Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Das klingt ja sehr schön. Aber in der Vergangenheit war nun mal durch eure simoff-Festlegung, starres Drehbuch, Unflexibilität eine jede Aktion gegen Palma zum Scheitern verurteilt. Siehe Kampagne.
    Was wollt ihr denn ändern, damit es in Zukunft nicht mehr so ist?



    Wenn dir "Verdummung" mißfällt, kannst du gerne "kreative Verarmung" dafür einsetzen. ;)

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    Als ich diese Gänge zum letzten Mal durchschritten hatte........ da war ich, umstrahlt von Macht und martialischer Eleganz, in schwarzem Prunkharnisch und mit wallender Paenula dahingeeilt, hatte direkten Zugang zum privaten Officium des Kaisers gehabt, hatte mit ihm unter vier Augen über unsere Strategie gesprochen..... damals, vor hunderttausend Jahren, bevor Fortuna mich in die Pfanne gehauen hatte, ich alles, alles verloren hatte, und die Götter im allgemeinen ihren verderbtesten Humor gezeigt hatten, indem sie ausgerechnet den Mann, der im ganzen Reich wahrscheinlich am meisten Dreck am Stecken hatte, zum Kaiser gemacht hatten....


    Jetzt schleppte ich mich todesmatt dahin, zwischen den Boten des Corneliers, auf furchtbar wackeligen Beinen, den Blick zu Boden gerichtet, vollauf damit beschäftigt, einen Schritt zu tun, dann noch einen und einen weiteren, ohne auf den Mamor hinzustürzen... Der Kerkerdreck von Monaten haftete an mir, durch die flüchtige Wäsche, die man mir endlich zugestanden hatte, wenig beeindruckt... und auch wenn meine Lumpen gegen eine einfache Tunica militaris getauscht waren, war da immer noch der Pesthauch des Verlieses, diese scheußliche Mixtur von Moder und Exkrementen, Angstschweiß, Verzweiflung und stinkender Todesangst..... Leichenfahl und ausgemergelt war ich, eher wie ein Geist... oder wie ein sehr dünnes, schon ganz oft abgeschabtes, fast durchscheinendes Stück Pergament... Ich stand völlig neben mir.
    Aus grindigen Augen, die tief in den Höhlen lagen, blickte ich den Cornelier... leer... an. Ich hatte ihn ja damals in Antiochia gesehen, als er dort seine Truppen zusammenzog... aber nicht von so nahe. Im Kerker, in der Ewigkeit von Dunkel und Isolation, wenn mein Geist rasend gegen den Wahnsinn ankämpfte und versuchte, das verzehrende Nichts mit Leben und Gedanken zu füllen... hatte ich dann unzählige Male diese Situation durchlebt, in den verschiedensten Varianten.... Dass ich dem cabrón nun wirklich gegenüberstand, war dagegen fast... blass. Mir war kalt. Ich hatte eine Scheißangst, dass er mich auf eine schimpfliche Weise hinrichten lassen würde... Und vor allem war mir schwindelig, ich merkte dass ich schwankte, schwarze Flecken wogten auf, ballten sich zusammen, ich fasste fahrig nach einer (goldverzierten) Tischkante, sank gerade noch auf einen Stuhl bevor es mir vollends den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. Es brauste in meinen Ohren.

    Lupus – Du hast deutlich genug gemacht, dass du das Problem nicht siehst. Dein "ihr hättet", "ihr hättet aber doch können", "ihr solltet", "aber meine tollen Etrusker", blabla, nützt der Diskussion nichts, und dass Du immer wieder behauptest der Verlauf der Story wäre durch freie Spielerentscheidung zustandegekommen wird dadurch auch nicht wahrer.



    Palma wurde durch die SL mittels absurder Plotverrenkungen auf den Thron gehievt und verankert. Die simoff-Festlegung dass jede noch so schöne Aktion gegen ihn einfach nur scheitert - wie z.B. Massa das gerade so eindrücklich im Bezug auf die Schlacht der Classis beschrieben hat - hat das Spiel gelenkt, beherrscht, verdummt.
    Nun zu sagen "aber du kannst doch gegen ihn intrigieren, ist doch gar kein Problem", nachdem schon die ganze Kampagne lang jede Aktion gegen ihn abgeschmettert wurde, jedes Engagement ins Leere lief, jede Idee zum Scheitern verurteilt war - was ja genau die Ursache des ganzen Frustes ist - ist Blödsinn. Niemand hat Lust, seine Kreativität und Energie zum x-ten Mal wieder in eine Geschichte zu stecken, bei der schon von vorneherein klar ist, dass sie bald mit fadenscheinigen Gründen abgewürgt wird.


    Simoff-Einmischungen haben das Spiel an diesen Punkt hier gesteuert, simoff-Einmischungen haben Kaisermörder Palma gehyped und den Palmagegnern allen Einfluß genommen, simoff-Einmischung schreibt den Spielern vor "entweder deine ID ist für Palma oder deine ID kann einpacken".
    Die angerichtete absurde Verzerrung und Verfälschung des Spiels ist durch massive simoff-Steuerung entstanden – sie lässt sich nicht durch kleine private simon-Aktionen beheben. Da braucht es schon einen Befreiungsschlag der ebenfalls auf der simoff-Ebene stattfindet.


    Mögliche Lösungen, die ich sehe:
    1. Palma endlich den Superman-Faktor eindeutig entziehen, ihn verwundbar machen, und eine Verschwörung gegen ihn mit einer reellen Erfolgsschance zulassen. Vorteil: bietet Rollenspielmöglichkeiten.
    2. Palma sterben lassen (ein Attentat/ das Alter / Krankheit / Pech / ein rächender Hausgott der Ulpier...) und einen neutralen Nachfolger an seine Stelle setzen. Vorteil: beendet schnell die absurde Situation.


    Frage an alle Mitspieler: Habt ihr noch andere Ideen für Lösungen?

