Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    "Jawohl Imperator." nahm ich den höflich formulierten Befehl entgegen. Ein Dossier zur Nabatäafrage also. Wie schön war es doch, einen Kaiser zu haben, der den Wert umfassender Information, Aufklärung und Analyse zu schätzen wusste! Eine gute Gelegenheit wäre das ausserdem, diesen Tiberius, der so viel von sich reden machte, mal persönlich kennenzulernen.


    Zu Germania superior antwortete ich: "So wie sich die Lage zur Zeit darstellt, haben die Legio II und die Ala Numidia alles im Griff. Eine Verstärkung der Truppen ist zur Zeit nicht vonnöten. Es gilt natürlich, das genau im Blick zu behalten. Doch sollte die Lage sich ändern und kurzfristig dort Verstärkung nötig sein - die Legiones XXI und VII und die Raetische Reiterkohorte befinden sich nur einige Tagesmärsche entfernt."
    Natürlich gab es auch weniger offene Wege die Barbaren im Zaum zu halten.
    "Darüber hinaus möchte ich anregen, Imperator, einen Sondergesandten auszuwählen *, der dann auch jenseits des Limes für uns aktiv wird. Es hat sich doch bisher oft bewährt, die Streitigkeiten zwischen den Barbaren gezielt zu schüren. Und die Chatten sollen ja besonders streitlustig sein" Das hatte ich in den Berichten über Domitians Chattenkriege gelesen. "und viele Feinde unter den anderen Stämmen haben, Erzfeinde im Stamm der Hermunduren."
    Und nochwas: "Die Erfahrung zeigt ja, dass solche plötzlichen Expansionsbestrebungen oft mit dem Aufstieg charismatischer Führungspersönlichkeiten zusammenhängen. Wenn das auch da so ist, was es herauszufinden gilt, dann könnte ein geschickter Gesandter jenen Anführer vielleicht als Klienten des Reiches kaufen. Oder dafür sorgen dass ihn das Zeitliche segnet, bevor er uns wirklich Ärger macht."
    (Ein Speculator hatte Gerüchte von einer Art Amazonenkönigin aufgeschnappt, doch das war gewiss nur Humbug.)


    Zum Thema Britannien nickte ich bestätigend, durchmischen klang für mich sehr vernünftig, und meinte knapp: "Sie sind ihm treu ergeben, insbesondere der Kommandant der Classis Britannica, zu dem auch Familienbande bestehen." Dann musste ich in meinen Unterlagen nachsehen, fand noch ein Detail und steuerte noch bei: "Mit Ausnahme des Legaten der XX, der sich... seit einem Zwischenfall bei einem Bankett in Londinium... eine Meinungsverschiedenheit, es ging wohl um die Liegeordnung... dem Statthalter gegenüber sehr indigniert zeigt."
    Der Bruder Palmas war schon eine geheimnisvolle Figur. Er hatte sich dem Bürgerkrieg nicht angeschlossen, was ich natürlich als eine ehrenvolle Entscheidung ansah, er hatte seine Provinz gut im Griff, und zugleich herrschte er da auf der Insel weitab von Rom wohl mittlerweile wie von eigenen Gnaden. Es hatte ja durchaus seinen Sinn, dass solche Provinzkommandos normalerweise zeitlich beschränkt waren.




    Sim-Off:

    *Da sich die Chance, einen Spion auf abenteuerlicher Mission im Barbarenland zu spielen, ja nicht alle Tage bietet, soll das hier nur ein möglicher Aufhänger für eine solche Story sein. Falls irgendein Spieler Lust darauf hat, diese Spielmöglichkeit zu ergreifen. ;)

    Nein natürlich niemals, dachte ich schmunzelnd, und drückte gerührt Carmelitas Schultern. Ich hatte ja Lust, meiner Nichte vorzuschlagen, wir könnten doch mal zusammen musizieren, so wie ich es früher gelegentlich mit meinem Rauhe-Schale-sentimentaler-Kern-Centurio gemacht hatte. Auch wenn sie mit ihrem großen, ehrgeizig geschliffenen Talent natürlich ungleich viel virtuoser und professioneller war, als ich mit meinem eingerosteten Flötenspiel. Aber ich hatte ein wenig Bedenken es könne meine onkelhafte Autorität untergraben, wenn ich zugab so etwas, in den Augen der Welt so unseriöses,wie das Flötenspiel zu praktizieren. Mußte ich mir noch überlegen ob ich das wagen konnte.


    "Gewiss!" bekräftigte ich ihre verstohlene Bemerkung, dass sie sich an Vespa und Valentina wenden könne. Welch ein Glück dass die beiden das übernehmen konnten. Ich hatte echt keine Ahnung, was für unaussprechliche Probleme Carmelita meinte, und ich wollte es auch gar nicht wissen.
    "Und wichtig ist noch, Carmelita, wenn du hier lebst, dass du dir stets einen Leibwächter mitnimmst wenn du hinaus gehst. Rom ist nicht Tarraco, das Verbrechen hier in der Stadt ist ein großes Übel. Die Sklaven der Familie stehen natürlich auch zu deiner Verfügung, und du kannst auch die Sänften benutzen. Du bekommst ein Taschengeld von mir, wenn du sonst etwas brauchst mußt du's mir sagen."


    "Oh ja!" lachte ich, als sie so lobend von meiner Verlobten sprach, "Valentina ist wundervoll. Uns verbindet eine herzliche Freundschaft, und diese Verbindung ist für uns beide von größtem Vorteil." Bei der Bemerkung mit dem 'nicht aus den Augen lassen' fragte ich mich, ob ich wohl Valentina zu lange aus den Augen gelassen hatte? Ich sah zu ihr rüber, fing ihren Blick auf, lächelte ihr zu und erhob mich.
    "Lass uns mal zu den beiden rübergehen" forderte ich Carmelita auf, und rückte meinen Kranz zurecht.


    Unterwegs beschrieb ich ihr noch:
    "Ach, der Germanicus da drüben, der wartet übrigens schon sehnsüchtig darauf dir vorgestellt zu werden. Du wirst dich vielleicht wundern, dass ein Germanicus hier ist, aber nun ja, er war früher mal mit Valentina verlobt. Und er ist gar nicht so verkehrt.
    Und der Mann mit dem er sich unterhält, das ist mein alter Freund Licinus. Marcus Iulius Licinus. Ein feiner Kerl! Er ist Lagerpräfekt der Legio Prima, in Mantua, die Legion bei der wir damals sub aquila gegangen sind."

    Oder hatte ich das vorhin schon erzählt? Egal... 'Ganz dezent' musterte ich das Antlitz meines Schützlings. Ob er ihr wohl zusagte? Natürlich war Licinus schon etwas in die Jahre gekommen, aber das machte ihn (meiner bescheidenen Meinung nach) nur markanter, kerniger, ausdrucksstärker...

