos. Ich konnte mich nur noch an das Sattelhorn klammern, dann prallten wir auch schon gegen einen der feindlichen Reiter. Meine Welt schrumpfte auf Armlänge zusammen - ein verhülltes Gesicht, eine blattförmige Klinge, ich riss den Oberkörper zurück und die feindliche Klinge schabte schrill über meinen Brustharnisch, ich stieß mit meinem Gladius zu und traf einen weichen Widerstand aber mehr bekam ich davon nicht mit, denn im selben Augenblick brach mein Pferd einfach unter mir zusammen. Ein Schwall von Blut pumpte aus Noctifers aufgeschlitzter Kehle, warm, dampfend. Ich versuchte noch, mich seitlich aus dem Sattel zu schwingen, fiel und kam auf meinem linken Ellbogen in blutgetränktem Sand auf, rollte mich ab. Wer mein Pferd abgestochen hatte – ich wusste es nicht, derjenige war schon wieder fort, aufgesogen von dem Schlachtgeschehen das in wilder Raserei tobte, sich jeden Augenblick wandelnd.
    Über mir zogen Feuerpfeile ihre Bahn, wie rote Sternschnuppen.
    Neben mir krepierte, seine Darmschlingen mit den Händen umklammernd, Calventius Strabo, der Tesserarius der ersten Centurie.
    Ich griff mir sein Scutum, orientierte mich erst mal wieder wo vorne und wo hinten war, um mich dann erneut auf die einem Tribun gebührende Position zurückzuziehen. Also hinter die Kämpfenden.


    Dort, neben den Feldzeichen der Kohorte, atmete ich tief durch.
    "Militeees, zurück in die Reihen! Convenite! Aciem dirigite! Formation wiederherstellen!" brüllte ich dann, und ein Cornicen bließ auf seinem Horn die entsprechenden Signale.
    "Militees! In Formation vorwärts! Schild an Schild! Vorrücken! Macht die feigen Hunde nieder!"



    edit: Cornicen, nicht Signifer

    Unserer Reiter schwenkten herum, und aus der Staubwolke, die sie mit sich gebracht hatten, tauchten lemurenhaft die Wüstenreiter auf! Direkt auf uns zu, immer näher...
    Jetzt...
    Jetzt!
    "MITTITE!" brüllte ich, den Arm nach vorne reißend, und endlich war es soweit, die unerträgliche Anspannung entlud sich, eine Salve von Pila erhob sich aus unseren Reihen und schoß den Wüstenreitern entgegen. Auch wenn es, angesichts der Dunkelheit, der Hektik und der dicken Staubwolke wohl kaum möglich war mit den unhandlichen Pila irgendetwas einigermassen präzise anzuvisieren – darum ging es glücklicherweise nicht, wichtig war es, die entsetzliche Wucht der auf uns zu rasenden Reiterfront zu brechen... oder jedenfalls ein wenig zu vermindern.
    Ich hatte Staub eingeatmet, hustete, erwog für den Bruchteil eines Augenblickes eine zweite Salve zu befehlen, aber dafür blieb keine Zeit, die Reiter waren schon zu nahe, viel zu nahe.
    "GLADIOS STRINGITE! REITERABWEHR!!"

    Mittlerweile war klar – es lief nicht wie erhofft. Der Feind ließ auf sich warten, und was ich für Hufschlag gehalten hatte war längst wieder verklungen. Dafür meinte ich nun aus Richtung der Castra das Klirren von Waffen zu vernehmen. Verdammt... womöglich war der Ausfall nicht gut gelaufen, womöglich griffen die Barbaren da drüben das Lager an, während wir unnütz hier herumstanden.
    Aber wir waren nun mal hierherbefohlen, und obgleich ich den Impuls verspürte, vorzurücken um dem Feind endlich entgegenzutreten – das war natürlich völlig undenkbar. Formation, Disziplin, Gehorsam, darauf kam es an. Der Präfekt auf seinem Hügel, der hatte (hoffentlich) den Überblick, hier draussen tappte man im wahrsten Sinn des Wortes im Dunkeln.
    "Pila dorsum. Position halten. Geduld." gab ich aus, schickte wieder einen Melder los, um den Kommandanten über die Situation hier auf dem Laufenden zu halten.
    Ich glaube, in Wirklichkeit dauerte das Warten gar nicht so besonders lange, aber hier schienen sich die Momente zu einer halben Ewigkeit zu dehnen. Die Soldaten wurden zunehmend unruhig, irgendwo erhob sich Getuschel, dann unterband der fette Trebellier es barsch. Mein Noctifer scharrte mit dem Vorderhuf, ich spürte das Muskelspiel unter dem glänzendglatten Fell.