    Der Rest... war mir entfallen... Ich hob den Blick, hoch zu dem Streifen dämmrigblauen Himmels über den Insulae, wie suchend nach dem rächenden Göttervater. Ein schmaler Mond stand dort oben, silbrig hinter Wolkenfetzen. Es war... unendlich lange her, dass ich so in den Himmel hatte sehen können, es war etwas aus einem anderen Leben... das Leben das ich gehabt hatte, bevor alles zu... Enge, Schmutz und Verzweiflung zusammengeschmolzen war... Starr sah ich da hinauf, geradezu... befremdet, dass es so etwas noch gab. Der Mond schien uns über die Dächer hinweg zu folgen, mal war er ganz verdeckt, mal warf er seinen blassen Schein auf die Wolken um ihm, versilberte ihre fransigen Ränder... Schließlich verschwand er hinter der schwarzen Masse des Esquilinhügels.
    Der Wagen wurde langsamer, passierte eine Kanalbrücke, bog in eine belebte Straße ein. Viele Gestalten, gaffende Gesichter... Ich zog mich vom Fenster zurück. Biss mir auf die Lippen, und lehnte mich wieder zurück auf meinem Sitz, gegen die ruckelnde Wand. Mondschein, Roma, Menschen... was ging das mich noch an? Gar nichts... nichts...
    Nicht sein. Ich brauchte keine Erinnerung an das was mir genommen worden war.... schöne gaukelnde Bilder... aus einer Welt, an der ich nicht mehr teil hatte. Abwesend legte ich die Rechte auf das Tuch, das meine Schwester mir gegeben hatte. Strich mit den Fingerspitzen über den Stoff. Einfach... nichts sagen... meinte sie. Einfach still sein... still... Schweigen. Gleichgültig. Ich schloß die Augen. Schlang frierend die Arme um mich. Die Hufe der Pferde klapperten. Die Räder ratterten über das Pflaster. Ratterten in meinem Kopf. Ratterten. Ratterten. Ratterten. Unaufhaltsam näherten wir uns dem Palatin.

    Dass du, Lupus, der du deine IDs auf der Gewinnerwelle surfen lässt, in der Situation jetzt keine Probleme erkennen kannst, glaube ich gerne. Und für jemanden, der jede Kritik als Lamento abzuwerten versucht, lamentierst du selbst doch ziemlich viel über Amtszeiten.


    Fakt ist: die simoff-Sperre "Palma wird Kaiser, gleichgültig wie unlogisch der Weg, jede Aktion gegen ihn scheitert, Palma ist unangreifbar" hat seit Beginn der Kampagne das Spiel gelenkt, verfälscht und verblödet.
    Wenn die SL diese Schranke jetzt abbauen würde, und Palma endlich vom Superman zum normalen Sterblichen auf dem Kaiserthron machen würde... dann wäre das eine angenehme Überraschung.


    Ceterum censeo: Ich will sagen, dass kein Plot das Recht hat, den Spielern durch simoff-Zwänge vorzuschreiben, was ihre Charaktere denken oder wen ihre Charaktere gut finden sollen.

    Ob die Charaktere den Erkenntnissen über Palmas Mord-Beteiligung Glauben schenken oder nicht, das muß natürlich jeder Spieler selbst entscheiden. Allgemein bekannt gemacht wurde es auf jeden Fall, damit zieht das Argument "es weiß aber doch keiner" nicht.
    Offensichtlich ist jedenfalls, dass Palma Bürgerkrieg und Getreideblockade verursacht hat.


    Lupus, du mißinterpretierst mich.
    Was ich anprangere ist, dass hier eine simoff-Sperre errichtet wurde, die sagt "Palma wird Kaiser, gleichgültig wie unlogisch der Weg, Palma ist jetzt Kaiser, und unangreifbar", die das simon-Spiel verfälscht.
    Es gibt genug Charaktere, für die ein Mann, der derartige Verbrechen begangen hat, als Kaiser nicht tragbar ist – eigentlich. Wenn die SL aber sagt "der Mann ist Kaiser, punktum, basta", dann ist jede simon-Aktion im Spiel gegen ihn von vorneherein durch simoff-Gründe zum Scheitern verurteilt, wird mit fadenscheinigen Gründen geblockt, das zerstört jede Stimmigkeit im Spiel und schafft für die beteiligten Spieler nur Frust. Genauso wars ja jetzt die ganze Zeit während der Kampagne.
    Folge: Spieler von Charakteren, für die ein Nonplusultra-Verbrecher auf den Thron nicht tragbar ist, müssen entweder ihre ID komplett verbiegen oder in Rente schicken. Konsequentes Spiel – gegen Palma vorzugehen - ist ja durch die simoff-Sperre der SL versperrt, bzw wäre ein weiteres gegen Wände rennen. Autsch.


    Ich will nicht sagen, dass die Besiegten jetzt keine simon-Sanktionen erfahren sollen.
    Ich will sagen, dass kein Plot das Recht hat, den Spielern durch simoff-Zwänge vorzuschreiben, was ihre Charaktere denken oder wen ihre Charaktere gut finden sollen.

    Um diesen Gedanken von Messalina mal aufzugreifen, und meine Kritik hoffentlich noch etwas klarer zu machen:


    Palma mag vom Konzept der SL her in diesem Plot "der Gute" sein, im Spiel ist es aber nicht gelungen, ihn so darzustellen. Und was zählt, ist nicht was irgendwo im Drehbuch steht, sondern das was im Spiel passiert. Somit war die Wahl zwischen Palma und Salinator eine zwischen Pest und Cholera. Meiner Meinung nach sind Palmas Verbrechen (Kaiser vergiften, Bürgerkrieg anzetteln) im Vergleich zu Salinators (Senat dissen, Vetternwirtschaft) sogar weitaus schlimmer.


    Den allermeisten Charakteren wurde damit keine wirklich zündende simon-Motivation gegeben, das von der SL vorgesehene Drehbuch nachzuspielen. Was vor allem gezogen hat war die simoff-Motivation: sich auf die Gewinnerseite stellen.
    Und das gefällt mir eben so gar nicht an diesem Plot: er basiert darauf, dass simoff-Wissen (Spieler weiß: Palma ist von der SL als Sieger festgeschrieben) ins simon übertragen wird (->Charakter findet Palma spontan irgendwie gut). Schlechtes Spiel wird belohnt.


    Das Drehbuch ist jetzt ohne Rücksicht auf Stimmigkeit durchgezwungen worden. Und wieder wird kräftig durch simoff-Zwänge ins simon-Spielgeschehen eingegriffen: wessen Charakter nicht für den SuperNSC der SL ist, der kann kein Karrierespiel mehr betreiben. Eine Alternative gibts nicht, denn der SuperNSC ist ja laut Drehbuch unangreifbar.
    Dass dieser SuperNSC sich eigentlich im Verlauf des Plots durch seine Verbrechen völlig disqualifiziert hat, wird ausser acht gelassen. Folge: die Spieler "aufrechter" Charaktere müssen ihre IDs wie gesagt entweder dumm oder opportunistisch spielen. Das ist eine absurde Verzerrung, und ein massiver Einschnitt ins freie Spiel.

