Ein Schelm wer Arges dabei denkt.
Mit der allergrößten Verwunderung mußte ich erkennen, dass unser Kaiser, den in der Vergangenheit die Fragen der Sicherheit im allgemeinen keinen Pfifferling interessiert hatten, jetzt, wo es um meine Rehabilitierung ging, eine plötzliche Wendung hingelegt hatte.
Eine seiner ersten Amtshandlungen war es ja gewesen, mit seinem Dekret zum Zivil die Möglichkeiten der Garde, ihn zu schützen, deutlich einzuschränken. Berechtigte Sorgen um seine Sicherheit hatte er abgebügelt. Noch leichtsinniger war es gewesen, dem verräterischen Wendehals Duccius "meine-Unterstützung-dem-Meistbietenden" Vala, der schonmal gegen einen rechtmäßigen Kaiser rebelliert hatte, die waffenstarrende Provinz Germanien zu überlassen. Dann hatte er sich eine kriminelle Querulantin als Procuratrix in die Kanzlei geholt... dies alles schien für unseren Kaiser gar kein Problem zu sein.
Doch halt - genau in dem Moment in dem es darum ging, meine längst... (...) mehr als überfällige Wiedereinsetzung in die Tat umzusetzten, da entdeckte unser bisher so überaus entspannter Kaiser plötzlich und spontan sein Herz für die Frage der Sicherheit. Er malte Probleme an die Wand die keine waren, und schien taub für unsere Argumente. Wie konnte das sein? Was war da los? Was lief hier falsch?
Welche kleinlichen Schicksalsmächte da wohl gerade am Werk waren, und unserem Kaiser diesen schikanösen Floh ins Ohr gesetzt hatten?
Ein Schelm wer Arges dabei denkt.
Ich biss die Zähne fest zusammen, als dazu noch die grobe Beleidigung kam, uns Wankelmut und Verrat, potentiell gleich nächstes Jahr, zu unterstellen. Als wären wir irgendwelche dahergelaufenen... Mein hispanisches Temperament kochte auf, ich wurde blass vor Zorn um die Nase, und konzentrierte mich einfach nur darauf... jetzt.... nichts.... zu sagen..... um... jetzt... nichts... falsches.... zu sagen....
Mein Vater, gestählt von den Debatten im Senat, die sich ja auch beständig unter der Gürtellinie abspielten, war es wohl gewohnt Beleidigungen wie diese einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er blieb ganz gelassen. Bot... Bona Dea.... bot er gerade etwa an, selbst zurückzutreten?! Ich war entgeistert. Und gerührt. Entgeistert. Zornig, dass er wieder mal als mein Retter daherkam. Gerührt, dass er wieder mal als mein Retter daherkam. Mein Vater eben.
"Vater." Ich schüttelte den Kopf, und sprach – gemessen, doch jedes Wort von Intensität durchdrungen: "Das kann doch nicht sein, dass deine Absetzung der Preis für meine Wiedereinsetzung ist! Ich sehe den Großmut deiner noblen Geste, aber... es wäre ein empfindlicher Schaden für Rom, einen Offizier von deinem Format als Stadtpräfekten zu verlieren. Genauso wie es ein Schaden für die Garde wäre, meine Wiedereinsetzung noch länger hinauszuzögern."
Ruhig Blut, Faustus.
Ich wandte mich dem Kaiser zu.
"Imperator, es ist doch kein Zufall dass mein Vater und ich uns beide für die Präfekturen der Stammeinheiten am besten qualifizieren. Es ist die Berufung unserer Familie, Rom im Exercitus romanus hervorragend zu dienen, und dem folgen wir mit vollem Einsatz. Soll unsere Familie dafür abgestraft werden, sich in so hohem Maße um das Reich verdient gemacht zu haben?
Zeigt nicht gerade die Bereitschaft meines Vaters zum Verzicht ganz deutlich seine edle Größe?
