Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Ein weiterer Vorzug meines neuen Amtes war es, für eine Audienz nicht erst den nervtötenden Parcours über die Kanzlei veranstalten zu müssen. Ich begab mich direkt zum Domus Augustana, zum Privatofficium des Kaisers. Was für ein maßloser Prunk hier....
    Mit ernster Miene bat ich den Sekretär, mich beim Kaiser zu melden. Ich hatte gute Neuigkeiten und schlechte, nur leider waren die schlechten schlechter als die guten gut waren, und ich war nicht gerade glücklich, dass ich derjenige war, der sie dem Kaiser überbringen mußte.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca


    Eine gute Tat... Ich dachte mir meinen Teil.
    "Schnapp dir Frau und Kinder und lass sie anderswo unterbringen, versteckt und gut bewacht. Nicht dass jemand Wind davon bekommt und uns um diesen Trumpf zu bringen versucht. Also sozusagen zu ihrer eigenen Sicherheit." befahl ich. Oder sollten wir sie besser gleich in die Castra holen? Nein, die Zellen waren schon zu voll, und es sähe nicht gut aus, wenn wir hier Kinder einsperrten, gar nicht gut...
    "Und beginne schon mal mit den systematischen Verhören, ich komme dann dazu." Wenn wir uns nicht gewaltig täuschten, dann standen wir kurz vor dem ultimativen Durchbruch....
    "Was ist mit der Legatentochter, habt ihr das erledigt?"

    Und weiter, und immer weiter, ich konnte seinen Worten ebensowenig Einhalt gebieten wie einer wütenden Sturmflut, die unermüdlich anbrandend Stück für Stück der Küste wegriss, unterspülte, in die Tiefe stürzen ließ.
    "Nein!" keuchte ich, gegen seine Worte ankämpfend, sträubte mich gegen den Griff an meinen Schultern, sprach stockend gegen ihn an: "So bequem das auch für eure Sache wäre, er ist verdammt nochmal nicht der Mörder, und ich... und du hast kein Recht... und ich diene verdammt noch mal dem rechtmäßigen Kaiser, und er ist ausserdem ein ganz passabler Kaiser, und ihr, ihr seid diejenigen die Blut an den Händen haben, ihr wolltet Palma an die Macht bringen und dafür mußte Valerianus sterben, und ....... "


    Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht, wischte Tränen weg, aber es kamen noch mehr. Manius hielt mir die Hände entgegen und sprach ohne Unterlass auf mich ein, ich sah ihn nur starr an, schüttelte den Kopf, schüttelte wieder den Kopf.
    Ihn ausliefern?!
    Unmöglich.
    Kaum hatte das Wort meinen Mund verlassen, graute mir schon vor dem was ich gerade gesagt hatte. Wenn ich selbst schon so weit war, dass ich in Betracht zog, meine große Liebe dem Tod in den Rachen zu stoßen...... bestätigte das nicht seine Vorwürfe?! Eine eisige Hand legte sich auf meine Brust.War ich verdorben, verblendet, Scherge eines Despoten, hatte ich mir vielleicht selbst meine Ermittlungsergebnisse so zurechtgerückt dass sie in mein Trugbild passten?!
    "Hör auf... hör endlich auf...!" bat ich verzweifelt. "Ich halt das nicht mehr aus! ... Das kann nicht sein."
    Aber das schlimme war: ich glaubte ihm. Nicht mit dem Verstand, der sagte mir weiter, dass Manius log oder selbst getäuscht worden war, und aller Wahrscheinlichkeit nach der Verschwörerklüngel hinter dem Mord steckte. Aber tief drinn.... vertraute ich Manius einfach, liebte ihn und vertraute ihm, und der schon lange (seit der Sache mit meinem Vater) immer mal wieder nagende Zweifel erhob, durch Manius' flammende Überzeugung angefacht sein Haupt und sagte mir, dass es nicht richtig war, Vescularius zu dienen. Aber ich war so dermaßen WEIT gegangen auf diesem Weg, dass allein die Vorstellung umzukehren vollkommen wahnwitzig war!
    Ich senkte den Kopf, vergrub das Gesicht in der Hand. Es war zu viel. Es zermalmte mich.
    "Ich wollte dich sehen. Ich hab dir geschrieben, und ich habe die halbe Nacht auf dich gewartet. Du bist nicht gekommen." widersprach ich erschöpft. "Manius, ich.... ich... weiß nicht mehr was ich denken soll." Vom Tun ganz zu schweigen.