    Ein abstruser Plot geht dem Ende zu, und ich will mir gar nicht schon wieder den Kopf über die alten Fragen zerbrechen: Warum nochmal wurden alle Feldherrn, die gegen Palma standen, plötzlich von geistiger Umnachtung befallen? Warum nochmal hat es den Kriegsverlauf genau null komma nichts beeinflusst, als sich die Spielertruppen der Classis und der Prätorianer gegen Palma gestellt haben? Wie nochmal kam es, dass brave italische Landleute in einem selbstmörderischen Taumel von Palma-Begeisterung ihre eigenen Dämme niedergerissen haben? Warum nochmal hat der Wettergott seine sinflutartige Regenfälle immer gezielt auf die Palmagegner niederregnen lassen?
    Diese Fragen hatte ich ja schon mal aufgeworfen, und die Antwort erhalten: der Plot sieht es so vor.
    Ach so! Ja dann.
    Wenn der Plot das so vorsieht, dann ist natürlich jeder Unsinn gerechtfertigt. Klare Sache. Schließlich sind ja die Spieler für den Plot dar, und nicht etwa umgekehrt.
    Ich meine, wo käme man da hin, wenn man eine Story von den Aktionen und Entscheidungen der beteiligten Spielercharaktere mitgestalten ließe? Kontrollverlust! Chaos!
    Nein, besser man schreibt ganz zu Beginn alles ganz genau auf, lässt die Spieler das dann wiederkäuen, und weicht, egal wie schlecht es funktioniert, kein bisschen davon ab.
    Denn: Spieler sind doch am allerglücklichsten als Erfüllungsgehilfen einer starren SL-Geschichte. (Aber mit Siegesgarantie. Und ganz vielen Orden. Wichtig!)
    Soviel dazu.
    [/ironie aus]




    Der Bürgerkrieg ist ja jetzt zum Glück endlich zu Ende. Der von der SL gewünschte Super-NSC ist an der Macht und die Spielercharaktere haben ihm zu huldigen oder können einpacken.
    Ich frage mich: ist eigentlich bewußt, was für ein enormer simoff-Eingriff in das freie Charakterspiel hier betrieben wird?
    Palma wurde eingeführt als:
    1.Beteiligter am Giftmord der kaiserlichen Familie (Giftmord=besonders schändlich, Kaisermord=Frevel ohnegleichen, =>Giftmord am Kaiser=Nonplusultra-Verbrechen),
    2.Initiator eines Bürgerkrieges, der haufenweise Römer das Leben gekostet hat,
    3.Initiator der Getreideblockade, die die Nahrung in Rom knapp gemacht hat.
    Ein unglücklich gewählter Auftakt für den neuen Star des Imperiums. Ich würde sagen, da ist der Plot so richtig dumm gelaufen. Zugleich wird Palma simoff total unkritisch als "der Gute" dargestellt – und unangreifbar gemacht (Bsp: Das Testament, das er präsentiert, ist ja bekanntlicherweise gefälscht, es wird aber nicht mal die geringste Chance an die Spieler gegeben, das herauszufinden).


    Natürlich wollen alle wieder einen normalen Spielbetrieb.
    Und natürlich gibt es IDs, die im Spiel guten Grund haben, diese Mankos zu übersehen und sich problemlos mit Palma zu arrangieren. Die, die unter Salinator gelitten haben, die verfolgt wurden und nun zurückkehren können, die sonst Grund hatten Salinator zu hassen, oder die so sehr von Palma profitieren, dass ihnen der Rest egal ist.
    Oder IDs deren Konzept es vorsieht, dass sie sich sowieso nur für ihren eigenen Vorteil, oder für Brot und Spiele, oder für Frauen-auf-dem-Markt-anrempeln interessieren.
    Es bleibt aber ein großer Rest von IDs, auf die das nicht zutrifft, und denen es - jedenfalls nach meinem Eindruck ;) - eigentlich nicht gleichgültig sein dürfte, über welche Leichen Palma bisher gegangen ist. Da bleibt deren Spielern jetzt nur: entweder die ID stellt sich dumm (nix hören, nix sehen, nix denken), oder die ID entscheidet sich für den Opportunismus, oder die ID ist weg vom Fenster. Kurz: wer hier weiter mit seiner ID eine Karrierelaufbahn verfolgen will, hat seine ID zu verbiegen, und sie entweder dumm oder opportunistisch zu spielen...
    Ich halte das sicher nicht für böse Absicht von irgendwem, sondern für einen "Kollateralschaden" des abstrusen Plots... trotzdem erscheint mir ein solcher Einschnitt in die Spielfreiheit ganz schön fragwürdig.

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    Der Wagen rumpelte durch Rom. Es war später Abend, Dämmerung legte sich über die sieben Hügel. In mich zusammengesunken saß ich da in dem Gefährt, aschfahl und ausgezehrt, die Arme fest um mich geschlungen. Durch das Fenster neben mir strömte die Abendluft, sommerwarm, erfüllt von den charakteristischen Gerüchen der Stadt... Rauch, Garküchendunst, Tibergestank, vor sich hin gammelnde Abfälle.... Ich fror. Lediglich zwei Liktoren waren zu den Boten des Corneliers hinzugekommen, halbherzig wünschte ich mir, ich wäre nicht so vollkommen am Ende und könnte es ausnutzen dass sie mich, nach Ewigkeiten der Gefangenschaft isoliert in der Castra, auf einmal nur noch so lausig bewachten. Aber ich war so geschwächt, ich hätte nicht mal ein Kätzchen erwürgen können, und auf die Hilfe irgendwelcher Getreuer konnte ich auch nicht rechen... sicher hatten auch die letzten mittlerweile ihr Fähnchen nach dem Wind gehängt... von daher löste sich auch dieser Gedanke im Nebel der Resignation auf.
    Ich hustete, spuckte den Schleim auf die Straße, und warf dann einen flüchtigen Blick hinaus. Vielleicht wars das letzte Mal, dass ich die Stadt so sah. Roma, die ich geliebt und mit der ich gehadert, und für deren Verteidigung ich alles geopfert hatte - umsonst.
    Menschen in den Straßen, Stimmengewirr, Lichter, keine größeren Zerstörungen... alles schien wie immer, nur die Legionäre hier im Pomerium waren ein Anzeichen für die ungeheure Katastrophe, die unser Reich getroffen hatte. Mir war so kalt... Die modrige Kälte der Mauern war tief in mich hineingesickert. Wenn ich nur blinzelte, waren sie wieder da, umschlossen mich und erdrückten mich.
    "Wie den Stahl sich Bürger für Bürger schärften..." flüsterte ich tonlos, suchte in der Schwärze, die meinen Geist überflutet hatte, ganz angestrengt und verbissen nach den Zeilen, die da noch dazugehörten...
    "Statt... den argen Parthern den Tod zu bringen..."
    Wie sie kämpften, hört einst durch Väterschuld gelichtete Jugend.