    "Es ist eine völlig verrückte Intrige." stimmte ich meinem Vater. "Ja, schier unglaublich. Aber es weist wirklich alles auf die Sergia. Und einen gelinden Hang zum Größenwahn kann man dieser Frau wohl nicht absprechen."
    Und dabei fiel mir wieder einmal auf: Ich sollte mir echt ein anderes "Hobby" suchen. Ermittlungen waren etwas wunderbares. Ich liebte es, die Nachforschungen, die Informationen wie Mosaiksteinchen, mein Herz schlug höher, wenn sie begannen zusammenzupassen, wenn sich irgendwann ein Bild ergab, ein Tathergang rekonstruiert werden konnte, ein Verbrechen aufgedeckt, ein Schuldiger entlarvt.
    Und dann kam regelmäßig die Ernüchterung, wenn keiner glauben wollte, das etwas so verworfenes wirklich hatte geschehen können. Wenn die Richter die Mörder laufen ließen, damit diese fröhlich weitermorden konnten. Oder wenn das Verbrechen einfach alle Maßstäbe sprengte, so dass die Menschen sich weigerten, allein aus Selbstschutz, wahrzuhaben was geschehen war. Wenn sie lieber den bestraften, der die Tat benannte, als den der sie begangen hatte. Wie bei der Ermordung der Ulpier. - Oder wenn die Wirklichkeit so wirr war wie bei dieser Intrige hier, wirrer als man sich das jemals würde träumen können....


    "Ähm... die Ermittlungen begannen als Iulius Dives noch senatorischer Tribun dort war, und er hat das ganze wohl.... aus Familiengründen etwas stiller angehen lassen." Ich zuckte die Schultern. Würde ja jeder so machen. Armer Dives, gestraft mit seinem bösen Weib.
    "Und später, als ich den ermittelnden Optio traf... - ein junger Iunier übrigens, Avianus sein Name, Ex-Prätorianer - da sagte ich ihm, dass ich es übernehmen würde dich zu informieren." nahm ich den (damals noch) Optio ein wenig aus der Schußbahn.


    Mein Vater war gutmütig und langmütig wie immer, achtete selbst jetzt noch auf den Ruf dieser Dame. Meine Zähne bissen fester aufeinander als ich daran dachte, dass wir zwar extrem stimmige Indizien hatten, doch natürlich keine unanfechtbaren Beweise – so was war nun mal eine Rarität.
    "Ja, mache ich. Doch solange wir davon absehen, die Frau und ihre Vertrauten verhaften und verhören zu lassen, werden die Beweise und Geständnisse sich wohl weiter rar machen." bemerkte ich verdrossen. Und das mit dem Verhaften fiel wohl (leider) aus.
    - Jedoch...
    "Hmm... Augenblick..." Ich rieb mir über das Kinn, nachdenklich. Das wäre ja zu schön einfach. Aber manchmal stolperten ja auch die kühnsten Pläne über banale Kleinigkeiten. "Du hast doch sicher irgendwelche Post von ihr bekommen. Briefe, Tabulae vielleicht? Hast du da noch welche? Es geht um die Handschrift..."

    Auch wenn ich keinen Senator spiele, ich bin ebenfalls der Meinung, dass man den Spielern im Senat doch durchaus zutrauen kann, das sinnvoll selbst zu entscheiden. Und nicht darauf bestehen sollte, dass jedesmal PNs gewechselt und ein NSC geschrieben werden muß, wo es gar nicht nötig ist.

    "In den Provinzen herrscht im Großen und Ganzen eine angespannte Ruhe. Statthalter und Legaten haben ihre Truppen nach dem Ableben Cornelius' beinahe durchweg in Alarmbereitschaft versetzt, doch nicht in Marsch. Das Reich ist kriegsmüde und viele Legionen noch immer ausgeblutet. Mit deiner Wahl, Imperator, beginnt die Lage nun sich wieder zu beruhigen."
    So begann ich, und ging darauf nacheinander die Provinzen durch, erst die wichtigsten Grenzen:


    "Die Lage an der Parthergrenze ist soweit stabil. Der Statthalter Syriens hatte sie zwar über längere Zeit militärisch entblößt, doch glücklicherweise gab es im Reich der Parther zu jener Zeit ebenfalls innenpolitische Wirren, so dass sie diese offene Flanke nicht ausnutzen. Der Shah in Shah bekämpfte einen Gegenkönig, welcher noch immer nicht besiegt ist. Zudem gab es in jüngster Zeit Einfälle barbarischer Stämme, der 'Alanoí', im Kaukasus, welche militärische Kräfte der Parther banden. Unser Klientelkönigreich Armenien ist davon bisher nicht betroffen, es ist jedoch eine Machtverschiebung am nördlichen Ende unserer Grenze zu den Parthern, welche es im Auge zu behalten gilt. Ein Abkommen über den Grenzverlauf gibt es nicht, hätte bei der verräterischen Natur der Parther aber auch wenig Wert.
    Im südlichen Bereich der Grenze ist die Nabatäafrage weiter offen und bedarf dringend der Klärung. Nach dem Tode unsere Klientelkönigs ist die zentrale Herrschaft dort zerbrochen, die arabischen Stämme bekriegen sich untereinander. Es gab Überlegungen das Gebiet dem Imperium einzuverleiben, oder zumindest einen neuen Vasallen als König zu etablieren. Aus strategischer Sicht ist das eindeutig vonnöten, auch durch seine Handelswege ist Nabatäa wertvoll. Soviel jetzt nur kurz dazu. Um diese Frage weiter zu beraten empfehle ich dir, dann ausserdem den Senator Tiberius Lepidus hinzu zu ziehen, der sich als Quaestor viel mit dieser Materie befasst hat."


    "Die Germanengrenze bedarf ebenfalls der Aufmerksamkeit. Es brodelt jenseits des Limes, die Stämme der Chatten sind aufmüpfig geworden, haben sich zusammengeschlossen und zahlreiche Siedlungen anderer Stämme überrannt, auch nahe des Limes. Es gab bereits einen Zusammenstoß mit einer Abteilung der Legionsreiterei der Zweiten.
    Hinzu kommt, dass der Statthalter Vinicus Hungaricus sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hat. Ein potentieller Nachfolger für ihn wäre sicherlich der Legat der Zweiten, Arennius Cavarinus, der sich in der Vergangenheit als fähiger und kluger Kommandant hervorgetan hat, und der mit der Lage dort in allen Einzelheiten bereits vertraut ist."


    "Die Situation in Dakien ist weiterhin ruhig, und seitdem du die Provinz befriedet hast, Imperator, treten immer mehr Jazygen und sogar Roxolanen den Hilfstruppen bei." gab es auch einmal eine gute Nachricht.


