Beiträge von Faustus Decimus Serapio

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    Ein Bote übergab drei versiegelte Briefe nach Mogontiacum an den Cursus Publicus und bezahlte per Wertkarte der Gens Decima.


    An
    Decima Seiana
    Domus Iunia
    Mogontiacum, Germania superior




    Liebe Seiana,


    Meine letzte Mission führte mich über die Grenzen des Reiches hinaus. Jetzt bin ich wieder in Rom. Zwischenzeitlich sah es nicht so rosig aus, und wie das so ist... in so Momenten kommen ja immer die existenziellen Fragen. Unser Zerwürfnis lastet mir nach all den Jahren immer schwerer auf der Seele. Ich denke zurück an unsere Kinderzeit, an Deine heiteren Briefe aus Ägypten, die Jahre in Rom und daran wie Du mir immer ein Pharos in der Nacht und ein Fels in der Brandung gewesen bist.
    Du hast unsere Familie zusammengehalten, unter großen Opfern an Dir selbst, und ich war dies von meiner großen Schwester gewöhnt und habe wohl oft gar nicht so richtig bemerkt was dies auch Dir abverlangte. Zurückblickend sehe ich erst in welchem Ausmaß. Es war nicht recht von mir, Dir Entscheidungen vorzuwerfen, die Du mit realistischem Sinn zum Wohl der Familie getroffen hast. Es war auch nicht recht von mir, so unverständig zu sein, als Du endlich auch einmal selbst für Dich nach etwas privatem Glück gegriffen hast.
    Liebe Seiana, ich möchte Dich von ganzem Herzen um Verzeihung bitten. Verzeih mir meine giftigen Worte, verzeih mir meinen gekränkten Stolz und meine blinde Wut. Ich vermisse Dich.


    Unsere alten Haussklavinnen haben mir berichtet, Du seist in Germanien ein zweites mal Mutter geworden. Meinen Glückwunsch und den Segen der Götter für Dich und Deine Kinder. Zugleich geht das Gerücht, Dein Ehemann sei verstorben? Wenn dies wahr sein sollte – ich fühle mit Dir und lege, wenn Du dies erlaubst, die Arme fest um Dich, große Schwester. Mögen die Götter Dich immer behüten.


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    An
    den Legatus Augusti pro Praetore der Provincia Germania superior und Legat der Legio II
    Marcus Decimus Livianus
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania superior




    Faustus Decimus Serapio grüßt seinen Vater Marcus Decimus Livianus.


    Ich teile Dir mir, dass ich nach längerem Einsatz in der Fremde wohlbehalten wieder in Rom eingetroffen bin.
    Ausserdem möchte ich Dir zum Tode Aelia Vespas mein spätes Beileid ausdrücken. Sie war eine noble und warmherzige Matrone. Möge die Erde ihr leicht sein.


    Cousin Casca hat sich hier in Rom um Haus und Gesinde gekümmert und alles gut im Griff. Auch meiner ehemaligen Verlobten hat er sich pflichtbewusst angenommen. Wie jedes Jahr liegt die Stadt unter drückender Sommerhitze, jeder der kann, ist aufs Land entflohen. Trotzdem ist es eine Labsal wieder zurück in der Ewigen Stadt zu sein.
    Viel mehr kann ich Dir noch nicht berichten. Für mich wird entscheidend sein, wie der Imperator meinen Einsatzbericht aufnehmen wird.
    Wie ergeht es Dir in Germanien? Mögen die Götter Dich immer behüten.


    Vale bene!


    Dein Sohn
    Vale bene


    Faustus Decimus Serapio



    An
    den Tribunus angusticlavius
    Appius Decimus Massa
    Legio II
    Mogontiacum, Germania superior




    Salve Compagnero,


    Hinter mir liegt eine elendiglich lange Mission, aber jetzt bin ich heimgekehrt wie der Dulder Odysseus in sein geliebtes Ithaka. (Ohne eine Schar von Freiern abzuschlachten, versteht sich. Valentina ist zum Glück nicht Penelope.)
    Und da ist mir zu Ohren gekommen, dass es Dich ein weiteres Mal zu den Barbaren verschlagen hat, jetzt allerdings in den eisigen Norden. Mein armer Held von Tasheribat! Wenn Du Dich einmal aufwärmen möchtest, lass Dich nach Rom versetzen. Das Nachtleben hier ist nur halb so spaßig, wenn ich meinen lasterhaften Cousin nicht an meiner Seite habe.


    Vale bene!


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    An
    den Princeps Praetorii Marcus Iulius Licinus
    Domus Iulia




    Faustus Decimus Serapio grüßt seinen alten Freund Marcus Iulius Licinus!


    Was höre ich da, bei meiner Rückkehr nach Rom? Am Ende hat es also auch Dich zur Garde verschlagen. Die Parzen wissen schon was sie tun: es dauert zwar ein paar Jährchen, aber am Ende knüpfen sie unsere Lebensfäden doch genauso wie ursprünglich vorgesehen.
    Eine lange Mission in der Fremde liegt hinter mir. Ich möchte Dich sowohl um unserer Freundschaft willen treffen, als auch um mich in dieser Angelegenheit mit Dir zu besprechen.
    Sei mir jederzeit willkommen in der Casa Decima.


    Vale bene!



    Faustus Decimus Serapio

    Ein Stück Papyrus nahm ich zur Hand, eine Feder dazu, und schrieb eine kurze Notiz an meinen alten Freund Licinus.


    An
    den Princeps Praetorii Marcus Iulius Licinus
    Domus Iulia




    Faustus Decimus Serapio grüßt seinen alten Freund Marcus Iulius Licinus!


    Was höre ich da, bei meiner Rückkehr nach Rom? Am Ende hat es also auch Dich zur Garde verschlagen. Die Parzen wissen schon was sie tun: es dauert zwar ein paar Jährchen, aber am Ende knüpfen sie unsere Lebensfäden doch genauso wie ursprünglich vorgesehen.
    Eine lange Mission in der Fremde liegt hinter mir. Ich möchte Dich sowohl um unserer Freundschaft willen treffen, als auch um mich in dieser Angelegenheit mit Dir zu besprechen.
    Sei mir jederzeit willkommen in der Casa Decima.


    Vale bene!


    Faustus Decimus Serapio




    Gestrandet zu sein in der Fremde, zusammen mit einer guten Dosis an Lebensgefahr, das hatte mir eine Art Vogelperspektive auf so manches in der Vergangenheit vorgefallene verliehen. Dazu kam der Abstand der Jahre... Bevor der Alltag wieder zuschlagen konnte, meine Erkenntnisse verblassen ließe, tunkte ich die Feder erneut in die Tinte, sprang über meinen Schatten und schrieb an meine Schwester.



    An
    Decima Seiana
    Domus Iunia
    Mogontiacum, Germania superior




    Liebe Seiana,


    Meine letzte Mission führte mich über die Grenzen des Reiches hinaus. Jetzt bin ich wieder in Rom. Zwischenzeitlich sah es nicht so rosig aus, und wie das so ist... in so Momenten kommen ja immer die existenziellen Fragen. Unser Zerwürfnis lastet mir nach all den Jahren immer schwerer auf der Seele. Ich denke zurück an unsere Kinderzeit, an Deine heiteren Briefe aus Ägypten, die Jahre in Rom und daran wie Du mir immer ein Pharos in der Nacht und ein Fels in der Brandung gewesen bist.
    Du hast unsere Familie zusammengehalten, unter großen Opfern an Dir selbst, und ich war dies von meiner großen Schwester gewöhnt und habe wohl oft gar nicht so richtig bemerkt was dies auch Dir abverlangte. Zurückblickend sehe ich erst in welchem Ausmaß. Es war nicht recht von mir, Dir Entscheidungen vorzuwerfen, die Du mit realistischem Sinn zum Wohl der Familie getroffen hast. Es war auch nicht recht von mir, so unverständig zu sein, als Du endlich auch einmal selbst für Dich nach etwas privatem Glück gegriffen hast.
    Liebe Seiana, ich möchte Dich von ganzem Herzen um Verzeihung bitten. Verzeih mir meine giftigen Worte, verzeih mir meinen gekränkten Stolz und meine blinde Wut. Ich vermisse Dich.


