Ob womöglich Germanicus Aculeo der Rivale war, gegen den Valentina sich entschieden hatte, als sie meinem Antrag zustimmte? Ich musterte ihn argwöhnisch, sah seitlich zu ihr, dann wieder zu ihm.
"Ein später Caecuber ist das, vom Südhang unseres campanischen Weingutes." gab ich ihm Auskunft über den guten Tropfen. Hispanische Weine in allen Ehren, doch für einen verfeinerten Gaumen ging dann eben doch nichts über die Gaben, die die campanische Vulkanerde uns schenkte.
Der Überraschungsgast bat Valentina um Verzeihung und sprach uns Glückwünsche aus. Sie klangen ehrlich. Und etwas traurig.
"Hab Dank, Germanicus Aculeo."
Ich hatte schon ein verdammtes Glück, Valentina für mich gewonnen zu haben...
Gerade hatte ich mir einen der Spieße geschnappt, um den elegant der Tentakel eines Octopus drapiert war, und ein paar Bissen gegessen, da ging ein Raunen durchs Periystyl, ein Liktor erschien, weiße Vestalinnengewänder schimmerten und die allervornehmste meiner Nichten hatte ihren Auftritt.
"Messalina, na sowas! Salve!" Messalinilla nannte ich diese würdevolle Erscheinung nur noch wenn wir unter uns waren. Lächelnd ging ich ihr entgegen, ergriff ihre Hände mit den meinen und drückte sie warm. "Dankeschön, meine liebe Nichte. Was bringst du für einen Glanz hier auf unsere kleine Feier. Wie schön dass du vorbeischaust. Wie geht es dir? Ihr müßt doch zur Zeit bis zu beiden Ohren in den Festvorbereitungen stecken, nicht?" Die Vestalia standen ja vor der Türe.
Voll Stolz machte ich sie mit Valentina bekannt:
"Lass mich dir meine Verlobte vorstellen: Quintilia Valentina! Ich hatte dir ja kurz von ihr geschrieben, und von dem Minervafest wo wir dann zusammen waren." Ach, da war ja noch das kleine Mitbringsel von dort für Messalina, das sollte ich nicht vergessen, da würde ich gleich einen Sklaven danach schicken.
"Valentina, Carissima, dies ist meine Nichte, die vestalische Jungfrau Decima Messalina."
Ich rückte Messalina einen Korbstuhl zurecht, auf einen lauschigen Ehrenplatz neben dem Springbrunnen und inmitten des Geschehens.
Da sich schon die nächsten Ehrengäste zeigten, beschloß ich, Cousin Casca zu Messalinas Unterhaltung einzuspannen. Ich ging zu ihm – er plauderte gerade mit seinem Sklaven - und legte ihm die Hand auf die Schulter, beugte mich zu ihm und bedankte mich endlich:
"Casca, vielen Dank für die Quadriga! Da hast du mir Streitwagen-Freund genau das richtige geschenkt. Manche sagen ja auch, eine Ehe, das sei so ähnlich wie vier feurige Rösser zugleich zu bändigen... Ich hoffe sie haben Unrecht damit..." Ich lachte (beklommen) und klopfte Casca auf die Schulter.
"Hör mal, sei doch bitte so nett und leiste unserer Nichte Messalina etwas Gesellschaft. Ich fürchte ihre Würde erlaubt es ihr nicht, sich so locker wie wir unter die Gästeschar zu mischen, aber du könntest ihr ja ein paar interessante Gäste vorstellen, damit sie sich nicht langweilt."
Auf der Kline neben ihm erblickte ich eine heiter-kontemplative Carmelita, und sogleich kam mir in den Sinn:
"Carmelita, Nichtchen, kennst du überhaupt schon Messalina? - Casca muß euch unbedingt einander vorstellen" beschloß ich enthusiastisch, mit wieder einem Seitenblick zu meinem Cousin. So, das wäre delegiert. Ich kehrte zu Valentina zurück, um mich mit ihr gemeinsam der größten Herausforderung dieses Abends zu stellen.
Livianus' Umarmung war herzlich, vielleicht etwas demonstrativ, aber nun ja, er war eben Politiker und sich stets seinen Auftrittes bewußt. Ich umarmte ihn ebenfalls kräftig, und antwortete fröhlich:
"Aber nein, ihr kommt gerade recht. -" Und verbesserte mich lächelnd: "Doch ein Lied habt ihr verpasst, das uns deine Großnichte Carmelita wunderschön auf der Kithara vorgetragen hat. Aber vielleicht läßt sie sich ja überzeugen es später nochmal zu wiederholen."
Seine Präsenz, die eines Familienpatriarchen durch und durch, schien Valentina ein wenig zu überrumpeln. Freundschaftlich legte ich ihr die Hand auf den Rücken, um ihr zu verstehen zu geben dass sie nicht alleine stand.
"Carissima, darf ich dich mit meinem Vater bekannt machen: Marcus Decimus Livianus. Dem ich natürlich schon von dir vorgeschwärmt habe."
Von ihrer Sittsamkeit, Würde, Anmut und so weiter hatte ich ihm berichtet. Aber ich unterstelle mal, dass Livianus das alles ziemlich gleich war - Hauptsache ich kam nicht auf die Idee, meinem Geliebten einen flammendroten Schleier überzuwerfen und mit ihm Hochzeit zu halten. Wehmütig suchte mein Blick nach Borkan, doch in dem Gästegetümmel konnte ich ihn gerade gar nicht ausmachen. (Wie schön wäre es doch, wenn all die Freunde und Familienangehörigen, die sich hier und heute so mit Valentina und mir freuten, sich ebenso sehr freuen würden wenn ich mich auf die selbe Weise mit Borkan zusammentun würde. Aber das war... Utopie. Eutopie. Träumerei...)
An Livianus' Seite war seine neue Ehefrau, die edle Aelia Vespa auf uns zu getreten. Es war schon schön die beiden so zu sehen, aber ich war mit ihr, mit meiner... Stiefmutter... noch nicht so recht warm geworden. Sie war ja kaum älter als ich – womöglich sogar jünger - ich hatte sie nicht gefragt, ich würde mich ja hüten sie sowas zu fragen - zudem ungeheuer distinguiert, und es irritierte mich jedesmal sehr, an sie als 'meine Stiefmutter' zu denken.
"Dankeschön." Sie machte sich mit Valentina bekannt, und ich stellte sie ihrerseits vor: "Und dies ist... meine Stiefmutter Aelia Vespa."
Ein Geschenk? Meine Neugier wuchs, während sie es langsam auspackte und dazu erzählte, dann erblickte ich die Elefanten. Was für eine schöne Metapher! Genau das war es doch, was ich mir wünschte, für Valentina und mich. Feurige Liebesglut hatte ich ihr nicht zu bieten, dafür aber verlässliches Zusammenhalten. Wie die Elefanten. Entzückt ergriff ich eine der kleinen durchscheinend weißen Figuren, strahlte Valentina verschmitzt an, und probierte es einmal aus, die Rüssel der Figuren ineinander zu verschlingen.
"Großartig! Vielen Dank, Vespa. Das... das passt perfekt." bedankte ich mich, und, ja, ich gebe zu, ein bisschen gerührt war ich schon, dass sie etwas so treffendes für uns ausgesucht hatte.