    "In Ägypten ist die Lage ebenfalls stabil, lediglich die üblichen Aufstände des Pöbels von Alexandria und die üblichen Räubereien zu Land und zu Wasser sind vorgefallen. Es gab keine größen Vorfälle mit den Blemmyern mehr. Die Classis Alexandrina patrouilliert und sichert unsere Getreidelieferungen."


    "In Britannien hat es eine weitere Revolte des Stammes der Briganten gegeben. Der Statthalter hat diese bereits niedergeschlagen. Cornelius Cethegus hat die Provinz fest im Griff. Er hat nun mit einem riesigen Bauprojekt begonnen, dem 'Corneliuswall', einer Art Limes an der Nordgrenze der Provinz, der von Küste zu Küste quer durch die Insel geplant ist... Die lange Zeit seiner unangefochtenen und geographisch, sowie durch den Krieg, isolierten Statthalterschaft, scheint allerdings auch dazu geführt zu haben, dass er die Bindung an Rom vernachlässigt. So hat er Aurei mit nur seinem eigenen Konterfei und besonderer Reinheit geprägt, anlässlich des letzten Sieges über die Briganten."


    Sodann berichtete ich dem Kaiser noch allerlei aus den übrigen Provinzen (womit ich dich, lieber Leser, nun aber nicht in allen Details langweilen möchte), von den Unruhen in den mauretanischen Hilfstruppen, von dem verheerenden Erdbeben in Smyrna, von den Tempelverwüstungen, die die zypriotischen Juden in ihrem seltsamen, bilderstürmerischen Wahn angerichtet hatten, und ihren Verbindungen nach Kyrene. Und vieles mehr aus dem weiten Imperium....
    Zuallerletzt streifte ich das militärisch völlig unbedeutende Fleckchen Bithynien und Pontus.


    "In Bithynien und Pontus ist der ausserordentliche Statthalter verstorben, Plinius Caecilius Secundus, ganz kürzlich erst, es wurde noch kein Nachfolger entsandt." Ein Verlust für die literarische Welt war das vor allem.
    "Er hatte in der letzten Zeit viel mit den Umtrieben der Christianersekte dort zu kämpfen, dieser ansteckende Aberglauben floriert in jener Provinz und breitet sich dort wohl rapide aus. Plinius ging recht milde mit den Sektierern um und nahm nur die Verstocktesten fest. Ein Gefangenentransport ist zur Zeit unterwegs, damit diese Rädelsführer hier in Rom ihr gerechtes Urteil erhalten."


    Darauf rückte ich meinen Harnisch zurecht, der schon wieder so unbequem am Hals einschnitt und trank, während ich des Kaisers Reaktion aufmerksam verfolgte, einen Schluck, um meine Kehle wieder zu befeuchten.

    Schon nach ihren ersten paar Sätzen verflüchtigte sich mein vager Verdachtsgedanke – Valentina war einfach zu ehrlich! Nach ihren nächsten paar Sätzen regte sich schon mein schlechtes Gewissen – wie hatte ich meiner holden Zukünftigen, die einfach nur ein wenig ihren Kummer betäubt hatte, auch nur in Gedanken so rüde Unterstellungen machen können?! Angezogen war sie aufgewacht, wer sonst hätte das wohl von sich sagen können?
    Und spätestens, als Valentina sich von den Blumen abwandte und sich zu mir drehte und mich so eindringlich fragte, was ich nun nun von ihr dachte, da war mir bewußt wie tief, knietief, hüfttief, ich hier in den Fettnapf gesprungen war. Ich errötete.
    "Ähm... Aber nein! Nein, in keinster Weise, ich habe mich... grob und fälschlich ausgedrückt, es war unverzeihlich, ich würde doch niemals so von dir denken!" beteuerte ich überstürzt, mit hängenden Schultern. Oh je! Was wenn sie mir jetzt den Laufpass gab? Dann wäre es Sense mit der Hochzeit!
    Schuldbewußt hörte ich was sie zu sagen hatte. Und es begann mir... schon beinahe... leid zu tun, für sie, dass ihre Liebe zu dem Helvetier so böse geendet hatte. Es war natürlich gut für mich, wenn meine Zukünftige dieser Versuchung nicht mehr ausgesetzt war, und Liebe war ja auch eine ganz schlechte Basis für eine Ehe (bekanntlicherweise), und doch klang es so furchbar traurig wie sie erklärte: "Ich habe nun endgültig verstanden, dass die Götter für mich nicht vorgesehen haben, dass ich geliebt werde." Wenn dies ein Theaterdrama gewesen wäre... dann hätte ich die Maske des stinkreichen, nach der Braut lechzenden Greises getragen, der die Liebenden in der Mitte des Stückes entzweit, nur um am Ende durch eine plötzliche Schicksalswendung beseitigt zu werden, so dass die Liebenden endlich vereint sein konnten. Hmpf.


    "Aber natürlich will ich das!" rief ich impulsiv, als Valentina geendet hatte. "Du hast ganz recht. Wir gehören zusammen, und ich kann mich glücklich schätzen dass du mich... trotzdem... also, trotz allem, zum Mann willst. Ich will für dich da sein. Und den Weg mit dir zusammen gehen."
    Ich trat auf sie zu, zögerte jedoch, nach allem gesagten, sie einfach wieder in den Arm zu nehmen, und blieb etwas linkisch vor ihr stehen.
    "Entschuldige Valentina, du wirkst immer so entschlossen, ich habe das nicht so bedacht, dass auch du Zeit brauchst für das Neue, um dich daran zu gewöhnen. - Du sollst natürlich die Zeit haben die du brauchst. Wir heiraten dann wenn du bereit dazu bist. Aber nur dass du es weißt: von mir aus können wir das gleich morgen machen, vom Fleck weg, ich muß gar nicht den großen Pomp haben..." Es war zwar nicht meine Natur, einen Anlass zum großen Feiern auszulassen, doch ich wollte die Sache unbedingt über die Bühne bringen. Damit auch ja nichts mehr dazwischen kommen konnte. Und unsere Verlobungsfeier war ja auch schon ganz schön gewesen.
    "...es sei denn natürlich, du möchtest ein rauschendes Fest. Du sollst alles haben was du willst, meine carissima Valentina!"

    Als Borkan mir genau die Worte sagte, die ich vor kurzen noch Manius zugeraunt hatte, an diesem konfusen, herrlichen, furchtbaren Abend, den es gar nicht hätte geben dürfen – da legte sich irgend etwas schweres auf meine Brust. Etwas beklemmendes, etwas das meine Kehle eng machte.
    Ich wusste schon, was nun angebracht gewesen wäre zu erwidern, doch ich schwieg. Und küsste ihn nur, küsste Borkan wieder auf seine weichen, hingebungsvollen Lippen.
    "Komm, setz dich zu mir." Ich nahm wieder im Schneidersitz auf dem Kissen Platz, und griff nach dem Palmwein, schenkte uns ein. "Versuch mal, aber Vorsicht, er ist verdammt viel stärker als es scheint. Als ich zum ersten Mal hier war, da wusste ich das noch nicht, und da hat dieser gute Tropfen mich völlig umgehauen."
    An den Anfang des damaligen Abend konnte ich mich noch erinnern, doch wie es weitergegangen war, das hatte ein schwarzes Loch des Vergessens verschlungen.


