Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Autsch!! Es tat mir schon etwas leid, die beiden so aufeinander zu hetzen... aber wie sonst sollte ich einschätzen wie mein Custos reagierte, wenn es hart auf hart ging, wie zäh er war, wie leicht in Rage zu bringen. Ich wippte auf den Fußballen und betrachtete gebannt diesen Kampf, bereit ihnen Einhalt zu gebieten, aber im Augenblick war ich zu gespannt, ob mein Germane unseren Sidonius trotz allem noch unterkriegen würde!

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    Original von Appius Terentius Cyprianus
    Zartfühlend, mit Freundlichkeit? Das konnte schwer werden besonders bei ihrer gemeinsamen Vorgeschichte, aber Respekt ja das ging. Respekt war wichtig in jeder Lebenslage:"Ich kann dir versichern tribun, daß deiner Schwester bei mir an nichts Mangeln wird." Außer vielleicht an Freiheit und Mitgefühl, was er natürlich nicht sagte:"Sie wird gut Leben und alle Privilegien genießen, die ihr als Frau des Gardepräfecten zusteht und sie wird als meine Ehefrau vor den Stürmen, wie du es nennst,geschützt sein, besser als die meisten anderen." Vor allem wenn man bedachte wem Appius momentan eigentlich diente.


    Besser als die meisten anderen. Das war eine sehr relative Aussage. Aber etwas anderes als ja konnte ich hier nicht sagen. Unglücklich griff ich nach dem Tablett mit dem Wein, das mittlerweile auf dem Tisch erschienen war, und schenkte dem Präfekten einen Pokal aus blaugrünem Flußspat-Glas voll mit dem besten Setiner, dann schenkte ich mir selbst ein.
    “Ich achte dich hoch, Präfekt Terentius, und ich gebe meine Schwester vertrauensvoll in deine Hände.“ erklärte ich feierlich meine pro-forma-Zustimmung.
    “Als Mitgift hatte ich an ein schönes Latifundium gedacht. Es liegt bei Ardea und besteht aus einer großen Villa Rustica mit zwei Centuriae fruchtbarem Land, Reben, Olivenhainen und Fischteichen.“
    Sollte niemand behaupten, eine Decima hätte keine großzügige Mitgift. Ich ergriff meinen Pokal, bereit mit ihm auf den Abschluss des „Handels“ anzustoßen.

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    Original von Potitus Vescularius Salinator


    Potitus sah auf. Decimus Serapio! Endlich einmal ein guter Termin! Der Bursche hatte ihm schon gute Dienste erwiesen! "Decimus, gut, dass du da bist! Wie ich sehe, hast du ein paar Verwundungen aus deinem Einsatz davongetragen!" Er deutete auf den Arm in der Schlinge. "Eine Verwundung im Dienst ist aussagekräftiger als jede Phalera, sag' ich immer!" Auch, wenn Salinator natürlich nie eine Verwundung davongetragen hatte...nicht einmal, als er Seite an Seite mit Valerianus in der Schlacht gestanden war!


    Eine joviale Begrüßung war das, wie ich es von meinem ehemaligen Kommandanten gewohnt war, nur dass ich jetzt hinter der wohlwollenden Miene tausend finstere Pläne befürchtete. Ich lächelte, so entspannt wie in Gesellschaft einer Sandviper.
    “Diese Blemmyer waren zähe Bastarde.“
    Aussagekräftiger als eine Phalera... möglicherweise. Vielleicht zeigte sie auch nur, wer nicht rechtzeitig den Arm weggezogen hatte.
    “Wohl wahr, Präfekt. Ich würde sie trotzdem jederzeit eintauschen.“ scherzte ich verkrampft, wenn auch nicht ganz ohne Hintergedanken, denn ich hoffte inständig, dass es mit der Hasta pura was wurde.... - Aber nicht, dass er jetzt dachte, ich wäre zu invalide für was richtiges, und mich auf einen Verwaltungsposten setzte!!!
    Kerzengerade stand ich und versicherte möglichst schneidig:
    “Aber das wird schnell wieder.“ (Glaubte ich zwar mittlerweile nicht mehr dran, aber in den höheren Positionen ging es doch eh kaum mehr um körperlichen Einsatz.) “Ich stehe bereit, Rom weiter mit all meinen Kräften zu dienen!“

