Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Ein Bote der Decimer brachte eine Einladung für den Hausherrn...



    ~ An Marcus Iulius Dives ~
    ~ Domus Iulia ~




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    Io Saturnalia, Freund Dives!


    Die Bande sind lose,
    der alte Götterfürst wandelt frei auf der Erde,
    das Goldene Zeitalter ist zurückgekehrt!


    Um das zu feiern laden wir Decimer
    am dritten Tag der Saturnalien
    in unserer Casa zu einem großen Bankett.
    Komm unbedingt, und feiere die tollen Tage mit uns!


    Es grüßt saturnisch:
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    Eine Einladung fand ihren Weg ins Officium der Medica...


    ~ An Plinia Chrysogona ~
    ~ Palatin ~




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    Io Saturnalia!


    Die Bande sind lose,
    der alte Götterfürst wandelt frei auf der Erde,
    das Goldene Zeitalter ist zurückgekehrt!


    Um das zu feiern laden wir Decimer
    am dritten Tag der Saturnalien
    in unserer Casa zu einem großen Bankett.
    Komm unbedingt, und feiere die tollen Tage mit uns!


    Es grüßt saturnisch:
    [Blockierte Grafik: http://fs5.directupload.net/images/151217/go4t8imo.png]


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    Ein Bote der Decimer brachte eine Einladung vorbei...


    ~ An Manius Flavius Gracchus ~
    ~ Villa Flavia Felix ~




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    Io Saturnalia, mein Freund!


    Die Bande sind lose,
    der alte Götterfürst wandelt frei auf der Erde,
    das Goldene Zeitalter ist zurückgekehrt!


    Um das zu feiern laden wir Decimer
    am dritten Tag der Saturnalien
    in unserer Casa zu einem großen Bankett.
    Komm unbedingt,
    bring mit wen Du magst, je mehr desto besser,
    und feiere die tollen Tage mit uns!


    Es grüßt saturnisch:
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    "Das kann natürlich sein. Andererseits wäre es gut für die Wintersaat. Bringt Saturn die Kälte ins Land, dann wächst das Korn selbst auf dem Sand." bemerkte ich, an eine alte iberische Bauernregel angelehnt. "Der Familie geht es prächtig, danke. Die Hochzeit, ähm ja, es gibt viel vorzubereiten... - Und wie steht es bei euch, auch alles gut hoffe ich?" Niemand sollte mir nachsagen, ich könnte mit einem Germanicus kein zivilisiertes Gespräch führen. (Die alte, traditionelle Rivalität zwischen unseren Familien war zwar schon noch irgendwie da, aber mittlerweile sehr altersschwach geworden.)
    "Ja, sehr hübsch ist sie auf jeden Fall."


    Das fanden wohl auch meine jungen Verwandten. Scipio hatte schon auf sie geboten. Ich schmunzelte, als er auf seinen großen Custos deutete. "Natürlich kenne ich deinen tüchtigen Germanen. Willst du sie etwa incognito kaufen?" Der Sklave erinnerte mich an Garulf, der mir, nachdem ich ihn einmal gezähmt hatte, so treu gedient hatte. Germanen gaben wirklich gute Sklaven ab, wenn man richtig mit ihnen umzugehen verstand.
    Neben dem immer so munteren Scipio, wirkte Primus um so verdrossener. Ich fand es immer etwas befremdlich, unverhofft einen so viel jüngeren "Bruder"in der Familie vorzufinden, und auch wenn ich mir, um der Familienharmonie willen, Mühe gab freundlich zu ihm zu sein – ich wußte einfach nichts mit dem verschlossenen Jungen anzufangen. Er machte es einem aber auch leicht, ihn zu übersehen.


    Scipio erkundigte sich nach Germanicus, der erhöhte gerade das Gebot und begrüßte nun auch die beiden, so beschloss ich sie miteinander bekannt zu machen.
    "Germanicus, wenn ich vorstellen darf, das ist mein junger Vetter Decimus Scipio, er ist einer der Enkel des Meridius, und bereitet sich gerade auf den Cursus honorum vor. Und das ist mein... Stiefbruder Prudentius Primus." Von dem ich, das fiel mir gerade auf, keine Ahnung hatte was er eigentlich so trieb. "Primus, Scipio, das ist der Eques Germanicus Aculeo, ein alter Freund meiner Verlobten und.." Was war er noch? Ach ja. "der Curator Calendarii."


    Nebenbei hatte ich beschlossen auf die hübsche Griechin zu bieten. Wie es um ihre Bildung auch stehen mochte, eine ansehnliche Fächer-Trägerin für die Damen des Hauses wäre sie allemal. Primus kam mir aber zuvor. Die heutige Jugend! Ich hatte nie so viel Taschengeld bekommen in dem Alter, nicht annähernd.
    "Du hast recht, sie würde gut in unseren Haushalt passen." meinte ich zu ihm. "Aber lass mich mal machen."


    Und dem Händler rief ich die "Dreitausend!" zu. Jetzt kurz vor den Saturnalien saßen die Sesterzen eben locker.