    Angespannt suchte ich Borkans Nähe, legte den Arm um ihn, strich ihm verzeihungsheischend über die Schultern.
    "Hör mal, es ist... vielleicht ganz gut das mal zu klären. Es gibt keinen Grund eifersüchtig zu sein. Keinen Grund für dich. Ich habe... so wie du das willst... niemandem nachgestellt oder so, ich war nicht ein einziges mal im Lupanar, ich habe selbst den hübschen Badesklaven die kalte Schulter gezeigt, auch wenn ich gerade echt viel um die Ohren habe, und obwohl ich finde, dass so ein kurzes, vollkommen bedeutungsloses, entspannendes Vergnügen echt nichts ist was irgendwie stören sollte, aber... ich will dass du glücklich bist, also reisse ich mich zusammen. Obgleich wir uns viel zu selten nur sehen."
    Das war nun wiederum deutlich vorwurfsvoller aus meinem Mund gekommen als ich es eigentlich beabsichtig hatte.
    "Ich bin nur einmal, nur ein einziges Mal... schwach geworden" gestand ich ihm, den Blick an ihm vorbei starr auf eine schlangenhafte Bronzelampe gerichtet. Schwach. Ja. So schwach. Ich konnte Manius Hände noch immer spüren. Seinen Körper an meinem.
    "Aber das ist vorbei!" fuhr ich auf, und erklärte, mit verzerrtem Gesicht, mir die Worte schmerzhaft abringend: "Es war eine Obsession. Es war... immer mehr Traum als Wirklichkeit, und nun ist es vorbei. Ich habe mich für dich entschieden Borkan... und du weißt gar nicht was ich für dich aufgegeben habe."

    Es war so mühsam. Gegen Wände blanken Nicht-Wissen-Wollens und agressiver Ignoranz zu reden war ein Sport, dessen ich gewaltig überdrüssig war. Bona Dea, was hatte ich mir gewünscht dass Seiana zurück zu uns kam, und nun schreckte sie hier echt nicht davor zurück, mir die dämliche olle Diskussion aufzuzwingen. Ich liebte meine Schwester ja von Herzen, doch ich wünschte (zumindest in diesem Augenblick) inständig sie wäre einfach nur in ihren Bergen geblieben.


    "Du kannst mir glauben, Seiana: ich habe mich, als ich meinen Dienst endlich wieder aufnehmen konnte, sehr genau darüber informiert, welche von meinen Offizieren sogleich ihren Eid verraten und zum Heer des Kaisermörders übergelaufen sind. Und welche von ihnen ihren Eid gehalten haben, und trotz der Härten langer Gefangenschaft in ihrer Treue nicht wankten." erwiderte ich schneidend, fassungslos über den Unfug den meine Schwester da von sich gab.
    "Es ist ganz erstaunlich wie da die wahre Natur der Menschen zutage trat, wie sich die Lauen von den Standhaften schieden. Manche, von denen ich es wirklich nicht geglaubt hätten... ein Centurio Iulius Antoninus zum Beispiel, von dem ich nie viel gehalten hatte, erwiesen da erstaunliches Rückgrat. Andere hingegen, auf die ich große Stücke gehalten hatten... wie auf Iunius Seneca... enttäuschten maßlos. Ich kann dir versichern: dein Iunier gehörte zu den Überläufern. Er brach seinen Eid. Auf dem Eid des römischen Soldaten, auf seiner Treue zum Kaiser, basiert unser gesamtes Imperium. Ihn zu brechen ist das schlimmste Verbrechen, das weiß jeder Soldat, und gewöhnlich wird es mit der schimpflichsten Hinrichtung bestraft. Und das zu recht. Du magst die Schande, die Iunius da auf sich lud, nicht sehen wollen, in deinem rosaroten blinden Liebeswahn in dem dir alles wunderbar und perfekt an ihm erscheint, doch seine Schande ist real. -
    Dir zuliebe, Seiana, damit du in Götter Namen glücklich bist, und für den Familienfrieden, würde ich ihm ja meinetwegen... - obgleich es mir verdammt widerstrebt!! - trotz allem irgendwie eine Chance zu geben versuchen... Sofern Iunius zu seinem Eidbruch steht, und seine Schande sühnt. Und einen passablen Patron sich zulegt. Wie gesagt. Iunius hat ja auch... seine Stärken... sonst hätte ich ihn schließlich niemals zum Centurio befördert, und... Es waren ja auch abnormale, wahnwitzige Zeiten, in denen manchmal abstruse Dinge, die gar nicht zu den Handelnden passten, einfach so passierten."


    "Lass bitte" seufzte ich, "Manius aus dem Spiel. Vielleicht hab ich.. mein eigenes blindes Auge was ihn angeht, ich weiß nicht, das kann schon sein, aber... darum geht's doch jetzt nicht, wenn du mir das vorwerfen magst, bitte, aber du mußt doch zugeben dass ich ihn zumindest nicht zu heiraten und in unsere Familie einzuführen gedenke!" wehrte ich mich verkniffen gegen dieses verdammt empfindliche Thema. "Es tut gerade echt nichts zur Sache... -"