    “Es tut mir leid, aber...“ betreten sah ich zu Boden. Dass ich meine Schwester da enttäuschen mußte, tat mir in der Seele weh. Es war vielleicht nur ein kleiner Wunsch... aber dass die Hochzeit für Seiana eine bedrohliche Sache war, das hatte ich nicht übersehen können, und sie da irgendwie, und wenn es nur mit einer Speerspitze war, unterstützen zu können, hätte mir viel bedeutet. Und auch das archaische daran hätte mir gefallen. Aber nein. Da war ich in zwei Feldzügen gewesen und konnte ihr das nicht bieten.
    “Wir hatten gar keine Hastae in Parthien, nur Pilae. Also, wir Legionäre nicht, bei den Hilfstruppen schon. - Ich glaube, der Brauch kommt aus der Zeit vor Marius.“
    Aus der Zeit, als die Hasta noch zur normalen Legionärsbewaffnung gehört hatte, bevor sie vom moderneren Pilum verdrängt worden war.
    “Mein Pilum habe ich noch. Aber da kann ich auch nicht beschwören, dass ich jemanden damit getötet habe. Man wirft die Dinger als Salve wie... ein großer Schwarm, da kann man nicht so genau sehen welches wo runterkommt, und wenn der Feind Schilde hat, landen sie eher dort, ist ja auch so gedacht... und die Parther hatten meistens welche, bis auf die ganz lumpigen Truppen. Hm...“
    Ich grübelte angestrengt, an den Türrahmen gelehnt. Hatte ich jemals wen mit dem Pilum direkt getötet? Parthien war seltsam in meiner Erinnerung, manches überklar, anderes völlig nebulös. Meine Gedanken waren träge, aber dann kam mir doch eine Eingebung, ich blickte auf und schlug Seiana vor:
    “Ich könnte mein Gladius zur Hasta umschmieden lassen!“

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    Original von Caius Decimus Flavus


    Wohlerzogen war der junge Mann, stellte der Ianitor fest. Marcus lächelte und strich den Reisemantel sorgfältig glatt.
    “Vor einigen Tagen bereits. Dir ist auch schon ein Cubiculum gerichtet worden.“
    Er bedeutete einer schmalen Sklavin, die gerade dabei war, eine ganze Reihe von Sandalen und Calcei zu putzen und zu ölen, die Arbeit wegzulegen.
    “Zeig dem jungen Herrn erst einmal sein Zimmer.“ wies er sie an. Das Mädchen senkte schüchtern den Kopf vor Flavus und führte ihn in das Obergeschoss des Hauses.

    Der Zweikampf war schön anzusehen, der Germane hielt was er versprochen hatte. Ich konnte mir nur zu dazu gratulieren, auf gut Glück einen so nützlichen Sklaven erworben zu haben. Leider war es mir aber nicht möglich, das Kampfgeschehen mit voller Konzentration zu verfolgen, denn der Blonde hatte offensichtlich nicht verstanden, dass ich ihn weggeschickt hatte. Wie in aller Welt hatte ein so einfältiger Sklave bisher überleben können? Er musste sehr milde Herrschaften gehabt haben.
    Angewidert von seinem Vorschlag verzog ich das Gesicht, und unterbrach sein Geplapper, in dem selben harschen Tonfall, mit dem ich einen begriffsstutzigen Rekruten zur Ordnung gerufen hätte.
    “Sklave, hab ich dir befohlen 'geh', oder hab ich dir befohlen 'quatsch mir die Ohren voll'? ABTRETEN! MARSCH!“
    Ein unwirscher Wink meiner Linken bedeutete ihm unmissverständlich, dass er sich wegscheren sollte.


    Die Kämpfenden waren derweil zu Boden gegangen, ich sprang auf und trat an die Kante des Peristylganges um besser auf sie herabschauen zu können.
    “Halt!“ rief ich dann, denn das Geraufe auf dem Boden war längst nicht so schön wie es der Speerkampf gewesen war.
    “Auseinander, zurück auf die Füße, und dann noch mal von vorne, waffenlos. Du musst wissen, Theseus, das Tragen von Waffen ist innerhalb des Stadtgebietes strengstens verboten, darum ist es besonders wichtig, dass du mich, wenn's drauf ankommt, auch mit bloßen Händen verteidigen kannst.“

    Das war eine schöne Idee... Ich verhielt meine Schritte und sah zu Seiana zurück.
    “Aus Ägypten hab ich nur eine Blemmyerlanze mitgenommen.“ Als Erinnerungsstück. Ich selbst hatte dort keine Hasta geführt.
    “Sie ist noch mit meinem Gepäck unterwegs. Aber die hasta caelibaris muß ja eine römische Lanze sein, nicht? - Ich hab noch die Hasta aus meiner Stadtkohortenzeit. Hm... allerdings habe ich mit der Waffe nie jemanden getötet, meinst du das geht trotzdem?“
    Das römische Gesindel wusste es ja besser, als hastatragende Urbaner offen anzugreifen, wenn, dann schlugen diese Sicastecher hinterrücks zu, wenn man nicht darauf gefasst war.