    Zitat

    Original von Pinia Serena


    Und schon wieder das "so jung". Eigentlich hatte ich durchaus Interesse an der Verschönerung und Modernisierung der Casa, hatte deswegen sogar schon Stress mit Seiana gehabt, die einen eher "klassischen" Stil bevorzugte, ich kam nur zur Zeit nicht dazu, meine Pläne weiter voranzutreiben... aber da sowas nicht gerade als männlich-viriler Zeitvertreib galt, hängte ich es nicht an die große Glocke.
    Wie was? Seit wann hatte ich gesagt, ich würde Crispina nur wegen meines Dienstes nicht in Betracht ziehen?! Mütter! Sie hielten ihre Töchter wohl automatisch für den Hauptgewinn.
    Ich verbiss mir eine Erwiderung, gab ein mitfühlendes "Mhm." von mir, als sie den gefallenen Verlobten erwähnte. Sehr großzügig von mir?? So langsam kam ich mir verschaukelt vor. Versteh mal einer die Matronen... Jetzt holte sie aus, zählte die alten Verdiente ihrer Gens auf. Ich erinnerte mich sogar noch an einen Helvetius Falco, der damals vor unserem Aufbruch nach Parthien eine Rede gehalten hatte, die insofern ungewöhnlich gewesen war, als sie die uns erwartenden Härten und die Heimtücke des Feindes ziemlich genau benannt hatte. Die Helvetier waren auf jeden Fall eine gute Familie, nur leider hatten sie mittlerweile so gut wie keine gesellschaftliche oder politische Bedeutung mehr.


    "Es freut mich zu hören, dass dein Sohn sich bereits so gute Voraussetzungen sichern konnte..." begann ich vorsichtig. "Und der Ruf deiner Familie ist selbstverständlich tadellos." Aber Stella heiraten! So weit kam es noch dass ich meine süße kleine Cousine an jemanden verheiratete, der noch ganz am Anfang stand, und kaum was vorzuweisen hatte ausser Zukunftsmusik.
    "Und ich verstehe sehr gut, dass sein Auge auf unsere junge Stella gefallen ist. Sie ist eine zarte Blume, die mir sehr am Herzen liegt, ihre Schönheit, Sittsamkeit und ihr jugendlicher Frohsinn sind die Zierde unseres Domus. - Aber im Augenblick erschiene mir ein solches Gespräch doch noch deutlich verfrüht. Ich wünsche deinem Sohn das beste bei seinen Bestrebungen, sich den Ordo Equester zu erarbeiten und sich hier in Rom einen Namen zu machen." Die Voraussetzungen waren das eine, ob er es auch drauf hatte etwas daraus zu machen das andere. "Wenn er dieses Ziel erreicht hat, und ein angemessenes Amt innehat, dann kann er mich sehr gerne zu einem solchen Gespräch aufsuchen."

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    Meine Versprechen gegenüber dem Gefangenen hatte ich gehalten. Eine gesündere Zelle (eine von denen, die für hochgestelltere Insassen bestimmt waren) mit mehr Licht und Luft, ordentliches Essen, keine Folter. Dazu sah einer der ehemaligen Leibärzte des ermordeten Kaisers (die noch immer inhaftiert waren) regelmäßig nach ihm, versorgte ihn, unter Aufsicht. Das Risiko trug ich anfangs zähneknirschend.... dann wurde ich selbst Gardekommandant und damit in der Hinsicht gelassener.
    Ausserdem hatte ich mich, nach der ganzen Verwirrung beim letzten Mal, mit meiner klugen Schwester beraten und war mir nun wieder klarer über das Ziel, das ich zu verfolgen hatte.
    So kam ich eines Tages erneut zu dem Gefangenen, betrat seine Zelle. Ein loyaler Gardist hielt draussen Wache, ich wollte ungestört reden können. Knirschend schloss sich die Türe, ich sah mich um, und obgleich es eines der netteren Verliese war, lief es mir kalt über den Rücken bei dem Gedanken: Grauenvoll. Hoffentlich muß ICH nie wieder an so einem Ort einsitzen!
    "Salve Senator Vinicius."

