Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    II. DAS ICH – Der Charakter ist dein Werkzeug für spannendes Spiel. Charaktere brauchen Schwächen. Ein Backrezept.


    Es gibt Charaktere, mit denen fließt das Spiel wie von selbst, und die Herzen der Mitspieler fliegen dir zu. Es gibt andere, die mühselig zu schreiben sind, und kein Schwein interessieren. Wie man das Spiel erlebt hängt zu einem guten Teil davon ab, was für einen Charakter man sich erstellt hat. Manche Spieler schreiben gerne anfangs schon lange Steckbriefe, andere überlassen mehr der Improvisation. Das ist Geschmacksache, zumindest sollte man sich den Charakter anfangs in seinen Grundzügen skizzieren.
    Hier ein praktisches Backrezept, für einen Charakter mit Potential. ;)
    Man nehme:


    1.Konzept
    Eine Grundidee. Die sollte kurz und prägnant zusammenfassbar sein. Zum Beispiel: "großmäuliger Soldat" oder "Matrone in der midlife crisis", "abgebrühter Straßenjunge" oder "intriganter Jungpolitiker", "vergeistigte Gelehrte" oder "lasterhafte Femme fatale", "schwarzes Schaf der Familie, "galanter Hochstapler oder "märtyrerhafte Christin"....


    2.Persönlichkeit
    Skizziere dem Charakter ein paar Eckpunkte seiner Persönlichkeit. Trenne simoff und simon, also Realität (dein wahres Ich) und Spiel (dein Rollenspielcharakter)
    Spiele nicht dich selbst. Ansonsten geschieht es viel zu schnell, dass man sich von im Spiel gegen den Charakter gerichteter Kritik oder Unfreundlichkeit auch simoff angegriffen fühlt. Langweilig ist es obendrein.
    Schreibe ein paar zum Charakter passende Persönlichkeitszüge auf, und/oder orientiere dich an Vorbildern und Archetypen. Filmfiguren, literarische Figuren, reale Personen können dazu dienen. Ausserdem Aufstellungen von Persönlichkeitstypen, seien die Temperamente der Viersäftelehre (Choleriker/Sanguiniker/Melancholiker/Phlegmatiker), oder das Big-Five-Model der Persönlichkeiten (introvertiert-extrovertiert, praktisch-theoretisch, hart-kooperativ, spontan-geplant, resistent-sensitiv) oder ganz banal die Eigenschaften, die bestimmten Sternzeichen zugeschrieben werden.
    Bsp: Unser "großmäuliger Soldat" könnte weiter ausdefiniert werden, indem wir sagen, er sei... ein Macho mit dem Herz am rechten Fleck, Modell Han Solo. Oder indem wir sagen, dass er ein Choleriker ist, der mit Worten aufbraust. Oder im Big-Five-Modell ein "Macher" (extrovertiert, praktisch, hart, spontan). Oder im Sternzeichenmodell ein Löwe, der sich selbst gern brüllen hört.


    3.Ziel
    Suche ein Ziel für deinen Charakter aus, etwas das ihn in Bewegung bringt. Gute Ziele lassen Charaktere aus ihrer Komfortzone ausbrechen, schaffen Interaktion mit anderen, schaffen Entwicklung, und führen dazu, dass unterwegs gute Geschichten entstehen. Das IR ist ein sehr langfristiges Spiel. Ein gutes Ziel, für das der Charakter brennt, hilft dir am Ball zu bleiben, auch wenn du mal länger auf deine Mitposter warten mußt. Manche Ziele sind so groß, dass sie nicht erreichbar sind ("das Prinzipat stürzen und die Republik zurückbringen" z.B.), das macht aber nichts, der Weg ist das Ziel.
    Also: Was will dein Charakter erreichen, und was ist er bereit dafür zu tun? Ziele können selbstsüchtig oder altruistisch, persönlich oder gesellschaftlich sein. Und hinter dem Ziel steht immer auch ein Bedürfnis – Warum eigentlich will dein Charakter dieses Ziel erreichen?
    Beispiele möglicher Ziele:
    "Ich will mächtig werden, so mächtig, dass keiner mich mehr schief anguckt / dass alle Mädchen auf mich stehen / dass ich den verfaulten Staat reformieren kann."
    "Ich will .... (Name einer unerreichbaren Person einsetzen) unbedingt zur Frau/zum Mann gewinnen."
    "Ich will ein ehrenhaftes Leben führen. "
    "Ich will mich unendlich amüsieren."
    "Ich will ein Kunstwerk von großer Schönheit erschaffen."
    "Ich will Ruhm erringen. Ich will, dass mein Name die Zeiten überdauert."
    "Ich will das Geheimnis der menschlichen Existenz/des perfekten Staates/der Unsterblichkeit der Seele ergründen."
    "Ich will mich aus meinem Elend emporkämpfen / reicher als Krösus werden / meiner Mutter ein eigenes Häuschen bauen."
    "Ich will eine glänzende Partie machen und meinen Söhnen den Weg zum Konsulat ebnen."
    "Ich will meine Freiheit zurückgewinnen und zu Frau und Kind zurückkehren / es den Römerschweinen so richtig heimzahlen / als Freigelassener in Rom aufsteigen."
    "Ich will, dass mein Vater stolz auf mich sein kann."
    "Ich will als die beste Köchin der ganzen Stadt bekannt werden."
    "Ich will das Leid der Welt lindern."
    "Ich will Rom zum wahren Glauben bekehren."
    "Diese Stadt ist von Dreck überschwemmt, und ich, ja ich, bin derjenige der sie säubern wird." ;)


