Das Bild, das mein Onkel da zeichnete, das bestätigte mal wieder voll meine Vorstellung von der Politik als einem grossen Becken voller Haifische. Hoffentlich hatte Lucilla nicht wirklich so ehrgeizige Pläne mit mir, wie sie es vorhin hatte anklingen lassen - falls doch würde sie bestimmt enttäuscht von mir sein.
Ich nickte zu den Worten Mattiacus' und murmelte: "Ich auch nicht". Viel lieber glaubte ich, dass ein parthischer Spion den Legaten in eine Falle gelockt hatte... oder dass er womöglich einfach schnödes Pech gehabt hatte.
Beiträge von Faustus Decimus Serapio
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Unsere sonst so forsche Schwester wurde auf einmal ganz wortkarg. Natürlich war meine Neugierde, äh Anteilnahme, damit nicht gestillt, und ungeniert fragte ich nach:
"Ja, und Du? Hast Du auch Interesse? Überhaupt, wie ist er so, und was macht er so?"
Für Seiana war natürlich nur das Beste gut genug, das Allerbeste, das verstand sich ja von selbst! Argwöhnisch dass sie so harmlos tat warf ich Appius einen bedeutungsvollen Blick zu.
"Du hattest mir doch von jemandem geschrieben mit dem Du Dir schreiben wolltest", überlegte ich, "ist das derselbe? - Und, ach, da fällt mir noch was ganz anderes ein!", meinte ich, noch im selben Atemzug zu meiner Schwester. "Wegen, ähm, also dem Geld, da würde ich Dich gerne unterstützen, wenn Du erlaubst."
Nicht dass sie meinte, sie müsse jetzt nach einem Mann Ausschau halten, um versorgt zu sein.
"Ist ja auch meine Aufgabe", setzte ich schnell hinzu, weil ich mir schon denken konnte dass das meiner stolzen Schwester womöglich nicht recht war, "schliesslich verdiene ich solide in der Legio, und werde dazu noch verpflegt und alles, und - ach das hab ich ja noch gar nicht erzählt - stellt euch vor, Tante Lucilla hat mir ein Stück Land geschenkt, bei Tarraco, mit einem Olivenhain drauf, und einer Ölmühle! Ich bin jetzt übrigens Klient von ihr, sie ist ja eine einflussreiche Matrona. Ist das nicht toll?!" -
Zitat
Original von Marcus Flavius Aristides
Das letzte Licht wurde von den Hügeln verschluckt, was das Kastell umgab, die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden und auch das Zwitschern der Amseln und Schwalben, die am Himmel kreisten und ihre Flugakrobatik vorführten, verstummte langsam. Die Schatten wurden in der Unterkunft immer größer und schon ging eine Tür auf, ein schlanker und junger Sklave, der Parthische, trat auf leisen Sohlen hinein, in den Händen hielt er eine Öllampe und einen Glimmspan. Leise und diskret ging er zu der Halterung auf der anderen Seite und zündete auch dort die Öllampen an, erst als die Unterkunft von dem gelblich-milchigen Licht der Öllampen, die durch den Windzug der Tür immer wieder flackerten, erhellt wurde, blies der Sklave den Glimmspan aus und trat zu den Fensterläden, um einen zu schließen und dann auf genauso leisen Sohlen wieder aus der Unterkunft zu schwinden. Marcus, der das Prozedere schon gewohnt war, merkte von der Anwesenheit des Sklaven nichts, für ihn war der Sklave auch mehr ein Schatten seiner Selbst, den er schon seit langem nicht mehr beachtete. Marcus hob den Becher als der frisch gebackene optio den Trinkspruch erwiderte, gut tat der Wein an seiner Kehle als er einen tiefen Schluck im Anschluß nahm und den Becher zur Seite stellte, heute war gewiß noch ein Abend, an dem Marcus viel von dem Wein zu sich nehmen würde, um die düstere Stimmung zu vertreiben. Der Tod hatte schon vor langer Zeit seinen schwarzen Atem über Marcus' Seele streichen laßen, der Tod, den er immer noch nicht wahrhaben wollte, der Tod, der um ihn herum immer wieder erschien und einen guten Mann nach dem Anderen in die Unterwelt mitnahm; Marcus sonst mehr fröhliches Gemüt war heute ausgesprochen melancholisch, seine Finger strichen behutsam über die dunkelste Seite des Instrumentes, die Seite erzitterte und gab einen tiefen und volltöndenden Klang von sich, einen, der in Marcus' Ohren genau richtig sich anhörte von der Klangfarbe und ihn auch ansprach.„Ein Hirte?“
Marcus linker Mundwinkel hob sich ein wenig. Ja, Hirtenmusik hatte doch etwas ausgesprochen reizvolles an sich; die Viehhüter hatten einen Hang zu sehr tiefsinniger Musik, aber auch fröhlicher Melodei. Marcus blinzelte überrascht als Serapio das mit dem Musizieren vorschlug, auf den Gedanken war Marcus noch nicht gekommen, aber eigentlich war es nahe liegend, denn im Austausch mit anderen Musikliebhabern und im Klang von schöner Musik konnte Marcus ein tiefes Glücksgefühl entwickeln, womöglich vermochte es auch seine trüben Gedanken zu vertreiben.