    "Bei Plutos Arsch!" Tribun Ligarius, sonst ein Mann der leisen Töne, fluchte wie ein Bierkutscher. "Pestilenz und Cholera! Die Zeit der Diplomatie ist vorbei!"
    Da war er mit seiner Vexillatio nach Mantua gehastet, um auf Befehl des Präfekten den Legaten der Ersten zur Vernunft zu bringen.... nur um von verschiedenen Informanten übereinstimmend zu hören, dass der Legat gerade Farbe bekannt hatte – für die Aufständischen. Und seine Truppen in Marsch gesetzt hatte. Da gab es nichts mehr zu reden. Ligarius säumte nicht, er sandte Boten aus – nach Süden natürlich, nach Rom, aber auch nach Norden, zu den Kameraden die dort mit ihrem ganz eigenen Auftrag unterwegs waren. War nur zu hoffen, dass sie dabei nicht in die Zange geraten würden.




    Ein privater Bote war es, der (wohl noch knapp vor dem Abmarsch der Prima) einen ganz privaten Brief an Marcus Iulius Licinus übergab.



    An
    Primus Pilus Marcus Iulius Licinus
    Legio Prima Traiana Pia Fidelis
    Mantua




    Salve Licinus!


    Auch wenn ich wieder im Lande bin - die Amphore, die wir zusammen trinken wollten, die wird, fürchte ich, noch eine Weile ungetrunken bleiben. Ich würde jetzt ja eigentlich lieber aus meinem Leben plaudern... die Sommerhitze liegt wie eine Glocke über der ewigen Stadt, ich habe mir ein neues Gespann zugelegt, ich schlage mich mit meiner dickköpfigen Verwandschaft so durch, bin noch immer erfolgreich Junggeselle geblieben, hab zwei wunderhübsche junge Cousinen, für die ich passende Ehemänner auftreiben sollte... und mein Dienst ist interessanter denn je. Dann würde ich mich erkundigen was Du so treibst, wie bei Dir die Reben gedeihen, was Deine Esquilina macht, und ob Du nicht mal Lust hättest hier vorbeizuschauen (mit Amphore) und vielleicht sogar meine Cousinen kennenzulernen? Aber leider... wie sagt man? "Die Verhältnisse sind nicht so."


    Es sind böse Zeiten, und ich schreibe Dir diesen Brief in der Hoffnung, dass wir, als alte Kameraden, als Comilites die am Tor von Circesium Rücken an Rücken gekämpft haben, dass wir, wo auch immer es uns mittlerweile hinverschlagen hat, gemeinsam etwas dagegen tun können. Oder jedenfalls etwas, damit diese Zeiten nicht ganz so blutig heraufziehen, wie es zu befürchten ist.
    Ich bin zum Gardepräfekten erhoben worden... was mehr ist als ich mir je erträumt habe. Aber was ich Dir jetzt sage, das sage ich Dir als Freund.


    Ich habe zum Kaisermord ermittelt. Erst als Tribun, dann als Präfekt... sorgfältig, und mir stehen nun wirklich alle Mittel zur Verfügung. Ich habe herausgefunden, dass es tatsächlich einen Kreis von Verschwörern gab, um Tiberius Durus, Cornelius Palma und Vinicius Lucianus. Ihr Ziel war es nicht nur, Vescularius loszuwerden, sie wollten darüber hinaus Palma zum neuen Kaiser machen. Tiberius Durus hat auf einer Reise nach Syrien mit Statthalter Veturius Cicurinus konspiriert (ich habe selbst in Antiochia nachgeforscht!). Dieser Verschwörerkreis hat, über einen Libertus des vergöttlichten Iulianus, einem Küchensklaven in Valerianus' misenischem Landgut ein Speisegift zugespielt. Der hat es am Saturnalientag dem Kaiser ins Essen gemischt, und Valerianus, seine Frau und sein Sohn starben einen qualvollen Tod. Die Verschwörer machten nur den Fehler, nicht schnell genug gegen Vescularius vorzugehen, er schlug zurück, Tiberius tötete sich selbst um einer Verhaftung zu entgehen, Vinicius wurde verhaftet und verhört, Cornelius floh nach Syrien, wo Veturius schon alles für den Aufstand vorbereitet hatte, der Rest ist ja allgemein bekannt.


    Licinus, ich bitte Dich mir Glauben zu schenken! An Cornelius' Händen klebt das Blut des Kaisers, dem wir, damals in Dura Europos, unsere Treue geschworen haben. Das einzig richtige jetzt ist es, gegen die aufständischen Legionen vorzugehen, und Rom zu verteidigen. Du bist Primus Pilus der Prima, Kriegsheld, dienst schon ewig in der Truppe, verkörperst die Legion mehr als jeder andere, die Männer hören auf dich. Du allein kannst das Ruder noch herumreißen! Lass es nicht zu, dass die Prima auf die Seite der Mörder gerät!