Wäre die Einsetzung von uns beiden nicht auch ein Ansporn für andere Gentes, uns nachzueifern, und sich in ebenso großem Maße tätig für Rom einzusetzen?
Und vor allem: sollten die Positionen der Präfekten Roms nicht danach besetzt werden, wer sie an Tatkraft, Kompetenz und Kaisertreue am besten ausfüllen kann?
Bei allem Respekt Imperator - wir sind kein wankelmütiger Fluss, auf dessen Wellen man nicht bauen kann. Wir sind Männer von Ehre und Entschiedenheit, und wir haben in der Vergangenheit wieder und immer bewiesen dass auf uns felsenfest Verlass ist."
Leiser, doch noch immer sehr eindringlich fügte ich hinzu:
"Die Treue zum rechtmäßigen Kaiser, die stetige feste Herrschaft ist das wichtigste. Das wissen wir sehr gut, und das haben wir, wenn du dir unsere Biographien betrachtest, wirklich mehr als bewiesen. Und zwar nicht nur in den Schönwetterphasen des Reiches, wenn sowieso jeder ein kaisertreues Gesicht aufsetzt - sondern dann wenn es hart auf hart kam! Dann, wenn sich das wahre Wesen eines Menschen zeigt!
Ich war Kaiser Ulpius Valerianus treu bis über den Tod hinaus, so sehr dass ich nicht davon abgelassen habe den Mord an ihm und seiner Familie aufzuklären und die Wahrheit darüber ans Licht zu bringen, auch wenn das mir persönlich empfindlich geschadet hat. Ich war Kaiser Vescularius Salinator treu, noch als schon alle Ratten das sinkende Schiff verließen, habe all die Einladungen zum Hochverrat gegen ihn ausgeschlagen, habe noch in seinem Namen die Garde ins Feld geführt, versucht Rom gegen den blutigen Umsturz zu verteidigen...
Die Treue des Soldaten zum rechtmäßigen Kaiser ist die Basis, ist die Grundlage für eine solide Herrschaft, für Frieden, für das Wohl aller, sie ist etwas heiliges! Was ich bei der Imagoweihe zu Fides sprach, dazu stehe ich. -"
Ich war da wohl etwas altmodisch.
"Nun haben wir DIR unsere Treue geschenkt, Imperator. Mein Vater im Senat, während ich mit meinen Kohorten Wacht hielt, damit die Kaiserwahl sicher vonstatten gehen konnten. Sogleich nach deiner Wahl haben eben jene Kohorten dich lautstark akklamiert. Die Stammeinheiten wurden sofort, noch bevor von einem Donativum überhaupt die Rede war, auf dich eingeschworen, haben den friedlichen Übergang der Herrschaft in deine Hände gesichert."
Einem klugen Mann wie Aquilius war doch hoffentlich klar, was für ein Schwein er da mit uns gehabt hatte. Andere hatten sich erst mal dumm und dämlich zahlen müssen, bis die Stammeinheiten gespurt hatten. Unterstützer wie uns durch so beleidigende Unterstellungen von der Bettkante zu stoßen war nicht klug. Loyalität verspielte man am effektivsten dadurch indem man sie mißachtete.
"Und kürzlich erst wurde bei der Imagoweihe die Garde nicht nur mit aller Macht auf dich eingeschworen... auf meine Initiative hin fanden auch die Bildnisse der Augusta und des Caesars ihren Platz in den Standarten, verankern so den Gedanken gesicherter Thronfolge deines Herrscherhauses fest in den Köpfen der Gardesoldaten.
Was ich damit sagen will, Imperator – Du meintest einmal zu mir, du wolltest ein Herrscher sein, der ein Zeichen des Vertrauens setzt. Wer, wenn nicht wir, hat sich bewährt, deines Vertrauens würdig zu sein? Und wer, wenn nicht wir, hat es verdient, mit deinem Vertrauen ausgezeichnet zu werden?"