    "Aber ja!" rief ich aus, amüsiert über ihr süßes Erröten. Doch irgendein Gedanke, den ich gerade nicht zu fassen bekam, regte sich am Rande meines Denkens. Ich krauste die Stirn....
    Valentina rückte näher, und ich fragte mich wieder mal, was sie nun wohl erwartete? So an Nähe. Ich ergriff erstmal vorsichtig die Hand, die sie auf meine gelegt hatte, strich mit dem Daumen darüber und drückte ihr einen keuschen Kuss darauf.
    "Das ist es. Man hat auch Blick auf das Meer, von der Villa aus. Ein liebliches Gut für meine liebliche Verlobte."
    Natürlich war ich stolz darauf, ihr so ein Geschenk machen zu können. Es war mir auch wichtig ihr zu zeigen wie ernst mir das war, gut für sie zu sorgen. Wo sie doch so einige andere Abstriche machen mußte.
    "Ich denke schon... also, wenn wir wirklich dabei bleiben wollen, es in so kleinem Rahmen zu halten..." meinte ich unschlüssig. "Wobei ich mittlerweile ja denke... -"
    Doch dann war auf einmal der Gedanke von eben wieder da, und "Ich bin ein Esel!" rief ich unvermittelt aus, schlug mir mit der Hand gegen die Stirn, ".....Es ist... ach Valentina, jetzt erst fällt mir wieder ein, dass ich mal mit Borkan... also eher im Scherz... eher so rumgeflachst... aber eben auch nicht nur im Scherz... ich sagte ihm da, dass ich ihn 'in meinem Tempel' aufstellen wollte... dass er es sich nur aussuchen müsse ob in Mamor oder Bronze... Er hat die Wahl nie getroffen, ich dachte es sei ihm eben zu pompös und habe dann nicht mehr dran gedacht... Aber jetzt habe ich Bedenken dass er sich, ähm naja, irgendwie 'zurückgesetzt' fühlen könnte, und es ist gerade sowieso alles, ähm, ein wenig kompliziert..." erklärte ich unglücklich, raufte mir vollkommen zerknirscht die Haare. "...Herrje, ich bin so ein Tonto!" Was sollte ich denn jetzt bloß tun? Ich hatte doch gewußt, dass das ganze ein verdammter Balanceakt war, wie hatte ich nur so unachtsam sein können.

    Auch ich ließ schwungvoll einen Schluck in den nächsten Blumentopf schwappen, stimmte ein: "Lang lebe der Kaiser." und genoß den feurigen Tarraconenser. In Wirklichkeit fand ich - bei aller Heimatverbundenheit! - zwar den campagnischen Caecuber noch etwas ansprechender, feiner. Doch ich hatte der Pointe nicht wiederstehen können und freute mich heimlich, der gestrengen Gelehrten damit ein echtes Grinsen abgewonnen zu haben. Der Wein schien ihr auch zu munden, sie lobte ihn liebenswürdig. Ich nahm gleich noch einen guten Schluck und noch einen tiefen dazu, denn meinen Nerven konnte dies, so kurz nach jener nervenaufreibenden Audienz, wirklich nur gut tun.
    Schon zeigte sich, dass Plinia keine Zeit mit Feiern vergeudete. Sie kam zur Sache. Ich schickte den Mundschenk hinaus.


    "Vor allem anderen: was wir jetzt besprechen hat unter uns zu bleiben." stellte ich erst einmal klar.
    "Die Gefahr ist immer präsent. Im Augenblick aber eher moderat. Zum einen weil zur Zeit nur wenige Grund haben, ihn aus dem Weg räumen zu wollen. Er hatte einen gelungenen Herrschaftsantritt, genießt breite Unterstützung, und hatte noch wenig Gelegenheiten sich Feinde zu machen. Einen ernstzunehmenden Rivalen gibt es zur Zeit nicht, und auch potentielle Verschwörer wissen, wie sehr das Reich nach Stabilität und Kontinuität lechzt, und wie ablehnend das Volk auf einen weiteren Umsturz reagieren würde.
    Zum anderen weil... alle sehr wachsam sind. Wir Prätorianer natürlich, versteht sich. Die Palastdienerschaft wurde nach Amtsantritt des Kaisers überprüft und weiß sich unter Beobachtung. Und auch die kaiserliche Familie selbst... achtet auf sich, und lässt alles vorkosten, auch Geschenke erst mal untersuchen etc. Die Augusta ist zum Glück sehr gewissenhaft in dieser Hinsicht.
    Das ist die, ich sage mal, die langfristige Grund-Situation: sowohl Motiv als auch Gelegenheit sind eher rar. Doch in bestimmten Situationen ist das Risiko natürlich trotzdem kurzfristig erhöht: bei Banketten, bei Einladungen ausserhalb, an den kommenden Saturnalien... und grundsätzlich immer dann, wenn eingespielte Routinen verlassen werden.
    Veränderungen wird es geben bei Punkt eins sobald der Kaiser die ersten unpopulären Entscheidungen treffen muß, und die ersten der vielen großen von allen Seiten in ihn gesetzten Hoffnungen enttäuscht... Und bei Punkt zwei wenn lange nichts passiert ist, und der kaiserlichen Familie all die Sicherheitseinschränkungen zu lästig werden, so dass sie beginnen nachlässiger zu werden. Ab da steigt das Risiko. Das heißt: höchstwahrscheinlich wird es diesen Giftmordversuch früher oder später geben. Wir müssen einfach damit rechnen."

    Ich hätte ja gerne daran geglaubt, dass die Garde das unfehlbar verhindern könnte... aber wir waren doch sehr eingeschränkt durch die "Strategie des Vertrauens" unseres Kaisers, sollten viele Besucher nicht mal mehr filzen. Und wie schnell war ein Giftring gezückt.
    "Wenn eine solche Attacke geschehen ist, haben wir noch drei Verteidigungsbastionen: Primum die Vorkoster. Zumindest wenn das Gift in Essen oder Getränken ist. Wobei man die durch langsam wirkende Gifte ja leider aushebeln kann. Secundum die richtigen Gegenmittel. Deine Domäne. Tertium... eventuell eine Feiung durch Theriak schon im Vorfeld? Aber da kenne ich mich nicht aus. - Wie siehst du das ?"