    Vale! Ich hoffe wir sehen uns in besseren Zeiten wieder.





    Klarheit! Hätte ich doch endlich Klarheit! Wie ich danach hungerte, wie es mich zermürbte, mir immer wieder die selben Frage zu stellen, nie Gewissheit zu haben ob ich das Richtige tat, ob das was ich tat, die Verhöre und Verhaftungen und alles was da noch hinzugehörte... ob dieser ganze Scheiß gerechtfertigt war, weil es nun mal dem Schutz des Imperiums diente – oder ob ich selbst einem gigantischen Betrug erlegen war??!! Nein. Das durfte nicht sein. Nein... Das war nicht so. Was ich tat richtete sich gegen die Feinde des Reiches, und ich durfte dabei nicht zögern, ebensowenig wie ich hatte zögern dürfen in Parthien auf dem Schlachtfeld, zögern, zaudern, falsche Skrupel, Befindlichkeiten.... zögern, einen Wimpernschlag lang nur, und man war tot, und zwar für immer.


    Es tat mir weh zu sehen wie meine Worte Manius trafen... wie Hiebe... aber doch zürnte ich weiter, es war genug, wer war ich, mich, mein Handeln, meine Loyalität von einem Verschwörer anprangern zu lassen?!
    "Blödsinn!" fluchte ich, "So ein BLÖDSINN!! Gerade weil ihr so viel habt, habt ihr so viel Angst es zu verlieren! Das sieht doch ein Blinder!"
    Meine Ohren hätte ich verschließen wollen. Ich wollte nichts mehr hören. Keine Moral. Günstlinge. Untauglich. Vierundzwanzig Liktoren. Und ich selbst wusste: der Libertus hatte Kontakte zu beiden Seiten gehabt. Wer sagte, dass nicht... Nein, ich wollte das nicht mehr hören. Nichts hören. Nicht sehen. Aber selbst als er zu Boden gesunken war, sprach er immer noch weiter...
    "Sei endlich STILL!" fuhr ich ihn an, mich vom Tisch hochstemmend, blieb hoch vor ihm aufgerichtet stehen. "Oh zum Cerberus, sei doch endlich STILL! Verschone mich mit euer miesen Propaganda! Ich glaube dir kein Wort! Du bist ein Verschwörer! Du bist gekommen um mir... deine Worte ins Ohr zu träufeln, wie Gift, wie das Gift dass ihr dem Kaiser gegeben habt! Du hast mich kaltherzig abserviert, ohne ein Wort, aber jetzt, jetzt auf einmal kommst du wieder, und... willst... mich benutzen, und glaubst wegen dieser alten Scheiß-Meditrinaliengeschichte kannst du den Gardepräfekten zum Überläufer machen?!!"
    Fremd klang meine Stimme in meinen Ohren, kalt und metallisch,
    "Dann lass dir gesagt sein: die Meditrinalien sind lange vorbei! - Ich... schulde ihm Treue. Ich habe dem Kaiser Treue gelobt. Honor et Fortitudo." Meine Stimme wurde brüchig an der Stelle, und mein Blick begann zu verschwimmen, Tränen liefen mir über das Gesicht.
    "Ich sollte dich ausliefern!"

    Das war Musik in meinen Ohren.
    "Gute Arbeit Optio Iunius!" rief ich hocherfreut aus, und das war auch der Augenblick, um einen schon länger gehegten Gedanken in die Tat umzusetzen. Der Mann war wertvoll, das hatte er jetzt oft genug bewiesen, der mußte höher hinaus.
    "Die nächste Mission sollst du als Centurio bestreiten. Ich veranlasse noch heute alles nötige."
    An die Administratio schreiben, und einen Posten für ihn freischaufeln hieß das. Mir schwebte da was vor. Ich gab ihm einen Augenblick, um diese Nachricht aufzunehmen, und kurz huschte durch meinen Geist die Erinnerung daran, wie ich damals (mehr als überraschend) meine Vitis erhallten hatte – und meine erste große Aufgabe war dann die Ehrengarde für Vescularius gewesen, damals als Artorius Avitus Prätorianerpräfekt geworden war. Wie doch die Zeit verging... doch zurück zum jetzt. Wir hatten den Libertus, das bindende Glied, mein Mosaik würde bald vollständig sein.
    "Hat er Namen genannt?"