    Unsere alten Haussklavinnen haben mir berichtet, Du seist in Germanien ein zweites mal Mutter geworden. Meinen Glückwunsch und den Segen der Götter für Dich und Deine Kinder. Zugleich geht das Gerücht, Dein Ehemann sei verstorben? Wenn dies wahr sein sollte – ich fühle mit Dir und lege, wenn Du dies erlaubst, die Arme fest um Dich, große Schwester. Mögen die Götter Dich immer behüten.


    Dein Faustus




    Eines war noch genauso wie früher: wenn ich an meinen Vater schreiben wollte, da stockte mir immer die Feder. So nach dem Motto: Lieber Vater, mir geht es gut, wie geht es dir? Fast alles was ich hätte schreiben können erschien mir irgendwie unzulänglich oder uninteressant für ihn, und nicht wert die Zeit eines vielbeschäftigten Statthalters in Anspruch zu nehmen. Die Nabatäa-Frage hatte ihn gewiss interessiert, war aber zu geheim um per cursus publicus darüber zu plauschen.
    Naja, Hauptsache er erhielt überhaupt mal ein Lebenszeichen von mir.



    An
    den Legatus Augusti pro Praetore der Provincia Germania superior und Legat der Legio II
    Marcus Decimus Livianus
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania superior




    Faustus Decimus Serapio grüßt seinen Vater Marcus Decimus Livianus.


    Ich teile Dir mir, dass ich nach längerem Einsatz in der Fremde wohlbehalten wieder in Rom eingetroffen bin.
    Ausserdem möchte ich Dir zum Tode Aelia Vespas mein spätes Beileid ausdrücken. Sie war eine noble und warmherzige Matrone. Möge die Erde ihr leicht sein.


    Cousin Casca hat sich hier in Rom um Haus und Gesinde gekümmert und alles gut im Griff. Auch meiner ehemaligen Verlobten hat er sich pflichtbewusst angenommen. Wie jedes Jahr liegt die Stadt unter drückender Sommerhitze, jeder der kann, ist aufs Land entflohen. Trotzdem ist es eine Labsal wieder zurück in der Ewigen Stadt zu sein.
    Viel mehr kann ich Dir noch nicht berichten. Für mich wird entscheidend sein, wie der Imperator meinen Einsatzbericht aufnehmen wird.
    Wie ergeht es Dir in Germanien? Mögen die Götter Dich immer behüten.


    Vale bene!


    Dein Sohn


    Faustus Decimus Serapio



    Wenn ich schon mal dabei war, konnte ich mich auch bei Massa melden, der anscheinend auch im hohen Norden gelandet war. Er schrieb zwar nie zurück, aber er war immerhin mein Lebensretter.


    An
    den Tribunus angusticlavius
    Appius Decimus Massa
    Legio II
    Mogontiacum, Germania superior




    Salve Compagnero,


    Hinter mir liegt eine elendiglich lange Mission, aber jetzt bin ich heimgekehrt wie der Dulder Odysseus in sein geliebtes Ithaka. (Ohne eine Schar von Freiern abzuschlachten, versteht sich. Valentina ist zum Glück nicht Penelope.)
    Und da ist mir zu Ohren gekommen, dass es Dich ein weiteres Mal zu den Barbaren verschlagen hat, jetzt allerdings in den eisigen Norden. Mein armer Held von Tasheribat! Wenn Du Dich einmal aufwärmen möchtest, lass Dich nach Rom versetzen. Das Nachtleben hier ist nur halb so spaßig, wenn ich meinen lasterhaften Cousin nicht an meiner Seite habe.


    Vale bene!


    Faustus



    Beim Thema Laster war natürlich der Gedanke an Dives nicht weit. Ich wagte es kaum, ihm zu schreiben, weil er ja immer alles so sehr auf die Goldwaage legte, und mir womöglich auch aus einer freundlichen Erkundigung nach seinem Befinden gleich wieder einen Strick drehen würde. Aber vielleicht hatten die Jahre nicht nur mich einen Hauch weiser und verträglicher gemacht? Ich würde es auf einen Versuch ankommen lassen. Man sagte, er habe sich irgendwo aufs Land zurückgezogen – bestimmt hatte ihn der Skandal um sein liebreizende Gemahlin schwer getroffen – aber Acestes würde ihn schon aufspüren.



    An den Senator
    Marcus Iulius Dives




    Faustus Decimus Serapio grüßt Marcus Iulius Dives


    Mein Freund,
    Wie Du weißt, ist es für gewöhnlich meine Devise, immer gut informiert zu sein. Dies ist im Augenblick leider nicht der Fall, da ich gerade erst von einer sehr langen Mission zurückgekehrt bin. So weiß ich nicht viel mehr, als dass Deine Gattin zu Fall gekommen ist und Du Dich aufs Land zurückgezogen hast. Ich schreibe Dir in der Erinnerung an frühere Verbundenheit, und daran wie vor Jahren einmal ein junger Iulier den Weg nach Trans Tiberim nicht scheute, um einen verfemten Decimer aufzurichten. Wie geht es Dir? Lass von Dir hören.
    Natürlich ist mein Einfluss bei Weitem nicht mehr der alte, aber wenn ich Dir irgendwie beistehen kann, lass es mich wissen!


    Vale bene


    Faustus Decimus Serapio

    Hochgradig gespannt hing ich an seinen Lippen. Es beinhaltet Wahrheit....aber... Aber was?! Die rhetorische Pause erschien mir quälend lang. Außerdem war er mir so verwirrend nah, nur eine grobe weinfleckige Tischplatte lag zwischen uns.
    Er erlöste mich von der Spannung durch eine elegante Synthese, und ich merkte erst da, dass ich ihm lauschend den Atem angehalten hatte. Sein Blick hatte den meinen gefangen und ich kam nicht davon los, ich sah ihn einfach nur an, dieses Funkeln in seinen Augen und ein warmes Glück ballte sich in mir zusammen, wollte als befreites Lachen sich den Weg bahnen. Da hatte ich mich jahrelang rückblickend zergrämt, diesen einen einzigartigen Moment damals nicht am Schopfe gepackt zu haben, hatte gewähnt durch Kleinmut mein Lebensglück verspielt zu haben... und er rückte mit ein paar lässigen Worten dies alles in einen völlig anderen Rahmen.
    "Manius," lachte ich leise, ganz ungeheuer erleichtert, "Du bist echt der beredsamste Mensch, den es gibt. Du könntest... Hypokausten in der Sahara verkaufen. - Na dann... trinken wir doch auf..." Schwungvoll füllte ich unsere Becher wieder voll, und hob mit unverhohlen strahlendem, übermütigem Lächeln den meinen um mit ihm anzustoßen. "...auf den Genius der zweiten Chancen. Bene tibi!"