    "Oder zumindest gut auf seinen Rücken achten." ergänzte ich. Überrascht dass Scipio, dies, trotz seiner jungen Jahre und sorglosen Erscheinung, wohl doch schon recht realistisch sah. Natürlich war das theoretische Wissen das eine, und die Erfahrung, hinterrücks verraten zu werden, dann trotzdem ein ganz anderes Kaliber.


    Aber a propos Verrat. Eigentlich hatte ich ihm ja vom Bürgerkrieg erzählen wollen. Wollen? Nein, nicht wirklich. Ein gewaltiger Widerwille dagegen, mir diese abgrundtief dunkle und verworrene Epoche des Reiches wieder zu vergegenwärtigen, lähmte mir die Zunge. Eine Art von Abscheu dagegen, überhaupt nur zurückzudenken, an diese Zeit, die nur das Allerschlechteste in den Menschen gefördert hatte, diese Jahre, in denen wildgewordene Schicksalsmächte in einem Tanz sinnloser Zerstörung das Reich an den Rande des Abgrundes getrieben hatten.


    "Es begann alles damit, dass Kaiser Ulpius Iulianus... der letzte große Kaiser... auf dem Feldzug gegen die Parther ums Leben kam." begann ich widerstrebend zu erzählen.
    "Das war... bei der Schlacht am Chaboras, wo ihn ein Partherpfeil aus dem Hinterhalt traf. Später starb er an der schwärenden Wunde, da standen wir vor Dura Europos, um die Stadt zu belagern... Ich war damals noch ein kleiner Soldat bei der Prima, und Livianus war als Legat der Prima in parthische Gefangenschaft geraten... Es hatte dann ein Ende mit dem Feldzug. -
    Ulpius Aelianus Valerianus, der Adoptivsohn Iulianus, folgte ihm auf den Thron. Der Übergang war reibungslos, denn die Nachfolge war ganz klar Iulianus' Wille gewesen, er war sehr beliebt gewesen, und er hatte Valerianus bereits fest als Thronfolger etabliert. Iulianus wurde dann vergöttlicht. Kaiser Valerianus war... ein echter Soldat. Mit viel Rückhalt bei den Truppen. Aber als er den Thron bestieg, da war er schon nicht mehr gesund. Er litt an einer schleichenden Auszehrung, und zog sich bald zur Genesung aufs Land zurück, zusammen mit seiner Familie. Darum überließ er mehr und mehr Regierungsgeschäfte seinem Stellvertreter: dem Stadtpräfekten Vescularius Salinator. Die beiden waren alte Freunde und Kampfgefährten, und Valerianus vertraute ihm...
    Vescularius war von Anfang an umstritten. Zum Teil weil er aus einfachen Verhältnissen stammte, ein echter 'homo novus', dessen Umgangsformen und Geschmack nicht gerade die besten waren, was die verstaubten Eliten natürlich entsetzte... "

    Ein ganz leises Schmunzeln glitt über mein Gesicht, als ich daran zurückdachte..... aber ich wurde schnell wieder sehr ernst, und fuhr fort:
    "Zum Teil weil er nicht zögerte die Dinge beim Namen zu nennen, und uralte, längst veraltete Privilegien des Patrizierstandes aufs Korn nahm. Kannst du dir vorstellen, Scipio, dass damals die Patrizier, ausgerechnet die reichsten alten Familien mit all ihren Latifundien, tatsächlich noch vollkommen davon befreit waren, Steuern zu zahlen? Ein irrwitziges Privileg, das natürlich zu Lasten von uns Plebejern ging!
    Und zum Teil war er auch umstritten... weil er eine schamlose Vetternwirtschaft betrieb und auch damals schon Ansätze von despotischen Züge zeigte. Livianus hat das damals angeprangert, im Senat, aber die anderen Senatoren hatten nicht den Schneid dazu... -
    Wenn... ein durchschnittlicher denkfauler Römer heute auf Vescularius zurückblickt, dann sieht er, verzerrt durch die dicken Schichten von Propaganda die Cornelius und Konsorten über das Reich gekleistert haben, nur noch ein wahres Monstrum. Aber es ist... eben viel komplexer. Ich war damals bei den Stadtkohorten Centurio, und habe häufiger die Leibwache Vescularius' kommandiert, ihn aus nächster Nähe mitbekommen, und er hat wirklich viel für uns Plebejer getan, war gut zu seinen Soldaten, war uns ein fairer und fähiger Kommandant. Zumindest damals..."

    Versunken in all diese ambivalenten Erinnerungen rieb ich mir mit zwei Fingern angestrengt die Nasenwurzel.
    "Das ging lange so, dass die Leute hinter seinem Rücken tuschelten, er sei ein zweiter Seianus, während sie gleichzeitig vor ihm buckelten und schleimten, und versuchten so viele Vorteile wie möglich abzugreifen. Gerade die, die ihn heute am schärfsten verurteilen, sind oft die, die damals am schamlosesten um ihn herum scharwenzelten. Es gab dann wohl Bestrebungen, Kaiser Valerianus davon zu überzeugen, seinen Sohn Maioranus offiziell zum Thronfolger einzusetzen. Aber der war noch ein Junge, und der Kaiser ließ alles beim Alten. Dann kamen diese verhängnisvollen Saturnalien..... "