    Wen der Götter ruft nun das Volk, des Reiches
    Sturz zu hindern? Welches Gebet der heil'gen
    Jungfrauen rührt noch Vesta das Herz, die sonst der Lieder nicht achtet?


    Wem wird Vater Zeus all des Frevels Sühne auferlegen?

    Seiana war fort, und ich war wieder allein. Allein in der Zelle. Der Zelle, deren Mauern immer enger zusammenrückten. Zusammenrückten um mich zwischen ihnen zu zermalmen. Zermalmen, zerquetschen, vernichten. Vernichten, ein krankes Nichts, Husten, Schmerzen, und die Kälte, die mir bis ins Mark hineingesickert war, klamme modrige Kälte die jede Regung erstickte und jedes Haschen nach einem Rest von Hoffnung als das bloßstellte was es war – jämmerliches Seelentheater...
    Ich sollte längst tot sein. Ich hätte Seiana nicht nachgeben dürfen. Ich würde sie nur mit hinabreissen..... bei meinem bodenlosen Fall. Ich fiel......


    Zitat

    Original von Duccia Venusia
    Den Hocker hatte sie bekommen. Allerdings schien ihr Neffe nicht in der Lage zu sein mit ihr zu sprechen. Eine Weile saß sie einfach da, erzählte ihm was ihr passiert war, was mit ihren Kindern war und wo sie sie hingeschickt hatte. Auch wenn es keine wirkliche Unterhaltung war, hoffte sie dass er ihre Anwesenheit hatte spüren können. Nach einer Weile erhob sie sich und verließ den Carcer wieder und sie war sehr froh, dass sie es konnte. Lange würde sie es hier nicht aushalten und sie bemitleidete die vielen Gefangenen, die hier ausharren mussten. Noch nie war sie so froh gewesen wieder frische Luft atmen zu können.


    Albtraumbilder verfolgten mich im Schlaf wie im Wachen. Dann war da Venusia – hier? Was hatte das zu bedeuten? Ich traute meinen Sinnen nicht... und wenn sie wirklich hier wäre... traute ich ihr nicht... Früher wäre das anders gewesen... früher hatte ich mein Vertrauen allzu freigiebig verschenkt... bevor ich gesehen hatte, wie verrottet die Menschen, an die ich geglaubt hatte, innendrin waren... bevor die Welt mich verraten hatte.
    Sie war eine Duccia, wahrscheinlich hatte der duccische Tribun sich ein neues Spielchen ausgedacht, und ich gedachte nicht, noch einmal mitzuspielen. Ich ließ sie reden... ohne innere Beteiligung... es waren auffällig "harmlose" Dinge über die sie sprach... anscheinend wollte sie mein Vertrauen gewinnen... was meinen Argwohn bestätigte. Ich sprach kein Wort. Sie ging und ich war wieder allein.


    Allein. Allein mit der Leere. Leer... besiegt war all das woran ich geglaubt hatte. Woran ich geglaubt hatte, und wofür ich alles gegeben hatte. Alles gegeben... alles verloren. Verloren, verirrt war ich, irrte zage über die Asphodelenwiese, wünschte nur dass es endete. Ein Ende... ich sollte ein Ende machen. Ich hätte mich nicht von Seiana bequatschen lassen dürfen. Apathisch lag ich auf der Pritsche und zerfleischte mich mit den Gedanken was ihr nun widerfahren würde.


    Zitat

    Original von Narrator Italiae
    Einen Tag, nachdem Cornelius Palma in Rom eingezogen war, erschienen zwei Männer an der Zelle des Decimus Serapio und ließen sie öffnen.
    "Decimus Serapio, ehemals Praefectus Praetorio unter Vescularius Salinator?", fragte sie den Insassen? "Cornelius Palma wünscht dich zu sprechen", eröffneten sie ihm dann. An die Wache gewandt erklärten sie dann noch, dass der Mann sich waschen und angemessen kleiden solle, wenn er wollte und die Umstände es ermöglichten, dann begleiteten sie ihn ins kaiserliche Arbeitszimmer.


    Und da zog es herauf: das Ende. Verkündet von zwei gesichtslosen Boten. Ich nahm das Tuch, das meine Schwester mir dagelassen hatte, legte es mir ums Handgelenk, band die Enden zusammen, dann richtete ich mich langsam auf... Zorn? Furcht? Erleichterung? Nichts in der Art... ich war ausgebrannt,teilnahmslos. Aber mein ausgezehrter Körper verweigerte mir den Dienst, mir schwindelte und meine Beine waren wie aus Wasser, ich knickte schon nach ein paar Schritten ein, taumelte, hielt mich irgendwo fest, fand mich auf dem Boden des Ganges zwischen den Zellen wieder.... Und dann ein weiterer Versuch. Irgendwie wieder hoch, halb gestützt, halb geschleift, die Treppen... Mir war kalt bis auf die Knochen. Auf dem Weg durch die Castra sah ich unter den Besatzern so einige Männer der Garde, Männer die unter mir gedient und mich verraten hatten. Manche hatten zumindest den Anstand, den Blick zu senken.
    Langes hin und her folgte. Notdürftig konnte ich mich waschen (was gegen den Kerkerdreck von Monaten jetzt nicht so wirklich half), und meine stinkenden Lumpen wurden gegen eine Tunica Militaris vertauscht. All diese... Ereignisse zogen fern an mir vorbei. Schließlich verfrachteten mich in einen Reisewagen, am Rande nahm ich als ausgesprochen merkwürdig wahr, dass diese angeblich vom Cornelier gesandten Männer eine soldatische Wache offenbar nicht für nötig hielten.
    Entkräftet sank ich in mich zusammen, starrte ins Leere. Die Leere starrte zurück. Der Wagen rumpelte durch Rom...