    Sein schalkhaftes Lächeln steckte mich an und der unschuldig vorgebrachte Vergleich mit dem Heroen ließ einen Wirbelwind verlockender Reminiszenzen aufwehen. Zum Glück kam in dem Moment der Wein.
    Dankend legte ich die Finger um den kühlen Tonbecher und tat Manius den Opferschluck gleich.
    "Ja, Vater Neptun sei Dank." Und dem Allgott Serapis, der launischen Fortuna, dem gewaltigen Mars sowie dem beredsamen Mercurius, ich wüßte gar nicht wo anfangen bei den Dankesopfern.
    Er trank tief und in seinen Worten lag... Leid. Ich schlug die Augen nieder, meine lässige Maske entglitt mir schon wieder. Ich wußte wie furchtbar es war, um einen geliebten Menschen zu bangen, keine Gewissheit zu haben, sich irgendwann beinahe zu wünschen eine Todesnachricht zu erhalten, dass nur die quälende Ungewissheit endlich ein Ende nehmen würde.
    Waren das.....? Der feuchte Glanz in seinen Augen schnürte mir die Kehle zu.
    Unglaublich? "...unglaubliches... Glück hatte ich bloß... Glück im Unglück..." murmelte ich verlegen, und dann war es an mir, einen guten Zug aus meinem Becher zu nehmen. Oh, Manius hatte gar nicht... oder kaum... verdünnt. Die Sache war leider die: ich war kaum noch was gewöhnt, und derzeit stieg mir jeder Becher rasch zu Kopfe.
    Angelegentlich betrachtete ich das Rot des Weins während Manius erzählte. Sein Sohn war schon Senator. - "Das ist sehr beeindruckend." kommentierte ich, mich vage an einen dicken Jungen neben ihm erinnernd.
    Tempus fugit.
    Übel war es, dieses verklärte Strahlen zu sehen als er von der aurelischen Harpyie sprach.
    "Wie... schön für euch." Meine Worte schmeckten in meinem Mund wie Galle und ich muß gestehen, ich bekam spontan Lust einen kundigen Auftragsmörder auf das erpresserische Weibsstück anzusetzen. Wenn dieser nach der Geburt zuschlagen würde, wo die Frauen doch sowieso starben wie die Fliegen, dann würde niemand dies hinterfragen.... Eine schöne Vorstellung! (Ich würde es nicht tun, nein, so abgrundtief verworfen war ich dann doch nicht, aber eine schöne Vorstellung war es auf jeden Fall. Pathici hatte sie uns genannt.)
    Was er mir von den Aufständen berichtete, kombiniert mit dem was ich durch Musca erfahren hatte, hörte sich haarsträubend an. Und die Christianersekte hatte ich in der Vergangenheit bei Ermittlungen stets als eher weichlich und gewaltscheu erlebt.
    "Hm..... - Wir werden sehen. Klingt nach Wespennest." Mein Urbaner-/Prätorianer-Instinkt war angesprungen und riet mir da zu äusserster Vorsicht.
    "Nein, meiner Familie ist nichts passiert."


    Ich verstummte und trank noch einen Schluck. Das unverfängliche Plaudern kostete eine Menge Selbstbeherrschung, wo doch alles in mir danach strebte etwas ganz anderes zu tun. Ungesagte Worte drängten sich in meiner Kehle. Ich nahm noch einen Schluck.
    "Es ist ganz furios wieder hier zu sein." Lächelnd zitierte ich ihn: "So jählings. - Und es ist eigentümlich. Die Stadt ist ewig und zugleich... Wir steigen in denselben Fluß und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht. Wie Schichten von Sedimenten liegen hier dicht die Erinnerungen. Es war... eine weite Reise. Und etwas will mir nicht aus dem Kopf gehen." Nachdenklich musterte ich ihn, stellte den Becher ruckartig ab, beugte mich zu ihm vor und sprach eindringlich, ein Hauch von Frage und zugleich ein Hauch von spielerischer Aufforderung darin mitschwingend.
    "Das Volk, bei dem ich lebte, hat ein Sprichwort. 'Drei Dinge kannst du nicht zurückholen. Den Pfeil, der vom Bogen schnellte. Das unbedacht gesprochene Wort. Und die verpasste Gelegenheit."

    Morgens zur hora tertia traf ich auf dem Palatin ein, ließ mich melden und wies der Wache meine Einladung vor. Am Vortag hatte ich mich auch äusserlich vollends zurück in einen ordentlichen Römer verwandeln lassen. Meine Eques-Toga umwallte mich mit einwandfreiem Faltenwurf, meine Armillae schimmerten mit militärischem Chic in der Morgensonne. In einer punzierten Ledertasche trug ich meine Unterlagen und Karten-Rollen bei mir.
    Es war natürlich seltsam, nun selbst von den Palastwachen kontrolliert zu werden, aber ich ließ dies mit Gleichmut geschehen. Dann würde es wohl weiter zur Domus Flaviana gehen...

    Auf mein Ersuchen hin war prompt eine Antwort vom Palatin ins Haus geflattert. Schon morgen würde der Kaiser mich empfangen. Zeit mich in einen zivilisierten Römer zurückzuverwandeln.
    Obgleich unser Imperator, mit seiner dezent griechisch angehauchten Haar- und Barttracht, in unserem Reich ja einen gewissen stilistischen Wandel angestoßen hatte, konnte ich natürlich nicht als langmähniger Barbar vor ihn treten. Aus diesem Grund hatte ich eilig meinen Freigelassenen Narcissus einbestellt, der mir früher als Barbier, Friseur und Ornator gedient hatte.
    Er kam, mit dem gesamten Arsenal seines Handwerkes bewaffnet und legte sich ins Zeug. Die Schere klapperte, und ebenso rege plauderte er von diesem und jenem. Ob Libertiangelegenheiten, Familienfeste oder belangloser Hauptstadttratsch – ich sog jede Neuigkeit auf als wäre ich ein ausgedörrter Schwamm.
    Nicht ohne eine gewisse Wehmut sah ich die langen Strähnen um mich herum auf den Fußboden sinken. Adios Viriates, du warst mir eine Zeit lang... eine Maske, die ich zum Überleben brauchte, doch dann wurdest du mehr, beinahe... ein zweites Ich. Auch nagte in mir allen Ernstes ein schlechtes Gewissen, das Handelshaus Sospitos hintergangen zu haben... denn Sospitos war ein guter Patron gewesen... und vor allem Jarsiath belogen zu haben. Ob er trotz Verwundung den Weg zurück geschafft hatte, ob er genesen war, ob sein Zorn noch immer so glühte? Bestimmt, er war ein zäher Bursche.
    Sei nicht so sentimental, Faustus. Letztendlich hatte ich ja bloß getan was ich tun mußte. Wie schon so oft. Und oft ja auch noch deutlich unschöner. Bei Mars und Bellona, Auftrag war eben Auftrag, Punktum.
    Flink schabte Narcissus auch das Bartgestrüpp weg. Er hielt mir einen polierten Silberspiegel vor. Ich betrachtete mein Bild, kam mir fremd vor, zudem traten mit den kurzen Haaren meine ersten grauen Stellen ganz unvorteilhaft zu Tage. Mittlerweile konnte man ja kaum noch von "angegrauten" Schläfen sprechen, sie waren nun schlichtweg: aschfahl.
    "Wenn ich vorschlagen dürfte, die natürliche Haarfarbe hier vielleicht wenig aufzufrischen..." schlug Narcissus diskret vor.
    Ich nickte. Er rührte irgendeine Wunderpaste an und verstrich sie kundig auf meinen Schläfen.