    4. Drei Schlüsselreize
    Charaktere sollten wie lebendige Wesen wirken. Auch mal spontan und in ihren Reaktionen bisweilen unkontrolliert.
    Lege drei Dinge fest, Trigger auf die dein Charakter ganz unmittelbar und intensiv reagiert.
    Wut: Was macht deinen Charakter so richtig wütend? Wann sieht er rot?
    Bsp. Sarkasmus / Verschwendung / wenn jemand ein Pferd quält / Schlampigkeit / die-hohen-Herrn-da-oben-die-auf-uns-kleine-Leute-runterschauen...
    Furcht: Wovor fürchtet sich dein Charakter am allermeisten, was macht ihn panisch?
    Bsp. Sich vor anderen blamieren / Brände / enge Räume / alt und grau werden / die Laster auf dem Grund seiner Seele / Kontrollverlust / Flüche und die Geister der Unterwelt...
    Edelmut: Was weckt unweigerlich seinen Edelmut? Was bringt das allerbeste in ihm zum Vorschein?
    Bsp. Gäste haben und ihnen Gastfreundschaft erweisen / echte Freundschaft / Familie / die Wissbegierigen lehren / Schwächere beschützen / für das Wohl des Römischen Reiches kämpfen / die ehrwürdigen Senioren ehren / das Schöne in der Welt vermehren...

    I. DIE WELT – Wir können uns der Historie nur annähern. Bleib locker.


    Das römische Reich zur Kaiserzeit, das ist die Welt, in der sich dein Charakter bewegt. Eine Welt, deren Bild bei uns Menschen des 21. Jahrhunderts sowohl durch antike Quellen und geschichtliche Werke geprägt ist, als auch durch Kinofilme, Serien, historische Romane. Aus dieser Ausgangslage ergibt sich ein weites Feld unterschiedlicher Vorstellungen davon wie es "im Spiel sein muß". Ganz unabhängig vom Stand des eigenen Wissens über die römische Antike, (welches man sich, wenn man hier mitspielt, mit der Zeit sowieso Stück für Stück anliest) gibt es zwei Pole in der Spielerschaft:
    Zum einen die Spieler, die versuchen, sich mit aller Strenge an dem zu orientieren, was sie für "historisch" halten. Zum anderen die Spieler, die den Fokus auf "das erzählerische" legen, und für eine dramatische Geschichte auch mal die historischen Gegebenheiten ignorieren.
    Beide Positionen sind legitim. Sie ergänzen sich gegenseitig, und tragen zu der riesengroßen lebendigen Forumswelt des IR bei. Zwischen den Extrempunkten liegt natürlich eine weite Skala, auf der sich jeder, je nach persönlichem Geschmack, irgendwo wiederfinden wird. Hin und wieder gibt es Reibungspunkte zwischen eher historisch/authentisch und eher künstlerisch/geschichtenerzählerisch tickenden Spielern. Das gehört dazu. Lies in der Wiki nach wenn du dir bei etwas unsicher bist, leg nicht alles auf die Goldwaage, und bleib locker.


    Bleib locker, Freund der Historie, wenn der Rollenspieler, dieser verkappte Möchtegernkünstler, sich nicht von deinen höchst fundierten Mahnungen, wie doch was damals war und heute im Spiel zu sein hat, beeindrucken lässt, und wenn er dir nahelegt, du solltest doch lieber einem Reenactment-Verein beitreten. Vielleicht kannst du dich ja trotzdem von seinen Werken selbst zu spannenden Geschichten inspirieren lassen... ;)
    Beib locker, Geschichtenerzähler, wenn der Freund der Historie, der verkappte Oberlehrer, dir sagt, deine schöne Geschichte sei total unhistorisch, und dir dein Postfach mit Links zur Wiki (oder dem neuesten Buch das er eben gelesen hat) zuspammt. Vielleicht kannst du seine historischen Impulse ja als Ressource für eine stimmige, noch bessere Story nutzen.... ;)