    "Was aber den Duccier angeht. Du kannst doch nicht vergessen haben, dass der Germane unseren Pater Familias damals vor dem ganzen Senat auf die allerprimitivste Weise bis aufs Blut beleidigte. Später giftete er wieder gegen Livianus und auch Aquila, griff sie heuchlerisch massiv an, allein wegen ihrer Verwandschaft zu mir. Daran ändert so ein rein wahltaktisches Lippenbekenntnis für die Öffentlichkeit doch nichts.
    Du weißt auch, dass dieser dreckige Barbar seine Loyalitäten je nach Wetterlage ändert, erst schleimte er schamlos bei Vescularius, dann, als selbst dem seine Forderungen zu unmäßig wurden lief er zu den Verschwörern über und sprang auf Cornelius' Trittbrett. Er hat mir ja selbst ganz stolz erzählt, als er mich für geliefert hielt und eitel vor sich hin prahlte, hat mir ja selbst erzählt wie scheißegal ihm das Wohl des Reiches ist, die Toten des Krieges, wie sehr er doch Ehre und Anstand verachtet. So einer wie der Duccier, Seiana, sieht das Reich nicht, so wie wir, als etwas das es zu bewahren und dem es zu dienen gilt, er sieht es als Speisekammer, in die man sich einschleichen, sie ausplündern und sich vollfressen kann. Sobald er Macht in der Hand hielt, hat er sie mißbraucht. Wie kam es wohl, dass ihm nach dem Krieg plötzlich eine ganze Insel 'gehörte', die zuvor Besitz einer kaisertreuen Familie war? Dich hat er gezwungen ihm Magnus' Kinder zu überlassen, obgleich du vorher so vehement dagegen warst, wirklich dagegen, ich erinnere mich an den Krach mit Massa damals deswegen, aber ich werfe es dir nicht vor, auch nicht dass du den jungen Aquila, den Enkel des Triumphators, als Tiro seinem verderblichen Einfluss überlassen lassen, du warst ja allein und hattest ja keine Wahl, und glaubtest sicher das beste zu tun. Aber jetzt ist es an der Zeit diese deiner nicht würdige Unterwürfigkeit abzulegen und dich zu erinnern dass du eine Decima bist, und dass deine Loyalität deiner Familie gebührt!
    ...Du weißt was er mir angetan hat."
    Es kam mir nicht über die Lippen, und es war auch nicht nötig mich dazu zu zwingen. Unter dem absoluten Siegel der Verschwiegenheit nur hatte ich es Seiana irgendwann anvertraut, in vertrautem Gespräch auf ihrem Landgut, was für ein widerliches Spielchen von Demütigung und Scheinhinrichtung der Duccier da im Kerker mit mir gespielt hatte. "...weißt es, was für eine kranke Scheiße das Schwein da abgezogen hat, und ich kann nicht glauben dass es dir egal ist!!"
    Der Seiana, die ich kannte, der großen Schwester mit der ich immer zusammengehalten hatte, wäre es ganz und gar nicht egal gewesen. Die Frage war, ob die Seiana die da vor mir stand noch immer die Seiana war die ich kannte....


    "Der Mann ist einfach nur ein sadistischer machtgeiler Drecksack. Bei seiner Wahl hat er auch betrogen, hinter den Kulissen schamlos manipuliert. Dass der Senat diesen Popanz nicht längst rausgeworfen hat ist echt ein Armutszeugnis für die Senatoren. Ein pöbelnder germanischer Waldbarbar als Konsul, wie bizarr ist denn das? - Kommt gleich nach einem konsularen Pferd würde ich sagen. Der Partherkönig in Cthesiphon hält sich wahrscheinlich vor Lachen seinen Bauch wenn er seine Spionageberichte studiert. - Aber der Germane ist ja gerissen, bewegt sich stets mit untrüglichem Instinkt dahin wo es etwas abzuräumen gibt, als würde er es vorher schon ahnen. Ja, es scheint fast so als habe er einen Schutzgeist, irgendwo hinter den Kulissen, der ihm stets einflüstert wo es in nächster Zeit am effizientesten zu stehen ist. Merkwürdig. Unglaublich schier. Naja.
    Lange Rede kurzer Sinn: Duccius hat durch seine Taten mehrfach bewiesen: er ist Abschaum. Aber komplett. Und von Abschaum sollte man: sich einfach fern halten. "


    "So. Und nun mag ich mich nicht länger über so nen Schwachsinn mit dir streiten, ich bin es leid, ich gehe jetzt was essen. Vielleicht... lässt du dir meine Worte zumindest ein bisschen durch den Kopf gehen...?" so schloß ich müde. Genug gegen Wände geredet, kein Bedarf mehr vorhanden meine Stimme zu vergeuden. Traurig, resigniert, und noch immer ausgesprochen ungläubig über den tiefgreifenden Wandel in der Persönlichkeit meiner lieben Schwester, räumte ich das Feld, entzog mich dieser unerquicklichen Szene und verzog mich in Richtung Küche.

    Sonst so wettergegerbt und schlachtenverwittert – jetzt war das Gesicht meines alten Kameraden doch mit einem mal ganz weich geworden. Als er von seinem Ziehtöchterchen sprach, der kleinen Esquilina-Victoria.
    "Wenn du magst, bring sie doch mal mit, bei deinem nächsten Besuch!" schlug ich ihm spontan vor, "Wenn sie mal Rom kennenlernen möchte. Sie ist natürlich herzlich eingeladen auch länger zu bleiben, die Zwillinge sind doch auch in ihrem Alter, dann können die Mädchen zusammen..." "Zusammen spielen" wollte ich schon sagen, aber es waren ja im Prinzip schon fast mündige Frauen. "...tun was junge Damen eben so tun."
    Womöglich würden sich unter dem Einfluss der kessen Zwillinge auch Licinus' Bedenken des zu brav seins erledigen. Ich sann, einen Moment ernst geworden, über das nach, was Licinus zu den Dämonen gesagt hatte – nicht verschwunden, aber nicht mehr an der Macht - und was mir irgendwie ganz enorm treffend, ganz entscheidend, erschien, doch dann war der Augenblick weinsinniger Gedankenverlorenheit auch schon wieder verweht...
    Meine höchst subtile Einleitung wurde von Licinus noch weitaus subtiler erwidert. Ich nickte entschieden. Klar hatte ich sie ins Herz geschlossen! Und den höchsten Ansprüchen genügen, ja, er nahm mir die Worte aus dem Munde. "Du sagst es, mein Freund, du sagst es."
    Meine Miene wurde grimmig bei der Vorstellung, wie ich all die nichtswürdigen Bewerber vertreiben würde, die zweifellos bald aufkreuzen würden, die ihre dreckigen Pfoten nach meiner liebreizenden Nichte recken würden, wie ein Cerberus würde ich die ganze Bande von Hof jagen! Jawohl!


    "Das ist ja auch eine Entscheidung die wohlbedacht sein will. Also ich, mit Valentina, ich habe da so ein Glück! Es passt alles, wir verstehen uns so wunderbar, sie ist so ein Schatz, und sogar mit meinem Geliebten kommt sie gut aus, es ist echt perfekt!" so schwärmte ich weinselig, im Überschwang der Freundschaft, meinen Kelch verträumt in der Hand drehend, und doch meinen "listigen" Plan nicht aus den Augen lassend, "Ich meine, du weißt ja, früher, da dachte ich ja immer, heiraten, nein, das wäre nichts für mich, und ich wäre so ein ewiger Jungeselle, aber jetzt, da kann ich es echt nur weiterempfehlen!" (Also sprach der frischgebackene Experte, der gerade einmal ein Weilchen des Verlobt-seins hinter sich hatte.)
    "Wie sieht das eigentlich bei dir aus, du Hagestolz?" fragte ich ihn neckend, "Jetzt wo du faktisch deine eigene Legion führst und so weiter. - Schon verrückt wie hoch wie beide hinausgekommen sind, und sind doch irgendwie noch immer die selben wie damals, und dann wieder auch nicht... aber egal... - Hast du auch schon jemanden ins Auge gefasst?"

