Hier in Ägypten ging die Sonne sehr schnell unter und die Dämmerung währte nicht lange. Pontia entzündete schon die Lampen. Ich sass im Peristylgarten, wo ich zusammen mit meinen Sklaven – meiner Hausgemeinschaft – zu Abend gegessen hatte. Üppig wucherte hier das Grün, Blumen und Stauden, ein Jasminstrauch wölbte sich über die Sitzecke mit den Steinbänken, verströmte einen schweren Duft, und auch das Beet mit dem thrakischen Hanf, das ich eigenhändig angelegt hatte, wuchs und gedieh, ja, die Pflanzen schossen zu meiner Freude nur so in die Höhe.
Es waren nur noch wenige Tage bis zum Aufbruch der Legion. Ich schob mir ein Stück Pistaziengebäck in den Mund und betrachtete den Garten, dann die Gesichter meiner Sklaven, in denen rötlich das Licht der Öllampen wiederschien. Seitdem ich die beiden neuen Sklaven erworben hatte, war das Haus endlich nicht mehr so leer und still. Pankratios war sehr gebildet, ein angenehmer Gesprächspartner, und Rav'dushara versüßte mir meine Nächte. Selbst Pontia wirkte, seitdem sie Gesellschaft hatte, etwas entspannter. So gefiel mir meine Rolle als Hausherr, ich hatte mich hier wirklich eingelebt und ertappte mich dabei, wie der Gedanke, jetzt schon bald wieder aufzubrechen, mein Zeug zusammen packen, den ganzen Komfort hinter mir zu lassen und hinaus in die Wüste zu ziehen, zu Kampf und Gefahr, mich mit einem gewissen Unwillen erfüllte... Oh verdammt! Oh je! Wurde ich etwa alt?!!
Vor dem Abmarsch wollte ich noch einige Briefe beantworten, darum erhob ich mich, säuberte meine Finger in einer Glasschale mit warmem Zitruswasser und begab mich ins Tablinum. Auf meinem Schreibtisch lag das Schreibzeug in Reih und Glied, die Schriftstücke in ordentlichen Stapeln, ganz so wie ich es schätzte. Ich hatte in letzter Zeit eine Menge Post bekommen, was wunderbar war, vor allem da ich so weit weg von Rom, den Freunden und der Familie war, aber zum Zurückschreiben hatte ich bisher noch keine Muße gefunden.
Zuerst nahm ich Livianus' Brief zur Hand, und begann:
Lieber Vater!
– und stockte schon wieder, auf der Suche nach den angemessenen Worten, die den Respekt ausdrückten, den ich ihm schuldete, ohne dabei zu förmlich zu klingen, und die Zuneigung, aber auf der anderen Seite auch nicht zu sentimental waren... ein unmögliches Unterfangen.
Erlaube mir, Dir zu Deinem erneuten Legionskommando zu gratulieren. Ich habe den Niederschlag der Ereignisse in der Acta verfolgt, und finde, dass sich darin vor allem offenbart, was für ein Haufen von Duckmäusern die meisten Senatoren doch sind! Wie kleine Kaninchen, die sich am liebsten ganz flach machen und die Ohren anlegen, und sich bedroht fühlen sobald jemand über ihr bescheidenes Maß hinausragt und sich nicht scheut deutlich Stellung zu beziehen!
Ne wirklich, dass der Senat meinen Vater nicht gewählt hatte, aber dafür diesen Flavier, der keinerlei Kriegsruhm aufzuweisen hatte, dafür einen Auszeichnungs-Skandal, (und der mir bei der Gerichtsverhandlung um den Octavius-Mörder vor allem durch Schweigen aufgefallen war), darüber konnte ich mich jetzt noch heftigst aufregen!
Allerdings glaubte ich auch, dass mein aufrechter und heroischer Vater an der Spitze einer Legion viel mehr in seinem Element war, als im Schlangennest Rom. Das Bild von den drei Säulen des Imperiums fand ich zwar etwas beunruhigend – ich stellte mir für einen Augenblick Livianus, Magnus, Octavius Dragonum und mich vor, wie wir als Kouroi-Statuen dieses gewaltige Dach auf unseren Schultern trugen – aber zugleich schmeichelte es mir, dass mein Vater mich in seine staatstragenden Überlegungen miteinbezog.