    Das Wissen darum, dass wir uns der Historie sowieso nur bis zu einem gewissen Grad annähern können, entlastet die Diskussion. Überlieferungen sind lückenhaft, Interpretationen immer nur aus dem modernen Zeitgeist heraus möglich, Erkenntnisse von heute morgen schon wieder passé. Wie damals eine Straße gebaut wurde, oder wie ein Legionär ausgerüstet war, das lässt sich relativ leicht herausfinden. Doch wie die Mentalität der Menschen war, was ja im Spiel sehr viel häufiger eine Rolle spielt, ist uns viel schwieriger nur zugänglich. Ausserdem schreibt (wahrscheinlich^^) keiner von uns fließend Latein, oder denkt gar in dieser Sprache, somit bleiben uns entscheidende Teile des damaligen Lebenswelt fremd.
    Wofür die römische Antike aber auf jeden Fall unschlagbar ist, das ist es, uns eine bunte, vielschichtige, an Inspiration ungeheuer reiche Grundlage für dieses historische Rollenspiel zu liefern. :)

    Leitfaden zum freien Rollenspiel im Imperium Romanum



    "Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." - Friedrich Schiller ;)



    Freies Rollenspiel in historischem Rahmen, das ist die Grundlage des IR. Anders als bei "klassischen" Rollenspielen gibt es keine Attributwerte, Würfelwürfe und Tabellen, um die Fähigkeiten eines Charakters und die Welt, in der existiert, zu beschreiben. Anders als bei Computerrollenspielen sieht man keine Pixelmännchen durch die Gegend stiefeln - das gesamte Geschehen wird allein durch Worte definiert. Anders als beim LARP, wo man aus den Reaktionen der Mitspieler sehr unmittelbar erkennen kann, was gut ankommt und was nicht, sitzt beim IR jeder Spieler vor dem eigenen Bildschirm und kann nur erahnen was die Mitspieler begeistert, oder was sie anödet. Zudem gibt es im IR meist keinen "Erzähler", der die Spieler mit einem Plot versorgt, in dem ihre Charaktere glänzen können – sondern jeder Spieler muß sich selbst, und/oder die Spieler sich gegenseitig mit guten Ideen und Spielimpulsen bespaßen...


    Diese große spielerische Freiheit im IR schafft Raum für kreativ gestaltete Charaktere und grandiose Geschichten. Sie kann aber auch verwirren, überfordern, Konflikte zwischen Spielern schüren, und mit ihren unzähligen Wahlmöglichkeiten gerade neue Mitspieler erstmal "erschlagen".
    Darum dieser kleine Leitfaden, als Starthilfe für neue Spieler, sowie als Gedankenanstoß für langgjährige Mitglieder. Er stellt ein paar Grundsätze vor, die das freie Rollenspiel spannender und entspannter machen. Dabei widmet er sich den Themen des Umgangs mit dem historischen Rahmen, der Erschaffung eines Charakters mit Potential, dem Weg zu Spielspaß und guten Geschichten, und dem Vermeiden beliebter Anlässe sich zu ärgern...

    Hallo Mitspieler, in diesem Thread werde ich euch, Stück für Stück, meinen schon lange versprochenen Leitfaden zum freien Rollenspiel präsentieren. :) Denn es gibt ja schon ein tolles Handbuch, mit vielen Anleitungen zu Karriere usw, aber darin, bis auf die kurzen Tipps für Neulinge, nur sehr wenig zum Rollenspiel an sich. Obwohl das Rollenspiel, das Miteinander der imaginären Charaktere, doch die Basis ist, auf der alles weitere Geschehen hier im Forum entsteht und sich entwickelt.
    Ich werde den Leitfaden mit der Zeit weiter ergänzen, und ich freue mich auf die PNs mit euren Anmerkungen, Lob und konstruktiver Kritik. ;)

    [Blockierte Grafik: http://www11.pic-upload.de/27.08.15/gdjyywuoym.jpg|Iullus Vatinius Postumus


    Ein wettergegerbter Centurio besah sich das Schriftstück und begann herzlich zu lachen, als er auf der Verkündung der erhabenen kaiserlichen Administratio eine so mickrige Unterschrift vorfand.
    "Hahaha! Sehr euch das an, Männer. Jetzt entscheiden also die kleinen Schreiber was für Verkündungen der kaiserliche Beamtenstab erlässt."
    Der neu eingestellte Kanzleischreiber schien mit den Hierarchien noch nicht so ganz vertraut. Gönnerhaft klopfte der Centurio ihm auf die Schulte, riet ihm: "Lass so Sachen von Leuten unterzeichnen, die was zu sagen haben." und schickte ihn hinaus.