    Nagende Zweifel klopften an meiner Stirn. Wie in aller Welt, so fragte ich mich sorgenvoll, wollte ein Mann, der nicht mal selbst daran glaubte, seinen Gefolgsleuten Treue einzuflößen und ihre Loyalität halten zu können, langfristig an der Macht bleiben? Und dann diese seltsame Unstetigkeit, so gefährlich sorglos zu sein gegenüber erwiesenen Verrätern, hingegen so beleidigend argwöhnisch gegenüber erwiesenermaßen treuen Unterstützern. Ob das auf die Dauer wohl gut gehen konnte...?!
    Treue zu mißachten war der beste Weg, Treue zu verspielen. Und es war doch leider wirklich kein gutes Zeichen, wenn sogar ein aus tiefster Überzeugung kaisertreuer Soldat wie ich, gerade ein wenig ins Zweifeln kam... und das obgleich für mich nun doch wohl endlich die Wiedereinsetzung kam. (Glauben können würde ich das allerdings erst dann wenn alles offiziell war. Frühestens dann.)


    Des Kaisers Frage an meinen gerade grob abgesägten Vater klang in meinen Ohren etwas dürftig. Entweder man ehrte jemanden, oder man ließ es bleiben. Und mein Vater zeigte nun seinerseits den hispanischen Stolz und lehnte vornehm ab. Nun würde sich wohl zeigen, ob der Kaiser es ernst gemeint hatte.

    Ich hatte meinen Beneficiarius instruiert, den Artorier bei seinem Erscheinen erst mal etwas warten zu lassen, und blieb vertieft in meine Unterlagen, auch als in meinem Vorzimmer Klopfen und die Stimme Nonius' erklangen. Und zwar feilte ich am Wachplan des Palatin, der schon so dermaßen ausgeklügelt und komplex war, dass es in meinen Augen an der Zeit war, ihn wieder einfacher zu gestalten. Es war ein bisschen wie ganz früher, als Tesserarius. Nur in viel größerem Maßstab.


    Nach einiger Zeit steckte Nonius dann den Kopf in meine Amtsstube. Ich nickte, und er sprach hinter sich:
    "Der Tribun lässt bitten."


    Den Stylus beiseite legend, rückte ich mich gravitätisch auf meinem Scherenstuhl zurecht, und sah dem Besucher mit reservierter Miene entgegen. Eine reservierte Miene, die, als ich seiner angesichtig wurde, hilflos dahinschmolz. Bei allen Göttern! Eine Statue des Phidias war es, die hier zum Leben erwacht war, sich als Stationarius getarnt hatte, und in meine Amtsstube hineinspaziert kam. Dieses ehrfürchtige Staunen, das mich in Gegenwart von etwas wahrhaft Schönem ergriff, hielt mich machtvoll umfangen...
    Zum Niederknien.....!
    "A..." Ich räusperte mich, suchte meine Stimme wiederzufinden. "Artorius Rufinus, salve. Du hast also... ein paar Verbesserungsideen, ja?" Wie banal, mit solch einem gesegneten Wesen über so einen öden Kram wie die Postvorschriften zu reden! Etwas fahrig wies ich auf einen Stuhl, schwer beschäftigt von der Frage: Ob diese schier unglaubliche Perfektion wohl auch unter seinem Gewand weiterging...?
    Faustus! Reiß dich zusammen!

    Flankiert von meinen Custodes über den Markt schlendernd, fiel mein Blick auf eine weiße Katze, ein geschmeidiges Tier, das auf Samtpfoten lautlos hinter einen Stand huschte. Ich sah mich um, und....
    ...und mein Blick fiel auf eine weiße Katze, ein geschmeidiges Tier, das auf Samtpfoten lautlos hinter einen Stand huschte. -
    Irritiert blieb ich stehen, rieb mir die Augen. Was... was machte ich eigentlich hier auf dem Markt? Heute morgen, da hatte ich zwar noch überlegt, einen Abstecher auf den Sklavenmarkt zu machen – nachdem der letzte nicht gerade ergiebig gewesen war... – und ich hatte noch geschwankt... dann aber beschlossen, dass ich zu viel zu tun hatte, darauf war ich in die Castra gegangen, und den ganzen Tag nicht mehr rausgekommen... beziehungsweise.... erinnerte ich mich zwar an einen solchen Ablauf... mußte aber zugleich feststellen, dass ich hier ganz eindeutig auf dem Sklavenmarkt stand und somit irgendwas mit der Erinnerung nicht stimmen konnte. Und während ich dies realisierte, löste sich die alte Erinnerung unmerklich auf, wie Nebel im Wind, und jetzt war mir natürlich auch wieder präsent, dass ich heute mittag dann ganz spontan beschlossen hatte, dass die Castra nicht untergehen würde, auch wenn ich mal ein Weilchen nicht da war. Jetzt fügte sich alles wieder zusammen... nur so ein latentes, leises Unbehagen blieb.


    Ich trat zur laufenden Versteigerung, grüßte ein bekanntes Gesicht...

    Zitat

    Original von Paullus Germanicus Aculeo


    "Salve Germanicus Aculeo! Was für ein merk... - ähm, was für ein schöner Tag. Und so mild für die Jahreszeit. Ich wollte wir hätten dieses Wetter zur Imagoweihe gehabt. Aber zu den Saturnalien soll es ja leider wieder kälter werden."


    Die Sklavin präsentierte sich sehr anmutig. Etwas zu stolz vielleicht – aber das unterstrich ja eher den Nimbus der gebildeten Luxussklavin. Freigeboren allerdings...