    Schritte erklangen, ich achtete nicht darauf, betrachtete ein parthisches Krummschwert, das mich an die grausige Nacht erinnerte, als ich zum ersten Mal um mein Leben hatte kämpfen müssen, und mit mehr Glück als Verstand ein ganz ähnliches Schwert erbeutet hatte. Ich war sehr stolz auf diese Trophäe gewesen, hatte sie aber schon bald im Straßengraben zurückgelassen, das Marschgepäck alleine war schon viel zu schwer gewesen...
    Faustus...
    Wie von einem Skorpion gestochen fuhr ich herum.
    Er. Bei allen Göttern! Direkt vor mir.
    Ich wurde rot und ich wurde blass, das Blut rauschte in meinen Ohren, ich stand da, starrte ihn an wie gelähmt, eine Salzsäule, stumm, unfähig irgendein Wort herauszubringen. Diese Züge, die ich so unzählige Male vor meinem inneren Auge heraufbeschworen hatte.... - in verzehrender Sehnsucht, in bangem Hoffen, in heißer Liebe, in quälenden Bedenken, in zerknirschtem Bedauern, in wildem Zorn, in heilloser Verwirrung.... - weitaus häufiger, als ich sie in Natura erblickt hatte, da waren diese Züge, direkt vor mir, vom Lampenschein warm dem Dämmerlicht entrissen.
    “.... Manius....“ stotterte ich.


    “Manius meus, mein Erastes, was auch immer da zwischen uns getreten ist – es kann doch nicht stärker sein als das, was uns beide in seinen berauschenden Bann geschlagen hat, Manius, ich habe deine Briefe verschlungen, ich habe von ihnen gelebt in der feindlichen Fremde, Manius, ich habe deine Berührung in den Strahlen der ägyptischen Sonne gespürt, bitte, rette mich, vergib mir meine bösen Worte, vorschnell und unwissend geschrieben, verzeih mir, du warst so weit weg, aber jetzt hat das Schicksal uns erneut zusammengeführt, und ich will, dass es ist wie es damals war, und wie es hätte sein können, nimm mich in die Arme, halt mich fest, lass mich nicht mehr los.“


    Das hätte ich ihm sagen wollen. Tat es aber nicht. Ich stand da, verwandelt in einen einfältigen Tölpel, und starrte ihn an.
    “Ich habe.... Mars geopfert.“
    Meine Stimme war ein Flüstern. Mars. Ja, Mars, ich war noch immer in seinem Tempel. War das eine Prüfung? Die riesige Statue, die uns überragte, ich musste sie nicht ansehen um ihr strenges bärtiges Gesicht vor Augen zu haben, es hatte mich schon immer an Livianus erinnert, und an Meridius, und überhaupt an die eisenharten iberischen Ahnen, die für meine empfindsamen Verirrungen nur blanke Verachtung übrig gehabt hätten. Klein fühlte ich mich unter ihrer aller Blick, bloß und nichtswürdig. Und versehrt. Halbverkrüppelt. Nicht der selbe Faustus, der an den Meditrinalien getanzt hatte.
    Sah Manius das auch?
    Verzeih... kein Recht...
    Er hatte sich abgewandt. Ich wollte die Hand heben, ihn berühren, ihn an der Schulter fassen, ihn aufhalten, aber mein rechter Arm war nutzlos, ein Schmerz zuckte hindurch, als ich ihn strecken wollte, und im nächsten Atemzug dachte ich schon: Nein, ich werde ihn nicht berühren. Ich sollte ihm das Partherschwert zwischen die Schulterblätter stoßen, er hat sich gegen meine Gens gestellt, was mich zu ihm zieht ist schlecht, und es macht mich schlecht!
    Ich sah nur noch seinen Rücken. Den Halsansatz, den ich einmal über und über mit Küssen bedeckt hatte. Es war vorbei. Vorbei..... Meine Kehle wurde eng, meine Augen brannten vor zurückgehaltenen Tränen, und in mir war nur noch ein einziger, überwältigender Impuls: Weg hier.