    Vorbereitungen


    <<
    Die Kaiserin hatte ein Doppelkinn.
    "Die Kaiserin hat ein Doppelkinn." stellte ich fest. Ich stand in der fabrica und begutachtete gerade die ersten Exemplare der neuen Imagines. Die Portraitscheiben waren aus Messing gegossen, noch roh, sollten noch vergoldet und poliert werden, für den großen Tag. An dem der Kaiser persönlich hier erscheinen wollte, an dem die Abbilder feierlich mit allem Pomp und Zeremonie geweiht würden, und in unsere Standarten eingefügt.
    Der kunstfertige Immunis, der die Formen angefertigt hatte, sah mich betreten an. Der Kaiser selbst war gut getroffen, das Abbild des Caesar schien mir auch recht ähnlich, aber die Kaiserin war wenig schmeichelhaft abgebildet.... Ich schüttelte den Kopf. Nein, das war mir viel zu riskant.
    "Die hier sind gut. Die können in Serie gehen. Aber die Augusta nochmal neu, und lebensecht, und elegant, mit zartem Kinn und schlankem Hals."
    Unsere Metallarbeiter machten sich wieder ans Werk, und ich ließ die Gebäude der fabrica hinter mir, marschierte weiter durch die Castra.
    Allenthalben waren die Soldaten damit beschäftigt, das Lager auf Hochglanz zu bringen, es wurde aufgeräumt, ausgebessert, Gerümpel entfernt, die Wände der Baracken neu geweißt, die Wege gefegt und mit hellem Sand bestreut. Es war sogar ein Karren vorgefahren, vollbeladen mit Lorbeersträuchern in großen Tontöpfen, welche nun längs der Via praetoria aufgestellt wurden, damit der Kaiser - und seine Familie, so sie uns ebenfalls beehrten - wie durch eine Allee vom Haupttor zur Principa würden schreiten können.


    Im Innenhof der Principa erblickte ich zwei Soldaten, die lässig den Boden mit Rechen glätteten, wobei sie sich unterhielten. Als ich näher kam, da verstummten sie, grüßten, und sahen dann ungemein beschäftigt aus. Hm. Ich ging an ihnen vorbei und betrat das Sacellum, um auch dort nach dem rechten zu sehen...

    Nach einer kurzen Pause, in der ich darauf wartete, welche Punkte der Kaiser noch zu besprechen wünschte, wurde ich recht abrupt entlassen.


    Ich erhob mich... etwas enttäuscht. Weder der Einsatz der Garde, die durch die Wacht vor dem Senat unter meinem Befehl die Wahl Aquilius' zum Kaiser vor Aufruhr und Unruhen beschützt hatte, war ihm eine Erwähnung wert gewesen. Noch die öffentliche Treuebekundung der Garde direkt nach der Wahl. Nahm er dies etwa für selbstverständlich?
    Wir Prätorianer waren die Repräsentanten der römischen Armee hier im Zentrum der Macht - und wir waren auch eine Eliteeinheit mit hohen Ansprüchen. Stets hatten wir eine wichtige Rolle bei Kaiserwechseln gespielt, waren ein entscheidender Faktor gewesen, denn ohne die Zustimmung der römischen Soldatenschaft da konnte, ganz gleich was die alten Herren Senatoren meinten, kein römischer Kaiser herrschen.
    Ich hoffte wirklich sehr, dass der Kaiser eine gebührende Reaktion auf unsere wertvolle Unterstützung nicht etwa vergessen hatte, sondern sich lediglich für seinen Besuch in der Castra aufgehoben hatte. Ansonsten könnten die Soldaten der Garde, so wie ich sie kannte, sich das mit der Treue durchaus nochmal überlegen.


    Auch dass mein beträchtliches Engagement für seine Sicherheit so ungnädig aufgenommen wurde, mir scheinbar sogar negativ angekreidet wurde - dessen ungeachtet, dass die Vergangenheit deutlich gezeigt hatte wie nötig für das kaiserliche Überleben diese Maßnahmen waren – wurmte mich natürlich. Ich hatte mir das ja nicht ausgedacht, dass er im Senat in Gesellschaft von Giftmördern und Kaiserstürzern saß, die für ihre Schandtaten nie zur Rechenschaft gezogen worden waren, nein, auch wenn diese Wahrheit so unschön war dass keiner sie hören wollte, so war es eben doch die Wahrheit.


    Und zuletzt fragte ich mich natürlich auch, wann unser Kaiser die Hoffnungen, die er in seiner inspirierenden Antrittsrede geweckt hatte, mit den schönen Worten "ich kenne nur noch Römer" in die Tat umzusetzen gedachte? Die Lage zur Zeit war ja so, dass ein dichter Filz von Palmaanhängern und Kriegsprofiteuren alle Machtpositionen unter sich aufgeteilt hatte. Die Gegner Palmas waren so viele Jahre lang verdrängt worden, verleumdet, degradiert und blockiert, die meisten sogar in das Exil und die Emigration getrieben. Ich selbst hatte allein durch den Einfluß meines Vaters nun zumindest wieder einen Posten, wenngleich noch immer deutlich unterhalb meines Ranges degradiert – doch ansonsten war im öffentlichen Leben von all denen, die sich einst gegen Palmas Militärputsch gestellt hatten, niemand mehr sichtbar. Keiner. Ein gewaltiger Verlust an Hirn und Hand für das Reich!
    Wenn unser Kaiser diesen versunkenen Schatz an Erfahrung, Leistung und Fähigkeiten heben wollte, und wieder in den Dienst Romes stellen, und wieder zum Wohle des Reiches einsetzen - dann würden schöne Worte nicht ausreichen. Nein, wenn er das wirklich wollte, dann würde er aktiv werden und von sich aus handeln müssen: die Repressalien des Palmaregimes endlich ein für alle mal für nichtig erklären, die Degradierungen aufheben, und die betroffenen Personen entschlossen aus der Versenkung zurückholen.