    Dann, endlich, das Geräusch von Hufen. Diesmal wirklich. Reiter näherten sich uns von Süden, preschten heran, von der nächtlichen Dunkelheit verborgen. Der Plan schien, wenn auch verzögert, doch noch funktioniert zu haben, und wir würden diese feigen Mordbrenner jetzt mit einer ordentlichen Pilumsalve begrüßen. Auf ein neues:
    "Milites! Tollite pila!"
    Wenn so ein Haufen Reiter auf einen zustürmt, das gibt einen gewaltigen Lärm, und man spürt es auch durch die Fußsohlen, wie der Boden erbebt. Mein Magen schnürte sich zusammen, und mich durchzuckte die Erinnerung, wie ein Blitz in der Nacht warf sie schlagartig ihren Schein: Lucullus, als die Panzerreiter auf uns zukommen, wie er sich noch mal zu mir umwendet, sein Winken.
    Faustus! Wir sehen uns dann auf der anderen Seite!
    Und wie die stählerne Woge über uns zusammenschlägt.
    ...
    Ich blinzelte, schluckte, grub mir die Fingernägel schmerzhaft fest in den Handballen, um mich ins Hier und Jetzt zurückzurufen. Es war extrem gefährlich wenn ich mich ablenken ließ, und gefährlich nicht nur für mich.
    Das Hufgetrappel wurde noch lauter, und jetzt zeichnete sich schemenhaft etwas ab, Bewegung, die Umrisse eines Reiterhaufens. Die Einzelheiten waren noch immer von der Nacht verborgen, aber nur noch einen kleinen Augenblick, dann würden sie in Pilumreichweite sein...
    Jetzt. Jetzt würden sie unsere Speere schmecken. Ich holte tief Luft für den Kommandoruf, straffte mich und hob den Arm, fühlte mich in den Moment als wahrhaftiger Feldherr. Ach, wenn doch Manius mich jetzt sehen könnte!
    "Mi... -" Doch was war das?! Da wurde ein römisches Signalhorn geblasen. In den Reihen der Reiter! Das energische Kommando zur Pilumsalve erstarb auf meinen Lippen. "Halt. Halt!" widerrief ich hastig. Das waren ja unsere Leute! "Bei Junos Titten. Die gehören zu uns."


    Das war knapp. Das wäre um ein Haar ins Auge gegangen. Scheiße, warum pirschten wir hier auch im Stockdunklen in der Wüste herum. Anständige Leute führten tagsüber Krieg, wenn man Freund und Feind ordentlich unterscheiden konnte.
    Ein Tropfen kalter Schweiß rann mir über den Nacken und versickerte in meinem Subarmalium. Oder war das Signal womöglich doch nur eine List des Feindes gewesen?? Gebannt beobachtete ich das Näherkommen der Reiter. Ja, doch, Pferde, Helmkämme, Militärmäntel, es waren unsere Leute.
    "Equites, wo habt ihr den Feind gelassen?" rief ich den vordersten Reitern zu.