    Als nächstes war da die Schwelle des Tempel, ich stürzte hinaus, war geblendet, achtete weder auf Ravdushara, der sich gerade mit einem blutigen Lappen in der Hand vom Boden aufwischen erhob, noch auf Theseus, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, ich eilte an ihnen vorbei, die Tempelstufen hinab, halbblind von der plötzlichen Helligkeit und den nun doch aufquellenden Tränen, ich strauchelte, fing mich wieder und hastete weiter, nur weg hier.

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    Original von Iunia Axilla


    Ich war irritiert! Diese junge Dame gebärdete sich ja wie Optio „Eisenfresse“ Simplex persönlich. Dabei wirkte sie ihrer Erscheinung nach so, als käme sie aus gutem Hause. Meine Augenbrauen wanderten nach oben, ich blickte sie voll Verwunderung an, und wusste nicht so recht, ob ich das jetzt kurios-interessant oder bloß kurios-unpassend fand. Sie wich dem Blick aus, wie verschämt, und ich schloss daraus, dass da wohl nur, einen Augenblick lang, die Leidenschaft für die Ludi mit ihr durchgegangen war. (Es war allgemein bekannt, welche Macht diese über das schwache Geschlecht ausüben konnte, man denke nur an Senatorengattinnen, die mit vernarbten Arenahengsten durchbrennen.)
    “Du scheinst ja eine große Passion für die Ludi zu hegen.“ stellte ich leicht süffisant fest.
    Nach Tarraco? Das machte sie mir doch gleich wieder sympathisch. Aber dass sie Mactator gar nicht kannte... wie flüchtig war doch der Ruhm der Welt! Als ich nach Rom kam, da war er der unangefochten hellste, gleißend strahlende Stern am Arenahimmel gewesen, und hatte dabei sooo unverschämt gut ausgesehen. Die Menge war in Begeisterungsstürme ausgebrochen, wenn er nur den Sand betrat, die ganze Stadt war voll von Mactator-Öllampen, Mactator-Bechern und Mactator-Grafittis gewesen. Alle hatten ihm zu Füßen gelegen, inklusive mir.... Was hatte ich damals für ihn geschwärmt! Und jetzt war er so gut wie vergessen, und man schwärmte eben für andere.


    Trotz, oder vielleicht wegen dieser Erinnerung an die Vergänglichkeit, hatte ich gerade lebhaft Appetit auf Feigen. Dass die Frau Delon gleich mit beauftragte fand ich zwar forsch, aber verständlich.
    “Frische Feigen, keine getrockneten!“ schärfte ich Delon noch ein, “wenn er die nicht hat, dann Pistazien.“


    Wo waren wir gewesen? Sie hatte so viel verschiedenes gesagt. Also zurück zum Helden von gestern.
    “Murmillo, ja. Mactator war ungeschlagen in über zwanzig Kämpfen! Aber in seinem letzten Duell, da mußte er gegen seinen besten Freund antreten, Fulmineus! Ein Riese, groß und breit wie ein Hippopotamus und ebenso wild. Sie hatten jahrelang zusammen trainiert...“ erzählte ich meiner Bekanntschaft, mit der Linken lebhaft gestikulierend, die gar schaurige Geschichte.
    “Es war ebenfalls bei den Ludi Romani. Mactator verkörperte den Feldherrn Licinius Lucullus, und Fulmineus war Mithridates. Sie waren sich ebenbürtig, diese beiden, und fochten mit unvergleichlichem Geschick dort unten in der Arena. Es war ein furioser Kampf! Am Ende tötete er, also Mactator, seinen einzigen Freund, aber nicht ohne selbst üble Verletzungen davonzutragen. Danach hat er nie wieder eine Arena betreten.“
    Ich machte eine Kunstpause, um diese tragische Begebenheit wirken zu lassen, bevor ich mich erkundigte: “Aber sag, du meintest doch eben was von Tarraco - kommst du etwa auch aus der Gegend? Von wo denn?“