    Zitat

    Originale von Marcus Decimus Scipio und Gaius Prudentius Primus


    Auch die beiden Jünglinge unserer Familie (erweiterten Flickenteppich-Familie) hatten sich unter die Menge gemischt, und standen einträchtig – oder nein, so wirklich einträchtig sah das nun auch wieder nicht aus – nebeneinander. Grüßend hob ich die Hand.
    "Scipio, Primus, salvete. Da habt ihr ja was schönes gefunden."
    Womit ich natürlich meinte, dass eine gebildete Griechin doch immer eine Zierde war. Wenn sie denn hielt, was der Händler versprach.


    "Mädchen!" rief ich die Sklavin an, "Zeig uns was du kannst und rezitiere uns etwas griechische Lyrik!"

    "Stimmt schon, die Fama ist grausam. Das war genau das Körnchen Wahrheit, welches seine Heuchelei so überzeugend gemacht hat. Dass das Mädchen nicht zur Vestalin taugte war doch sonnenklar, und dass er sie trotzdem, trotz allem was er wußte, in diese Position trieb..... ist nicht gerade ein Ruhmesblatt für Dives. Sich dann hinzustellen und mit dem Finger anklagend in die Menge zu zeigen, anstatt sich mal am eigenen Kragen zu packen, dazu gleich noch ein bisschen Wahlkampf... – nee!" Ich schüttelte den Kopf. "Habe ich dir eigentlich erzählt, dass die Urbaner sogar den Soldaten, mit dem sie das Techtelmechtel hatte, ausfindig machen konnten? Ein Centurio Hadrianus von der Legio Prima. Mittlerweile auch verstorben."
    Verstorben wie der gesamte Fall.


    "Fortuna, ah..." Ich lächelte schief. "Fortuna...habe ich früher auch viel verehrt."
    Es freute mich, dass Valentina für uns gemeinsam geopfert hatte! Vielleicht sollte ich mal... den verwüsteten kleinen Tempel aus besseren Zeiten restaurieren lassen.
    Das Geheimnis verraten?
    "Hab ich das?" fragte ich irritiert. "Ich hab dir doch nie... nein ich hab sogar noch versucht es zu verschweigen, aber dann im Theater war's natürlich offensichtlich. - Ja, er war ziemlich widerborstig auf der Verlobungsfeier, und du meinst es lag daran? ...hmm. "
    Wie reizend war es, wie feinfühlig, dass Valentina sich so darum bemühte, Frieden zu schaffen. Ich lächelte, angetan von ihrem Engagement, und etwas verwundert, dass sie nun, da sie es mir berichtete, so schüchtern guckte.
    "Das ist sehr lieb und ehrenwert von dir!" meinte ich dankbar. Im Frieden schließen war ich mit meinem hitzigen Gemüt nämlich nicht so sonderlich gut, da war es sicher sehr vorteilhaft eine Frau wie sie an meiner Seite zu haben, die mich mit ihrem Charme und ihrer Sanftmut ein wenig darin unterstützte. "Hoffen wir, dass es sich wieder einrenkt. - Übrigens habe ich auch geopfert, für Iuno, für dich. Und du hast mich gerade auf eine Idee gebracht, Carissima. Ich hatte da so einen hübschen kleinen Fortunatempel gestiftete, früher. Der ist jetzt aber leider... ziemlich demoliert. Vor allem, ähm, das Kultbild. Hast du Lust, Modell zu stehen, für eine neue Fortuna, für... meine neue Fortuna?"

    "Im Zweifelsfall" verkündete ich mit einem hintersinnigen Grinsen, "sollte die Wahl immer auf einen glutvollen Hispanier fallen!"
    Zur Feier des Tages ließ ich den guten Tropfen von unserem Mundschenk Silas servieren. Er dekantierte, ließ den Wein atmen, verdünnte ein wenig.....
    "Aber ich bin da wohl etwas voreingenommen, denn meine Familie keltert den selbst." plauderte ich, winkte auf Plinias Dank hin ab: "Reiner Eigennutz, je sicherer ich unseren Imperator weiß um so ruhiger ist mein Schlaf... Ich muß gestehen, ich war selbst etwas aus dem Konzept gebracht in jenem Moment, der Kaiser sah uns so erwartungsvoll an, dass ich mich fragte was mir da gerade entgangen war. Speziell, ja..." Nicht nur der Humor! Ich verkniff mir entschieden, was mir sonst auf der Zunge lag und scherzte: "... und wohl zu feinsinnig für einen Soldaten wie mich."
    Nun hob Silas den Krug, schenkte uns anmutig zwei aus Bergkristall geschliffene Kelche voll. Ich erhob meinen feierlich:
    "Auf deinen Erfolg, Plinia Chrysogona, auf eine goldene Zukunft und ein segensreiches Wirken bei Hofe! Und natürlich auf gute Zusammenarbeit."