„Eine gute Idee, optio! Dann hol' mal Deine Flöte und wir probieren es!“
Mit seinem Stellvertreter zu spielen hielt Marcus auch nicht für eine falsche Verbrüderung, mit einem einfachen Soldaten aus seiner Einheit hätte Marcus womöglich Bedenken gehabt, daß es der Disziplin abträglich war. Marcus nickte Serapio aufmunternd zu, daß er sein Instrument holen könnte und ließ seine Finger erneut über die Seiten gleiten, um seine Hände wieder etwas mit dem Instrument in Einklang zu bringen, sie fühlten sich immer noch klobig und starr an.
Ich sprang auf, und kehrte, die Tibia in den Händen, bald darauf zurück. Es war die, die ich irgendwann mal unserem Mulio abgeluchst hatte, und die mich durch halb Parthien begleitet hatte. Besonders ansehnlich war sie nicht, das Holz war fleckig und eher grobgeschnitzt, aber sie hatte eine schöne Klangfarbe und war mir ans Herz gewachsen. Der Raum war erfüllt von den wohltönenden Klängen der Kithara des Centurios, von dem warmen Licht der Öllampen, ein behaglicher Hafen während draussen die Nacht hereinbrach.
Ich lockerte meine Finger und setzte das Mundstück an die Lippen, feuchtete das Rohrblatt mit der Zunge an und blies eine Reihe von Tönen, dann eine kleine Melodie um mich ein bisschen warmzuspielen, danach versuchte ich die Weise, die der Centurio angestimmt hatte, aufzunehmen. Ein melancholisches Lied war das, und er spielte es so seelenvoll. An manchen Stellen stockte er, an anderen ich, und anfangs klang unser Zusammenspiel wohl mehr wie Katzenmusik, aber dann, nach einer Weile, hatten wir uns ganz gut aufeinander eingespielt, und die Stimmen der Instrumente verflochten sich zu einem harmonischen Ganzen. Wehmütig flossen die Klänge der Kithara dahin, ebbten auf und ab, schwebten und verklangen, umrankt von dem traurig schönen Klagen der Flöte... Mir war als umschlösse die Musik uns ganz, als trüge sie uns davon... wir hätten überall sein können, in einem Tempel der Vorzeit, oder auf einem kargen Felsengipfel, oder im Rumpf eines Schiffes, das über die Meere fuhr, zu unentdeckten Gestaden. So versunken war ich, dass mir für einen Moment, als ich durch das Fenster sah, der Lichtschein draussen auf dem Boden, wogend weil die Lichter hier drinnen so flackerten, wie vorübergleitende Wellen erschien...
Dann vergriff ich mich, und die Flöte gab ein widerstrebenden, schrilles Pfeifen von sich, was mich wieder ganz in die Gegenwart zurückholte. Wir versuchten uns noch an einem anderen Lied, aber es war schon spät, das Zusammenspiel wollte nicht mehr so recht funktionieren, und wir beschlossen das an einem anderen Tag zu wiederholen und zu vertiefen. So verabschiedete ich mich und kehrte, die Flöte diskret verborgen haltend, und mit einem halben Lächeln im Gesicht leise vor mich hinsummend, zu meinem Contubernium zurück. -
Sim-Off: *g* Kein Problem
Wir starrten uns grimmig gegenseitig an, und einen Augenblick lang befürchtete ich ersthaft, der Parther würde mir als nächstes mit der Fackel eins überziehen und sich davonmachen. Aber dann gehorchte er doch, gab der zeternden alten Vogelscheuche zurück was er ihm weggenommen hatte, und erleichtert spürte ich, wie die Anspannung aus meinen Schultern wich.
~"Gut. Jetzt nehmen wir aber den normalen Weg"~, meinte ich, und schlug den Rückweg ein, raus aus dieser vermaledeiten Gasse, zurück auf die grosse Strasse.
Von da war es ein leichtes den Weg zum Trajansforum zu finden. Unter den Arkaden war an vielen Stellen noch Licht. Zwar waren es kein Vergleich zu dem Leuchten, das Antiochia nachts erfüllte, aber es wirkte doch auch sehr mondän. Im Vorübergehen wies ich mit der Hand hinauf zu dem Reiterstandbild des grossen Trajanus, das sich imposant gegen den nächtlichen Himmel abzeichnete.
~"Das ist der göttliche Imperator Marcus Ulpius Trajanus, der Bezwinger der Daker"~, informierte ich meinen Parther. ~"Und jetzt brauch ich was zum Anziehen... Nimm das bitte mal."~Ich drückte Ziaar meine Paenula in die Hand, trat unter die Bogengänge zu den Märkten und steuerte gleich auf ein schickes Bekleidungsgeschäft zu. Wie schön, endlich mal wieder etwas anderes zu tragen als meine Militärtuniken! Ich liess mich von einem überfreundlichen Verkäufer beraten was denn gerade so angesagt war, und entschied mich nach längerem hin und her schliesslich für eine helle Tunika mit blaugoldenen Schmuckclavi und mit weitem Halsausschnitt, der sich in einer legeren Falte nach links legte, als ich sie überstreifte. Dazu eine passende Lacerna, dann noch ein Paar weiche Soleae mit apart beschlagenen Riemen... Kritisch drehte ich mich vor dem grossen Metallspiegel, liess die Lacerna schwingen und zupfte die Falten der Tunika hinter dem lockeren Gürtel zurecht. Ein bisschen nervös war ich schon, jetzt wo meine Verabredung später immer näher rückte. Naja, eigentlich ziemlich nervös. Und um keinen Preis wollte ich dieses langersehnte Wiedersehen mit einem modische Fauxpas eröffnen!