    Einige Tage nach den Ludi Romani:
    Zu abendlicher Stunde versammelte sich die Familie in der Cenatiuncula, um dort gemeinsam zu essen. Das kleine Speisezimmer war dafür gerade richtig, im großen Triclinium hätten wir doch eher verloren gewirkt. Corythia trug erst einmal eine Vorspeise auf, halbierte Eiern in Garum, garniert mit allerlei Kräutern, und eingelegte Makrelen mit Raute.
    Wir aßen und tauschten die alltäglichen Begebenheiten des Tages aus. Ich wartete, bis die Sklavin den Raum wieder verlassen hatte, dann wandte ich mich konspirativer Miene an meine Verwandten.
    “Hört mal, ich habe eine Idee!“ Ich dämpfte die Stimme. „Es geht um Marcus. Er dient uns schon so lange, und, auch wenn er sich nicht beklagt, ich hab den Eindruck dass sein Rücken ihm ziemlich zu schaffen macht. Was haltet ihr davon, wenn wir ihn freilassen? Er hat doch Familie in Praeneste, seine Tochter, die ist ja schon seit langem freigelassen, und ihre Kinder. Vielleicht möchte er zu ihnen ziehen... oder natürlich weiter für uns arbeiten, als Libertus, das kann er ja dann selbst entscheiden. Ich finde, es wäre ein angemessenes Dankeschön für seine treuen Dienste, wie seht ihr das?“
    Was ich nicht dazusagte, obgleich es in meine Überlegung mit eingeflossen war – es wäre die Gelegenheit, sich einen jungen und hübschen Ianitor zuzulegen. Ich mochte Marcus, mochte ihn wirklich sehr, aber er war eben noch ein Faktotum der vorigen Decimergeneration, und nun, da sie sich alle zurückgezogen hatten, wollte ich das Haus gerne ein bisschen mehr nach meinem Geschmack einrichten.... ein bisschen schicker eben.


    edit: Zeitangabe

    Wie zu erwarten, war es nicht von alleine besser geworden. Weder das mit dem Arm, noch das... andere. Und so stand ich eines schönen Nachmittages dann doch vor der Praxis, so wie meine Schwester es mir vorgeschlagen hatte. Der Eingang sah zwar sehr einladend aus, aber ich hätte für mein Leben gern gleich wieder kehrt gemacht. Medici, Valetudinarien, unheimliche Krankheiten, schaurige Instrumente, eklige Salben, stinkende Absonderungen... ich hatte da eine gewisse..... Abneigung.
    Die war durch die Zeit, als ich schwerverwundet im Feldlazarett lag, und die Medici erwogen hatten, mir doch gleich den halben Arm abzuschneiden, nicht gerade gemindert worden. Zögernd blickte ich um mich, suchend, ob da nicht irgendwas wäre, das mich aufhalten könnte, aber ich blickte nur in das Gesicht meines Leibsklaven, und dessen Miene war streng. Er kannte mich zu gut.


    Voll Unbehagen trat ich in das Haus. Vielleicht war ja gar keiner da. Vorsichtshalber hatte ich keinen Termin vereinbart. Ich überließ es Ravdushara das zu klären und wandte mich auf der Suche nach Ablenkung der Betrachtung der Gewächse am Impluvium zu.
    “Salve“ hörte ich Ravdushara sagen, “mein Herr, Decimus Serapio, der Bruder von Decima Seiana, ist hier, um den Medicus Iaret zu konsultieren.“

    [Blockierte Grafik: http://img169.imageshack.us/img169/8343/sklaveianitorfr0rt1.jpg]


    Der alte Marcus öffnete die Türe. Wache Augen in einem verwitterten Gesicht musterten den einsamen Besucher. Zwar war es lange her, dass der Ianitor den Jungen gesehen hatte, doch sein Personengedächtnis war noch immer gut, und zudem war der Besuch angekündigt worden.
    “Salve. Du musst Caius Decimus Flavus sein“ begrüßte er ihn freundlich. “Bitte tritt ein.“
    Und wieder einmal mußte Marcus feststellen, dass die jungen Leute einem heutzutage unerhört schnell über den Kopf wuchsen. Auch sein Gehilfe, der sich nun eilig aufmachte, um den Besucher anzukündigen, war mittlerweile ziemlich groß geworden.
    “Darf ich deinen Mantel nehmen, junger Herr? Aber wo hast du denn dein Gepäck gelassen? Soll ich jemanden danach schicken?“