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    Original von Tiberius Helvetius Varus
    Pinnia Serena bemerkte im Ansatz das Teile Serapio nicht gefallen hatten. Sie war ein sehr mütterlicher Typ aber eben nicht die Mutter von Decimus Serapio weshalb sie eben wohl etwas zu nah und zu vertraulich gewesen war. Sie hörte also umgehend auf den versehrten Arm zu beachten und verlegte sich wieder ganz auf Worte.


    "Es freut mich das meine Worte die wenigstens ein bisschen den Dienst und die Pflicht leichter machen. Ich kann mir nicht mal im entferntesten vorstellen welche Last du zu tragen hast. Zumal, wenn du mir diese Vertraulichkeit verzeihst, auch noch in solch einem jungen Alter. Zu allem Überfluß sind es ja nicht auch nur der Dienst am Reich der auf dir lastet. Soweit ich weiß bist du auch das Familienoberhaupt der Gens Decima. Es werden sicherlich jeden Morgen wahre Heerscharen an Klienten zur Salutatio erscheinen und der Tag als Praefectus wird sicherlich so einige weitere Bittsteller mit sich bringen. Gesegnet ist das derjenige der mit einer starken Familie und Verwandten bestückt ist. Ganz besonders natürlich deine Schwester Decima Seiana. Sie ist wahrlich eine Zierde meines Geschlechtes und für uns alle ein Vorbild möchte ich sagen. Ein Mann wie du braucht solche Frauen in seiner Umgebung. Frauen die genau wissen wo ihr Platz ist und voll und ganz hinter dir stehen. Ich kann mir vorstellen wie schwierig das da die Suche nach einer passenden Ehefrau macht. Kein Wunder und keineswegs etwas was man dir zum Vorwurf machen könnte noch unverheiratet zu sein."


    Wie wahr. Wie gut sie mich verstand! (Wobei... so jung fand ich mich nun auch nicht mehr, gar nicht mehr lange und die entsetzliche Zahl 30 würden auch mich ereilen.) Während Pinnia mir so teilnahmsvoll mein schweres Schicksal beschrieb, mir vor Augen führte wie arm ich doch dran war, verspürte ich die Last immer vernichtender. Das war ich auf dem Gipfel meiner kühnsten Träume angekommen, und was hatte es mir gebracht?! Lügen, Mißtrauen, Einsamkeit!
    Mein Blick war längst zu Boden gesunken, ich ging ohne auf den Weg zu achten, verstrickt in meine persönliche Misere. Und wie Salz brannte in meinen Wunden das süßliche Gesäusel, das bisweilen von anderen Ende des Gartens herüberwehte. Ich wollte hier weg...
    "Meine Schwester ist mir wirklich eine große Hilfe." Mein Fels in der Brandung war sie, mein Pharos in der Nacht, aber das ging niemanden was an. Immerhin war es gut zu hören, dass Pinnia so eine hohe Meinung von ihr hatte. Manch andere Matrone mißgönnte Seiana sicherlich den gesellschaftlichen Stand und Einfluß.
    Ehefrau?! Bona Dea, sie wollte mir doch jetzt hoffentlich nicht ihre Tochter andrehen! Alarm! tönten alle Signale, schreckten mich auf, Feind vor den Toren, alle Mann auf die Wälle, klar zur Verteidigung!
    "Ähem... ja stimmt, das ist nicht so einfach. Aber mein Dienst nimmt mich zur Zeit sowieso ganz in Anspruch, da muß ich eben das persönliche zurückstellen. Von daher ist das im Augenblick kein Thema für mich." Das war die Ausrede in der ich am meisten Routine hatte. Ich hoffte nur, dass das klar genug gewesen war, und sie nur das Terrain hatte sondieren wollen. Crispina schien ja recht nett und so, und ich hatte mich mittlerweile ja auch schon dazu durchgerungen, dass ich wohl doch noch irgendwann in den sauren Apfel beißen musste, aber wenn, dann sollte es schon eine Verbindung sein von der meine Gens auch was hatte.
    "Dies hier ist übrigens die Dianalaube." bemerkte ich dann, auf das bezaubernde kleine Refugium deutend, dem wir uns eben näherten. "Mein Adoptivvater Livianus hat sie vor langer Zeit für seine damalige Frau Aemilia errichten lassen." Die er wohl sehr geliebt hatte. Irgendwie war es gerade schwer, dem leidigen Thema zu entkommen...