    Doch zum einen hätte dieses Thema den Rahmen der heutigen Besprechung gesprengt – zum anderen war all dies einem so scharfsinnigen Mann wie Aquilius sicherlich nicht neu.


    Ich fasste also lediglich nüchtern das Besprochene zusammen...
    "Dann werde ich die Weihe der Imagines vorbereiten und den Zeitpunkt mit deinem Sekretär abstimmen. Ausserdem deine Befehle zum Auftreten der Garde umsetzen. Die Palastangestellten überprüfen lassen. Die Dossiers zu den Unruheherden erstellen lassen. Und dir, sobald ich einen würdigen Kandidaten für die Position des Leibarztes gefunden habe, ihn dir vorstellen."
    ...und erhob mich, verabschiedete mich mit militärischem Gruß.
    "Vale, Imperator Augustus!"
    Es gab viel zu tun...

    Ob das wohl so in Ordnung war? Ob sie zufrieden war? Und ob sie jetzt..... etwa gleich mehr erwartete...?
    Ich war schon ein wenig erleichtert, als sie sich, ohne mich zu überfordern, schon nach einem kurzen Kuss wieder von mir löste. Ja, so irgendwie würde das gehen, Schritt für Schritt. So viel anders als einen Jüngling zu küssen war das ja auch nicht, versuchte ich mir einzureden. Auf jeden Fall war es ein Glück, dass meine grazile Zukünftige nicht zu diesen furchtbaren, üppigen, weichkurvigen und wogebusigen Wesen gehörte, deren offensive Weiblichkeit mir immer nur kalte Schauer über den Rücken jagte.


    Befreit lachte ich über ihren Scherz, und hielt sie in meiner Umarmung. In einem Rosengarten zu feiern, das würde mir auch gefallen.
    "Ich werde Icarion und Narcissus ausschicken, die haben Sinn für sowas, wäre doch gelacht wenn sie nicht einen lauschigen Ort für uns auftreiben."
    Wie ich zu Traditionen stand. Ich witterte eine Fangfrage. "Ähem.... ja also, Traditionen... Ja, das kommt ganz darauf an. Natürlich muß man sie ehren. So generell. Aber ich würde nicht soweit gehen, dass ich sagen würde, dass man das Recht oder gar die Pflicht hat, das höhere Gut der Ästhetik dem hinten an zu stellen... Ja. Ähm. Und wie siehst du das?"
    Rotgelb... war bei ihrem hellen Teint nun wirklich eher heikel.
    "Wenn, dann muss es ein safrangelb sein. Ein sattes mit goldenen Akzenten. Aber... aber ich würde doch eher zu reinen Rottönen tendieren. Flammenrot, oder – das ist ja deine Farbe, ganz eindeutig deine Farbe: Rosenrot. Oder natürlich: Rosarot, das leichte, duftige. Wobei die pastelligen Wassertöne dir natürlich auch wunderbar zu Gesicht stehen - ....Amethyst! Ich liebe ja Amethyst, und es ist so klassisch, dass es schon wieder brandheiß ist. Und Seide sollte es schon sein, mit Metallplättchen-Stickerei vielleicht, oder mit Goldfaden durchwirkt... - Aber weißt du was, ich habe eine gute Idee -" Man mußte nämlich auch mal delegieren können. Und mein Dienst ließ mir, dem Apoll sei's geklagt, einfach keine Zeit mich dem Thema unserer Hochzeitsgewandungen gebührend zu widmen. "Such du doch einfach für uns beide den Stoff aus. Nimm den schönsten den du finden kannst, und was wir sonst so brauchen, ich vertraue dir da voll und ganz, und dann lassen wir beide uns was daraus schneidern."
    Die Zwillinge und die Damen des Hauses Decima hätten bestimmt auch nichts dagegen, sie da zu beraten.


    "Abgemacht? Ich schicke dir nachher einen Sklaven mit dem Geld dafür vorbei. Ausserdem wirst du noch eine kleine Schenkung von mir erhalten. Jetzt, vor der Hochzeit, danach ist es ja nicht mehr erlaubt." Ich drückte sie, gab ihr einen Kuss auf die Stirn, und straffte mich. "So, dann werde ich mich mal wieder aufmachen."
    Da fiel mein Blick auf den Schandbrief, und den hochsymbolischen Stein. Ich löste mich von Valentina, erklärte schmallippig:
    "Und das Zeug da, das lasse ich jetzt mal verschwinden." Mit spitzen Fingern, als klebe Gift daran, nahm ich es an mich.