    Während diese einwirkte, massierte er meine Füße mit duftendem Nardenöl. So richtig genießen konnte ich gerade aber nicht, denn meine Gedanken waren beim morgigen Tag, und mir war durchaus etwas... nein, ehrlich gesagt: sehr.... mulmig zu mute. Wichtige Infomationen hin oder her, ich war zu lange fort gewesen, hatte als verschollen gegolten, meine Klienten hatten sich anderweitig orientiert, mein früher beträchtlicher Einfluß hatte sich verflüchtigt. Meine Familie weilte überwiegend weit fort von Rom... wobei mein Vater als Statthalter Germaniens natürlich weiterhin eine tragende Säule des Reiches war. Letztendlich konnte morgen alles drin sein... wenn Fortuna richtig schlecht gelaunt wäre, könnte man mich als mutmaßlichen Deserteur oder von den Parthern umgedrehten Doppelagenten verdächtigen. Wenn Fortuna mir lachte, dann würde sich der Kaiser erinnern dass ich, als er den damals noch wackeligen Thron bestiegen hatte, die Garde auf ihn eingeschworen hatte... und an meine Verdienste im Felde und so weiter. (Fortuna hatte ich vorhin an unserem Hausaltar geopfert und der Sklave Phintias war gerade dabei alle meine Orden für morgen auf Hochglanz zu polieren.) Im allerbesten Bestfall würde der Imperator mir erneut das Gardekommando übertragen. Oder.... meine Träume wurden kühner und immer kühner... die Feldherrenschaft über eine stramme Invasionsarmee! Ich könnte mit dieser gnadenlos einfallen in Nabatäa, das Land für unseren Imperator ruhmreich erobern, ja, man würde mich mit Ehren überschütten, mein Adoptivvater wäre mal so richtig stolz auf mich, und man würde meinen Namen in einem Atemzug nennen mit dem von Onkel Meridius, den großen Triumphator. Niemals wieder würde ich irgendwem irgendwas beweisen müssen.


    Halbherzig schmunzelnd über mich selbst riss ich mich von diesen müßigen Träumereien los. Da phantasierte ich auf der einen Seite insgeheim noch immer davon, der Welt gemeinsam mit meinem Geliebten den Rücken zu kehren... und war auf der anderen Seite doch ganz und gar nicht frei vom decimischen Ehrgeiz.
    Erst mal mußte ich den morgigen Tag gut nutzen.
    Narcissus wusch die Paste aus und präsentierte mir meine wieder tadellos kastanienbraunen Schläfen. Darauf leistete der anschmiegsame Aquitanier mir noch etwas im Badebecken Gesellschaft. Wieder zu Hause zu sein hatte wirklich viele Vorzüge.

    All meine Selbstbeherrschung war gefragt, um diese kleine, diese.. sich meiner vergewissernde... Berührung nicht zu erwidern. Ich wollte meine Hand um die seine legen. Ich wollte die Arme um ihn schlingen. Ich wollte seine Lippen... und auf ihnen das feine, dieses charakteristische schräge, dieses halbe Lächeln welches er mir schenkte (...manchmal dachte ich, dass die verhaltene Ironie, die milde Skepsis, mit der ein so großer Geist wie er auf die Welt und ihre Irrungen und Wirrungen sehen musste, sich hier auch in den leisesten Zügen seiner Mimik wiederfand...)... diese Lippen wollte ich mit den meinen bestürmen und erobern und ihnen... wieder die heißesten Seufzer und innigsten Koseworte abringen.
    Ja, das wollte ich. Statt dessen tat ich folgendes: die Hand lässig in den Gürtel haken. Abstand halten. Das ungeheure Maß meines Jubels gewaltsam verbergen, nicht mehr als die redliche Wiedersehensfreude einen "alten Freund" zu treffen durfte hier nach außen dringen!
    "Gern." antwortete ich auf seine Einladung und schlenderte neben ihm einher. Kurzzeitig erschien sein Gang so fahrig, dass ich sprungbereit war ihn zu stützen, falls er taumeln sollte. Aber wir erreichten wohlbehalten den Tisch im Schatten, setzten uns und orderten Wein.
    Ich hätte Manius vorwarnen sollen! Während ich mir in den letzten Wochen wieder und immer wieder ein Wiedersehen vorgestellt und ausgemalt hatte – und es mich trotzdem in der Realität bis ins Mark aufwühlte - traf ihn dies hier vollkommen unvorbereitet. In der Vergangenheit, da hatten wir ja eine gewisse Routine entwickelt, um uns in der Öffentlichkeit unverfänglich und ganz professionell von Konsular zu Präfekt zu begegnen. Dagegen war dies hier gerade... viel zu authentisch. Der Glanz seiner Augen, das Strahlen, mit dem er mich umfing, war... eine Labsal, ein Versprechen, ein pures Glück, ich hätte in dieses Strahlen kopfüber hineinspringen wollen, ganz darin eintauchen, mich ganz davon erfüllen lassen. Zugleich barg es die Gefahr uns gewaltig zu kompromittieren.
    Ich zwang mich, den Blick abzuwenden, ließ ihn über unsere Umgebung schweifen. Seine Calatores, mein Custos, trötende Gören, herausgeputzte Bürger, eine Krüge-schleppende Bedienung.
    Niemand schien über Gebühr Notiz von uns zu nehmen.
    Ich strich die Haare aus dem erhitzten Nacken, lehnte mich auf der Bank etwas zurück.
    "Ich bin gerade erst zurückgekommen." Die Tage der Spekulatorenarbeit in meinem Officium verschanzt ließ ich mal beiseite. "Die Überfahrt war ein elendes hin und her, der Wind blies uns praktisch immer direkt auf die Nase, ich kam mir schon vor wie Odysseus." erzählte ich leichthin, und weiterhin im Plauderton: "Du siehst wirklich aus, als könntest du einen kühlen Schluck vertragen mein Freund. Eine Toga bei der Hitze, ich beneide dich nicht. - Sag, wie ist es dir ergangen?" Die Jahre schienen ihm nichts anhaben zu können... außer vielleicht ihn noch ein wenig markanter und stolzer zu meißeln... - Der Unverfänglichkeit zuliebe erkundigte ich mich auch artig (obgleich es schmerzte): "Geht es deiner Familie gut und deiner Gemahlin? - Mir wurde von Tumulten, gar einer 'Sklavenrebellion' berichtet, habt ihr diese Wirren gut überstanden?"
    Man sagte seiner Gens ja nach, dass sie besonders streng mit ihren Sklaven waren.

    Neben dem Impluvium stand noch immer die gleiche Mamorstatue wie früher, der Genius des römischen Volkes, geflügelt und bereit sich in die Lüfte zu schwingen. Ein alter Bekannter. Alles in mir begrüßte mein heimatliches Haus. Als leichte Schritte erklangen wandte ich mich diesen zu.
    "Valentina!" Schon war ich bei ihr und schloß sie fest ihn die Arme. "Meine liebe Valentina. Es tut mir so unendlich leid! - Es ist so schön dich zu sehen!" Ich küsste sie auf die rosenfrische Wange und strich ihr übers Blondhaar. "Wie geht es dir? Geht es dir gut? Es tut mir so leid. Ich hätte die Mission niemals übernehmen dürfen. Nicht so kurz vor der Hochzeit."
    Und besonders nicht angesichts ihrer Geschichte treuloser Verlobter und mehrfach enttäuschter Hoffnungen. - Auch in der ehrlichen warmen Freude meine liebe Freundin und Vertraute wiederzusehen, war ich darum darauf gefasst, erst mal ein paar Ohrfeigen zu bekommen. (Zumindest war mir so als hätte ich diese verdient.)
    "Ich bin ein Tonto, ein Hornochse, ein räudiges Kamel," bezichtigte ich mich zerknirscht. "Und ich will mich gar nicht erdreisten, dich um deine Verzeihung zu bitten, denn ich weiß dass das zu viel verlangt wäre, aber..." Aber vielleicht könnte ich sie ja ablenken und/oder den Zorn etwas besänftigen: "Du siehst wunderschön aus." Schwach, Faustus, ganz schwach. "Dein Anblick ist lieblich wie eine Oase in endloser Wüsteneinöde, wie ein Granatapfelbaum zwischen dem Dorngestrüpp, wie ein klarer Quell für den Verdurstenden. - Sieh mal was ich dir mitgebracht habe." säuselte ich und gab Renenet einen Wink. Die kleine Ägypterin führte das Gepardenkätzchen an einer Leine heran. Es drückte sich verschreckt an ihre Beine, und große bernsteinfarbene Augen sahen zu uns auf. Dein Einsatz Kleiner! Lass mich jetzt nicht im Stich.