"Hm. Also ich weiss nicht. Diese Spangen an den Schultern sind schon etwas gewagt..."
Mit spitzen Fingern schob ich sie tiefer, dann wieder höher. Da ich dem Verkäufer nicht vertraute, wandte ich mich hilfesuchend an meinen Sklaven. Dem vertraute ich zwar auch nicht, aber ihm konnte es ja egal sein, ob ich hier was kaufte.
~"Was meinst Du, Tsiáhar? Geht das so?!"~ -
Mir schwoll die Brust, als diese erhebenden - und noch dazu wahren - Worte über den Platz schallten, ich reckte stolz das Kinn, und kniff die Augen ein wenig zusammen, etwa so als spähte ich unerschrocken übers wilde Feindesland, wo hinter jedem Busch ein Bogenschütze lauern konnte, bis zum Horizont. Für den Kaiser, Ruhm und Rom..., klang es mir dabei in den Ohren. Tief atmete ich die frostige Frühlingsluft ein und stand ganz ausgesprochen gerade - wenn Mars uns mit seiner Aufmerksamkeit beehrte, dann wollte ich auch eine gute Figur machen. (Der Priester machte jedenfalls eine, als er das so effektvoll zelebrierte, und mir war so, als wäre er sich dessen durchaus bewusst.)
"Age!", sprach ich, beinahe im Chor mit Licinus, und blickte gebannt auf das Opfermesser.[Blockierte Grafik: http://img186.imageshack.us/img186/7150/leg1optioqx0.png]
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Während die beiden die Ausführung der Mission besprachen, hielt ich mich zurück, und wieder mal ging die Phantasie mit mir durch... Abenteuerliche Szenarien blitzen vor meinen Augen auf. Ein unerschrockener Trupp Decimer, malerisch verkleidet als Kamelhändler, weit hinter den feindlichen Linien, dann eine Bergfestung, die wie ein Adlerhorst auf hohen Felsen trohnte, ein nächtlicher Einbruch, Livianus der in Ketten gelegt im höchsten Turm schmachtete, eine heimliche Befreiung, eine wilde Flucht.... Ein klein wenig enttäuscht war ich schon, dass die beiden auf Verhandlungen und Urkunden zu setzen gedachte, anstatt auf so ein, na gut, "Himmelfahrtskommando". Klar, es war vernünftiger, aber trotzdem...
ZitatOriginal von Marcus Decimus Mattiacus
"Ihr müsst mich nocheinmal ins Bild über die Gesamtsituation in Parthien bringen.
Halten wir irgendwelche Schlüsselstellungen? Wichtige Städte, Straßen oder Gegenden?
Vielleicht soll Livianus mit anderen römischen Gefangenen als Pfand für etwas dienen? Vielleicht ist es auch so wie du es gesagt hast und die Parther sind sich selber noch nicht sicher, was sie überhaupt als nächstes unternehmen wollen."Dann wandte er sich an Faustus.
"Du hast gesagt, dass man versucht, die Sache totzuschweigen. Aber warum steht es dann in der Acta? Ich meine herausgehört zu haben, dass nicht nur die Parther Interesse an Livianus verschwinden haben. Auf jeden Fall dürfen wir eine Intrige nicht ausschließen. Schließlich gehört unsere Familie zu den führenden der res publica. Auch wenn wir es nicht wollen, können wir uns immer irgendwen zum Feind gemacht haben."
"Ja, also soweit ich weiss vor allem Edessa, und die Strasse von Zeugma dorthin. In Zeugma gibt es ein Legionslager, und eine Brücke über den Euphrat.", meinte ich auf Mattiacus' Frage nach Schlüsselpositionen. "Dann die Route über Sura, und die Gebiete hier und hier..." - ich fuhr mit dem Finger über die Karte, um es ihm zu zeigen. "Und die Schiffahrt auf dem Euphrat müsste bis Circesium ja auch in unserer Hand sein. Ich habe halt leider keine Ahnung wie sich die Verhältnisse dort seit dem Abzug der Prima verändert haben."
"Aber warum steht es erst jetzt in der Acta?!", beharrte ich dann. "Der Legat ist zu Beginn des Krieges verschollen, das war zwei, drei Wochen nachdem wir den Euphrat überschritten hatten! Und erst zu Ende des Feldzuges, wo wir zurückkehren, und es sowieso nicht länger geheim bleiben kann, da steht es auf einmal in der Zeitung. Das ist doch seltsam.
Hm. Ja, ich habe mich ehrlich gesagt schon gefragt ob der, dem das ganze am meisten nützt, nicht dahinterstecken könnte. Zumal er wirklich merkwürdig reagiert hat, als ich nachgefragt habe. Aber ich glaube ich bin da ein bisschen voreingenommen. Er kann halt Livianus einfach nicht das Wasser reichen."
Eine Intrige...
"Hat Livianus denn Feinde, ich meine Feinde, die vielleicht so was drastisches tun würden wie ihn an den Feind zu verraten?", fragte ich blauäugig meine beiden Onkel. "Oder hat unsere Gens solche Feinde?"
Eigentlich war mir von Fehden nichts bekannt, aber ich war ja auch nicht im Bilde über die politischen Verhältnisse.[Blockierte Grafik: http://img186.imageshack.us/img186/7150/leg1optioqx0.png]
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Alles Gute!
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Auch von mir nachträglich alles Gute!
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Ich melde mich ab bis Montag.