    Später, gegen Nachmittag – da war ich natürlich schon längst wieder von dem kleinen Ausflug zurück – stand der Höhepunkt des Programmes an: die große Lotterie. Das Fest war in vollem Gange, Musikanten und Gaukler waren aufgetreten, und unzählige Lose waren bei den Spielen verteilt worden (oder nein, unzählig waren sie nicht, Rhea meine Vilica hatte sie sicherlich abgezählt, aber es waren sehr viele).


    "Audite, audite! Strömt herbei ihr guten Leute, sammelt euch, kommt alle vor den Tempel der Fortuna, dort findet in wenigen Augenblicken die GROSSE VERLOSUNG statt!" tönte der Ausrufer mit weittragender Stimme.
    "Kostbare Preise, gestiftet für euch vom Praefectus Praetorio Faustus Decimus Serapio, warten auf euch! Ist Fortuna euch hold, geht ihr mit Schätzen beladen nach Hause!"


    Ich stand, wieder mit Rhea, am zentralen Festplatz vor dem Tempel, neben der hölzernen Bühne, parat für meinen Einsatz, und betrachtete mit iovialem Lächeln das Treiben. Ein letzter Auftritt, der wohl die Wartezeit bis alle da waren, überbrücken sollte, wurde, von anschwellendem Getrommel untermalt, noch groß angekündigt:


    "Doch zuvor, seht hier und heute, exklusiv für EUCH, die unglaubliche, die unvergleichliche, die das Herz betörende Grazie, die die Sinne verstörende und den Leib entflammende fleischgewordene Feuersbrunst, die einzigartige: SCINTILLA!!!"


    Mit grandioser Geste machte der Ausrufer die Bühne frei, und ich sah gespannt nach oben, neugierig was da kommen würde. Ich hatte mal eine Scintilla gekannt, aber das war schon wirklich lange her.

    Das Fest und all die Menschen dort hatten wir weit hinter uns gelassen. Und... na endlich! Dort hinter dem Nymphaeum, das sah nach einem abgeschiedenen Plätzchen aus. Ich zügelte die Pferde unter einer großen Trauerweide, deren tief herabhängene Zweige das Gespann wenigstens ein bisschen verbergen würden, sprang aus der Kanzel und band die Pferde an einem niedrigen Ast fest.
    "Komm mit!" forderte ich verheißungsvoll. Ein glutvoller Blick über die Schulter, und schon schlug ich mich durchs Gebüsch bis zur Hinterwand des Nymphaeums. So ansprechend das Brunnenhaus von vorne war, mit verspielten Wasserfrauen und klaren Bassins, hier hinten gab es nur eine grob verputzte Mauer, umwuchert von struppigem, aber immerhin blickdichtem, Gesträuch. Das Gurgeln und Strömen des Wasser drang laut bis zu uns. Nicht gerade lauschig, aber egal.
    "Dulcis Dives..." Mein! Begierig zog ich ihn in meine Arme, fuhr ihm mit den Händen schwer über den Nacken, den Rücken hinab, besitzergreifend über den Hintern, den herrlichen. "...du machst mich ganz verrückt!!"
    Und nun endlich konnte ich seinen Kuss richtig erwidern, und das tat ich, hörte auf an irgendwelche anderen ablenkenden Dinge zu denken und widmete mich leidenschaftlich seinen süßen Lippen – wie wonnig hatten sie unter den meinen gebebt, in Ostia, wie bereitwillig hatte er mir seine Hingabe geschenkt. Mehr davon!!!