    IANITOR - GENS DECIMA

    Natürlich war mir das wichtig, so wichtig sogar, dass es mir so evident erschien, dass ich es gar nicht erwähnt hatte. Schließlich hatten wir unsere Familientradition zu wahren... - Keine Verlobungsfeier, nur eine Anzeige?
    “Du bist aber bescheiden. Dann muss die Hochzeit um so größer werden. Dieses Haus kann ruhig mal wieder eine furiose Fiesta vertragen, und den bedeutendsten Tag in deinem Leben, den müssen wir doch gebührend feiern! Und auch was es für unsere Gens bedeutet...“
    Und zwar, dass mit uns noch zu rechnen war! Eine solche Hochzeit war der perfekte Anlass, sich wieder ins rechte Licht zu rücken. Ich legte den Arm um Seiana, wenn sie sich so an mich lehnte, dann kam ich mir trotz allem wie ein ganz passabler Beschützer vor.
    Träumerisch lies ich den Blick durch das Atrium schweifen, sah es reichgeschmückt, mit fröhlichen Gästen gefüllt, einflussreichen Römern aus den besten Familien, die trinkend und schmausend die Braut und ihre Gens hochleben ließen... Ich war mir sicher, dass Seiana, wenn sie erst einmal die Zurückhaltung überwunden hatte, es lieben würde. Nur ob der Terentier wirklich gut zu ihr passte... da war ich mir nicht vollkommen sicher. Schon zuversichtlich, aber ich wusste eben aus Alexandria, dass er in seinen Handlungen auch sehr hart sein konnte... und Seiana ließ sich nun mal nicht gerne was vorschreiben. Aber, sagte ich mir, in einer Auswahl der Möglichen, da schlug er die anderen Kandidaten ganz eindeutig um Längen.
    Es gab noch unendlich viel mehr zu erzählen, aber am heutigen Abend, da steckte mir Reise und Ritt bleischwer in den Knochen. Ich unterdrückte ein Gähnen.
    “Ja, unbedingt.“
    Ausgeschlafen und erholt würden die Dinge auf jeden Fall rosiger aussehen. Ich drückte meine Schwester noch mal ausgiebig – wo, fragte ich mich müde, wo war die große Seiana hin verschwunden, zu der ich früher hingerannt war, sobald mir jemand übel wollte? - lächelte ihr liebevoll zu und erhob mich.
    “Schlaf gut Schwesterherz!“

    Was musste denn jetzt der summa rudis da herumspringen? Ich sah keinen Sinn darin, nur eine lästige Verzögerung des Kampfes, der eben wenigstens ein bisschen an Fahrt gewonnen hatte... und nun auch schnell wieder anzog.
    Nicht beeindruckt? “Jetzt schon!“ triumphierte ich gegenüber der jungen Frau, als der Murmillo, erfolgreich den Speer unterlaufend, seinen Gegner blutig erwischte. Dann konnte ich nicht anders, als amüsiert zu schmunzeln – es war so drollig, wie dieses zarte Persönchen, das sicher noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hatte, dem Hoplomachus einen Ratschlag erteilen wollte! Wobei der Mann diesen tatsächlich hätte beherzigen sollen.
    “Glück?! Ja, aber Fortuna ist mit den Tüchtigen!“ parierte ich in unserem kleinen Wortgefecht, dann knallte der Speer auf den Schild, das drang sogar durch den Lärm bis zu uns.
    “RAN!!!“ brüllte ich aus voller Kehle, “JETZT, RAN!!!“
    Der Speer war gebunden, was gab es für eine bessere Gelegenheit, den Hastatus entschlossen zu attackieren, aber nein mein Favorit begnügte sich mit halbherzigem Stochern. Das nahm ich ihm übel.
    “Bona Dea! Vollkommen verschenkt.“ Ich vergrub theatralisch das Gesicht in der Hand, sowas konnte ich echt nicht sehen.
    “Sind die wirklich vom Ludus Magnus?!“ erkundigte ich mich klagend bei meiner Wettpartnerin. “Früher waren die doch mal einsame Spitze. Mactator zum Beispiel kam von dort, hast du Mactator mal kämpfen sehen?! Kein Vergleich.“


    Auf dem Treppenaufgang in unserer Nähe lungerte ein Süßkram- und Obstverkäufer herum. Ich tippte Delon an: “Kauf mir da mal ein Pfund Feigen, bitte!“ Linkisch angelte ich ein paar Sesterzen aus meiner Börse und drückte sie dem Sklaven in die Hand.