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Noch einmal tauchte ich meine Finger in das klare Wasser hinein. Ein paar Tropfen fielen zu Boden als ich sie wieder zurückzog, und an dem Tuch trocknete, das einer der Camilli uns anreichte. Rein und kalt war meine Hand, als ich sie fest um das Opfermesser schloss. Schwer lag das Metall in meiner Hand. Wir hatten eine Menge Blut vergossen in Parthien, und es hatte noch keine Entsühnung für uns gegeben. Ich hoffte, dass das Opferblut, das jetzt gleich hier strömen würde, diesen Makel von Licinus und mir nehmen würde, den wir für Imperator und Patria auf uns genommen hatten. Auf uns nehmen hatten müssen. Wie auch immer.
Einer der jungen Gehilfen nahm dem Tier jetzt den Kranz ab. Ich setzte das Messer auf das rotwollige Haupt, gleich hinter die kleinen, gewundenen Hörner, und strich dem Tier, unbeirrt von seinem scheelen Blick, den Hals entlang, dann den Rücken bis zum Schwanz, über das glänzende weiche Fell, unter dem sich härter die Wirbelsäule abzeichnete. Schweigend gab ich das Messer, Griff zuerst, an Licinus weiter. -
Ein Stück Land! Für mich!
"Oh! Vielen vielen Dank!!"
Ich strahlte bis über beide Ohren, und sah mich schon, in einer älteren Version meiner selbst, über meine eigenen Felder schreiten, wo das Korn reifte und das Jungvieh auf den Wiesen herumtollte, die Äste der Bäume sich bogen unter der Last der Früchte... Hach wie schön. Es wogten die goldenen Ähren, es wogte meine Toga und im Hintergrund erhob sich eine adrette Villa Rustica, vor der meine Frau am Webstuhl sass während um sie herum lachend die Kinder spielten... Huch, was war denn da in mich gefahren? Das war ja sowas von abgeschmackt! Ich blinzelte, und vertrieb diese bukolische Idylle ganz entschieden wieder aus meinem Geist, während ich Lucilla lauschte, wie sie von ihrem unglaublich charmanten Patron erzählte. Ein bisschen neugierig machte mich das ja schon. Und meinen Centurio kannte sie also tatsächlich, jaja, Rom ist doch ein Dorf.
"Ja genau so sieht er aus! - Naja, witzig, ich weiss nicht, als Centurio ist er nicht gerade witzig. Äh, ich will nicht sagen er sei humorlos. Ich meine nur, als Centurio ist er natürlich eher respekteinflössend als witzig."
Ich war nahe dran, auszuplaudern, was der Centurio seinerseits mal im Suff ausgeplaudert hatte, über meine schöne Tante, aber dann liess ich es doch lieber sein, so ganz loyal wäre das ja nicht gewesen.
Fröhlich stieß ich mit Lucilla an, die Gläser klangen, der Wein rann mir köstlich die Kehle hinunter, und meine Zukunft strahlte mir in den allerleuchtendsten Farben entgegen! So sassen wir noch ein bisschen zusammen, und unterhielten uns, bis ich mich dann, ziemlich bald, wieder verabschiedete, denn ich hatte ja leider nur so schrecklich wenig Zeit. Unter überschwänglichen Umarmungen und Dankesbezeugungen brach ich auf und zog beschwingt von dannen, hin zur Casa Decima, um an diesem schönen Abend auch noch den Rest meiner Familie zu treffen. -
Gequält von Lucans Geschwafel lehnte ich mich auf der Kline zurück, trank langsam Schluck um Schluck von meinem Wein, und beobachtete mit einer Art von morbider Faszination einen Musiker, der völlig verkrüppelt, ganz scheusslich deformiert war. Dafür spielte er wunderschön, allerdings übertönten die Klänge seines Instrumentes nicht das aufdringliche Rauschen in meinen Ohren: Chrysantha, Chrysantha, wer zum Hades ist Chrysantha? Ich wandte den Kopf und betrachtete Hannibal von der Seite. Zu gerne hätte ich gewusst was in ihm vorging, aber er war undurchschaubar wie immer, und ausser dass er offenbar, genauso wie ich, Lucan loswerden wollte, konnte ich rein gar nichts in ihm lesen. Das mit dem Loswerden vollführte er dann auch elegant, und Lucan machte sich ohne Umschweife davon. Puh.
Schon zog mich Hannibal mit sich, in den inneren Kreis dieses Festes, ich wuste gar nicht wie mir geschah als ich auf einmal einem, das muss ich wirklich neidlos sagen, einfach strahlendschönen Mann gegenüber stand. Das musste der grosse Künstler sein, der Mittelpunkt des Festes, der Erschaffer dieses herrlichen Bildnisses! Verklärt sah ich den mutmasslichen Fidenas an, mit einem bewundernden Lächeln für den Künstler auf den Lippen, und war ganz überwältigt, wie ähnlich er seinem Werk war. Saphirblaue Augen! Sogar die Löckchen, die sich neckisch in seinem Nacken kraussten, entsprachen denen des steinernen Apoll.