    Die kurze Umfrage hat ergeben: keine Einwände. Dein Charakter kann also gerne der Gens Decima angehören.
    Im Spiel werden die Decimer aber ganz sicher auch Vorbehalte gegenüber den Christen und Deiner Figur haben, vielleicht die Verwandschaft leugnen usw.
    Tja, Verwandte kann man sich halt nicht aussuchen... :D

    Hallo Paulus,


    ich fände das ganz interessant einen Christen in der Gens zu haben, so als "schwarzes Schaf" der Familie. ;)
    Ich frage mal noch die anderen Decimer-Spieler und gebe Dir dann Bescheid.


    Gruß, Serapio

    So unauffällig wie möglich – das hieß ohne Hornsignale, ohne gebrüllte Kommandorufe. Ich gab den Befehl des Präfekten an die Centurionen weiter, und die an ihre Einheiten. Ein Calo brachte meinen Noctifer, ich schwang mich in den Sattel und los ging es, die Via Principalis entlang...
    Feuerpfeile kamen geflogen, ich sah ein Zelt der Fabrica in Flammen aufgehen, die Hitze hatte das Leder ausgetrocknet, es brannte lichterloh, die Flammen griffen bereits auf das Nebenzelt über. Blutrot war der Widerschein auf den Harnischen der Soldaten, und kurz entriss das Licht auch die Gesichter der Männer neben mir dem Dunkeln – angespannte Mienen und kampfeslustige, in den Augen eines jungen Rekruten stand die blanke Angst. Andere versuchten sich Mut zu machen, wechselten großspurige Worte.
    Ich ritt an dem Brand vorbei, spürte den Gluthauch, hoffte dass die Kameraden im Lager das schnell in den Griff kriegen würden! Mein Pferd tänzelte unruhig, und zum widerholten Mal dachte ich, dass ich mir doch lieber einen stoischen Wallach hätte anschaffen sollen, aber es hatte ja unbedingt auch so ein schicker schwarzer Hengst sein müssen.


    An der Porta principalis dextra gab ich den Befehl an die Soldaten auf dem Wall aus, die Fackeln und Brandpfeile da oben zu löschen – damit der Feind uns, wenn wir vor dem Lager Stellung bezogen, nicht sofort wie im Rampenlicht würde erblicken können. Darauf rückten wir aus – unauffällig (für eine römische Kohorte), das lauteste Geräusch war das Scheppern der Rüstungen. Die schützenden Wälle zu verlassen, es war wie der Übertritt in eine andere Welt. Die Castra, egal in welcher Wildnis sie auch stehen mag, ist doch immer ein Stück Rom... hier draussen lag das fremde, feindselige Barbarenland, endlose Wüste und ein grausamer Feind, der, für den Augenblick, wie vom Erdboden verschluckt war.
    Mit Gesten und leisen Befehlen, die ebenso leise weitergegeben wurden, hieß ich die Reihen der Kohorte sich dicht vor dem Lager nach Süden ausrichten, denn aus dieser Richtung erwarteten wir den Feind – bis auf die zwei letzten Centurien, die nach Norden sichern sollten, für den Fall dass der Feind es sich erdreistete andere Pläne zu haben als wir.
    So warteten wir. Ziemlich still war es jetzt. Noch kein Feind in Sicht... die Wüste schien den Atem anzuhalten. Es war nicht schwer zu glauben, das es wirklich Bestien aus uralten Sagen waren, die da draussen in den Dünen lauerten. (Die Angreifer vor fünf Tagen waren zwar Menschen gewesen, aber deren Angriff war dermassen dilettantisch gewesen dass ich fest davon überzeugt war, dass diese Verrückten, die wahrscheinlich zu viel Khat gekaut hatten, nichts mit den gefürchteten Wüstenreitern zu tun haben konnten.)
    Unwillkürlich griff ich nach dem Ancilium-Amulett auf meiner Brust, das mich schon in Parthien geschützt hatte, umfasste es kurz, tastete auch nach dem Fortuna-Amulett, und nach dem Serapis-Amulett, dann lockerte ich das Gladius in der Schwertscheide... (auch wenn es unwahrscheinlich war, dass ich es würde ziehen müssen, schließlich hatte ich mehrere Reihen von Legionären vor mir)... und zog den Kinnriemen meines Helmes nach...
    Warten.