    "...das ist... Wahnsinn..." flüsterte ich, umfangen von seinen Armen wie von seinen Worten, zage widerstrebend gegen seinen gleissenden Wahnwitz - unseren Tod zu inszenieren, alle im Stich zu lassen, unser Lebenswerk achtlos zu zerschlagen, die ganze Welt zu täuschen, um unserer Liebe willen, alles andere zu verschmähen, zu vergessen, hinter uns zu lassen, nur noch um unserer beider selbst willen zu sein!! Berauschend in seiner furiosen Unbedingtheit, und furchteinflößend in seiner Raserei hallte der Lockruf in mir wieder.
    "Das kann ich nicht, stotterte ich verstört, "wir können doch nicht einfach... alle anlügen und unsere Familien in Trauer stürzen, und..." Ich sah das Bild meines Vater vor mir, wie er mich adoptiert hatte, damals, und wie er zu mir in den Tempel gekommen war um mich zurückzuholen, und wie er mir vor kurzem dann gesagt hatte, dass er mich als seinen Nachfolger, als zukünftiges Oberhaupt der Familie, ansah. Er glaubte an mich und verließ sich auf mich. Ich konnte, ich durfte mich nicht einfach so davonstehlen! Der Okeanos!! Manius machte mir Angst. Dieser Sog der da von ihm ausging, machte mir Angst, die Macht die er noch immer über mich hatte. Manius konnte ruchlos sein, ohne Skrupel, er hatte immerhin einen Kaiser auf dem Gewissen! Nur ein paar Zeilen hatte er schreiben müssen, damit ich wieder zu ihm kam, doch wieder angelaufen kam, trotz allem, und mich ihm wie ein liebeskranker Tölpel an den Hals warf und mich ihm hingab... Voll Unglauben betrachtete ich seinen Schreibtisch.


    "Überhaupt, wovon sollen wir denn leben..." Kleinmütig tönten meine Bedenken, die aus einer so ganz anderen Späre entsprangen, als Manius hohe und überlebensgroße Pläne. Hätte er mir dies vor zehn Jahren angetragen! Ich hätte bestimmt alles hingeworfen um mich von ihm mitreissen, von ihm entführen zu lassen, leicht wie der Wind in seiner Sonnenbarke umherzuschweifen... Aber wie ich da jetzt so stand, spürte ich eine große, müde, zynische Schwere in meinen Knochen. Und ich sah uns schon, gestrandet in irgendeiner staubigen südlichen Stadt, in bescheidensten Verhältnissen lebend, ohne Sklavenschaft, ohne Streitwagen, ich hätte vielleicht irgend eine Arbeit bei der städtischen Miliz, und er vielleicht als provinzieller Priester oder gar Bibliothekar... nein, eigentlich konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass Manius irgendeiner so profanen Arbeit nachgehen würde... und ich sah uns schon, wie wir uns am Alltag aufreiben würden, und am Ende gar über banale Dinge zanken, und... Nein, nein. In solche Niederungen durfte unsere Liebe, unsere unsterbliche Leidenschaft niemals geraten.
    Unsere Liebe war wie der himmelhohe, schroffe Olymp. Eisbedeckt und atemberaubend, unendlich hoch über der Welt. Schwindelerregend schön. Und völlig untauglich, um sich dort oben ein Haus zu bauen und da gemeinsam sein Leben zu verbringen.


    Er hatte mich losgelassen. Falls. Irgendwann einmal. Warten.Ich schluckte schwer und nickte hastig, die bitterste Traurigkeit würgte meine Kehle, und sein Gesicht begann vor mir zu verschwimmen. Ich verstand nicht recht was er mit Faunen und Oneiroi meinte – seine Gespielen wahrscheinlich, die sublimen Bettgenossen auf die er um meinetwillen verzichten würde – aber dann war da nur noch die erdrückende Last von ihm Abschied nehmen zu müssen.
    "...Leb wohl..."
    Nur einmal noch. Nur einmal noch legte ich meine Arme um ihn, eine Hand auf seinem Hintern und die andere drängend in seinem Nacken, und fand seine Lippen, verschmolz in hitziger Verzweiflung die meinen mit ihnen, spielte gierig das Spiel der Zungen mit ihm, fand kein Ende, küsste ihn wieder, ein allerletztes Mal, und dann eben noch ein allerallerletztes Mal, grub sehnsüchtig zart begehrend meine Zähne in seine Unterlippe.
    Manius.



    Wie ich aus der Villa herauskam, daran erinnere mich mich gar nicht mehr, nur dass ich dann irgendwann die Straße den Quirinal herunter ging, durch den Regen, der mir kühl auf die heiße Stirn trommelte, und neben mir die Schritte meines Wächters. Nimmermehr echote jeder Schritt wie der Abschluss einer vergangenen Strophe. Aus. Vorbei. Nie wieder.


    Faustus,


    In deinen Küssen will ich ertrinken,
    dem Schiffbrüchigen gleich im Meer,
    will nie mehr daraus emportauchen,
    Nimmermehr.


    In deiner Berührung will ich versinken,
    dies ist noch mein einzig Begehr,
    will nie wieder von dir lassen,
    Nimmermehr.


    Deinen Leib will ich kosten und schmecken,
    den Früchten gleich, die ich verzehr',
    will nie mehr darben und hungern,
    Nimmermehr.


    Mit deiner Seele will ich verschmelzen,
    die des Heroens gleich rein ist und hehr,
    will nie mehr nur ein Teil sein,
    Nimmermehr.


    Mit deinem Selbst will ich vereint sein,
    danach sehnt es mich so sehr,
    will nie wieder ohne dich sein,
    Nimmermehr.


    Leer war ich, und stumpf innerlich, wie eine ausgebrannte Feuerschale. Unter meiner Paenula hatte ich, in den Händen fest umklammert, wieder den Brief. Den Brief, der mich hergeführt hatte, den Brief, der diesen Abend der Wirklichkeit entrückt hatte. In die ich nun wieder zurückging. Unweigerlich. Fort von Manius. Immer weiter. Mit jedem Schritt.
    Nimmermehr.
    Aus.
    Vorbei.