Erst verzögert ging mir auf, dass es gar nicht der Goldgelockte war, sondern der unscheinbare Herr mit dem schütteren Haar, dem der Ruhm gebührte. Hoppla. Dann war der Blonde bestimmt sein Modell, schloss ich, und antwortete dem echten Fidenas ganz enthusiastisch: "Salve, es ist mir eine Ehre so einen grossen Künstler kennenzulernen! Er ist wundervoll, wirklich vollendet!" - wobei sich meine Augen unwillkürlich aber nicht zu der Statue sondern zu deren goldblondem Ebenbild verirrten - ganz kurz, dann richtete ich meinen Blick sehr bewusst wieder auf mein Gegenüber. Oh je, irgendwie war heute abend der Wurm drin. Es wäre besser gewesen, so dachte ich mir in dem Moment, mit Hannibal alleine zu bleiben, anstatt unter Leute zu gehen. Wenn Fidenas sich jetzt nach dem Befinden der werten Chrysantha erkundigt, dann raste ich auf der Stelle aus!!
Es war schwer, die überwältigende Begeisterung, die das Kunstwerk in mir auslöste, in Worte zu fassen, die Worte waren schwere, ungeschlachte, tölpelhafte Gesteinsbrocken, im Vergleich zu der zarten, ja sublimen Verzückung, der ich da anheimgefallen war.
"Er strahlt etwas göttliches aus, etwas ungeheuer erhabenes. Und zugleich diese olympische Heiterkeit...", schwärmte ich hingerissen, und sah diesmal auch wirklich auf die Statue. "Ich habe während des Krieges so lange nichts derart Schönes gesehen."
Nun ja, die Landschaften möglicherweise, aber die waren ja nicht von Menschenhand geschaffen.
"Ich frage mich, was er wohl gerade denken mag.", meinte ich ernst, im Hinblick auf die klassische Denkerpose des Gottes, und blickte den Künstler fragend an. Vielleicht verriet er es mir ja. -
So oft hatte ich schon darüber nachgedacht, gegrübelt, mir den Kopf zerbrochen. Es war beinahe eine Erleichterung, diese Überlegungen nun zu teilen, und so sprudelte es nur so aus meinem Mund hervor.
"Das war bei Edessa, ein paar Tage nach der Einnahme. Wir lagerten in der Nähe der Stadt. Der Legat ist ausgeritten, am Morgen, mit einer Eskorte... Später am Tag hat der Imperator die ganze Prima antreten lassen, und uns mitgeteilt, dass Livianus von dem Ausritt nicht zurückgekommen ist. Mehr hat er nicht gesagt, nur dass es keine Anzeichen für seinen Tod gäbe. Trotzdem hat er ihn noch am selben Tag ersetzt! Durch den bisherigen Tribunus laticlavius."
Ich versuchte, das alles möglichst neutral zu berichten, aber ein Anflug von Bitterkeit mischte sich dann doch in diesen letzten Satz.
"Später habe ich mit einem der überlebenden Equites gesprochen. Er hat mir erzählt, dass sie ins Umland geritten sind. Der Decurio hat dann ihn, zusammen mit ein paar anderen Reitern, zur Erkundung vorausgeschickt. Ja, und als sie wieder zurückkamen, waren die anderen alle tot, von Pfeilen durchbohrt, nur der Legat war wie vom Erdboden verschluckt."
Hilflos hob ich die Hände, bedauernd dass ich nicht genaueres sagen konnte.
"Das ganze war einfach mysteriös! Ich finde, es wirkt schon ziemlich gezielt. Natürlich gab es gleich eine Menge Gerüchte. Sicher ist auf jeden Fall, dass die Pfeile, die die Reiter der Eskorte getötet haben, parthisch waren, eben genau solche Pfeile wie wir sie auch in der Schlacht zuvor abbekommen hatten. Und das Gelände dort war hügelig, und die Parther sind Meister darin aus dem Hinterhalt anzugreifen. Also, es sah alles so aus als ob sie ihn entführt hätten. Aber es kamen keine Forderungen. - Ich weiss das vom Praefectus Castrorum, Artorius Avitus, er ist Klient von Livianus, und ein wirklich überragender, grossartiger Soldat und Anführer" - wie immer wenn es um mein Idol ging, bekam ich die Tendenz zum Schwärmen - "und er hat in der Schlacht von Edessa den feindlichen General gefangen genommen - wir hatten also auch einen hohen militärischen Gefangenen. Ansonsten hat uns einfachen Soldaten natürlich niemand etwas gesagt. Der Nachfolger von Livianus wurde sogar äusserst ungehalten, als ich in dieser Sache nachgefragt habe."
Ich runzelte die Stirn, in Erinnerung an die seltsame Standpauke, und drehte mein Weinglas in der Hand.
"In wieweit der neue Legat nach Livianus hat suchen lassen, kann ich nicht sagen. Mir ist jedenfalls nichts davon zu Ohren gekommen, also glaube ich nicht, dass er sich mit seinen Anstrengungen da überschlagen hat.
Überhaupt wurde ja wohl versucht, das ganze totzuschweigen - wenn man nicht mal der Familie einen Brief geschrieben hat."
Oder sah ich Gespenster? Dem Tiberier, der durch Livianus' Verschwinden zum Legaten geworden war, dem hätte ich freilich so manche Ränke zugetraut, aber einen konkreten Anhaltspunkt hatte ich nicht.
"Später", fuhr ich fort, "schon auf dem Rückzug, da haben wir, als wir in einem Dorf Vorräte requiriert haben, einen Kameraden von der Zehnten befreit, der am Chaboras dem Feind in die Hände gefallen war - Salassus Scato. Den habe ich natürlich ausgefragt. Er war in Dura in Gefangenschaft gewesen. Er wusste aber nichts von Livianus, er hatte bloss gehört, dass die Parther ein paar hochrangige Gefangene hätten, in Dura, aber auch von einem Tribun den sie wohl nach Assur gebracht hätten. Er hat angenommen, dass es vor allem Männer von der Zehnten waren. Aber genau wusste er es nicht."