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    Zitat

    Original von Decima Seiana
    Verblüfft über die Heftigkeit, mit der Faustus den Duccius ablehnte, starrte Seiana ihn für Momente nur stumm an. Dass die beiden sich schon getroffen hatten, hatte sie vom Tribun ja schon erfahren, und dass das Gespräch nicht so gelaufen war, wie der Duccius sich das vorgestellt hatte, auch – deswegen hatte er ja sie dann rufen lassen, jedenfalls meinte sie sich daran zu erinnern, dass das die Quintessenz ihres ersten Treffens in der Castra gewesen war, sah man mal von seiner Forderung ab. Dass Faustus allerdings so reagieren würde, damit hatte sie dann doch nicht gerechnet. „Ich muss ihm auch nicht vertrauen, um seine Hilfe anzunehmen“, erwiderte sie leise. Ein Spieler. Natürlich war der Duccius ein Spieler. Aber sie war es auch, oder zumindest versuchte sie es zu sein – um irgendwie das Beste für ihre Familie herauszuholen. Natürlich hieß es vorsichtig sein, aber solange die möglichen Vorteile ihrer Abmachung für den Duccius überwogen, war Seiana sich eigentlich recht sicher, dass er sich an seinen Part halten würde. Sie im Gegenzug würde sich auch an ihren Part halten... und für Augenblicke saß sie jetzt einfach nur fröstelnd da und fragte sich, ob sie das auch zu einer Hyäne machte. Und was Faustus von ihr halten würde, wenn er das wüsste, wenn er in vollem Umfang wüsste, wie sie über die ganze Sache dachte und was sie alles bereit war zu tun, wenn dabei am Ende nur eine Sache herauskam: dass ihre Familie, allen voran ihr Bruder, sicher war. Aber Faustus dachte anders, und obwohl er vorhin noch zugestimmt hatte, nicht aufzugeben, wurde spätestens jetzt klar, dass sie kaum darauf würde zählen können, dass er mitspielte, irgendwie, um sich zu retten.


    Seiana schloss die Augen, und ihre Hand umklammerte seine. Irgendjemand musste die Leichen im Keller haben... und sie hatte im Moment gar keine Wahl, als dass sie das war. Aber wenn sie irgendwie die Hoffnung gehegt hatte, Faustus könnte vielleicht etwas davon mit ihr teilen, erlosch sie in diesem Augenblick. Er konnte das nicht. Er war nicht der Mensch dafür. Er konnte nicht gegen seine Prinzipien handeln, es würde ihn kaputt machen, mehr als sie, wenn er das tat – vorausgesetzt sie schaffte es überhaupt, ihn dazu zu überreden, was sie bezweifelte. Sie war sich in diesem Moment nicht einmal mehr sicher, ob er auch nur ansatzweise davon erfahren sollte, wozu sie bereit war. Und das hieß nichts anderes, als dass sie irgendeinen Weg finden musste, bei dem er sich wenigstens halbwegs treu blieb, genug, dass er damit leben konnte – und trotzdem heil aus der Sache herauskam. Als ob es nicht schon schwierig genug werden würde... Ihre Finger strichen über seine Stirn, bevor sie weiter durch seine Haare fuhren. „Nicht einstimmen“, murmelte sie. „Nur... meinst du, du kannst einfach... still sein? Einfach nichts sagen.“ Wenn er wenigstens das tat... vielleicht würde es dann reichen, wenn sie nur genug andere Fürsprecher für ihn auftreiben konnte. Zumindest dass er am Leben blieb...



    Still sein. Ihre Finger, sanft auf meiner Stirn. Ihr Stimme, Zuversicht murmelnd. Meine Lider zuckten, blieben geschlossen. Bleierne Erschöpfung... einfach nur still sein. Still sein wie die Fische. Still sein wie ein Stein im kühlen Moos. So still wie all die Mitläufer, die um das Verbrechen gewußt, und dem Kaisermörder trotzdem hinterhergetrabt waren. Still wie ein Leichnam.
    Einfach nur still sein. Nicht mehr kämpfen. Vielleicht überleben... Wen kümmerte schon die Wahrheit, was sollte ich mich vernichten lassen, um einer Wahrheit willen, die den Römern doch längst bekannt war, und die kein Schwein kümmerte.
    Hatten nicht alle Soldaten einmal einen feierlichen Schwur im Fahnenheiligtum geleistet?
    Hatten sich in der Vergangenheit nicht alle Gentes ihrer unverbrüchlichen Treue zum Haus der Ulpier gerühmt...?
    Und wer von ihnen erinnerte sich jetzt noch an diese Schwüre, jetzt wo der Wind des Sieges sich gedreht hatte? Sie kannten die Wahrheit doch sowieso schon längst. Aber es spielte keine Rolle. Die Wahrheit war zu unbequem. Wer die Herrschaft an sich gerissen hatte, das allein spielte noch eine Rolle... dem leckten sie jetzt die Füße, die stolzen Römer.


    Meine Kehle war eng vor Bitterkeit und Ekel. Ich hörte die Keren lachen, ich sah ihre scharfen Zähne und die Klauen von denen das römischen Blut troff, und ich presste die Augen zusammen, klammerte mich schaudernd an Seianas Hand fest, bis das Gelächter wieder leiser wurde.
    "...Ich weiß nicht." flüsterte ich.