    Dann dumpfer, irgendwie weicher, Hufschlag. Mir stellten sich förmlich die Nackenhaare auf. Das Geräusch näherte sich, noch war im Dunkeln nichts zu erkennen.
    "Milites... tollite pila!" gab ich gedämpft den Befehl sich zum Pilumwurf fertigzumachen, und wieder wurden die Worte weitergetragen. Hoffentlich verlor keiner die Nerven und warf sein Pilum zu früh. Den Befehl "mittite" würde ich erst dann geben, wenn der Feind nahe genug war.
    "Ruhig Blut. Lasst sie rankommen."

    Mit einem Messer zwischen den Zähnen robbte ich durch die nächtliche Wüste, direkt auf das Lager des Feindes zu. Ich hörte ihr Heulen, ihr guturales Gebrüll, schemenhaft zeichneten sich die mißgestalten, kopflosen Körper der Unholde gegen das lodernde Feuer ab, um das sie herumtanzten, tollten, mit wilden Bocksprüngen über die Flammen schnellten. Andere drehten lange Eisenspieße über der Glut, an denen die Leiber meiner gefallenen Gefährten staken, geröstet, den Bestien zum Frasse.
    Ein Berg abgeschlagener Köpfe gab mir Deckung. Ich kauerte am Boden. Als einer der Toten am Spieß mit einem Mal die Augen aufschlug.
    "Faustus! Faustus!" Lucullus Gesicht war schwarz verkohlt. "Wir sehen uns auf der anderen Seite..."
    "Pssst!" flüsterte ich. Er würde mich noch verraten!
    Dann Menas. Der Spieß stak ihm quer durch den Hals und seine toten Augen folgten mir, eine entsetzliche Anklage, ein unendlicher Abgrund von Vorwurf lag in ihnen. Das Kinn war ihm herabgesackt, undeutlich nur formte er die Worte.
    "Dulce et decorum est pro patria mori..."
    Ascheflocken lösten sich von seinen Lippen, bei jedem Wort.
    Schnell weg hier! Ich stürzte mich in den Kampf. Zog mein Gladius, und Sterne sprühten wie Funken über den Himmel als ich es gegen die kopflosen Bestien schwang. Ich war Achilles, ich war Alexander, der Sieg war mit mir. Brüllend stürmten sie gegen mich an, die Ausgeburten des Tartaros, doch ich stieß ihnen meine Klinge genau ins Herz, wieder und wieder, bis ich auf einem Berg von Leichnamen stand. Einem hohen Berg, ich hatte eine weite Sicht über das Land, als die Sonne aufging. - Die Sonne... ihre Strahlen fielen wie ein goldener Fächer durch die Säulen der Basilica, in der ich vor dem Imperator stand. Iulianus. Irgendetwas stimmte hier nicht... das Gefühl war nur eine vage Ahnung, aber es beunruhigte mich.
    "Tribun Decimus! Volk und Senat von Rom danken Dir. Nimm diese Auszeichnung für Deinen glorreichen Sieg." So sprach der Kaiser, und überreichte mir auf einem purpurroten Kissen... das Horn eines Cornicen. Das Metall war fleckig und verbeult.
    "Zuviel der Ehre mein Kaiser!"
    Ich nahm das Instrument und setzte es an die Lippen. Zufrieden bemerkte Iulianus:
    "Dann ist Magazin IV jetzt auch komplett leer."
    Doch noch bevor ich dem Horn einen Ton entlocken konnte, erfüllte mit einem Mal ein lautes, böses Zischen die Luft. Zu Tode erschrocken fuhr ich herum...