Vage, wie alles an der Sache. Der leere, leblose Blick Salassus', seine geschundene Erscheinung stand mir wieder vor Augen. Drecksparther! Meine Finger legten sich fester um das Glas, die Knöchel wurden weiss, bei der Vorstellung dass es Livianus vielleicht auch so erging, und hasserfüllt und trotzig erklärte ich:
"Ich glaub nicht dass die Parther Livianus umgebracht haben! Lebend ist er bestimmt wertvoller für sie. Die sind kalte, berechnende Bastarde, wenn die irgendwo eine Vorteil rausschlagen können, dann tun die das auch." -
Mein Bruder hatte recht. Solche Dinge waren einfach nur entsetzlich. Einen Sinn gab es nicht darin! Ich knetete meine Finger und starrte, den Kopf halbgesenkt, auf den Boden des Zimmers, und dachte an die vielen vielen Kameraden, die in Parthien gestorben waren, in Stücke gehackt oder im Feuer verkohlt, oder am Wundbrand elend verreckt. An Lucullus dachte ich, an seinen letzten Gruss als die Reiter auf uns zukamen, und ich war mir in dem Moment ganz sicher, dass man sich das mit dem Sinn nur einbildete. Entweder die Götter waren so grausam, oder es war ihnen einfach egal.
Dann gab ich mir einen Ruck, stand auf und ging zu Appius. Ich legte ihm einen Arm um die Schultern und drückte meinen Bruder kurz aber ganz fest.
"Es ist schade dass Du gleich wieder weg willst", sagte ich, selbst ganz aufgewühlt von dem ganzen, "...oder musst. Aber es ist bestimmt das richtige, also ich meine wenn Du Dir da so sicher bist. Ich, ähm, ich bin aber sehr froh dass wir uns mal wieder gesehen haben. Und die Secunda ist doch wirklich eine sehr gute Legion, das hört man ja immer wieder. Mein bester Freund, der lässt sich auch gerade dorthin versetzen... Ich glaub auch, Mutter hatte recht mit dem was sie für uns wollte, aber ich habe es erst nach ihrem Tod erkannt. Oder naja, eigentlich erst so richtig als ich schon eine Weile in der Legion war. - Jedenfalls musst Du uns schreiben. Nicht dass Du wieder einfach so verschwunden bist!"
Die Frage an Seiana liess mich dann auch schmunzeln, und dieses bedrückende Gefühl von Schicksal und Verlust trat wieder zurück, stand nur mehr nebulös im Hintergrund.
"Ja, das wüsste ich auch mal gerne", neckte ich meine Schwester, "Du hast doch sicher so ein paar Dutzend Verehrer, nicht? Und, oh je, wir sind gar nicht da um auf Dich aufzupassen." Ich rollte 'besorgt' mit den Augen und forderte Seiana grinsend - aber dabei wirklich neugierig - auf : "Erzähl doch mal!" -
Gerade holte ich tief Luft, um zu einer Antwort anzusetzen, als es an der Türe klopfte, und der Besucher sich als Onkel Mattiacus entpuppte. Anstatt einer tiefschürfenden Analyse gab ich deshalb nur ein erfreutes "Salve Onkel Mattiacus!" von mir. Aber wie? Er hatte es aus der Acta erfahren, dass Livianus verschwunden war???
"Aber - hat man euch denn nicht informiert? ", fragte ich ihn völlig perplex. Onkel Meridius hatte ja schon gesagt, dass Nachrichten spärlich waren, und die abartige Zensur hatte ich ja auch mitbekommen - aber trotzdem!
Es war gut zu hören, dass Meridius die Sache in die Hand nehmen würde Endlich wurde sich darum gekümmert, und das tatkräftig. Bisher waren ja, jedenfalls so wie ich das aus meiner (sicherlich beschränkten) Perspektive sehen konnte, keine besonderen Anstrengungen in der Hinsicht unternommen worden. Ich stützte das Kinn in die Hand und überlegte, ob ich nicht auch was tun könnte?! Das war doch genau das, was ich mir in Parthien immer gewünscht hatte! Aber irgendwie kam ich mir, angesichts meines Onkels des Triumphators und meines Onkels des weitgereisten Forschers ziemlich überflüssig vor, bei der Suche nach meinem Onkel dem Legaten. Ausserdem entmutigte mich die Erinnerung an meine letzte Begegnung mit Livianus - angebrüllt hatte der mich, derart dass die halbe Legion Zeuge seines Unmutes wurde, und, noch schlimmer, mich wieder mal so angesehen, so abgrundtief enttäuscht... Wie ich ihn immer nur enttäuscht hatte..."Ich würde auch gerne helfen!", sagte ich schliesslich, ziemlich schüchtern, aber von Herzen, und erwiderte dabei Meridius' Blick. "Wenn ich kann.
Berichten konnte ich auf jeden Fall schon mal, und mich so nützlich machen.