    Aus den Augenwinkeln nahm ich ein strahlendes Weiß mit viel Purpur wahr und wandte mich dem zu, neugierig welcher Würdenträger sich hier unters Volk gemischt hatte.
    Es verschlug mir fast den Atem! Da stand er, er an den ich gerade gedacht hatte! In aller kultischen Pracht, ein distinguierter hoher Pontifex mit wachsamer Eskorte, und blickte mich an als... als habe er ein Gespenst gesehen. Ich hatte schon überlegt wie ich es anstellen konnte ihm eine Botschaft zu zu senden, ohne dass sie seiner Harpie von Gattin in die Hände fiele, wie ich die Worte unverfänglich, aber doch bedeutsam, harmlos, aber doch der in mir waltenden Leidenschaft angemessen, wählen sollte. Aber da stand er. Wandte sich mit einem Ausdruck von Verwirrung, ja Bestürzung ab und ging weiter.
    "Manius!" rief ich aus, das Herz schlug mir bis zum Hals und in meinem Magen flatterte irgendetwas wild herum.


    Schon komisch, sehr eigenartig, wie Eros mit Macht in die Zeit hineingreift, und ihren Lauf nach Belieben verknäult. (Aber man sagt ihm ja auch nach der größte der Götter zu sein.)
    Primum: Ich mutierte in dem Moment, von einem narbenübersäten Veteran mannigfaltiger Schlachten im Felde so wie auch in der Liebe, blitzschnell zu einem empfindsamen viel jügeren Ich, ja ich fühlte mich nicht wirklich anders als damals, so mit fünfzehn, in Tarraco wenn der schöne Álvaro - der Rebell des Hauses, für den ich heimlich schwärmte, was ich natürlich niemals gewagt hätte zu bekunden - mir einen tiefen Blick aus seinen braunen Augen zuwarf.
    Secundum: Alles schien sich zu verlangsamen, um uns herum, als ich auf ihn zuging. In einer Pfütze auf dem Pflaster spiegelte sich der blaue Himmel und der Giebel des Odeums neben uns, dann trat mein Calceus-beschuhter Fuß hinein und das Bild zersprang. In der Luft hing ein Geruch von Hitze, gebratenen Wüsten, Holzrauch und Tiber. Nur ganz entfernt hörte ich noch die Festmusik, das Kinderlachen, das allgemeine Stimmgewirr... Es rauschte in meinen Ohren, und mein Blickfeld war ganz ausgefüllt von ihm, Manius, Meditrinalienliebe und hinreißende Passion, janusköpfiges Maskenrätsel und schwindelerregender Abgrund, immer nur Sehnsucht und bebende Zwischen-Momente, immer nur wenn die Welt aus den Fugen war...


    Mit einem Mal tauchte ein Calator zwischen ihm und mir auf, grimmigen Blickes vertrat er mir den Weg - Erinnerung daran, dass die Welt heute nicht aus den Fugen und wir mitten in der Öffentlichkeit waren.
    "Ruhig Blut." sagte ich zu dem Wächter, "Wir sind alte Freunde."
    Alte Freunde, da lachen ja die heiligen Hühner.
    Schon fast feierlich sprach ich ihn mit vollem Namen an:
    "Manius Flavius Gracchus. Salve. Welche Freude dich zu sehen. Wie du siehst bin ich zurück." Und mit einem leisen Lächeln fügte ich hinzu: "Ich komme doch immer zurück..." zu dir "...in die Ewige Stadt, wie du weißt."

    [Blockierte Grafik: https://www.bilder-hochladen.net/files/m625-5-f16f.jpg | Ein Flaneur


    Die kultische Prozession zu den Furrinalia hatte ich wohl verpasst, aber noch immer herrschte ein buntes Treiben in den Straßen. Es war schließlich ein öffentlicher Feiertag, und trotz der Sommerhitze ließen sich die Einwohner der Stadt, gleich welchen Standes, den Spaß nicht nehmen.
    In Begleitung nur eines Custos schlenderte ich am späten Nachmittag am Rande des Marsfeldes entlang, wo die üblichen kleinen Verkaufsbuden und Feststände errichtet waren, die an solchen Tagen aus dem Boden sprossen. Dieses Fest war nichts besonderes, nichts im Vergleich zu den großen Feiertagen, doch ich genoß es unsäglich, mich einfach einmal wieder durchs Stadtleben treiben zu lassen. Allein die Muttersprache um mich zu hören, das war schon eine Freude. Ich war über der langwierigen Arbeit an meinen gesammelten Nabatäa-Notizen noch nicht dazu gekommen einen Tonsor aufzusuchen (und heute hatten ja auch sie die Schermesser niedergelegt), somit sah meine Haar- und Barttracht noch recht griechisch aus - aber gepflegt! - und gekleidet war ich nun wieder auf ordentliche römische Art, in einer wasserblauen Tunika mit ornamental bestickten Clavii und einer ganz leichten Lacerna, die mit einer silbernen Brosche in stilisierter Schlangenform über der rechten Schulter geschlossen war.


    Das Treffen mit Musca hatte meine ärgsten Bedenken zerstreut, und so gönnte ich mir nach getaner Arbeit diesen Stadtbummel, flanierte entspannt, erwarb einen Becher verdünnten Wein für mich und einen für meinen Custos, trank im Gehen vergnügt ein paar Schluck. Den Garamanten hatte ich heute mitgenommen, da konnte er mal was von Rom sehen. Ich für meinen Teil war gespannt, welche alten Bekannten mir heute so über den Weg laufen würden und ob sie mich noch erkennen würden.


    Furrina war ja eine ganz archaische Gottheit, hatte sogar einen Flamen, aber wenn man mich gefragt hätte in welcher Eigenschaft genau sie eigentlich heute gefeiert wurde, dann hätte ich passen müssen. Irgendwas mit Wasser jedenfalls. (Manius hätte mir sicherlich aus dem Stehgreif eine Lectio darüber halten können.... ach...)
    Wobei... "Manche behaupten übrigens, Furrina sei auch die Göttin der Diebe." bemerkte ich scherzend zu meinen Leibwächter, woraufhin er unwillkürlich zu dem Geldbeutel, den er am Gürtel trug griff, und sich vergewisserte dass der noch da war.
    Beschwingte Straßenmusik kam von der nächsten Ecke. Ich schlenderte darauf zu, machte dann einen Bogen um ein paar Kinder. Die veranstalteten gerade an einem öffentlichen Brunnen eine Wasserschlacht, spritzten mit viel Gelächter und Gejohle sowohl sich sich gegenseitig als auch die ins Kreuzfeuer geratenen Passanten nass...

    An den
    Imperator Caesar Augustus
    Tiberius Aquilius Severus



    Faustus Decimus Serapio grüßt ehrerbietig den Imperator Caesar Augustus Tiberius Aquilius Severus


    Mein Kaiser,
    Ich bin von meiner Mission zurückgekehrt. Obgleich wir vom ursprünglichen Ziel abweichen mußten und es viel Zeit kostete, konnte ich wertvolles Wissen gewinnen. In der Hoffnung dass dieses zur Klärung der Nabataeafrage entscheidend beiträgt, ersuche ich Dich um eine private Audienz.