    ~ ~ ~


    ...und schreckte im Bett hoch, blickte noch halb traumumfangen auf das Innere meines Zeltes, das mich, im Dämmerschein eines einzelnen Öllämpchens, traulich umgab. Dicke Felle hielten die nächtliche Kälte von mir fern, und Wärme ging auch von Ravdushara aus, der dicht neben mir schlief – nein, jetzt regte er sich, mein jähes Aufsetzen hatte auch ihn geweckt.
    "Was ist?" fragte er verschlafen, hob den Kopf aus den Kissen. Die Haare hingen ihm zerzaust ins Gesicht.
    "Nur ein...-" Traum. Ich hielt inne. Denn da war es wieder. Das Zischen, das mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Pfeile. Ganz in der Nähe, dann ein dumpfer Einschlag. Und Rufe, Alarmsignale.
    "...Angriff."
    Einen Wimpernschlag lang saß ich bloß da, auf meinem Schlaflager, und mein Kopf war wie leergefegt, kein Gedanke, gähnende Leere...
    Ruhig Blut Soldat. Alles schon mal durchgemacht. Ruhig Blut.
    Dann sprang ich auf, legte hastigst Kleidung und Rüstung an. Ravdushara schloß die Riemen mit zitternden Fingern. Den Waffengurt festgeschnallt, den Helm auf den Kopf gestülpt, das Scutum gepackt – ich ließ meinen verängstigten Sklaven im Zelt zurück und eilte nach draussen, um, in all dem Durcheinander meine Kohorte antreten zu lassen.


    "Cohors secunda! Militeees venite! Antreten auf der Via Principalis!"
    Pfeile schossen vom Himmel herab, wieder ertönten Schreie, das Wiehern von Pferden, aber nun auch feste, bestimmte Kommandos. Ich beschirmte mich mit meinem Scutum und trieb meine Leute an.
    "Los los, raus aus den Federn! Militees convenite!"
    (Unter normalen Umständen hätte ich meine Männer im Intervallum antreten lassen, aber der uns nächste Abschnitt der Via Principalis lag etwas geschützter vom Pfeilbeschuss, und da bisher nichts von einem direkten Angriff auf den Lagerwall gemeldet wurde, wählte ich eben diesen zentralen Punkt.) Das Antreten ging weder besonders schnell noch besonders ordentlich, kein Wunder bei der großen Anzahl von Frischlingen für die es gerade zum ersten Mal ernst wurde.
    "Cohors secunda! In Formation! Und weiterhin in Deckung der Scuta bleiben!" bellte ich durch die Nacht, und versuchte mit meinem Blick das Dunkel zu durchdringen... Da lag ein Toter zwischen den Zelten, einen befiederten Schaft im Rücken, da schleppten sich Verletzte zum Valetudinarium. Scheiß Wüstenreiter! Ich hielt meinen Schild hoch, auf der Hut vor ballistischen Schüssen, die einen womöglich auch hier noch unversehens in den Hades reißen konnten.
    "Zum Präfekten" schickte ich einen meiner Leute los, "melde ihm, die zweite Kohorte ist vollständig angetreten und ganz heiß darauf die feigen Wilden da draussen mal guten römischen Stahl schmecken zu lassen!"


    Der Melder sauste los. Einen anderen Miles schickte ich mein Pferd holen. Auf unseren Wällen glühten jetzt rote Punkte auf, wie Glühwürmchen in der Nacht, in einem Bündel hoher Bögen schossen sie in die Nacht, hinaus in die Wüste, dem Feind entgegen. Schön sah das aus, und erinnerte mich für einen kurzen Augenblick an etwas, was ich zuvor geträumt hatte, aber wie das so ist, ich konnte mich nur ganz verschwommen erinnern, und hatte im Moment auch alles andere zu tun als einem Traum nachzusinnen.