    Ja, einfach nur herrlich... Und ihm schien es auch ganz gut zu gefallen. Mein Streitwagen verfehlte halt nie seine Wirkung (oder jedenfalls fast nie... wenn man eine gewisse ägyptische Nacht aussen vor ließ... an die ich mich ungern, also besser gar nicht, zurückerinnerte.)
    Doch dass Dives so forsch ranging, da war ich gar nicht darauf gefasst gewesen. Meine Augen irrten hektisch umher – nicht dass uns einer sah!!! - während ich den Kuss überrascht erwiderte, und die Biga geriet ins schlingern.
    "Oh... ähm, ja, ich dich auch" murmelte ich, auf einmal eher verlegen als verwegen, und griff die mir halbentglittenen Zügel nach, brachte den Wagen hastig wieder auf Kurs. Das hatte so echt geklungen, innig und unverstellt, ich hätte es ihm glatt abgenommen..... wenn, ja wenn ich neu in diesem Spiel gewesen wäre. War ich aber nicht.
    Mit einem Rundblick versicherte ich mich, dass da gerade niemand war, ausser uns. Gut!
    "Aber wie es aussieht... ist Fortuna heute mit uns!" erklärte ich dann mit einem breiten Grinsen – denn mit den Zügeln hatte ich auch meine Lässigkeit wieder aufgenommen.
    "Und gewährt es uns, unsere... Sehnsucht endlich zu stillen!"
    Wobei ich ihn feurig anfunkelte. Süßer, köstlicher Dives! Ich hätte ihn auf der Stelle vernaschen können! Natürlich verschlang ich ihn (erstmal) nur mit den Augen. Mir war das hier noch viel zu öffentlich, jeden Augenblick hätte wer um die Ecke kommen können, und einen Skandal konnte ich echt nicht gebrauchen. Aber vielleicht, überlegte ich, vielleicht war das, was ich gerade gesagt hatte, nicht mal Geschwätz, vielleicht war das Zusammentreffen wirklich eine Gegengabe der Göttin an mich für den hübschen Tempel, den ich ihr errichtet hatte? Dives war doch alles was ich mir nur wünschen konnte, um diesen angenehmen Tag noch schöner zu machen (und das letzte Desaster weit hinter mir zu lassen). Die Frage nach dem Morgen sei nicht gestellt; / nimm alle Tage ja als Gewinn, die dir Fortuna schenkt!
    Aber wohin...? Und zu lange sollte ich ja auch nicht weg vom Fest sein.
    "Hm....."
    Kurzentschlossen lenkte ich den Wagen vom Wege ab.....

    Zitat

    Original von Gaius Pompeius Imperiosus
    Missmutig war ich dem jungen Miles gefolgt, um die zwei würde ich mich später kümmern, jetzt galt es erst einmal tatsächlich wichtige Dinge zu klären, da musste selbst ich mal das private beiseite lassen ...


    Ich meldete mich beim Scriba und machte ihm klar das mein Besuch äusserste Dringlichkeit hatte ...


    "Der Procurator a Libellis." sprach mein Vorzimmer-Soldat.
    Womit hatte ich das verdient? Ich war in Versuchung, ihn ganz hinten auf die Wartebank zu setzen, aber nach dem Gespräch mit meiner Schwester über dieses unsägliche Pärchen war ich ja zu dem Schluß gekommen: Diplomatie war das Wort der Stunde.
    "Ich lasse bitten."
    Mein Beneficiarius ließ den Mann ein, und ich begrüßte ihn ziemlich neutral:
    "Salve Procurator Pompeius. Bitte nimm Platz. Was führt dich zu mir?"

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca
    Direkt aus Sardinia über Ostia kommend, begab sich Seneca noch in der etwas staubigen, zwielichten Montur zum Officium des Präfekten, sicherlich würde es ihn freuen zu hören dass man alle Personen erwischt hatte, und die Mission ein voller Erfolg war..
    Energisch klopfte der Optio an die Tür.


    Mein Beneficiarius meldete den iunischen Optio, und ich hieß ihn sogleich eintreten. Ich brannte ja vor Neugierde ob seine Vexillatio etwas hatte aufspüren können! Diese Ermittlungen waren die brisantesten überhaupt, und die anderen Trupps, die ich auf die Spur des Freigelassenen gesetzt hatte, waren bisher mit leeren Händen zurückgekehrt.
    Ich ließ ihn Meldung machen und grüßte gespannt: "Optio Iunius. Willkommen zurück. Was hast du zu berichten?"

    "Wer wie die keinerlei Anstand hat, kennt eben auch keine Dankbarkeit." sekundierte ich meiner Schwester. Aber es beruhigte mich zu hören, dass auch Seiana einen offenen Konflikt vermeiden wollte.
    "Gut. Wenn du ihr zu gegebener Zeit mal wirklich einen Denkzettel verpassen willst... dann wird sich da schon etwas finden." Dafür war ich ja nun genau an der richtigen Stelle gelandet!


    Nach all diesen großen und gefährlichen Dingen plauderten wir noch ein bisschen über das Alltägliche. Ich erzählte ihr von der Ankunft Romanas, und wie wir uns da auf dem falschen Fuß erwischt hatten, und von den Planungen für mein Fortunafest, und von meinem neuen Gespann (das alte war zwar noch gut, aber technisch längst überholt) und schilderte ihr begeistert was für Pferde ich dafür gerade ausbilden ließ (auf den weiten Weiden von Meridius Landgut), und dabei vergaß ich tatsächlich für eine Weile die Misere mit Massa. Und auch das große Dilemma um den eingekerkerten Vinicius würde mich erst wieder am darauffolgenden Tag beschäftigen.