    Still sein.
    Ich hustete, dann war ich still. Lehnte meinen Kopf in ihre Hand.
    Manius wird uns helfen... Oder er wird... mich verleugnen.... Ich war... ich bin nur noch eine brüchige Hülle. Er darf mich nie so sehen. Ich sollte längst tot sein... Vielleicht ist sie gar nicht hier... vielleicht bin ich schon längst... und bilde mir nur ein sie wäre hier... Seiana...
    Doch. Ihre Hand an meiner Stirn, in meinem Haar, war das einzige was noch wirklich war. Aber auch schon sehr weit weg.
    Sie darf ihm nicht vertrauen... sie darf nicht... sie sagt sie muß nicht... um welchen Preis... Was bedeutet das, dass sie nach Licinus gefragt hat...? Er war doch auch... dort in dem Garten... Ich hasse alle Verräter, ich hasse und verachte Licinus ebenso wie alle anderen Verräter... und noch mehr weil ich an ihn geglaubt habe... Wie bei allen Göttern können sie einen so anständigen Menschen so... umgedreht haben... - Warum sagen sie immer alle, sie hätten meine Briefe nicht bekommen...? ich glaube Manius nicht... aber wird er...? Wie kann ich auf jemanden hoffen den ich hasse... Und Massa hat meinen Brief nicht mal gelesen, schnöder Hund... aber mir wäre das Zerwürfnis so egal, wenn er nur noch am Leben ist...
    Vielleicht hat Licinus meinen Brief auch nicht... Unsinn... Aber Licinus war auch dabei... in dem furchtbaren Traum... er steht neben mir, in diesem... Garten, als... es... beginnt... warum hab ich das vorher nicht gewußt... aber jetzt weiß ich es... ich darf es nicht vergessen...... Seiana... Seianas Hand... ich kann nicht mehr... ich kann einfach nicht mehr... ein Ende machen... ein Ende zu machen ist meine letzte Pflicht... zum Pluto mit der Pflicht hat sie gesagt... ich habs ihr versprochen..... sie ist immer noch da..... gut.....

    "Danke." Das Tuch, erfüllt von Wärme, war ein fester Halt im schwindeleregenden Schwinden der Dinge, war ein Talisman gegen das ... das Lauernde...
    "...Der? Du... darfst dem auf keinen Fall vertrauen!" forderte ich eindringlich. Ein stumpfes Schwert, und grausiger Hohn – hastig fuhr ich mit der Hand über meine Schulter, die Grube hinter dem Schlüsselbein... - oder doch nur einer der Fieberträume...? "Nicht ein Deut darfst du dem vertrauen, der... weiß gar nicht was Ehre überhaupt ist... der ist nichts anderes als ein... widerlicher... Spieler...eine aasfressende Hyäne...!"
    "So zu reden"... wie zu reden? Ihr drängender Tonfall machte mir schon klar, dass es hier um etwas ging, dass ihr ungeheuer wichtig war, und langsam sickerte es zu mir durch: "Du meinst... Ich soll die Dinge nicht mehr beim Namen nennen?" fragte ich, aber kaum mehr sarkastisch. Ich schloß die Augen, ich hatte nicht die geringste Kraft mehr für diesen Kampf.
    "Ich soll also... einstimmen in den Chor der verlogenen Opportunisten... der geschmeidigen Wendehälse... "
    Fast unmerklich schüttelte ich den Kopf... vergrub meine Finger in dem tröstlich warmen Tuch. Es tat mir unendlich leid, meiner Schwester gegenüber. Und der Familie. Und nicht zuletzt auch...mir selbst.....
    Manchmal wünschte ich mir, ich hätte keine Ermittlungen angestellt, und nichts herausgefunden, und wüßte nicht, was ich wußte, und könnte mich reinen Gewissens in die treudoofe Herde der Palma-Anhänger gesellen... aber egal, oder so, ich wußte nun mal was ich wußte.
    "Nein." flüsterte ich traurig. "Das geht nicht."

    Zitat

    Original von Decima Seiana


    Keine Wahl. Und was wenn Manius mir, seitdem er so unerwartet wieder aufgetaucht war, die ganze Zeit nur was vorgemacht hatte, erst um mich zu manipulieren, und dann damit ich ihn verbarg... Was, wenn er mich schon lange nicht mehr liebte... mich abgeschrieben hatte? Ich dachte an die Nacht oben auf dem Clivus Cinnae, als ich vergeblich auf ihn gewartet hatte... Als er dann versuchte, mich zum Verrat zu überreden, da hatte er mir mit vielen wundervollen süßen Worten versichert, meinen Brief viel zu spät erst erhalten zu haben... und ich hatte das geschluckt, weil ich mir natürlich wünschte dass es wirklich so gewesen wäre... Ich verzog das Gesicht, versuchte mich aus dieser scheußlichen Vorstellung herauszureissen.
    "Keine Wahl. Er wird das nicht vergessen."
    "Ja." antworte ich mühsam. Ich spürte ja, dass meine Schwester am Ende ihrer Kräfte war, und dass auch sie nicht länger für uns beide stark sein konnte. "Bestimmt."


    Sacht drückte ich ihre Hand... wie ein Vergewissern, dass sie noch da war. Die nächste Frage, harmlos wie sie war, öffnete einen neuen Quell von Bitterkeit und Enttäuschung...
    "Nein." schnappte ich. "Ich hatte einen Freund bei der Prima, einen richtig guten Freund... Waffenbruder damals in Parthien... und auch als ich zu den Stadtkohorten ging sind wir enge Freunde geblieben, und später hab ich ihn unterstützt damit er auch Ritter werden kann – naja, hat nicht geklappt, statt dessen wurde er dann Primus Pilus, aber das Land hat er immer noch – " Der Husten unterbrach mich, krümmte mich, ich biss die Zähne zusammen... "...Und ich hätte ihm echt blind vertraut und meine Hand für ihn ins Feuer gelegt... aber er hat sich zu der Verbrecherbande gesellt, und ist gegen Rom gezogen, obwohl er durch mich sehr genau wußte was Sache war." Soviel zu wahrer Freundschaft. Höhnisch stieß ich die Luft aus. "Nein, Licinus werd ich ganz sicher nicht um Hilfe anflehen! Der ist für mich gestorben!!"
    Ob er überhaupt Vicentia überlebt hatte? Centurionen fielen doch ständig... Aber was kümmerte mich das... ob tot auf die eine oder tot auf die andere Weise... Mein Ausbruch war so schnell vorüber wie er gekommen war, der Zorn verflackert, darunter die tiefe Trauer um den Verlust des Freundes.
    Immerzu sind wir allein. Freundschaft, Liebe, Treue... Eigentlich sind wir nur... Figuren, die in einer Landschaft eine Zeitlang nebeneinander stehen.
    Wegwerfend schüttelte ich den Kopf.
    "Entschuldige Seiana..." Das half ihr...uns... ja auch nicht. Ich dämpfte wieder die Stimme. "Ehrlich gesagt... glaube ich, es ist... weniger hoffnungslos... einen der Wächter zu bestechen, damit er im richtigen Augenblick woanders hinguckt..... als Fürsprecher in dieser Schlangengrube zu suchen... das sind doch alles Hyänen..."
    Ich rieb mir die Stirn, raufte mir die schmierigen Haare, wiederholte flüsternd: "Hyänen... die hoffen, dass auch für sie ein bisschen Aas abfällt. - Und du, du gehörst einfach nicht hierher, ich will nicht dass du... du bist auch verwundet, und sie haben Blut geleckt, die Hyänen, die Keren... Und in den leeren Straßen geh ich frierend/ Es weht der Keren böses Heulen mit dem Wind -/ Des Krieges grause Töchter, nach dem Blute gierend/In dieser Schwärze, die kein Mond, kein Stern durchdringt. " deklamierte ich nervös. "... habe ich doch von Anfang an... einen Unterschied macht es aber nicht, darf es ja nicht machen... - Lass mir etwas da wenn du gehst, bitte, irgendwas... kleines, ja?" Fahrig zog ich die Decke um mich, fixierte Seiana, versuchte das andere auszublenden, füllte die lauernde Stille hastig wieder mit meiner Stimme. "Wie behandeln sie dich, Seiana? Wie ist es dir überhaupt gelungen, zu mir zu kommen? Ich war immer allein, bis auf die verfluchten Verräter, und selbst da weiß ich nicht ob... " Meine Hand irrte unwillkürlich zu der verkrusteten Wunde. Nein, es war nicht nur ein Albtraum gewesen. Es sei denn, ich war noch immer in demselben gefangen...