    Schön dass meine kleine Nichte sich auch gut amüsierte. Ich nickte mitfühlend, als sie von ihrer Schwester sprach. So früh verwitwet, die arme Milonia. Sie hatte besseres verdient. Ja, meine zauberhaften, allesamt hochbegabten und bildschönen kleinen Nichten hatten alles Glück der Welt verdient.
    "Bestimmt. Jetzt kann sie sich ja erst einmal in Großtante Drusillas Obhut erholen. Das Anwesen ist auch ganz wunderbar, mit allem Komfort."
    Dieser Blick. Auch wenn sie kein (ganz so) kleines Mädchen mehr war, mit diesem Blick und diesem Tonfall konnte meine Nichte mich noch immer, ganz wie früher, um ihren Finger wickeln.
    "Aber natürlich meine Liebe! Ich freue mich sehr, die ganze Familie wird beglückt sein dass du bleibst. Und mit Aelia... Vespa, und Valentina, die ja auch bald einzieht, mitsamt ihrer Nichten, da wirst du sicher genug weibliche Gesellschaft um dich haben."
    Mein verstorbener Bruder hatte zwar zu seinen Lebzeiten nicht gerade die allerbeste Meinung von mir gehabt... aber es lag mir natürlich fern, Carmelitas Vertrauen von mir zu weisen.
    "Ich kümmere mich um dich." versprach ich ihr gerührt, und legte ihr dabei väterlich den Arm um die grazilen Schultern. "Ich werde dein Tutor sein, und mich, mit Hilfe der Damen des Hauses, nach einer guten Partie für dich umsehen. Du musst mir aber versprechen artig und anständig zu sein und keinen Unsinn zu machen. Denn, ähem, ein paar Köpfe hast du ja heute bereits verdreht, da wird es nicht lange dauern bis dich die Verehrer von allen Seiten bestürmen."
    Und das hispanische Blut brannte nun mal heiß in den Adern.

    Ich bin segeln, und melde mich für drei Wochen ab. Sorry an die, die auf mich warten, aber ich komme jetzt nicht mehr dazu etwas vernünftiges zu schreiben. Bei der Verlobungsparty darf man Serapio sehr gerne überposten, damit das Spiel weiterlaufen kann. ;)

    Meine Miene wurde zu Eis. Als meine Schwester das was ich da erlebt hatte während des Bruderkrieges, den vielfachen feigen Verrat, zu dem auch der des Iunius zählte, und die Treuebrüche all der "Freunde", die endlose Einkerkerung, die noch immer nicht überwundene Verleumdung, die ungeheuerliche Einsamkeit meiner Vefemung... als sie das was meine gesamte Existenz in einen Trümmerhaufen zerschlagen und mich selbst an den Rande des Vernichtung gebracht hatte, dies alles tatsächlich ins Lächerliche zu ziehen versuchte. Um nur ja auf ihren kostbaren Liebhaber nichts kommen zu lassen.
    Ich fuhr nicht auf und ich brüllte sie nicht an. Ich wurde sehr reglos und sehr kalt und schüttelte langsam, wie benommen den Kopf.
    Wer hat die Gestalten der Sterne geschaffen?
    begann ich im Geiste den Hymnos des Ewigen herzusagen, so wie ich es im Tempel gelernt hatte zu tun, wenn die Kälte und der Abgrund nach mir griffen,
    Wer hat ihren Weg erfunden?
    Wer war der Erzeuger der Früchte?
    Wer hat die Berge in die Höhe gehoben?
    Wer hat den Winden befohlen, ihr Werk nach den Jahreszeiten zu vollführen?
    Wer ist der Gott der Ewigkeit, der die Ewigkeit hervorbringt und in Ewigkeiten herrscht?

    Dann erhob ich mich, und ging zu dem kleinen Serapisschrein, den ich in der Ecke meines Zimmers eingerichtet hatte. Ich setzte mich auf den Boden davor, entzündete ein wenig Räucherwerk, und atmete tief ein. Und ich erinnerte mich, dass dies alles schon lange zurücklag. Dass ich die Solidarität, bei der meine Schwester so versagte, an anderer Stelle gefunden hatte. Bei Borkan, der meinen Leichnam aus dem Abgrund aufgeklaubt hatte, mich Stück für Stück wieder zusammengesetzt und mir neuen Lebensatem eingehaucht hatte. So dass ich mich Schritt für Schritt zurückkämpfen hatte können. Es ging wieder. Anfangs nur am seidenen Faden, dann einigermaßen, mittlerweile sogar wieder gut - solange ich das Geschehene ausblendete und nur nach vorne sah.


    " Ich will nicht mehr zurückdenken Seiana. Es war wie es war. Dass er die Waffen strecken mußte, das werfe ich ihm nicht vor, andere bestimmten dieses Schicksalslos. Doch du weißt selbst, dass es eine Wahl gibt, dazwischen bis zum Tode zu kämpfen und dem Überlaufen mit fliegendem Fahnen. Überlaufen zur Streitmacht des Ulpiermörders, sich einreihen in ein Heer, das unterwegs ist um das ewige Rom zu schänden. Andere, bessere Männer, waren zwar auch gezwungen die Waffen zu strecken. Doch haben sie nicht ihren heiligen Schwur gebrochen."
    Wie der Centurio Iulius Antoninus, von dem ich vorher alles andere als eine hohe Meinung gehabt hatte. Doch als es hart auf hart kam, war er standhaft geblieben.
    "Fakt ist: Dein Geliebter schon. Er hat bedingungslos kapituliert. Seinen Eid verraten. Seinen Kommandanten verraten. Rom verraten.
    Fakt ist auch: Du liebst, Seiana, und bist vor Liebe blind. Du verteidigst deinen Geliebten. Um jeden Preis. Wie damals bei dem Aelier."
    Dem sie verfallen war, vor dem ich sie warnte, dem sie sich trotzdem an den Hals warfst, der sie dann abservierte, wahnsinnig wurde und zuletzt vom tarpeischen Felsen sprang
    "Du verlierst dabei jedes Maß, und schreckst nicht einmal davor zurück, deinen eigenen Bruder von dir zu stoßen. Du stürmst hier auf mich los wie ein gereiztes Panzernashorn, bloß weil du nicht wahrhaben willst, dass dein Geliebter damals umknickte.
    Aber sie meinte es gewiss nicht so. Sie war nur der Liebesblindheit und der Liebesblödigkeit ins Netz gegangen, das konnte ja auch den Klügsten passieren. Und eine alternde Frau, die gerade den Antrag eines feschen jüngeren Mannes erhalten hatte... war dafür wohl besonders leichte Beute.
    "Und Fakt ist zuletzt: der Duccier hat dich erpresst. Er hatte Macht über dich, du warst machtlos, und hast dich von ihm erpressen lassen. Du verbrämst es dir als 'Handel', aber du glaubst doch selbst nicht, dieser pöbelnde Popanz habe ernsthaft was für uns getan. - Livianus und Flavius Gracchus, die sind es, denen wir alles verdanken, sowie dem Umstand, dass ich den Ulpiermörder glauben machte, ich hätte lupenreine Beweise seiner Schuld, die bei meiner Ermordung vor dem Senat landen. - Duccius hingegen ist nur ein sadistisches, machtgeiles, gerissenes Dreckschwein, das unserer Familie schon viel zu oft ans Bein gepisst hat. -"
    Und dem ich eines Tages die Leber aus dem Leib schneiden und sie ihm in kleine Stückchen geschnitten in den nimmersatten Schlund stopfen würde. Oder etwas in der Art. Aber das musste ich meiner Schwester jetzt nicht auf die Nase binden. (Es geschah ja gar nicht selten, dass Gefangene, vor allem Frauen, ihren Kerkermeistern so enorm hörig wurden – aber seltsam war es doch immer wieder.)
    "Unterm Strich, Seiana – du willst den Iunier heiraten, du bist eine freie Frau, und davon abhalten kann ich dich offensichtlich nicht, ebensowenig wie ich dich damals davon abhalten konnte, dich von dem Aelier unglücklich machen zu lassen.
    Wenn du aber willst, dass ich Iunius als den Mann an deiner Seite akzeptiere, dann sorge dafür dass er sich akzeptabel macht!"
    So vieles ließ sich sich am Ende mit den gebührenden Riten und Worten doch irgendwie sühnen, bereinigen oder vergeben. Wenn denn der Wille dazu da war.
    "Dann sorge dafür, dass er zu seinem Eidbruch steht, und die Schande, die er damals auf sich geladen hat, sühnt. Und dass er sich... Livianus wäre doch eine gute Wahl... einen anständigen Patron sucht. Bevor ihr Hochzeit haltet."