    “Haben sie dir die Ohren gleich mit entfernt?“ fuhr ich Delon an. “Hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir spreche.“
    Das konnte ich ja mal überhaupt nicht ausstehen, gegen eine stumme Wand anzureden. Dass er nicht kämpfen wollte (auch wenn es womöglich berechtigt war, ich konnte das nicht einschätzen) hob meine Meinung auch nicht. So hübsch er auch aussah, ansonsten schien er mir reichlich uninteressant.
    “Dann geh und mach dich anderswo nützlich. Du kannst ja dem Hausmädchen mit den Blumengestecken helfen. Oder die Singvögelchen füttern.“ schlug ich spöttisch vor.
    Zu der Sklavin meinte ich:
    “Melitta, spring bitte nochmal und hol uns den Sidonius her.“
    Sie eilte davon.
    “Die Länge ist genau richtig.“ entgegnete ich dann, etwas verschnupft, auf Theseus' Kritik. “Sie entspricht dem Gladius, und mit dem Gladius in der Hand hat mein Volk die Welt erobert.“


    Schließlich brachte Melitta den Verlangten. Nach dem Geruch zu urteilen, der ihn umgab, war er gerade in den Ställen beschäftigt gewesen. Sidonius gehörte ebenfalls seit längerem zum Haushalt, er war ein Syrer, von untersetzter Statur aber sehr kräftig. Er diente für gewöhnlich als Knecht fürs Grobe, manchmal auch als Sänftenträger oder Leibwächter.
    “Sidonius, nimm dir bitte den langen Stab und tritt gegen Theseus an.“
    Der Syrer nahm bereitwillig die Übungswaffe auf, wobei ihm anzumerken war, dass er damit gut vertraut war. Auf dem frisch geharkten Kiesplatz des Peristylgartens stellte er sich dem Germanen entgegen.

    Terentius hatte zugestimmt. Ein Lächeln der Erleichterung breitete sich auf meinem Gesicht aus. Das war doch endlich mal eine gute Neuigkeit! Aber schon mußte ich wieder die Stirn runzeln, denn dass der Quintilier einen Rückzieher gemacht hatte, das war zwar praktisch, aber ich fand es trotzdem unerhört, schließlich standen wir gesellschaftlich über ihm, wenn dann hätten wir ihn abservieren müssen.
    “Ach der. Der weiß wohl auch nicht was er will. Sei froh dass du den nicht heiraten musst, so einen wankelmütigen Kerl, und überhaupt, wer sind schon die Quintilier. Niemande allesamt.“ lästerte ich. (Aber schade war es doch, dass ich ihn jetzt wohl kaum mehr wiedersehen würde... der Mann hatte mich sehr fasziniert.)


    Das waren aufregende Aussichten. Seiana sah aber nicht sonderlich vorfreudig aus.
    “Das hast du wirklich perfekt eingefädelt!“ betonte ich, und setzte mich wieder zu ihr. “Du wirst ihn bestimmt mögen, klar, es ist eine merkwürdige Art sich kennenzulernen, aber... denk nur an das Prestige, das du gewinnen wirst, alle Mädchen in Rom werden dich glühend beneiden. Und er sieht nicht gerade schlecht aus, und ist, trotzdem er Praefectus Aegypti war, wo man jeden nur erdenklichen Luxus hat, immer noch gut in Form. Und er ist weder zu alt, noch zu jung, und.... vielfach ausgezeichnet, und er hat eine angenehme Art, also, offen meine ich damit, eine offene Art, und... ähm...“
    Weitere Vorzüge fielen mir gerade nicht ein, außer den militärischen, aber die waren für eine Ehe vielleicht nicht so relevant.
    “Willst du dann eine große Verlobungsfeier? Oder lieber so schnell wie möglich die Hochzeit?“ erkundigte ich mich. Seiana wirkte müde. Ich war es auch, und mir wurde, nach dem warmen Bad, langsam kalt, hier so leicht bekleidet.
    “Oder... sollen wir das alles lieber morgen besprechen?“

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    Original von Appius Terentius Cyprianus
    Anscheinend war es sein Schicksal ständig auf den Decimer zu treffen. Er war ein guter Soldat und ihm immer sympathisch gewesen. Die Durchsuchungen änderten daran nichts, das war geschäftlich. So grüßte er den Tribun freundlich und voller Respekt zurück:"Tribun, danke daß du mich empfängst. Ich komme wegen deiner Schwester. Wir...wir wollen heiraten, wie du vielleicht schon gehört hast. Und ich möchte hier nun um deine Erlaubnis dafür bitten."
    Rein pro Forma verstand sich, immerhin war sie eine freie Frau und hatte somit keinen Vormund. Aber trotzdem konnte es ja nicht schaden.