    Varenus? Welcher Volltonto hatte denn befohlen, Varenus einzukerkern, der war doch nur ein ganz kleines Licht. - Aufruhr in den Straßen, Plünderungen....
    "Scheiße." Mehr gab´s dazu nicht zu sagen. Ich sah vor mir die ein oder andere unschöne Szene von damals, als wir Soldaten der Prima die Stadt Circesium eingenommen hatten... und sah wieder den blutrünstigen Wahnsinn, der damals in Alexandria den Mob in Rhakotis befallen hatte.... Und sowas auf dem heiligen Boden der Ewigen Stadt!!! Dass die Götter diesen unglaublichen Frevel nicht auf das strengste bestraften, dass dieser Tabubruch sie einen Dreck interessierte, wollte mir noch immer nicht in den Kopf. Aber vielleicht kam die Vergeltung später.
    "Mhm." Immerhin. Natürlich hatte meine umsichtige Schwester vorgesorgt. Aber was waren schon Geld und Gut. Wenn nur unseren Verwandten nichts passiert war.
    Ich fuhr mir über die Stirn, folgte Seianas Blick und sah, in mich zusammengesunken, grübelnd auf unsere sich fest haltenden Hände.
    Schon bald wird sie dich wieder allein lassen müssen, Faustus.
    Ich war doch ein Narr, mich hier von ihr beschwatzen zu lassen. Die Türe würde sich hinter ihr schließen... und die Finsternis würde erneut über mir zusammenschlagen.
    "Aton... ist aber auch... " ergriff ich schließlich stockend wieder das Wort, "...ich sag mal so, er stand nicht ohne Grund auf der Liste... und ich weiß eben nicht ob... wir ihm wirklich trauen können... Uns hat früher... sehr viel verbunden, aber ich weiß nicht ob das jetzt... wo ich ihm nichts mehr nütze... im Gegenteil, wo diese Verbindung ihm nur schaden könnte... ob das noch so ist...." Ich schluckte und starrte trübe, ganz desillusioniert so vor mich. Eigentlich müsste ich Seiana ja nun die ganze Geschichte erklären, wie er in die Casa gekommen war und alles, und ihre Verzeihung erheischen für den ungeheuerlichen Entschluß, ihn bei uns zu verstecken, aber... sie hatte es wohl schon ganz alleine durchblickt, und ich war zu ausgelaugt, und dies alles zu kompliziert, mein Wille zu ermattet und und meine Gedanken zu wirr.... wie durchscheinende, ziellos dahindriftende Wolkenfetzen waren meine Gedanken. Vielleicht sollte ich was essen... Aber mein Hungergefühl war schon lange verflogen, und der Gedanke, etwas von dem miesen Fraß runterzuwürgen widerstrebte mir.

    "....... Du weißt wer er ist?" fragte ich verblüfft (aber nur als leises Flüstern, denn ich, wäre ich an Stelle meiner Kerkerwächter, hätte zu so einer Gelegenheit auf jeden Fall einen Lauscher postiert.) "Woher...?"
    Ravdushara war der einzige, der notgedrungen eingeweiht war... hatte er sich um Hilfe an meine Schwester gewandt? Meine Gedanken schweiften hinaus aus diesen Mauern, zu Aton... sehnsüchtig erinnerte ich mich an die selig süßen Stunden, die wir, vor der Welt verschanzt, zusammen verbracht hatten.... aber zugleich erhob auch das bittere Mißtrauen wieder sein Haupt, denn es ließ sich nun mal leider nicht leugnen, dass er zu den Verschwörern gehörte, und dass er nur zu mir gekommen war, um mich als Werkzeug für ihre abscheulichen Zwecke zu manipulieren. Ich hatte so viel Zeit gehabt, über seine Geschichte nachzudenken, und sie wurde aus der Ferne betrachtet auch nicht glaubwürdiger. Trotzdem... und obgleich ich mich in Gedanken ungefähr tausendmal von ihm losgesagt hatte... lief es mir kalt den Rücken hinunter bei der Vorstellung, ihm könne in den Kriegswirren etwas zugestoßen sein.
    Dass die Stadt eingenommen war, das war, nach Seianas Auftauchen, jetzt nicht mehr wirklich überraschend, aber es ausgesprochen zu hören war... schmerzhaft.
    "Mhm. Wie sind die Schweine reingekommen? - Und... steht das Haus noch?" fragte ich leise, versuchte mich irgendwie zu wappnen gegen noch mehr Unglücksschläge. Zumindest müsste die Gefahr für Manius damit vorbei sein... es sei denn, der Cornelier beschloß, sich erst mal der Mitwisser seines Verbrechens zu entledigen. - "Und was ist mit der Familie?"