    Vale bene


    Faustus Decimus Serapio

    Zurück von meinem konspirativen Treffen mit Musca, da war ich nun zumindest ein wenig besser informiert als zuvor. Ich nahm mein altes Officium wieder in Besitz und schrieb an unseren obersten Befehlshaber. Nach den Jahren in der Fremde, wo ich mir nur das schlechteste Schreibmaterial hatte leisten können und meine Berichte heimlich und mit krummem Rücken in irgendeiner Nische hatte kritzeln müssen, da war es nun die pure Freude einen großen Schreibtisch ganz alleine für mich zu haben, dazu Schreibrohr, Federn, mehrere scharfe Federmesser, Tinte, noch dazu verschiedenfarbig und soviel ich nur wollte, dann noch Siegellack... Ein Traum.


    An den
    Imperator Caesar Augustus
    Tiberius Aquilius Severus



    Faustus Decimus Serapio grüßt ehrerbietig den Imperator Caesar Augustus Tiberius Aquilius Severus


    Mein Kaiser,
    Ich bin von meiner Mission zurückgekehrt. Obgleich wir vom ursprünglichen Ziel abweichen mußten und es viel Zeit kostete, konnte ich wertvolles Wissen gewinnen. In der Hoffnung dass dieses zur Klärung der Nabataeafrage entscheidend beiträgt, ersuche ich Dich um eine private Audienz.



    Vale bene



    Faustus Decimus Serapio



    Hm... konnte man das so sagen? Vom ursprünglichen Ziel abweichen war vielleicht ein wenig euphemistisch...
    Ich sandte Acestes mit Begleitschutz los, den Brief zu überbringen.


    Dann war es Zeit, meine ganz besondere Syrinx auszupacken. Eingeschlossen in meinem Officium und mit Wächter vor der Tür, zerpflückte ich das brave Musikinstrument, zwischen dessen doppelten Schilfrohren ich meine Notizen, Skizzen und Berichte versteckt und heimlich durchs Barbarenland geschmuggelt hatte. Stück für Stück sezierte ich das Instrument, schlitzte die Rohre auf, rollte alles Geschriebene aus, seufzte wenn doch etwas verwischt war oder zerrieben. Dann begann ich mit dem Dechiffrieren, dem Übertragen, dem ins Reine bringen und dem Zusammentragen der Karten.
    Es war eine langwierige Feinarbeit, bei der sich bald wieder die leidigen Rückenschmerzen einstellten, so ein blödes Ziehen und Stechen im Kreuz. Aber delegieren ließ sich da nun mal nichts. Ich tupfte mir den Schweiß von der Stirn, streckte meinen Rücken, sagte mir, dass für das Wohl des Imperiums die Details bei der Aufklärung ebenso wichtig waren wie die Formation bei der Schlacht und schrieb, nummerierte und zeichnete weiter tapfer an meinem höchstgeheimen Dossier.
    Erst viel später, als das Werk vollendet war, da gönnte ich mir dann ein wenig unschuldige Entspannung in der Stadt...

    [Blockierte Grafik: https://www.bilder-hochladen.net/files/m625-5-f16f.jpg] | Ein unscheinbarer Tavernengast

    und noch ein unscheinbarer Tavernengast | [Blockierte Grafik: http://www11.pic-upload.de/22.08.15/21p8g9pulhw.jpg]


    In einem Hinterzimmer der schmierigen Spelunke – die sich in den letzten Jahren gemausert hatte, und mittlerweile gar nicht mehr so heruntergekommen war, man hätte sie mit gutem Willen jetzt als urig-rustikal beschreiben können – traf ich in schäbiger Aufmachung und unter vier Augen meinen alten Kameraden. Gleich nach meiner Rückkehr in die Ewige Stadt und meiner Ankunft im Hause der Familie hatte ich ihn mit einer verschlüsselten Botschaft hierherbestellt. Wir begrüßten uns herzlich, er freute sich mich noch unter den Lebenden zu sehen.


    Musca und mich verband eine lange Geschichte. Er war mein Contuberniumsältester gewesen, damals bei der Prima, wir hatten viel zusammen durchgemacht. (Natürlich hatte es damals auch Momente gegeben, wo ich ihn am liebsten erwürgt hätte, aber das bleibt wohl nicht aus wenn man monatelang zu acht in einem Zelt haust.) Er war scharfsinnig, schmal, zäh wie eine Schuhsohle, hatte unverschämtes Glück beim Würfelspiel und hörte sich über die Maßen gerne reden. Später waren wir – er, sein bester Kumpel Silio und ich – zusammen zu den Stadtkohorten versetzt worden und hatten dort gemeinsam Dienst getan. Nach meiner Zeit in Ägypten und meinem Aufstieg in der militia equestris bis hinauf in den Kommandostab der Garde, hatte ich Musca als Evocatus zu den Prätorianern geholt. Er war kein großer Haudegen aber ein exzellenter Speculator, den ich mit der Führung verschiedener Agenten in den östlichen Provinzen, Koordination ihrer Aktivitäten und manchmal mit Sondermissionen betraut hatte. Über den Rang als Optio hatte er niemals hinausgestrebt.
    (Silio hingegen war einen ganz anderen Weg gegangen. Er war immer ein Großmaul und Weiberheld gewesen, mit einem gigantischen Ego, aber dann hatte ihn – ausgerechnet bei einer verdeckten Ermittlung gegen die Christianer, die wir damals durchgeführt hatten – Amors Pfeil getroffen. Er hatte sich unsterblich in eine Sattlerstochter verschossen, er hörte auf zu fluchen und zu saufen, wurde allgemein ziemlich zahm. Musca war sehr betrübt gewesen, damals. Das Mädchen wartete jedenfalls jahrelang auf Silio, bis zu seiner Entlassung aus dem Exercitus, worauf die beiden heirateten und unser Maulheld vom Chaboras eine Metamorphose zum treusorgenden Familienvater durchlief. Wie das Leben so spielt!)


    Musca und ich steckten die Köpfe zusammen. Stundenlang sprachen wir, ich berichtete ihm von meiner Mission und von meiner Überzeugung dass wir nicht läger zögern sollten Nabatäa zu annektieren, er wiederum berichtete mir von den Ereignissen und Entwicklungen in Rom – ein Sklavenaufstand, Bona Dea! - und im Reich, vom Kaiserhof und aus dem Inneren der Garde...
    Viel hörte ich, sehr viel das ich noch in aller Ruhe würde bedenken müssen. Ich war so gar nicht mehr am Puls der Zeit, sehr unangenehm war das, sonst war es doch immer meine Devise gewesen bestmöglich informiert zu sein.
    Was auf jeden Fall sehr erfreulich war: dass mein Freund Licinus (ebenfalls alter Prima-Soldat!) nun doch bei der Garde gelandet war. Auch glaubte Musca nicht an meine Theorie von einem Maulwurf, versprach aber für mich da etwas rumzuschnüffeln.
    Ausserdem erfuhr ich, dass im Zusammenhang mit den Aufständen auch die Intrigantin Sergia Fausta, an der ich mir stets die Zähne ausgebissen hatte, endlich zu Fall gekommen war. Das hörte ich gerne.
    Zuletzt quatschten wir (bei saurem Wein) noch eine ganze Weile über dieses und jenes private, das Leben an sich und die alten Zeiten, bis wir wieder auseinander gingen, um uns hoffentlich bald bei einem bessen Wein und in schönerem Ambiente wieder zu treffen.