    Licinus' freundschaftliche Dresche war nicht von schlechten Eltern - er war halt im Gegensatz zu mir noch immer ein waschechter Campusoffizier – ich fuhr zusammen, verschluckte mich, und hustete. Als ich mich wieder eingekriegt hatte stieß ich zutiefst gerührt mit ihm an, und trank mit ihm auf die Freundschaft. So glücklich war ich in dem Moment, ganz ausgefüllt von diesem Glück, und ich wischte mir etwas verstohlen an den Augenwinkeln herum. Wir brachten den Augenblick dann aber mit Anstand hinter uns.


    Frauen sub aquila, ich lachte herzlich ob der absurden Vorstellung. Ob sich noch ein Tiro konzentrieren könnte - "Naja, einer von zehn vielleicht" meinte ich schelmisch dazu.
    "Putzig, oh ja das sind sie, wie zwei junge Kätzchen. Am Anfang, da haben sie noch so getan als könnten sie kein Wässerchen trüben, die beiden! Ich verwechsel sie immer, und sie machen sich da natürlich einen großen Spaß draus." erzählte ich grinsend. "Wie geht es eigentlich deiner kleinen Ziehtochter? Die werden so schnell groß! Sieh dir meine Nichte Carmelita an, ich weiß noch genau, da war sie so.." Meine Hand ging auf Kniehöhe. Dann auf Hüfthöhe. Dann wieder irgendwo dazwischen. "Naja so... und wackelte durch den Garten, ganz stolze Entdeckerin, und zog immer die Ziegen an den Ohren... und jetzt ist sie eine elegante junge Dame, so liebreizend und kunstfertig (und wohlsituiert natürlich auch), dass uns die Verehrer alsbald alle Türen einrennen werden."
    Erwartungsvoll blickte ich Licinus an, nach dieser höchst subtilen Einleitung.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives


    Freundlich lachte ich über Dives, wenn auch etwas bemühten, Scherz, und flachste ebenso linkisch : "Dann muß er sich wohl versteckt haben."
    Vorhin hatte Dives ja noch verkündet, gleich wieder los zu müssen, und nun feierte er doch mit uns, schien mit Germanicus gar in ein intensives Gespräch vertieft. Das war doch schön. Zwar entging es mir nicht, dass Dives mir noch immer nicht so richtig ins Gesicht sehen konnte. Doch ich erinnerte mich an diesen Traum, mit dem ich eines morgens erwacht war, den Traum mit all dem Blau und diesem sanften diffusen Licht um ihn herum. So wirr und fetzenhaft der auch gewesen war, er ließ mich darauf hoffen, dass die Dinge sich irgendwann doch auch 'ins rechte Licht rücken' würden, und Dives und ich uns irgendwann vielleicht wirklich so begegnen könnten.
    "Ähm..." setzte ich an, etwas in die Richtung zu sagen, rückte befangen meinen Oleanderkranz zurecht, doch die richtigen Worte wollten sich nicht einstellen. "Ähm..."
    Meine Augen huschten zu Germanicus neben ihm, dann wieder zu Dives. Er trug die Haare jetzt anders, wirkte reifer, und auch seine Schönheit war eine andere geworden, nicht mehr die des unschuldigen (unschuldig/verworfenen...) goldenen Epheben, sondern viel markiger, viel... - Halt, Faustus. Dünnes Eis. Gefräßiges Moor. Trügerischer Treibsand.
    "Ja dann." sagte ich schlußendlich nur, prostete den beiden zu und verzog mich schnell wieder.



    Zitat

    Original von Decima Camelia


    Noch etwas Wein, und dazu nahm ich mir von einer Dessertplatte einen Pistazienkringel. An dem kauend stieß ich zu meiner Nichte Camelia, die sich nun auch in etwas ruhigeren Gefilden niedergelassen hatte.
    "Na, du Virtuosin? Alles gut?" Ich setzte mich neben sie und streckte die Beine von mir. Mein Freigelassener Icarion hatte es, nachdem sie verstummt war, nun übernommen zu spielen, und ließ gefällige Harfenklänge durch den Garten perlen. Süß duftete der Jasmin neben uns.
    "Erzähl doch mal, wie war deine Reise? Bleibst du nun hier bei uns? Wie geht es eurer Mutter, und wie stehen die Dinge in Tarraco? Ich habe ja Milonia vor kurzen getroffen, bei Großtante Drusillas Hochzeit – es ging etwas durcheinander, und der Opferbock hätte sie beinahe auf die Hörner genommen, aber Drusillas Bräutigam, der war wohl früher mal Gladiator mußt du wissen, der hat den Bock dann bei den Hörnern gepackt und niedergerungen, im Handumdrehen." Ein Bild von einem Mann, dieser Bräutigam... "Das war ein Fest sage ich dir! Aber Großtante Drusilla ist ja auch sehr erfahren was das Heiraten angeht."
    Ob Valentina wohl auch so ein großes Fest wollte?

    Heute gibt es ein Spezialangebot, und zwar wird hier (in Abstimmung mit unserem Kaiser) die Position ausgeschrieben als:
    Kaiserlicher Leibarzt


    Der Charakter sollte ein hochangesehener Mediziner sein, und seine Redlichkeit über jeden Zweifel erhaben. Es würde gut passen wenn er bereits unter dem dauerkranken Kaiser Valerianus bei Hofe war, und sich damals schon verdient gemacht hat.
    Wichtig: Er sollte sich bei der Behandlung von/der Vorbeugung gegen Vergiftungen gut auskennen.^^


    Geboten wird die Chance, einen aussergewöhnlichen Charakter im herausgehobenen Umfeld des Kaiserhofes zu spielen. Wo sich durch die Anbindung an die kaiserliche Familie von Anfang an spannende Spielmöglichkeiten ergeben.


    Wenn du diese Chance ergreifen und diese Position mit deinen eigenen Ideen füllen willst, schick mir eine PN. ;)




    Edit: Die Rolle wurde besetzt.