    Dunkle Stunde! Was war hier noch übrig von dem schneidigen Präfekten, der ich mal gewesen war?! Was blieb, von den Tagen, in denen ich wahre Macht in meinen Händen gehalten hatten, stolze Truppen ins Feld geführt und rauschende Feste gefeiert hatte, und mir jeder Spiegel und jede neue Eroberung meine eigene Unwiderstehlichkeit entgegengestrahlt hatten. Nichts!
    Hier kauerte ich, von Fortuna geschunden, geschlagen, verraten, in dem Kerker, über den ich selbst mal geherrscht hatte, ein elendes Wrack war ich, und schämte mich nicht, mich bei meiner armen Schwester auszuheulen... - die, obwohl es ihr genauso dreckig ging, ihren Mut nicht verloren hatte....


    Das ging eine ganze Weile so. Bis irgendwann die Tränen versiegten. Ich umarmte Seiana fest, und verspürte (mal abgesehen davon, dass die Wunde es mir übelnahm), in meinem Inneren, genau da wo alles nur noch so leer und erstarrt gewesen war, große Müdigkeit, aber auch ein warmes Aufwallen von Geschwisterliebe.
    "Na gut..." murmelte ich, löste mein verheultes Selbst langsam aus der Geborgenheit der Umarmung, und streichelte meiner Schwester zärtlich über die Haare, die Wangen. "...du Tapfere." (Meine Hände waren so richtige Dreckpratzen, fiel mir auf, und ich zog sie gleich wieder zurück, um keine Schmutzspuren zu hinterlassen. Wie ich wohl roch, daran mochte ich gar nicht denken. Ja, tapfere Seiana.) Sie war entschlossen zu kämpfen, also würde ich, so gut ich halt konnte, mitziehen. Ihre Beteuerungen glaubte ich freilich immer noch nicht, aber ein Funke von... ja, man könnte es wohl Kampfgeist nennen, war auf mich übergesprungen. Vielleicht würden Marius Turbos Truppen die Aufständischen ja doch noch rechtzeitig stellen und schlagen...?
    Ich hustete und rotzte, wischte mir mit einem Zipfel der Decke übers Gesicht. Und dann... wie eine leise Ahnung, dass nach der dunkelsten und kältesten Stunde der Nacht auch wieder der Morgen graut, wie langsam, ganz langsam schwarz zu blau wird, bis irgendwann eine erste Spur von Rosenrot den Horizont behaucht und das erneute Erstrahlen der Sonne (die goldene Sonne Ägyptens...) ankündigt... fiel mir etwas ein.
    "Vielleicht..." murmelte ich zögernd, sehr leise, mir gerade erst selber eingestehend, dass das – womöglich, und ganz ohne damit jetzt blödsinnige Hoffnung schüren zu wollen, also mit der gebührenden Skepsis betrachtet, jedoch auch nicht vollkommen ausgeschlossen, also unter gewissen Einschränkungen und Umständen – sein könnte: "vielleicht kann Aton uns helfen."

    Weinend schmiegte ich mein Gesicht in ihre Hand. Ich wollte ihr ja gerne glauben, aber vor dem vernichtenden Wissen darum, dass alles, wirklich alles, verloren war, hatten "stark", "stolz" und "Fortitudo", ja sogar der Vorwurf des Aufgebens, ihre Bedeutung verloren.
    "Wozu?! Es hat doch keinen Zweck!" begehrte ich verzweifelt auf. "Sie werden mich hinrichten, vor allen Leuten, oder mich... erst zwingen, ihre stinkenden Lügen zu bestätigen, und mich dann hinrichten, und..." Vollkommen aufgelöst suchte ich den Trost ihrer Umarmung, barg mein Gesicht an ihrer Brust und schluchzte haltlos. So wie damals, als wir noch Kinder gewesen waren, und meine große Schwester, mein Fels in der Brandung, stets bereit gewesen war, mich wie eine wütende Hornisse gegen alle Unbill der Welt zu verteidigen. Doch diesmal ging es leider nicht um einen Feldzug gegen die fiesen Fischerjungs zur Rückeroberung einer Mütze. Die Zeiten waren nun doch schon etwas länger vorbei...
    "...und daran kannst du auch nichts ändern..." schniefte ich trostlos, "...und richtest dich nur selbst mit mir zugrunde..... - oh Seiana, ich hab so schreckliche, schreckliche Angst....." Vor dem Sterben... und davor, gefoltert zu werden...

    Das war zu viel... Ich schloß die Augen, ich konnte die Verzweiflung meiner Schwester nicht ertragen, wollte nichts mehr hören, ich hatte keinen Trost für sie, ich wollte einschlafen und nie wieder aufwachen. Wir alle, wir sind immerzu allein... Aber sie fand sich nicht damit ab, und ich wünschte, sie würde endlich aufhören mit diesen blödsinnigen Anforderungen an mich, die ich nicht erfüllen konnte... oder mich wieder alleine lassen.
    "Zum Pluto mit der Pflicht!"
    Zum Pluto mit der Pflicht??! Das traf mich selbst jetzt wie ein Schlag, verblüfft öffnete ich die Augen, starrte Seiana einigermaßen schockiert an. So was von ihr zu hören! Sie war die, die immer die Pflicht hochgehalten hatte, die ausgeharrt hatte, was immer auch kam. Aber jetzt... war auch sie am Ende.
    Schwer ausatmend suchte ich nach den richtigen Worten, den vernünftigen Worten, die ihr bitte endlich klarmachen sollten, dass sie mich, bei aller Liebe, abschreiben musste, um selbst irgendwie weitermachen zu können... Aber vor ihrer Verzweiflung hatte diese "Vernunft" keinen Bestand. Ich hatte sie schon so oft alleine gelassen... sie war diejenige, die dann tapfer zurückblieb... sie war die, die bei unserer Mutter geblieben und sie bis zum Ende gepflegt hatte... sie war die, die dann später in Rom die Familie zusammengehalten hatte, die sich nie beklagt hatte... aber ich wußte natürlich, dass sie längst nicht so unangreifbar war, wie sie schien... und jetzt würde ich sie ein letztes Mal, unwideruflich im Stich lassen...
    Jetzt stiegen mir doch die Tränen in die Augen, mehr und mehr Tränen, es war als risse mich das alles zurück, wieder mitten rein in die Qual und die Ohnmacht, die vergebliche Auflehnung gegen dieses beschissene Schicksal.
    "...was soll ich denn tun?!" schluchzte ich, klammerte mich an ihre Hand wie ein Ertrinkender, "...Seiana... ich halt das nicht mehr aus, ich kann einfach nicht mehr..."