"Also, Du fragtest bis wohin wir gekommen sind. Bis Dura Europos. Nach dem Sieg bei Edessa sind wir, also die Erste, die Zehnte und die Zwölfte zuerst in östlicher Richtung gezogen, vorüber an Carrhae und immer weiter durch Osroëne, bis wir auf den Chaboras gestossen sind, dann flussabwärts, nach Süden, durch Mesopotamien. Von der Niederlage, die wir da erlitten haben, weiss man hier aber schon, oder? Die Parther haben uns eine Falle gestellt, und die Zehnte Legion ist beinahe aufgerieben worden. Dann haben, wir, da wo der Chaboras in den Euphrat mündet" - unwillkürlich zeichnete ich mit dem Zeigefinger Linien auf den Tisch, um das zu verdeutlichen - "Circesium eingenommen. Entlang des Euphrat sind wir noch ein Stück weiter weiter nach Osten, bis Dura marschiert. Es hiess, dass die feindliche Armee sich dorthin zurückgezogen habe, unter ihrem Heerführer, der angeblich Surenas heisst."
Vielleicht war das aber auch nur ein Gerücht, in die Welt gesetzt um uns Soldaten immer an die Niederlage von Carrhae zu erinnern.
"Wir haben begonnen, einen doppelten Ring an Befestigungsanlagen um die Stadt herum zu ziehen, für die Belagerung. Aber kurz nach unserer Ankunft ist der Imperator seinen Verletzungen erlegen und wir haben uns daraufhin zurückgezogen, ohne eine weitere Schlacht. - Ja, soviel zu uns. Wie gesagt, ich denke als Vergeltungsschlag war das schon erfolgreich, aber nicht als Eroberungsfeldzug... Und die Verluste überschatten es. Und der Tod des Kaisers. Und Livianus' Verschwinden." Zu den 'Verlusten' wollte ich ihn nicht zählen.
"Wie erfolgreich die Legionen des Nordflügels in Armenien waren, das weiss ich nicht genau."
Ich machte eine Pause, um meine Gedanken zu ordnen, das Wichtige von Unwichtigen zu trennen bevor ich weitersprach. -
Alles Gute zum Geburtstag!
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Bin bis Montag nicht da.
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Wie exotisch! Vor meinem inneren Auge schälten sich farbenprächtige Wüstenstädte aus dem Dunst, bunte Kuppeln gleißten in der Sonne, Palmen wiegten ihre Wedel im Wind, und schmerbäuchige Händler rieben sich die Hände über Haufen von Gold, während ihre Karawanen zwischen den Dünen dahinzogen, beladen mit Perlen, Juwelen, Teppichen, kostbaren Gewürzen und dem feinsten Opium... Bestimmt würde es sich für das Imperium lohnen, dieses Land mal zu erobern. Aber dafür müssten wir wahrscheinlich erst mal mit den Parthern fertig werden.
"Klingt spannend! Sehr exotisch. - Aber hier kannst Du auch alles was es nur gibt bekommen, glaub mir. Schliesslich bringen so gut wie alle Völker ihre Waren und Schätze hierher zu uns, nach Rom!"
Die Strapazen so einer langen Reise konnte ich nachvollziehen. Ich stach mir noch ein paar Oliven auf einen kleinen hölzernen Spiess, um sie dann einzeln davon herunter zu picken.
"Mhm, jetzt kannst Du Dich ja erholen. Und Du musst unbedingt mal in die grossen Thermen hier gehen, die am Marsfeld, es gibt echt nichts besseres um auszuspannen.", schlug ich meinem Cousin vor.
"Keine Ahnung wo die sind." Ich drehte den Kopf und winkte dem jungen Sklaven herzukommen. "Geh doch bitte mal nachsehen, ob sonst von der Familie jemand da ist", bat ich den kleinen Blondschopf. Wie war das schön, Diener zu haben die man herumschicken konnte! "Und sag auch Bescheid, dass man Zimmer für uns richtet. Ich bleibe nur für eine Nacht, aber Valentinus für länger."
Der Junge nickte und machte sich auf den Weg, ich dagegen lehnte mich faul auf der Bank zurück und blinzelte in das Sonnenlicht, das durch das Compluvium hindurch warm auf uns hinunterfiel -
Von einem gewissen Pygmalion heisst es doch, er habe sich eines Tages in eine Statue von Mamor verliebt. In das vollkommene Abbild einer Frau, kalt und steinern, das er den wirklichen und fleischlichen Frauen vorzog, und das am Ende, durch Aphrodites Wirken, sogar mit Leben erfüllt wurde....
Als ich dem mamornen Apoll, in der Mitte der Werkstatt und im Zentrum des Festes gegenüberstand, da konnte ich diesen Pygmalion auf einmal verstehen. Es verschlug mir schier den Atem, welche Ausstrahlung, welche überwältigende, wirklich sinnenbetörende Schönheit von diesem in Stein gehauenen Leib ausging. Völlig überwältigt stand ich vor dem Gott und staunte, nur ein leises, verzücktes Seufzen kam über meine Lippen, während meine Augen, hungrig all das aufzunehmen, über die muskulös und zugleich so harmonisch gestaltete Formen glitten, die feine Äderung des Steines, den warmen Glanz des Kerzenscheines auf der glatten "Haut", die leichte Heiterkeit auf den geschwungenen Lippen, das Funkeln in der Tiefe der blauen Augen. Fast wie lebendig... Und ziemlich lasziv, wie er sich da auf dem Stein räkelte. Langsam ging ich um ihn herum, und lächelte als ich das Detail der minutiös herausgearbeiteten Locken sah, die sich in seinem Nacken kräuselten, golden schimmernd.