    Beflügelt vom Donnergrollen der Stimmen, der aufwogende Stimmung der Masse, der gewaltigen Kraft die sich hier auf dem Marsfeld ballte... da sah ich ihn: den Genius der Garde, wie ein einziger gigantischer Skorpion, sich aufrichtend, höher als die Hügel der Stadt, in seinem nachtschwarzen Insektenpanzer, wie er den Stachel reckte, und.... uiuiui, ich hatte wohl eine ganze Menge von dem Räucherwerk eingeatmet.... Ich atmete, blinzelte, und der Riesenskorpion zerfiel wieder in die einzelnen Einheiten, Reihen, Gardesoldaten...
    Entrückt verfolgte ich den Fortgang der Zeremonie...... nahm Manius' Flüstern gerade noch wie ein leises Raunen wahr, auf das wie ein Echo, doch ein verkehrtes, da vielfach verstärktes Echo, das Gebet des Kaisers folgte. Darauf die Opferung des gewaltigen Stieres, immer wieder ein Sinnbild dafür wie Menschenverstand und Menschenkraft siegten über die urtümlichen, uralten Kräfte des Kosmos... das Sterben des Ungetüms.... heftig herausspritzend das kostbare wunderkräftige Blut, so rot, so glühend wildrot leuchtend in diesen grauen Tag hinein, dass jede andere Farbe verblasste, fahl und unwirklich wurde, vor dem ROT allen ROTS...
    ...und der Gestank der Eingeweide, und die schöne Klarheit in Manius' konzentrierten Zügen, wie er kundig aus dem Chaos glitschigen Gewühls und fettflockigen Gekröses die Botschaft herauslas.

    Der Exkurs unseres Kaiser hätte an Überzeugungskraft doch sehr sehr gewonnen, wenn unser Kaiser sein Handeln auch bisher nach jenen Grundsätzen ausgerichtet hatte. Dass dieses jähe Sicherheitsbewußtsein ihn jedoch bei seinen bisherigen Entscheidungen und Erhebungen in keiner Weise bewegt hatte – im Gegenteil – ihn heute jedoch ganz plötzlich und unerwartet heimsuchte, machte das Ganze recht absurd.
    Doch eines war klar – wenn man vor einer Wand steht, die taub ist für Argumente, dann steht man vor einer Wand, und sollte seine Stimme nicht damit verschwenden gegen diese Wand anzureden. Wenn ein Kaiser der Meinung ist, dass es sinnvoll ist, treue Unterstützer von sich zu stoßen, indem man ihnen präventiv schon mal baldigen Verrat unterstellt, dann hält dieser Kaiser das wohl für sinnvoll. Wer selbst ehrlos ist, vermag sich nicht vorzustellen, dass andere ehrenhaft handeln. Wenn ein Gegenüber ein ausschließlich taktisches Verhältnis zur Wahrheit hat, und beschlossen hat, Verbrechen, die wie Elefanten im Raum stehen, zu übersehen... dann ist das zwar schändlich - doch es ist sinnlos, ihn erneut auf die Elefanten hinzuweisen.
    Und wenn unser neuer Kaiser, der in seiner Antrittsrede so verheißungsvoll erklärt hatte, ein neutraler neuer Kaiser zu sein, beschlossen hatte, dessen ungeachtet mit zweierlei Maß zu messen... dann war das zwar sehr enttäuschend. Doch diese Doppelzüngigkeit zur Sprache zu bringen hätte lediglich mir selbst geschadet und mein Ithaka, meine seit Ewigkeiten längst mehr als überfällige Wiedereinsetzung, wieder am Horizont entschwinden lassen...


    Mein Vater jedenfalls schien seine Gründe zu haben, um das sinnlose Opfer relativ bereitwillig zu bringen. Ich spürte seinen beschwörenden Blick, unter dem mir gar nichts anderes mehr übrig blieb, als resigniert zu bemerken:
    "Ich sehe, dass die Entscheidung gefallen ist."

    Diese düstere Veranstaltung, und all die frische Luft beim Leichenzug, hatten mich hungrig gemacht. Candace hatte einen kleinen Imbiss gerichtet, der nun in der Cenatiuncula auf dem Tisch stand. Ich rief nach Valentina, um ihr Bescheid zu geben, schnappte mir schon mal einen Happen kalten Braten, und ließ mich kauend auf die Kline fallen.
    Erst als Valentina im Raum erschien, fiel mir schlagartig auf, wie ungesittet ich mich hier fläzte. Irgendwie hatte sie diesen Effekt, mir meine Unzulänglichkeiten vor Augen zu führen, häufiger. Und das ohne etwas zu sagen, einfach nur durch die fraglose Selbstverständlichkeit mit der sie sich anständig benahm, sanftmütig und bescheiden war, und immer gut roch.
    Ich schluckte hastig, stand auf, ging auf sie zu. Legte die Arme um sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
    "Bona Dea, das war ja was. So stickig von Heuchelei war die Luft über den Forum wohl schon lange nicht mehr. Dives... Dives, der schafft mich echt jedesmal. Kaum denke ich, ja, er ist wirklich ein verdammt kluger Kopf und trotz allem irgendwie immer noch ein echter Freund, da haut er irgendwas raus – so wie heute – wo ich nur noch mit den Ohren schlenkern kann und sagen: Ähem, das ist doch das Letzte. Aber das vertrackte ist: kaum denke ich eben das, ohrenschlenkernd – da tut er wieder irgendwas... großherziges und fantastisches. Er hat ein Ianusgesicht... Dives." Ich schüttelte den Kopf... Den mußte ich echt mal wieder freikriegen, den Kopf.
    "Na egal. Hauptsache überstanden. Und, wonach steht dir der Sinn, Carissima?"

    Zitat

    Original von Quintilia Valentina
    Am Abend des Tages an dem sie der Trauerfeier von Iulia Torquata beigewohnt hatten, war Valentina nicht in die Qasa Quintilia zurückgekehrt, sie wollte unter Menschen sein und hier waren eindeutig mehr los. Dennoch wollte sie eigentlich die Gesellschaft von jemand bestimmten und so stand sie nun vor der Zimmertüre ihres zukünftigen Gatten und klopfte an.


    Still, stumm, verlassen und verschlossen war das Zimmer. Doch aus Richtung des kleinen Speisezimmers war das Geräusch von Geschirr zu vernehmen, und die Stimme Serapios, die durch das Haus rief:
    "Valentiiinaaa..! Magst du auch was essen?"

