Tricostus hatte mich versetzt! Verdrossen kehrte ich vom Forum, wo ich vergeblich auf ihn gewartet hatte, nach Hause zurück und fragte mich: Was sollte ich denn jetzt mit dem angebrochenen Tag anfangen?
Ich war den Müßiggang nicht gewöhnt, eine Entscheidung über ein neues Kommando oder eine neue Mission war noch nicht gefallen, Aton weilte unerreichbar auf dem Quirinal und ich fühlte mich irgendwie so... ziellos. Streitwagen fahren, Thermenbesuche und ausgiebige Abendessen waren ja sehr spaßig aber im Grunde war ich dann doch ein alter Soldat und sehnte mich nach dem nächsten Einsatz. (Natürlich würde ich das wieder ganz anders sehen, wenn ich das nächste mal im Dienste der Patria in irgendeinem götterverlassenen Winkel des Erdkreises landen würde, und mich nach den Annehmlichkeiten Roms verzehren würde.) So langsam verstand ich, warum Onkel Meridius und mein Adoptivvater mir nach dem Ende ihrer Militärkommandos manchmal so rastlos erschienen waren.
Durch die Gänge unserer Casa wandelnd überlegte ich, ob ich primum mich mal dazu durchringen sollte, meine Finanzen zu sortieren und eine Entscheidung über die Villa Eutopia zu treffen.... ach nein, da hatte ich gerade keinen Kopf dafür. Oder secundum, eine Extra-Trainingseinheit mit meinen Custodes einlegen..... ach nein, morgen war auch noch ein Tag. Oder tertium könnte ich Armastan für ein Schäferstündchen zu mir holen.... ach nein, ich war seiner schon fast wieder überdrüssig, er hatte so was resigniertes an sich, das verdarb mir die Leidenschaft.
Quartum könnte ich meiner Großtante Drusilla einen Brief schreiben und sie darum bitten, ihre sagenumwobenen Verbindungen spielen zu lassen um mir eine neue Braut zu organisieren. Denn ich selbst hatte auf diesem Schlachtfeld keinen Ruhm erworben und war bereit zur Kapitulation.... ach nein, das wäre doch verfrüht. Erst mal brauchte ich ein glänzendes neues Kommando, dessen Licht mich gleissend umwabern, gewisse Unzulänglichkeiten überstrahlen und die holden Jungfern blenden würde...
Quintum konnte ich an meinen Wägen weiterbasteln... Ja, da fiel mir die Wahl doch nicht schwer. Also begab ich mich zu meinem Cubiculum, um die gute Eques-Tunika, die ich gerade trug, gegen meine alte Dreck-Tunika auszutauschen.
Tief in Gedanken öffnete ich die Türe, trat ein – und machte große Augen.
"Bona Dea!" entfuhr es mir.
Ein Eindringling.
Nein, eine Eindringlingin. Cascas blondes Sklavenmädchen, die mit dem grausigen Barbarennamen.
Über meiner Truhe! Die war zwar fest verschlossen, auch hatte ich im Laufe meiner Prätorianerzeit und nach leidvoller Erpressung durch die aurelische Harpyie die Angewohnheit angenommen, verfängliche Schriftstücke, so schade das auch war, niemals aufzubewahren. Trotzdem war ich entgeistert. Die Sklaven wußten sehr genau, dass allein Corythia in meinem Cubiculum Ordnung machen durfte. Ausserdem lag über dem Stuhl noch mein dorischer Seidenchiton, der korallenrote, zum Auslüften, und an der Wand hing neben den Theatermasken auch die neue vergoldete Satyrmaske... kurz: ich war empört, dass jemand hier eingedrungen war.
"Was glaubst du was du hier tust, puella?!" Ich packte das Mädchen hart am Oberarm und riss sie herum, so dass sie mir direkt gegenüber, dicht vor mir stehen mußte, hielt sie so fest, musterte sie scharf, und zugleich alarmiert. War sie hier eingeschleust um mich auszuspionieren? Sklaven sind doch immer die Schwachstelle, in jedem Haushalt. Suchte sie nach dem Nabataea-Dossier? War sie eine Attentäterin? Bewaffnet mit... einem Staubwedel?