Raetia. Endlich Raetia. Er verabschiedete sich von seinem Bergführer, der ihn noch auf ein Kchäsefonndü einladen wollte, was der junge Landstreicher aber dankend und mit freundlich verzogenem Gesicht ablehnte. Es gab Dinge, die man nicht probieren wollte. So gingen sie am Grenzfluss ihrer Wege und Scato hatte sich noch ein paar 'Läckerlis' geholt, um für die nächsten Meilen versorgt zu sein. Es war ein wundervolles Gefühl. Er strich durch die grünen, saftigen Wiesen, durch weitreichende Wälder, trank das Wasser aus den Bächen und nährte sich von den Früchten, die der Wald und das Land ihm gab. Er fühlte sich zum ersten Mal frei. Und immer wieder glitten seine Gedanken zu Narcissa. Teils machte er sich die größten Sorgen, teils Vorwürfe und teils freute er sich darauf, sie zu sehen. Warum waren hier eigentlich keine Wegweiser nach Mogontiacum?
Doch es war lehrreich für ihn. Er lernte viele neue Wörter der germanischen Stämme und der gallischen Stämme. Er kam sich ein wenig wie Tacitus vor, von dem er auch schon einiges gehört hatte. Vielleicht sollte er sich ja bei ihm als Forschungsreisender bewerben. Damit könnte er sicher Eindruck schinden bei Narcissa. Mit einem seltsamen Hut auf dem Kopf durch die barbarischen Länder reisen und die seltsamen Kulte der fremden Völker schriftlich festhalten. Wie zum Beispiel dieser seltsame Tanz, den er gestern in einem Dorf gesehen hat. Jauchzend und hopsend klatschten sie an ihre Schuhsohlen und hüpften geschlagene Baumstämme entlang. Das war sicher ein Ritual, um den Waldgott zu ehren.
Wo bitte gehts hier nach Mogontiacum? Nachdem er tagelang auf Trampelpfaden umhergeirrt war, fand er endlich eine schöne römische Straße und begab sich auf ihr Richtung Nordwesten. Eine Karriere als Straßenkartenmaler wäre sicher auch nicht verkehrt, aber erst einmal sollte er den langen Weg hinter sich bringen. Immerhin sah er mit seinem gewachsenen Bart und den etwas längeren Haaren auch schon immer wilder aus, auf seiner kleinen Odysee.