    Ein Schelm wer Arges dabei denkt.
    Mit der allergrößten Verwunderung mußte ich erkennen, dass unser Kaiser, den in der Vergangenheit die Fragen der Sicherheit im allgemeinen keinen Pfifferling interessiert hatten, jetzt, wo es um meine Rehabilitierung ging, eine plötzliche Wendung hingelegt hatte.
    Eine seiner ersten Amtshandlungen war es ja gewesen, mit seinem Dekret zum Zivil die Möglichkeiten der Garde, ihn zu schützen, deutlich einzuschränken. Berechtigte Sorgen um seine Sicherheit hatte er abgebügelt. Noch leichtsinniger war es gewesen, dem verräterischen Wendehals Duccius "meine-Unterstützung-dem-Meistbietenden" Vala, der schonmal gegen einen rechtmäßigen Kaiser rebelliert hatte, die waffenstarrende Provinz Germanien zu überlassen. Dann hatte er sich eine kriminelle Querulantin als Procuratrix in die Kanzlei geholt... dies alles schien für unseren Kaiser gar kein Problem zu sein.
    Doch halt - genau in dem Moment in dem es darum ging, meine längst... (...) mehr als überfällige Wiedereinsetzung in die Tat umzusetzten, da entdeckte unser bisher so überaus entspannter Kaiser plötzlich und spontan sein Herz für die Frage der Sicherheit. Er malte Probleme an die Wand die keine waren, und schien taub für unsere Argumente. Wie konnte das sein? Was war da los? Was lief hier falsch?
    Welche kleinlichen Schicksalsmächte da wohl gerade am Werk waren, und unserem Kaiser diesen schikanösen Floh ins Ohr gesetzt hatten?
    Ein Schelm wer Arges dabei denkt.


    Ich biss die Zähne fest zusammen, als dazu noch die grobe Beleidigung kam, uns Wankelmut und Verrat, potentiell gleich nächstes Jahr, zu unterstellen. Als wären wir irgendwelche dahergelaufenen... Mein hispanisches Temperament kochte auf, ich wurde blass vor Zorn um die Nase, und konzentrierte mich einfach nur darauf... jetzt.... nichts.... zu sagen..... um... jetzt... nichts... falsches.... zu sagen....
    Mein Vater, gestählt von den Debatten im Senat, die sich ja auch beständig unter der Gürtellinie abspielten, war es wohl gewohnt Beleidigungen wie diese einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er blieb ganz gelassen. Bot... Bona Dea.... bot er gerade etwa an, selbst zurückzutreten?! Ich war entgeistert. Und gerührt. Entgeistert. Zornig, dass er wieder mal als mein Retter daherkam. Gerührt, dass er wieder mal als mein Retter daherkam. Mein Vater eben.


    "Vater." Ich schüttelte den Kopf, und sprach – gemessen, doch jedes Wort von Intensität durchdrungen: "Das kann doch nicht sein, dass deine Absetzung der Preis für meine Wiedereinsetzung ist! Ich sehe den Großmut deiner noblen Geste, aber... es wäre ein empfindlicher Schaden für Rom, einen Offizier von deinem Format als Stadtpräfekten zu verlieren. Genauso wie es ein Schaden für die Garde wäre, meine Wiedereinsetzung noch länger hinauszuzögern."
    Ruhig Blut, Faustus.
    Ich wandte mich dem Kaiser zu.
    "Imperator, es ist doch kein Zufall dass mein Vater und ich uns beide für die Präfekturen der Stammeinheiten am besten qualifizieren. Es ist die Berufung unserer Familie, Rom im Exercitus romanus hervorragend zu dienen, und dem folgen wir mit vollem Einsatz. Soll unsere Familie dafür abgestraft werden, sich in so hohem Maße um das Reich verdient gemacht zu haben?
    Zeigt nicht gerade die Bereitschaft meines Vaters zum Verzicht ganz deutlich seine edle Größe?
    Wäre die Einsetzung von uns beiden nicht auch ein Ansporn für andere Gentes, uns nachzueifern, und sich in ebenso großem Maße tätig für Rom einzusetzen?
    Und vor allem: sollten die Positionen der Präfekten Roms nicht danach besetzt werden, wer sie an Tatkraft, Kompetenz und Kaisertreue am besten ausfüllen kann?
    Bei allem Respekt Imperator - wir sind kein wankelmütiger Fluss, auf dessen Wellen man nicht bauen kann. Wir sind Männer von Ehre und Entschiedenheit, und wir haben in der Vergangenheit wieder und immer bewiesen dass auf uns felsenfest Verlass ist."

    Leiser, doch noch immer sehr eindringlich fügte ich hinzu:
    "Die Treue zum rechtmäßigen Kaiser, die stetige feste Herrschaft ist das wichtigste. Das wissen wir sehr gut, und das haben wir, wenn du dir unsere Biographien betrachtest, wirklich mehr als bewiesen. Und zwar nicht nur in den Schönwetterphasen des Reiches, wenn sowieso jeder ein kaisertreues Gesicht aufsetzt - sondern dann wenn es hart auf hart kam! Dann, wenn sich das wahre Wesen eines Menschen zeigt!
    Ich war Kaiser Ulpius Valerianus treu bis über den Tod hinaus, so sehr dass ich nicht davon abgelassen habe den Mord an ihm und seiner Familie aufzuklären und die Wahrheit darüber ans Licht zu bringen, auch wenn das mir persönlich empfindlich geschadet hat. Ich war Kaiser Vescularius Salinator treu, noch als schon alle Ratten das sinkende Schiff verließen, habe all die Einladungen zum Hochverrat gegen ihn ausgeschlagen, habe noch in seinem Namen die Garde ins Feld geführt, versucht Rom gegen den blutigen Umsturz zu verteidigen...
    Die Treue des Soldaten zum rechtmäßigen Kaiser ist die Basis, ist die Grundlage für eine solide Herrschaft, für Frieden, für das Wohl aller, sie ist etwas heiliges! Was ich bei der Imagoweihe zu Fides sprach, dazu stehe ich. -"