    Nach langer Abwesenheit habe ich wieder hierher gefunden und gerade echt Spaß am Schreiben.
    Da wollte ich mal sagen: Vielen Dank an die SLs und Supermods, die dieses schöne Forum noch immer für uns zur Verfügung stellen und pflegen. :)

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    [Blockierte Grafik: https://www.bilder-hochladen.net/files/m625-5-f16f.jpg| Unrasierter Heimkehrer


    Roma! Ewige Stadt! Krone der Schöpfung! Sumpf der Laster! Zentrum der Welt! Meine Heimat! Komm an mein Herz!
    Nach den Jahren in der Fremde, der haarsträubenden Flucht, der kurzen Erholungspause in Alexandria, lag nun noch eine lange und ungemütliche Seereise hinter mir. Abwechselnd hatte das Mare nostrum das Handelsschiff "Thalassa" mit Flaute, dann wieder mit stürmischem Wetter traktiert, endlos hatten wir im thyrrhenischen Meer gegenan gekreuzt, und ganze zehn Tage lang hatten wir uns bei widrigen Winden im Tuffsteinhafen von Pandateria verkriechen müssen. Da hatte ich mir viele Stunden lang die Langeweile mit der Lektüre der Odyssee vertrieben (wenn ich mich nicht gerade mit meinen neuen Sklaven vergnügte).
    Und nun kam ich mir selbst vor wie Odysseus, als Athene den Nebel von seinen Augen nimmt und er erkennt, dass er nach zwanzig Jahren von Krieg und Herumirren endlich heimgekehrt ist in sein geliebtes Ithaka. So euphorisch wie unwirklich war es, die Tore Roms zu durchschreiten.
    "Siehe, da freuete sich der edle Dulder Odysseus
    Herzlich des Vaterlandes und küsste die fruchtbare Erde,"

    deklamierte ich glücklich, zur Verwirrung meiner Sklaven.
    "Und nun fleht' er den Nymphen mit aufgehobenen Händen:
    Zeus' unsterbliche Töchter, ihr hohen Najaden, ich hoffte
    Nimmer, euch wiederzusehen; seid nun in frommem Gebete
    mir gegrüßt! Bald bringen wir euch Geschenke wie ehmals."

    "Geht es dir gut, Herr?" erkundigte sich Armastan, der Garamant, der gepäckbeladen zu meiner Rechten marschierte.
    "Bestens."
    Links flankierte mich der Nubier Natakamani, der auf seinen sehnigen Armen in einer Kiste mit Luftlöchern den jungen Geparden trug. Der zweite Gepard war leider auf der Überfahrt immer schwächer geworden und dann gestorben, trotz der hingebungsvollen Pflege durch die ägyptische Tierwärterin. Renenet hieß sie, und huschte leichtfüßig neben dem Nubier einher. Der überlebende kleine Gepard erschien auch ziemlich durcheinander, und seine Krallen hatte schon viele rote Striemen an unseren Armen hinterlassen. Ob ich ihm vielleicht besser die Krallen ziehen lassen sollte, bevor ich ihn Valentina verehrte? ...ob sie mich überhaupt noch sehen wollte? Bestimmt hatte sie längst eine andere gute Partie gemacht, war nun eine geehrte Matrone um deren Knie sich eine ganze Meute blonder Kinder scharrte... - Und Borkan, was wohl aus ihm geworden war? Ob er die Expansionspläne in die Tat umgesetzt hatte, ein reicher Geschäftsmann geworden war, vielleicht sogar das Bürgerrecht errungen hatte?
    Und was mein Vater wohl machte? Ob er sich hier weiter durch den politischen Morast schlug, oder wieder nach Hispania gegangen war? Ich erinnerte mich an den glücklichen Tag als er, fast so wie ich jetzt, damals vor vielen Jahren aus parthischer Gefangenschaft zurückgekehrt war, als wir schon fast das Hoffen aufgegeben hatten.


    Odysseus war von seiner göttlichen Patrona bei der Ankunft in ein Trugbild gehüllt worden, und erst mal als triefäugiger Greis auf Erkundung gegangen. Zwar rechnete ich nicht mit einer Horde mörderischer Freier, aber noch immer mit einem Verrat aus den eigenen Reihen.
    Um nicht gleich erkannt zu werden – Rom vergaß zum Glück schnell - hatte ich meine barbarische Haar- und Barttracht stehen lassen (nur etwas in Form gebracht), trug einen praktischen aber eleganten Reisechiton und ein Himation nach der neuesten alexandrinischen Mode gewebt. So mochte man mich für einen gutbetuchten Reisenden aus irgendeiner unserer griechisch geprägten Provinzen halten.


    Während ich durch die Straßen ging, über die Tiberbrücke und am Forum Boarium vorbei, durchs bunte und vertraute Treiben, da machte ich mir bewußt, dass in der Stadt offenbar der normale Alltag herrschte. Sie war nicht von Chaos überrollt worden, auch hatte in meiner Abwesenheit niemand den Kaiser ermordet. Jeder war ersetzbar, in dem gutgeölten Herrschafts- und Militärapparat unseres Reiches. Das war beruhigend. (Zum einen.)
    Dumpfe Hitze hing zwischen den Gebäuden, das Unkraut zwischen den Pflastersteinen war vergilbt, und vom Tiber stieg wie jeden Sommer ein Geruch auf, der – Manius hätte wohl gesagt ein Odeur.... ach... Manius.... ob es ihm gut ging? Ob er in der Stadt weilte, oder auf einem Landsitz in den Bergen die frische Luft genoß.... ob er noch manchmal an mich dachte... und verpassten Gelegenheiten hinterhertrauerte... - wo war ich gewesen? Ja, der Tibergestank, scheußlich wie eh und je.
    Sobald wir wieder in höhere Gefilde kamen wurde es besser. Meine Schritte beschleunigten sich, es ging am Tempel des vergöttlichten Claudius vorbei den Caelius Mons hinauf, schon fast da, noch die letzte Ecke und dann: unser Heim, die Casa Decima Mercator, die unzählige mal durchschrittene Eingangstüre und das überraschte Gesicht unseres Ianitors...




    [Blockierte Grafik: https://www.bilder-hochladen.net/files/m625-5-f16f.jpg| Unrasierter Heimkehrer



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    Ephialtes war natürlich aus allen Wolken gefallen mich zu sehen. Bis über beide Ohren strahlend hatte er mich und mein Gefolge ins Atrium geleitet, war gleich losgelaufen um die Familie und die Haussklavenschaft zu alarmieren. Glücklich und zugleich gespannt auf das Wiedersehen trat ich tiefer in den Raum, genoss die Kühle und tauchte meine Hände ins Impluvium, benetzte meinen Nacken.
    Meine Begleiter hielten sich am Rande. Armastan setzte das Gepäck ab, Natakamani bestaunte unser Atrium und Renenet ließ den verstörten jungen Geparden aus der Kiste und kraulte ihn.

    Vieles gäbe es noch zu erzählen, von meiner Flucht durchs wilde Nabatäa, von der sengenden Hitze, dem mörderischen Durst (und wie ich meinen Großmut, den zweiten Wasserschlauch meinem gewesenen-Freund überlassen zu haben, verfluchte), von dem labyrinthischen Irrgarten der Felsenschluchten, von den Strapazen, sich durch die Einöde an den Wachtposten auf der großen Weihrauchstraße vorbeizuschmuggeln, davon wie ich meine Pferde an die Beduinenräuber verlor, mein Leben aber behielt, und von der Wette mit ihrem Stammesführer, von der Legende vom geflügelten Kamel und den mysteriösen Erlebnissen in der Kupferminenstadt Ghadyan, von der endlosen Aravawüste, den Gebeinen am Wegesrand und den widerwärtigen Sandspinnen, von der Weisheit der Bettlerin in Aila-am-Korallenmeer, davon wie ich als blinder Passagier zwischen dem Dörrfisch Blut und Wasser schwitzte, als die fetten Ratten über mich liefen, davon wie ich in Myos Hormos an Land wankte und erst mal den imperialen Boden küsste (wirklich), von den monotonen Gesängen der Nilschiffer und dem ungeheuerlichen Glück den Pharos von Alexandria am Horizont zu erblicken...
    Aber all dies ist eine andere Geschichte, und soll vielleicht ein anderes mal erzählt werden.



