Auf der Kline ausgestreckt, aß ich ein paar Happen von den Vorspeisen, und lauschte dabei aufmerksam den Meinungen in der Familienrunde. Es war schön, alle auf einem Haufen hier zu haben, auch wenn wir in dieser Konstellation zum ersten Mal hier lagen, es war die Familie, noch besser: die jungen Verwandten, ich mochte jeden auf seine Weise, und ich fühlte mich hier rundherum wohl, so entspannt wie ein Pferd, das zufrieden mit seiner Herde auf der Weide steht, ein bisschen Gras frisst, manchmal mit dem Schweif schlägt, und sich mit den anderen am Mähnenkamm knabbert.
Massa sprach meine geheimen Gedanken aus, und ersparte es damit mir, dieses Argument auf den Tisch zu packen, Flavus stimmte ihm zu, Pinus hielt sich vornehm zurück – ich hätte am liebsten eine Makrele nach ihm geworfen, so blasiert wie er wieder tat! - und Seiana... sie war ziemlich unterkühlt, die ganze Zeit schon. Ich sagte mir, dass sie unheimlich viel durchgemacht hatte, und lange alleine gewesen war, und wahrscheinlich noch eine Weile brauchte, um sich wieder an das gesellige Familienleben zu gewöhnen... aber ein bisschen störte es mich trotzdem, dass sie sich sich, wie es mir schien, so gar keine Mühe gab, sich auf die entspannte Runde einzulassen. Ob sie vielleicht verärgert darüber war, dass ich sie nicht vorher gefragt hatte, bevor ich die Idee hier äußerte...? (So sehr wir beide uns auch verändert hatten... Seiana würde immer zu den Menschen gehören, die bestimmen wollten wo's langging. Da war ich mir sicher!) Dass Venusia sehr in sich gekehrt war, das war natürlich. Sie tat mir leid! Als ich sie kennengelernt hatte, auf der Fiesta zu Livianus' Rückkehr, da war sie so fröhlich und patent gewesen. - Ein Knall, Massa hatte seinen Becher unsanft abgestellt. Was hatte er denn, er sah auf einmal so grüblerisch aus?
“Da sind wir uns ja alle einig,“ meinte ich, zufrieden dass es keines langen hin und hers bedurfte. “Ephialtes...“ überlegte ich, verband den Namen mit dem dazugehörigen Gesicht. Ja, doch, es war ein hübsches Gesicht. “Wie gut dass du da schon so früh vorgesorgt hast“ versuchte ich Seianas klugen Einsatz zu würdigen, “Ich bin sicher, dass Ephialtes seine Sache gut machen wird! - Hm... ein paar hochwertige neue Sklaven könnten wir uns aber doch trotzdem anschaffen finde ich... so, für neue Akzente, und vielleicht auch ein paar neue Wandgemälde? Der ägyptische Stil ist doch jetzt sehr angesagt. Ich habe einen Freund, der kennt einen jungen Freskenmaler, der wirklich ein begnadeter Künstler ist, den könnte ich mal fragen. Und Porphyrmöbel würden da unheimlich gut dazu passen.“
Es mangelte an nichts in unserem Domus, weder an guten Sklaven, noch an zeitloser Eleganz, noch an unaufdringlicher Zurschaustellung von Reichtum, noch an Stil, dafür hatte meine Schwester gesorgt, und ihr Geschmack war zweifelsohne erlesen. Aber: mir fehlte hier ein bisschen... das außergewöhnliche, unerwartete... das glamouröse. Porphyr statt Tuffstein.
“Übrigens mein neuer Leibwächter, Theseus, den könnt ihr euch gerne alle ausleihen wenn ich ihn gerade nicht brauche, der Bursche ist wirklich eine Naturgewalt.“
Coryhia kam wieder und trug den Hauptgang auf, ein würziger Zickleinbraten, Schneckenpastete, in Ingwerbrühe gedünstetes Gemüse und, zur Feier des Tages, kleine Spieße mit knusprig gegrillten Rotkehlchen an Salbei und Speck. Köstlich!
“Und, wie gefällt euch die Stadt, was habt ihr schon so erkundet?“ wandte ich mich an die Neu-in-Rom-Fraktion. Zwei Spieße und ein Stück Pastete fanden ihren Weg zu mir. Zum Essen setzte ich mich aufrecht hin, wie ein Barbar, denn das elegante Liegen erforderte leider einen Arm zum Abstützen und einen zum Essen. Aber wir waren ja unter uns.