    Keine Schlampe. Viel schlimmer... Eine verstorbene große Liebe, eine Liebe, die niemals in Erfüllung gegangen war... Mit ihm fühlend, lauschte ich traurig Licinus, war bewegt und bestürzt, über diesen miesen, tragischen Tiefschlag des Schicksals zu einen – und zum anderen darüber, dass er sich seitdem, so irrsinnig lange schon, den Freuden der Liebe verwehrte.
    "Die Pflicht, ja..." murmelte ich – klar, in so einer Situation hatte man keine Wahl.
    "Das ist hart! Scheiße, ist das hart!! - Das Schicksal ist ein heimtückischer, niederträchtiger Verräter!"
    So überraschend wie mein Freund mir einen Blick auf sein sonst so gut verborgenes Innerstes gewährt hatte, so plötzlich verschloss sich seine Miene auch wieder.
    "He, ich kann ein Geheimnis bewahren." gelobte ich, und gab ihm einen rauh-zärtlichen Schubs. Ich war doch keine Plaudertasche... - oder... zumindest nicht bei sowas.
    "Komm, lass uns einen Becher auf sie leeren, auf die Erinnerung an Falva, die ewig junge.... und auf die Liebe, deren Andenken du über all die Zeit bewahrt und geehrt hast! Du bist schon eine treue Seele, mein Freund, weißt du, jawohl, eine treue Seele... das bist du.
    Die Kelche waren leergetrunken, doch ich wußte wo die Sklaven den Nachschub fürs Fest aufbewahrten, sprang auf und besorgte uns einen großen Krug. Mit dem kehrte ich zurück in die Laube und füllte, obgleich ich nicht mehr so sonderlich koordiniert war, und einiges überschwappte, unsere Becher wieder bis zum Rand...

    Zurück von der Audienz beim Imperator, hatte ich zuerst mit steinerner Miene dem leidenden Maevius Bericht erstattet, dann schloss ich mich in meinem Officium ein, sank zentnerschwer auf meinen Stuhl, stützte den Kopf in die Hände und seufzte abgrundtief.
    "Bona Dea......"
    Es war so haarsträubend. So verkehrt. So unsäglich leichtsinnig. Dass unser neuer Kaiser in seiner Senatshörigkeit, obgleich seine Vorgänger so gut wie allesamt gewaltsam über den Styx gegangen waren, als erste Amtshandlung erst mal die Sicherheitsmaßnahmen zusammenstrich.
    "Ich will ein Zeichen des Vertrauens setzen" zitierte ich mit ätzender Miene seine traumtänzerischen Worte, flüsterte erbost: "Rüstungen, welcher Soldat braucht schon Rüstungen. Nein, ein Harnisch, das ist ja so was von letztes Jahrhundert! - Vertrauen. Vertrauen zu den Giftschlangen, klar. Und wenn ihn einer vergiftet, wenn ihn einer abmessert, wenn das Reich sich wieder selbst zerfleischt, wer wird dann wieder verantwortlich gemacht? WIR! Wem wird dann wieder die Schuld zugeschoben! UNS! Uns, die wir unsere Arbeit nicht anständig machen dürfen. Es ist... es ist... AAAAAAAAAAAAAAHHHHH!!!"
    Das war es allerdings. Doch ich hatte keine Wahl. Und somit goß ich die haarsträubenden Befehle in Dienstanweisungen und ließ sie in der Garde verbreiten.



    Auf Wunsch unseres erhabenen Imperators Tiberius Aquilius Severus Augustus ergeht folgender Befehl:


    Die Milites der Garde haben bei Dienst innerhalb des Pomeriums von heute an durchweg auf die traditionelle Weise, und zwar im Friedenskleid, aufzutreten. Die Waffen sind unter der Toga, und komplett von dieser verborgen zu tragen. Die Toga hat sauber und gestärkt zu sein, auf korrekten Faltenwurf ist zu achten. Soldaten zu Pferde tragen anstelle der Toga die lange Paenula.
    Ausnahmen werden zu Paraden und Sondereinsätzen gemacht.


    Lang lebe der Kaiser.


    In Vertretung des Praefectus Praetorio
    Tribun F. Decimus Serapio




    Auf Wunsch unseres erhabenen Imperators Tiberius Aquilius Severus Augustus ergeht folgender Befehl an die Palastwache:


    Senatoren und Equites werden bei Einlass in den Palast nicht länger routinemäßig kontrolliert. Eine Überprüfung erfolgt lediglich wenn Anlass zu Verdacht besteht.


    Lang lebe der Kaiser.


    In Vertretung des Praefectus Praetorio
    Tribun F. Decimus Serapio





    Bei allen Göttern. Wenn das mal gut ging.
    Darüber hinaus galt es nun erst einmal, die Weihe seiner, und seiner Familie, Imagines vorzubereiten... und umzusetzen.... ihm dann ausserdem den besten Leibarzt des Reiches aufzutreiben... nicht zu vergessen die Nabatäafrage weiterzuverfolgen... ein Germaniendossier.... und natürlich die Überprüfung der Palastbediensteten in die Wege zu leiten.....nicht zu vergessen, die Rekrutierungen weiter voranzutreiben....