"Wundervoll...", hauchte ich, und streckte verstohlen die Hand aus, berührte die athletische Wade, strich mit den Fingerspitzen über den glatten, kühlen Stein - nur ganz kurz.Es war voll hier drinnen, und warm. Ich löste meine Lacerna, und zupfte die Falten meiner locker gegürteten Tunika zurecht. Stimmengewirr erfüllte den Raum, mischte sich mit den melodischen Klängen der Musik, dem Rascheln von Stoff und dem Klingen von Geschirr. Einen Augenblick lang sah ich noch dem Mann nach, der uns gerade am Eingang begegnet war. Wie der Hannibal angesehen hatte, das gefiel mir ja mal gar nicht! Da änderte auch das hingeworfene Kompliment nichts dran. Die hatten ganz bestimmt was miteinander (gehabt?) Verdammt. Na, immerhin hatte Hannibal ihm die kalte Schulter gezeigt. Aber dann hatte Hannibal offenbar auch noch eine Geliebte, Chrysantha. Verdammt. Ob das die war, wegen der er damals, bei meinem Weggehen aus Rom, so ausser sich vor Sorge gewesen war? Verdammt. Chrysantha. Der Name schmeckte mir wie Galle. Bemüht, mir nichts anmerken zu lassen blickte ich mich um, und machte zu Hannibal eine fragende Geste zu einer Kline, die noch frei war. Sie stand direkt neben einem Block von bläulichem Mamor, aus dem sich gerade erst ein schlanker Fuss geschält hatte, sonst zierten noch ein paar grobe Meisselschläge den Steinblock. Als ob die zugehörige Gestalt noch darin stünde, zögernd hervorzutreten, und nur probeweise schon mal den Fuss herausgestreckt hätte.
"Schön hier." Wer ist Chrysantha? "Gefällt mir..." Ob er sie liebt? "Und der Gastgeber hat also diese Statuen geschaffen, sie sind wirklich... ganz grossartig. Zeigst Du ihn mir?" Nicht ständig daran denken! "Solln wir uns da hinsetzen?" Ob ich ihn einfach fragen soll? Nein... "Mhm, riecht gut..." Ein Hauch von Hanf war mir in die Nase gestiegen. Ich atmete tief ein, "witterte" mit geblähten Nüstern."Flosculus!" Eine kräftige Stimme rief den Namen. Ich zuckte zusammen.
"Wenn das nicht Flosculus ist!" Eine Hand fasste meinen Arm, ganz vertraulich, und in dem bärtigen Gesicht, das sich, eine Weinfahne verströmend, zu mir neigte, erkannte ich Lucan, mit dem ich zu Subura-Zeiten gut bekannt gewesen war. Naja, eigentlich hatte ich mich mehr an ihn ran gehängt, in der Hoffnung durch ihn - er war Schauspieler - Zugang zur ach so wilden und aufregend freidenkerischen Bohème von Rom zu bekommen.
"Salve Lucan", sagte ich steif. "Lange her, was?"
"Ich glaub ich seh nicht recht! Es hiess Callistus' Leute hätten Dich kaltgemacht!"
"Na wie du siehst stimmt das nicht. Alles nur Gerüchte. Ich bin jetzt beim Militär. Und ich nenne mich nicht mehr so. Sondern Serapio."
"Beim Militär? Du?!"
"Ja."
"Na sowas."
Ich hätte ihn am liebsten einfach stehen lassen. Das passte mir gar nicht, dieses Zusammentreffen. Lucan sah von mir zu Hannibal und grinste irgendwie wissend.
"Hannibal, salve! Ja, was macht denn die betörende Chrysantha heute?"
Chrysantha. Vor ein paar Minuten erst hatte ich den Namen gehört, und jetzt schon zum zweiten Mal. Ich hasste ich ihn. Den Namen. Und natürlich die Trägerin. Inbrünstig.
"Und, organisierst Du eigentlich mal wieder ein Stück? Ich habe ja Proben und Aufführungen von morgens bis abends - spiele die Hauptrolle in einer ganz grossen Inszenierung, ganz gross, mehr kann ich dazu noch nicht sagen - aber für Dich, Hannibal, würde ich mir natürlich trotzdem Zeit nehmen! Da weiss ich, es ist was mit Anspruch! Also neulich erst... blabla... Applaus ohne Ende... blabla...grossartige Aufführung... bla... Hauptrolle... Lob von allen Seiten... blablabla..."
Ich schaltete meine Ohren auf Durchzug während Lucan schwatzte und prahlte und kein Ende dabei fand. Ob er wirklich so gross rausgekommen war? Egal, hoffentlich konnten wir ihn bald abschütteln. -
Nach dem warmen, verräucherten Tempelinneren fand ich den Vorplatz geradezu klirrend kalt. Dafür war die Luft schön frisch. Und der Bock sah jetzt wirklich prächtig aus, allerdings schien er die Ehre, als Opfer für den grossen Mars zu fungieren, nicht so recht zu schätzen zu wissen. Er rollte die gelben Augen und trippelte hin und her und vor und zurück, so weit es der Strick erlaubte. Ich blickte hinauf zum Himmel, dessen Bläue getrübt war von dem Rauch der vielen Feuer, die hier in der Stadt brannten.
"Ähm." Ich überlegte, und Licinus schien sich auch nicht so ganz sicher zu sein. "Nein", meinte ich dann, "ich denke wir haben in unserem Gebet gerade schon gesagt was wir zu sagen haben."
Und schliesslich waren wir Soldaten, da erwartete man doch, dass wir uns kurz und prägnant hielten.