    Zitat

    Original von Tiberius Helvetius Varus
    Pinnia Serena nahm den angebotenen Arm sehr gerne an. An ihr waren die Geschehnisse natürlich nicht vorbei gegangen ohne das sie etwas merkte. Fast hatte sie ein wenig Mitleid mit dem doch noch recht jungem Oberhaupt der Gens und dazu auch noch Praefectus Praetoria. Andererseits würde das vielleicht gerade in ihre Karten spielen.


    Sie ging also erstmal ein paar Schritte und bedankte sich mit ein paar Floskeln für die bisherige Gastung usw.
    Nachdem sie ein paar Schritte gegangen waren streichelte sie sanft ein wenig über seinen Unteram der Spuren einer Verletzung zeigte. Natürlich nicht wie eine Liebhaberin über den Körper ihres Liebsten sondern eher wie eine Mutter über die Verletzung ihres Sohnes.


    "Eine schwere Last trägst du für das Reich scheint mir. Du wirst es sicherlich oft hören doch möchte ich es noch einmal sagen in der Hoffnung dich nicht zu langweilen. Ich gehöre bestimmt nur zu den Heerscharen an Bürgern die dir und deinen Untergebenen dankbar sind für den harten Dienst der solche Spuren hinterlässt und die Mehrheit ein ruhiges und unbeschwertes Leben führen lässt."


    Die Gegenwart der Pinnia hatte etwas Wohltuendes, mütterliches, etwas das mich dazu neigen ließ, ihr Vertrauen zu schenken. Doch seitdem ich mein neues Amt innehatte, und ständig wer was von mir wollte, war mein Argwohn rasant gewachsen. Und ich mochte es nicht, wenn mein lädierter Arm, das häßliche Ding, irgendwie thematisiert wurde. Meine Lippen wurden etwas schmaler, ich beherrschte mich, um mich der Berührung nicht abrupt zu entziehen und antwortete steif:
    "Ich danke dir für deine Worte." Man hörte das ja viel zu selten. Und gerade jetzt fühlte ich mich echt wie... verschüttet und zerquetscht von dieser Last. Aber das lag daran, das das Private gerade sowas von zerschellt war, und daran dass der Urheber dieses Desasters vollkommen ungerührt an anderen Ende des Garten mit Romana herumscharwenzelte. (Faustus! Nicht hinsehen! Konzentrier dich auf die Pinnia!)
    "Es ist eben unsere Pflicht." gab ich die gute Soldatenantwort, die ich schon so oft gegeben hatte, dass sie mir vollkommen automatisch über die Lippen glitt, und um Höflichkeit bemüht fügte ich hinzu: "Worte wie die deinen sind es, die Dienst und Pflicht dann wieder viel leichter machen."

    Die Schaukämpfe nahmen ihren Lauf, und wie zu erwarten fegte die Seite der Garde diejenigen, die die Rebellen verkörperten, souverän vom Platz. Ein schönes Spektakel, gerade recht zu meiner Kommandoübernahme, hier sah das Volk nicht nur die Kampfkunst an sich sondern auch wofür, beziehungsweise , sie sich richten würde... wenn es nötig sein würde. Dem Kaiser schien es zu gefallen, ich sah es mit Erleichterung. Der Tribun der das choreographiert hatte, der hatte jetzt einen großen Stein bei mir im Brett!
    Auf das große Manöver folgten Reiterspiele, bei denen die Equites in halsbrecherischer Geschwindigkeit über das Marsfeld sprengten, dabei fließend von einer Formation in die andere wechselten, allerlei Hindernisse übersprangen, treffsicher vom Pferderücken ihre Speere warfen.
    Doch allzulang währte das ganze nicht, schließlich hatten wir zu Genüge Stärke demonstriert, und ich wollte das Publikum mitreißen, nicht ermüden. Noch einmal wurde der Kaiser als höchster Feldherr respektvoll gegrüßt, dann ließ ich die Truppen abtreten und die Parade wälzte sich eisenklirrend zurück zur Castra. Ich ritt inmitten meiner Elitetruppen, berauscht von den mir zu Teil gewordenen Ehren, vom Jubel, von der Macht, die nun in meinen Händen lag. Ich war Prätorianerpräfekt. Meine kühnsten Träume hatten sich erfüllt...