    Optio Titus Germanicus Antias
    notierte ich mir wohlgemut. Nicht wissend, dass dieser so vielversprechende junge Mann bald darauf fallen würde, in dem Kampf gegen das Verbrechen, den die Cohortes Urbanae jeden Tag aufs neue auf den Strassen der Stadt ausfochten, um das Gesindel im Zaum zu halten. Es war ein Jammer.


    Iunius informierte mich über seine Ermittlungsergebnisse. Ich nickte knapp. Von der Sergia nichts. Der Hadrianus tot. Diese mageren Auskünfte vermittelten mir nun nicht unbedingt den Eindruck, dass Iunius das besonders engagiert verfolgt hätte. Es hatte natürlich viele Umwälzungen gegeben, die die Aufmerksamkeit der Stadteinheiten anderweitig banden, doch unter den Tisch fallen sollten diese dreisten Morde trotzdem nicht. Und mein Vater wollte Beweise.
    "Bleib dran, Iunius, und halte mich auf den Laufenden. Da sind noch viele Ansätze zu verfolgen, und der Stadtpräfekt wünscht ausdrücklich, dass diese Angelegenheit aufgeklärt wird. Behalte die Sergia im Visier. Besorge dir Schriftproben von ihr und ihren Bediensteten und vergleiche sie mit der Tabula. Oder erschaffe selbst eine Inszenierung, gib vor ein Erpresser zu sein, der ihre Schuld kennt und locke sie auf diese Weise in eine Falle in der sie sich womöglich selbst verrät."
    Es folgte noch ein kurzer Austausch über diesen Fall zwischen uns, dann lies ich den Centurio wegtreten.


    Bald darauf rekrutierten wir dann wirklich die herausragenden Milites Axius Mamurra und Carpinatius Voranus aus seiner Centurie zu uns in die Garde. "Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen" hätte meine iberische Großmutter dazu gesagt. Aber so langsam, ganz langsam, wurde es doch etwas besser mit der Mannschaftsstärke. (Nur bei der Reiterei, da war die Lage noch immer ausgesprochen trostlos. Aber da kümmerte sich Tribun 'Lackaffe' Laetilius drum.)

    "Ja, Imperator, ich dachte an einen offiziellen Gesandten, mit der Befugnis Verhandlungen zu führen. Primär mit den Stämmen, welche sich gegen die Chatten instrumentalisieren lassen. Und dessen Mission unterstützt wird durch Speculatores, die, wenn nötig, die Feindschaft gegenüber den Chatten gezielt weiter schüren. Oder - so das vor Ort als eine sinnvolle Maßnahme erscheint - der Schlange des Aufruhrs ihren Kopf gleich ganz abschlagen."
    So aus der Ferne war das nicht leicht einzuschätzen. Unser Informantennetzwerk in Germanien war ja gerade erst wieder im Aufbau, und jenseits des Limes hatte ich keine Spitzel. Was genau das schlaueste Vorgehen war, das würde sich wohl erst dort ergeben. Eine gefährliche Mission wäre es sicherlich, die aber größerem Ungemach für das Reich vorbeugen könnte...

    Energisch wurde mein Vorschlag abgelehnt, und mein Gesicht wurde noch länger, als ich glaubte, mich nur noch tiefer in die Bredouille gebracht zu haben. Doch den Göttern sei dank – sie hatte nur gescherzt. Sie hatte nichts anzuziehen? Übermorgen wäre in Ordnung?
    Ich machte ein verdutztes Gesicht, dann entlud sich die ganze Anspannung, ich lachte erleichtert auf.
    "Ein Glück, ein Glück dass du das auch findest!" Und wie reizend sie in ihrer Bescheidenheit war. "Und ein Glück dass du nicht erst monatelang eine Hochzeitstunica weben willst." Das war vielleicht altväterliche Sitte, aber mal ehrlich, wer hielt sich schon heutzutage noch daran.
    "Ich habe auch nichts anzuziehen. Wir sollten uns unbedingt farblich abstimmen. Und weiß du was, wir können aber doch, dafür dass wir es ganz bescheiden feiern, an irgendeinem besonders schönen Fleck heiraten. Ähm... ein romantischer Waldschrein oder eine Nymphenquelle oder auf einer geschmückte Barke, oder sonst etwas nettes. Mein Centurio früher, der hat damals in einem privaten Tierpark zwischen den wilden Bestien geheiratet. Gut, ganz so exzentrisch muß es ja nicht sein. Was ist denn dein Lieblingsplatz?...-"
    An besonderen Orten zu heiraten, das war, so sah ich das zumindest, der letzte Schrei. Und wesentlich amüsanter als die üblichen Haus-Hochzeiten war es sowieso. Doch...
    Huch! Mit einem Mal...
    war sie so nahe...
    Valentina küsste mich.
    Oh.
    Es war ein ganzes Leben lang her, dass ich Frauenlippen geküsst hatte. Ich hatte mir jetzt, seitdem die Hochzeit im Raume stand, immer gedacht ich solle bei dieser ganzen Sache wohl mal etwas "üben" (Scybale könnte mir da sicher helfen), und dann hatte ich immer gedacht, dass ja noch Zeit dafür war und das Thema weiter verschoben...
    Überrumpelt stand ich da, spürte die Berührung, zart, sehr weich, sehr fein.
    Reiß dich zusammen, Faustus!
    Zaghaft legte ich die Arme um meine Verlobte, strich ihr liebevoll über das Blondhaar. Und vorsichtig erwiderte ich den Kuss ein wenig. Sehr keusch. Es fühlte sich angenehm an, auf eine kühle Weise frisch und angenehm.