    Kurzum:
    Ich erreichte Alexandria vier Wochen später, zerlumpt und abgemagert. Dort suchte ich einen Gastfreund in seiner Villa auf. Duronius war Eques wie ich, und einer der vielverhassten Steuerpächter. Früher hatten wir gerne mal zusammen einen drauf gemacht.
    Sein Ianitor wollte mich zuerst gleich wieder verjagen, ja, der freche Bursche drohte mir Schläge an! Doch als mein Gastfreund mich erkannte, da nahm er mich in allen Ehren auf. Unbeschreiblich die Wonne zum ersten Mal endlich wieder ein Bad in einer richtigen Therme zu nehmen, einen samthäutigen Lustsklaven zu vernaschen, endlich wieder hocherhobenen Hauptes und gut gekleidet durch die Welt zu gehen...!
    Jedoch blieb ich in der Stadt incognito, ließ Haar und Bart lang und band meine Anwesenheit ausser meinem Gastgeber niemandem auf die Nase. Auch den örtlichen Kontaktmann der Speculatores vermied ich, denn ich hielt es durchaus für möglich, dass hinter dem Verrat einer meiner Tribunen steckte – der wäre dann gewiss wenig erfreut über meine Rückkehr, könnte mir gar einen bösen Empfang bereiten. Lediglich an meinen alten Kameraden Musca – hoffentlich noch immer Gardeoptio und Speculator - sandte ich per cursus publicus eine lange codierte Botschaft.
    Dann suchte ich das gewaltige Serapeion auf, um dem All-Gott zu opfern und an einer Abendzeremonie teilzunehmen, aber ich fand dort keine innere Einkehr, zu viel ging mir durch den Kopf. Jedenfalls erwarb ich ein neues Serapis-Amulett .
    Duronius statte mich mit Geldmitteln überreich aus (er spekulierte anscheinend auf meinen baldigen Wideraufstieg in Rom, ich hoffte nur dass er sich da nicht zu viel versprach), wogegen ich mich nicht verwehrte und mich statt innerer Einkehr äusseren Vergnügungen zuwandte. Auf den Luxusmärkten der Stadt verschleuderte ich die Denarii für mannigfaltige exquisite Mitbringsel. Askese war gestern!
    Nach all den Entbehrungen konnte ich mir das wirklich mal gönnen! Inspiriert durch den Lebensstil der nabatäischen Edlen erwarb ich sogar ein Paar zahmer Geparden, noch halbwüchsig und verspielt, samt Tierpflegerin, um sie Valentina mitzubringen, die, wenn ich mich recht erinnerte, ein Faible für Katzen hatte.
    Als ich mich dann einschiffte, da war mein Gepäck gewaltig angewachsen, von einem zerlöcherten Stoffbeutel (mit einem Kanten Brot und meiner Syrinx drin) bei der Ankunft war es angewachsen auf circa eineinhalb Karrenladungen, und meine Begleitung hatte sich von ein paar Flöhen bei der Ankunft verändert zu drei schmucken neuen Sklaven bei der Abfahrt.
    Der Wind stand günstig und das Schiff stach in See...

    Ein Klassiker. Altbewährt. Schlicht. Etwas ausgelutscht vielleicht. Aber nichtsdestotrotz: nützlich, wenn man ihn richtig rüberbringt. Ich war überzeugend genug, um für einen Wimpernschlag seinen Blick gen Kadaver abzulenken – wo natürlich kein Leopard war – die Spannung in der Hand, mit der er den Dolch hielt, ließ in dem Augenblick um ein weniges nach, ich packte sein Handgelenk, stieß es mit aller Kraft zur Seite, so dass die Klinge ihm selbst den Oberschenkel ritzte, konnte mich seiner entwinden und aufspringen.


    Meine Waffen, die ich gestern neben mich gelegt hatte, waren fort, mein Blick hastete über den Lagerplatz und fand sie an einen Stein auf der anderen Seite des erloschenen Feuers gelehnt. Mit einem Hechtsprung landete ich neben ihnen und riss mein Krummschwert an mich, zugleich zog Jarsiath nun das seine, setzte mir nach, holte aus, seine Klinge sauste wie eine silberne Himmelsschlange auf mich zu, ich parierte mit zusammengebissenen Zähnen, fester Stand, und mit lautem Klirren schlugen die Klingen aufeinander, mit schrillem Schaben glitten sie voneinander ab.
    Zornig drang er auf mich ein, mit einem Hagel von Schlägen, die ich zurückweichend parierte, und einem Strom von Verwünschungen.
    "Möge deine falsche Zunge zur Viper sich wandeln und dich von innen verzehren! Möge dein lügnerisches Herz von sieben mal sieben Shayatín zerrissen werden! Möge dein Geschlecht verdorren und euer Name in der Zeit verwehen als ob er nie erklungen wäre!"
    Doch er redete zu viel. Meine Klinge biss sich in seiner Schwerthand fest, tief, und die Waffe entglitt ihm, er stand dann gekrümmt, schmerzverzerrt, rote Fäden von Blut troffen herab.


    Ich hatte nicht vor ihn zu töten wenn ich nicht mußte, und während er, ganz bleich im Gesicht, dabei war die Blutung zu stillen, schnappte ich mir einen Sattel, warf ihn übers Pferd (seines, das war edler und schneller), zurrte zurecht, schnallte den Mantelsack fest, in dem auch meine Syrinx steckte, zerschnitt die Sehne an Jarsiats Bogen. Das zweite Pferd nahm ich als Handpferd, den Proviant dazu – ließ Jarsiat aber einen der Wasserschläuche da. Zu Fuß zur Stadt zurückzukehren wäre langwierig aber möglich, wenn die Verwundung nicht zu schwer wäre, und gewiss würde Sospitos ja auch bald nach uns suchen lassen...
    Zeit mich schleunigst aus dem Staub zu machen. Ich schwang mich in den Sattel.
    "Mögen deine Götter dich behüten, Jarsiat. Sag deinem Schwiegervater er wird sein Geld bekommen. Auch für die Pferde. Ihr hört von mir."
    Aber für einen tränenreichen Abschied war er nicht zu haben.
    "Möge die Wüste dich verschlingen, die Karawanenwürger dir den Hals umdrehen und die Geier deine Knochen blankfressen!" verwünschte er mich mit zornsprühenden Augen, den blutigen Lumpen um seine Hand umklammernd. "Niemals wieder werden wir eure Vasallen."
    "Bona Dea, Jarsiat, es ist nie verkehrt sich einen starken Patron zu suchen! Der Shah-in-Shah, der verspeist euch doch zum Frühstück. Und euren Straßen könnte es auch nur gut tun!"


    Mit diesen Worten trieb ich mein Ross an, und Jarsiats letzten Flüche verklangen im Trommeln der Hufe, als die Pferde in einen wiegenden Galopp verfielen, der Sand um uns herum hoch aufstob. Feuerfingrig tastete die Morgensonne nach dem Horizont (nein, ich ritt nicht hinein in den Sonnenaufgang, aber er erstahlte herrlich zu meiner Linken), und wie ich so dahin preschte, schnell wie der Wind, der Hufschlag Musik in meinen Ohren, da fühlte ich hell den Triumph in mir aufsteigen. Entkommen. Am Leben. Und - mit viel Glück – schon in ein paar Wochen wieder in der Heimat....