    Syene, äusserster Vorposten der Zivilisation... Vom Rücken meines Rosses aus besah ich mir den Hafen, der jetzt von unseren Kohorten überschwemmt wurde. Eine Flut von Soldaten strömte aus den stinkigen Bäuchen der Schiffe, zuversichtlich und froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Unsere Reiter strebten schon nach Süden, eine Staubwolke hinter sich lassend. Ich musste an Seleukia denken, damals, und damit sofort auch an die Frage, wieviele dieser frohgemuten Legionäre wohl diesmal auf der Strecke bleiben würden. Gluthitze stand in den Strassen, die Luft flimmerte zwischen den niedrigen Lehmgebäuden. Dahinter die hellen Dünen. Und irgendwo in dieser Unendlichkeit - der Feind.
    Jeder Atemzug kratzte trocken in der Kehle. Es war wie damals. Unwillkürlich fasste ich nach meinem Ancilium-Amulett, dann saß ich wieder ruhig und mit stoischer Miene, aber meine Unruhe übertrug sich wohl auf mein Pferd, Noctifer stampfte und tänzelte, so dass ich meine liebe Not hatte ihn zu bändigen.
    Im scharf abgegrenzten Schatten einer Mauer lungerten einige sonnengegerbte Lastenträger, aus schmalen Fensterscharten musterten uns scheel die Einheimischen. Sicher waren Zuträger der Wüstenreiter darunter, sicher war der Feind schon bestens über uns informiert...

    "Gut möglich, dass es an der Sonne liegt" stimmte ich weise zu. "An besonders heißen Tagen sind die Leute ja auch besonders streitlustig."
    So langsam wurde ich wirklich neugierig, was Artorius Menas auf dem Herzen hatte. Wie er gerade gelächelt hatte, so elegisch... vielleicht hatte er Heimweh. Vielleicht fühlte er sich verloren in der Fremde. Vielleicht suchte er nette Gesellschaft, Ablenkung... Also, mir fiel ja so einiges ein, mit dem man sich über das Heimweh hinwegtrösten könnte. Rein theoretisch. Falls....
    Aber nein. Ich trank schnell einen tiefen Schluck und verbannte die verbotenen Gedanken in eine abgelegene Ecke meines Geistes. Verboten. Genau. Strengstens verboten. Verboten sollte es auch sein, dass ein Rekrut mich so anlächelte, besonders wenn das Mare Nostrum zwischen mir und meinem heißvermissten Liebhaber lag. Und Menas tat es schon wieder, als er ausmalte, wo sich die Räuber verstecken könnten. Jetzt eher verschmitzt.
    "Unbedingt! Die Schlupfwinkel dieser Banditen müssen wir finden und ausräuchern." grinste ich, geradezu enzückt über diese Idee, und sah ihn ein wenig zu lange an. Dann wandte ich den Blick ab, zum plätschernden Brunnen. Eine warme Brise ging durch den Garten. Meine Finger spielten mit dem Gezweig des Jasmins, und ich nahm den üppig süßen Duft in diesem Augenblick sehr stark wahr.


    Nun rückte er doch mit der Sprache heraus. Ich war verblüfft! Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen.
    "Ich?" Das schmeichelte mir gewaltig. Andererseits gab es meiner Phantasie (der verbotenen) einen Dämpfer. Schade irgendwie.
    "Ähm. Also.... es wäre mir eine Ehre, auf jeden Fall! Aber... ich meine, es gibt eine Menge sehr viel einflussreicherer Männer, die viel mehr für Dich tun können, Artorius. Das ist Dir doch sicher bewußt, oder?"
    Patrone waren bedeutende Persönlichkeiten. Ich kam mir nicht so bedeutend vor. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir der Gedanke dann doch. Schließlich könnte ich, als direkter Vorgesetzter, mit Wohlwollen auf Menas' Werdegang einwirken, und über meine alten Kameraden, meine Familie und meine tüchtige Patrona hatte ich ja auch ein paar nicht unwichtige Verbindungen.

    *Gladius wegsteck* Da bin ich wieder. Diese Trolle sind verdammt zähe Biester! :D
    Danke Magnus. :)
    Hallo Matho, es freut mich, dass Du Dich für die Decimer entschieden hast und auch das Warten in Kauf genommen hast. Willkommen in der Gens. :)
    Die Einzelheiten besprechen wir dann per PN, wenn Du freigeschaltet bist.