    Komisch war es schon, einfach so zu tun, als hätte der Terentier nicht seine Leute unser Haus durchwühlen lassen! Und höchstpersönlich meine Schwester befragt! Ich kämpfte mit mir – es wäre ganz schön dumm gewesen, ihm Vorhaltungen deswegen zu machen, schließlich lag es schwer in unserem Interesse, dass die Verbindung zustande kam, und dass er uns nicht wieder gefährlich wurde. Gegen den Strich ging es mir trotzdem, ich kam mir sehr... machtlos vor.
    Mit einem gezwungenen Lächeln wies ich zuvorkommend auf eine Sitzgruppe von Scherensesseln aus poliertem Zedernholz, die um ein Tischchen mit Pantherfüßen herum standen, und setzte mich. (Im Tablinum war gerade zu viel Unordnung um jemanden zu empfangen, wegen meiner Insula-Pläne, und das Atrium war repräsentativ genug.)
    Andererseits mußte ich es Terentius zugute halten, dass er überhaupt vorbeischaute, und somit die Tradition wahrte (anders als ein gewisser Aelier!), und meine Rolle als Bruder der Braut respektierte.
    “Ich freue mich, das zu hören. Ja, sie hat so etwas angedeutet.“
    Eigentlich sollte ich jetzt dem Kandidaten auf den Zahn fühlen, aber da ich ja nicht wirklich was zu entscheiden hatte, kam mir das wie Theater vor. Etwas Wein könnte die Sache angenehmer machen. Terentius hatte ja schon, da war mein Germane auf Zack gewesen, aber ich nicht, außerdem hatte unser Keller noch viel mehr zu bieten.
    “Theseus, bring uns bitte den Setiner.“ bat ich meinen Sklaven, dann zupfte ich mir eine Traube ab und aß sie, bevor ich wieder das Wort ergriff.
    “Wie jedem Bruder liegt es mir natürlich am Herzen, dass meine wunderschöne Schwester ein sorgenfreies und wohl begütertes Leben führen kann. Dass ihr Ehemann ihr ein starker Schild gegen die Stürme ist, die das Leben so mit sich bringt. Gerade... hier in der Hauptstadt, wo solche Stürme ja sehr große Wucht entwickeln können. Und natürlich, dass er ihr zartfühlend begegnet, mit Freundlichkeit und Respekt.“

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    Original von Potitus Vescularius Salinator


    Der Scriba sah sich das Schreiben kurz an, zuckte mit den Schultern und deutete auf eine Wartebank. Es dauerte eine Weile, dann kam ein Sekretär aus dem Zimmer des Präfekten. "Du kannst jetzt rein!" erklärte der Herr am Empfang und deutete auf die Tür.


    Ich bin Faustus' lastende Ahnung verborgener Untiefen.
    Nach einem langen Hürdenlauf, der heute morgen bei der freundlichen Palastwache begonnen hatte, mich über verhuschte Notarii und einen ebenso schwatzhaften wie informationsgeizigen Procurator memoriae zu der verlotterten Torwache und dann zu diesem Scriba hier geführt hatte, trat ich endlich – endlich - in das Zentrum der Macht, wo ich hoffentlich nun endlich – endlich – erfahren würde, wie es mit mir weitergehen würde. Trotzdem hatte ich ein Gefühl wie Zahnweh. Als ich früher hier gedient hatte, hatte ich durchaus große Loyalität zum Stadtpräfekten empfunden, und seine Bestrebungen für den einfachen Römer und gegen die blasiert-verstaubten Senatorengeschlechter so richtig gut gefunden. Aber dann die Sache mit meinem Vater! Dann Verus, der Salinators Klient geworden war und Seiana bedroht hatte. Dann die Hausdurchsuchung.
    Ich fühlte mich auf dünnem Eis, als ich in das Officium trat.
    “Ave Praefectus Urbi Vescularius Salinator!“ grüßte ich, dankbar für die militärischen Umgangsformen, die in nebulösen Situationen doch stets einen gewissen Halt boten. Ich salutierte mit der Linken, mein rechter Arm hing verbunden in der Schlinge. Immerhin erinnerte ich so ganz unaufdringlich daran, dass ich für Rom an vorderster Front gestanden hatte.
    “Tribun Faustus Decimus Serapio meldet sich zurück aus Ägypten.“