    "Ja natürlich erinnere ich mich... Piß nicht daneben, altes Schwein, der nächste könnte barfuß sein ..." zitierte ich, melancholisch an unsere Jugend zurückdenkend, einen der hochgeistigen Sprüche, die sich damals für immer und ewig in meine Erinnerung eingegraben hatten. Und dann einen, der wirklich gar nicht so dumm war: "Du kannst den Arsch schminken, wie du willst, es wird doch kein ordentliches Gesicht daraus."
    Ach wie ich diese Zeit vermisste, und die Kameraden von damals. Nur Licinus und ich waren noch übrig von der ganzen Bande.
    Jedenfalls sagen sie...
    Na was denn nun? Licinus hatte mich ganz klar durchschaut, so raffiniert wie er mich hier auf die Folter spannte. Natürlich hatte ich mir auch schon so meine Gedanken gemacht, warum er da immer so zurückhaltend war, mich auch schon gefragt ob er womöglich doch ein Gleichgesinnter war, der es sich irgendwie nicht eingestand oder so, doch dass war nur müssige Spekulation, auch mir erschien es viel wahrscheinlicher, dass ihm die Legio eine eifersüchtige Geliebte waren, die keine anderen neben sich zuließ.
    "Mhm..." machte ich, und als er meinte, er könne sich nicht auch noch darum kümmern, warf ich zwischendurch, wie einen spontanen Gedanken, ein: "Eine Frau kann sich natürlich auch um vieles kümmern, gerade wenn ein Töchterchen mit im Spiel ist..."
    Nicht seit...
    Eine Enttäuschung klang da mit... Trauer und Wehmut, die sogleich mein tiefstes Mitgefühl weckten. Irgendeine Schlampe musste ihm das Herz gebrochen haben! Die Frauen waren grausam! (Fast so grausam wie die Männer.) Besonders waren sie grausam zu den guten Männern, den Lumpen warfen sie sich mit Vorliebe an den Hals. (Genau wie die Männer.)
    Ich murmelte mitfühlend und nickte solidarisch.
    ".....was ist passiert, Kamerad?"

    Ein schalkhaftes Grinsen huschte über Carmelitas Züge... darauf blickte sie mich ganz eindringlich an... und raunte mir eine Frage zu, garniert von einem hintergründigen Lächeln, die mich völlig verwirrte: Ob ich Licinus möge? War das nicht offensichtlich? Oder meinte sie etwa...
    "Äh... Nicht so." stotterte ich, aus dem Konzept gebracht.
    Ach Herrje. Konfus schob ich mir mal wieder meinen Festkranz zurecht. Carmelita war ein Frechdachs...


    Zum Glück waren wir nun bei Vespa und Valentina angekommen
    "Carissima, da bin ich wieder." erklärte ich mit einem strahlenden Lächeln zu ihr, meiner rosengeschmückten Zukünftigen. Jedesmal wenn ich sie erneut sah kam es mir wieder so unwirklich vor!
    Und zu Vespa sprach ich, höflich, aber das Wort 'Stiefmutter' holperte natürlich noch immer wenig:
    "Liebe Stiefmutter, das ist Carmelita, unsere Kitharakünstlerin und die Tochter meines verstorbenen Bruders Scaurus. Sie hat bisher in Tarraco gelebt. Aber nun möchte sie hier bei uns bleiben, um hier ihr Debüt in der stadtrömischen Gesellschaft zu machen."
    An beide gerichtet, Valentina und Vespa, fuhr ich fort:
    "Ich werde dann ihr Vormund sein, und die Augen nach einer guten Partie für sie offenhalten. Und es wäre natürlich wunderbar, wenn ihr beide sie auch ein wenig unter eure Fittiche nehmen könntet!" schlug ich vor, ganz begeistert davon dass alles so gut zusammenpasste. "Eine junge Debütantin könnte sich ja keine besseren Mentorinnen wünschen!" Vespa, so ungeheuer vornehm, Valentina, so lieblich und eine waschechte Stadtrömerin noch dazu - gab es eine bessere Umgebung, um einem Mädchen aus der Provinz den hauptstädtischen Feinschliff zu verleihen?!