    Ich war da wohl etwas altmodisch.
    "Nun haben wir DIR unsere Treue geschenkt, Imperator. Mein Vater im Senat, während ich mit meinen Kohorten Wacht hielt, damit die Kaiserwahl sicher vonstatten gehen konnten. Sogleich nach deiner Wahl haben eben jene Kohorten dich lautstark akklamiert. Die Stammeinheiten wurden sofort, noch bevor von einem Donativum überhaupt die Rede war, auf dich eingeschworen, haben den friedlichen Übergang der Herrschaft in deine Hände gesichert."
    Einem klugen Mann wie Aquilius war doch hoffentlich klar, was für ein Schwein er da mit uns gehabt hatte. Andere hatten sich erst mal dumm und dämlich zahlen müssen, bis die Stammeinheiten gespurt hatten. Unterstützer wie uns durch so beleidigende Unterstellungen von der Bettkante zu stoßen war nicht klug. Loyalität verspielte man am effektivsten dadurch indem man sie mißachtete.
    "Und kürzlich erst wurde bei der Imagoweihe die Garde nicht nur mit aller Macht auf dich eingeschworen... auf meine Initiative hin fanden auch die Bildnisse der Augusta und des Caesars ihren Platz in den Standarten, verankern so den Gedanken gesicherter Thronfolge deines Herrscherhauses fest in den Köpfen der Gardesoldaten.
    Was ich damit sagen will, Imperator – Du meintest einmal zu mir, du wolltest ein Herrscher sein, der ein Zeichen des Vertrauens setzt. Wer, wenn nicht wir, hat sich bewährt, deines Vertrauens würdig zu sein? Und wer, wenn nicht wir, hat es verdient, mit deinem Vertrauen ausgezeichnet zu werden?"

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Scipio


    "Du sprichst sehr harsch über deine Mutter." bemerkte ich mit einem leisen Tadel. In Scipios Alter hatte ich das zwar auch nicht besser gemacht. Aber das hinderte mich ja nicht daran, es jetzt besser zu wissen.
    Livianus würde ihm sicher viele gute Ratschläge geben können, zum Thema Überleben und Reüssieren in der Schlangengrube Politik, viel bessere als ich. Darum hielt ich mich an der Stelle zurück, nickte nur bestärkend als er beteuerte, ihn fragen zu wollen.
    "Opfern ist ganz einfach." behauptete ich. "Und die helfen dir ja auch da im Tempel. Sieh es gute Gelegenheit, öffentlich zu sprechen.- Ach..."
    Ich wandte mich zu meinem Ornator, der auf der Fensterbank saß, und gelangweilt seine Nägel polierte.
    "Narcissus, wir quatschen hier sicher noch ne Weile. Wie wäre es, wenn du die Gelegenheit nutzt, du wolltest doch frisches Zimtöl besorgen..."
    "Hm... ja..." Er trat zu mir und prüfte mit spitzen Fingern den Zustand meiner Haare. "Das muß sowieso noch einwirken. Dann geh ich mal."
    Geschickt wand er mir ein Tuch um den Kopf, wie einen Beduinenturban, und verließ uns.


    "Um auf deine Frage zurückzukommen, Scipio. Ich muß sagen, ich bin überrascht, dass du überhaupt fragst. Was geschehen ist, im Bürgerkrieg, und was dazu führte, das wurde auf Anordnung von oben wirklich massiv totgeschwiegen und mit Propaganda übertüncht. Aber du hast schon recht, du solltest wissen was war. Geh aber bitte gewissenhaft damit um. In deinem eigenen Interesse. Wie du schon sagtest, viele Personen und viele Familien haben große Schuld auf sich geladen in diesen Jahren. Sie wiegen sich in der Illusion es sei alles gut vertuscht, und werden äusserst giftig wenn man sie Lügen straft."
    Aufklären, 'vergeben', 'aufarbeiten'... hatte er vorhin gesagt... Mein Mund zuckte in bitterer Resignation.
    "Und was das vertrauen-können angeht – lässt sich leicht zusammenfassen. Merk dir, Scipio:"
    Ich beugte mich vor, und sah ihn eindringlich an:
    "Du kannst allen Menschen genau so lange vertrauen, wie du ihnen von Nutzen bist. So lange wie sie eindeutig mehr Nutzen davon haben, dich zu unterstützen, als dich zu verraten, kannst du ihnen vertrauen. Und sobald sie einen größeren Nutzen davon hätten, dich zu verraten – geh davon aus, dass sie dir bei erster Gelegenheit den Dolch in den Rücken stoßen. Das ist normal. Gilt auch für Freunde. Zumindest für neun von zehn die du als Freund bezeichnen würdest. Für die Familie – manchmal. Klingt jetzt vielleicht etwas sehr bitter in deinen Ohren, aber... es ist so."
    Ich machte eine Pause, bevor ich weiter ausholen würde, um sicherzugehen, dass er diese in Rom so essentielle Lektion wirklich gehört hatte.