Beiträge von Phaeneas

    Evanoridas grinste noch über das ganze Gesicht und machte anzügliche Bemerkungen, als es an der Türe klopfte. Na ja klopfen, da langte jemand schon ganz schön zu.
    Aber das bekam der Sklave erst mal nur am Rande mit, schließlich war gerade einer der seltenen Augenblicke, in denen Mago pflichthalber die Wirtschaftsräume der Villa verließ, und das musste ausgenutzt werden. Um im Vorbeigehen ordentlich zu flirten. Deshalb war Evanoridas gerade noch dabei, seinem Liebhaber „anzudrohen“, was ihn heute nach Feierabend erwarten würde, als der Besucher an der Tür von sich hören ließ.


    „Also, bis dann!“, warf er Mago noch mit einem frechen Schmunzeln hinterher, dann zog er die massive Eingangstür auf.
    Dahinter stand aber niemand mehr. ‚Na gut‘, dachte sich der Sklave und zuckte mit den Achseln. ‚Wird schon nicht so wichtig gewesen sein, wenn’s da jemand so eilig hat ....‘


    Sim-Off:

    Geduld ist eine Tugend, auch im Internet ;)

    Eins der Triclinien war schon für das Abendessen hergerichtet worden. Die Wände waren mit den üblichen orientalischen Vorhängen geschmückt, auf den Klinen lagen üppige Kissen und Decken, damit die Gäste und Gastgeber später bequem liegen würden. Eifrige Sklaven wuselten durch die Szenerie, mit Geschirr, Wasserschüsseln und Handtüchern und beschäftigt mit den Vorbereitungen für die Vorspeise.


    Cassander, ein schlanker Jugendlicher mit feinen Zügen, der den Duccier hierhergeführt hatte, wies dem Gast seinen Platz zu. Wehmütig sah er dabei Neanthes‘ schmalen Hüften hinterher, die gerade das Triclinium verließen. Cassander fiel aus der Art. Eigentlich sollte er auf Männer mit breiten Schultern, Waschbrettbauch und selbstbewusstem Auftreten stehen. Aber ihm gefielen nun mal die zarten zurückhaltenderen besser, die so waren wie er selbst. Wie peinlich. Schmal an schmal, statt zerbrechlich in starken Armen, wie sich das nunmal gehörte. Aber was sollte man machen. Er seufzte innerlich. Sehnsüchte hören halt nicht auf, nur weil sie nicht dem Zeitgeist entsprechen.
    Er verabschiedete sich bei dem Gast mit einer Verbeugung.


    Sim-Off:

    Den Titel hab ich mal Wort für Wort übernommen, weil er mir echt gut gefallen hat :dafuer:

    [Blockierte Grafik: http://www.oyla.de/userdaten/0…5/bilder/Saras_-_Papa.png]


    Saras selber war ja völlig unpolitisch. Er interessierte sich nicht dafür, wer gerade welches Amt hatte und wer auf dem Kaiserthron saß. Irgendeiner würde das schon machen und das war die Hauptsache. Hauptsache alles lief und das Leben im römischen Imperium funktionierte.
    Aber Saras war den Rebellen unendlich dankbar dafür – und das würde er bis ans Ende seines Lebens sein, so wahr ihm die Götter helfen mögen - , dass sie die Villa Vinicia und seine Familie beschützt hatten. Weder Mania, Meia oder Menyllus war etwas passiert. Alle waren wohlauf und unverletzt und mit einem Schrecken davongekommen. Jeden einzelnen Tag der Belagerung und Eroberung Roms hatte er dafür gebetet. Und nachdem die rebellischen Soldaten für die Sicherheit der Villa gesorgt hatten, hatte er seine kleine Familie beiseite genommen und den Göttern ein Opfer dargebracht. Alle hatten gegeben, was sie geben konnten.


    Deshalb konnte er auch heute noch, nachdem sogar der Pater Familias der Gens Vinicia wieder aus der Verbannung zurückgekommen war, an nichts anderes denken als an die Gefahr, der seine kleine Familie so knapp entkommen war. Zumindest im Hinterkopf, während er dem erwarteten Duccier die Tür öffnete und ihn samt Anhang einließ. Die Leibwächter wurden beiseite genommen und würden separat beschäftigt und bewirtet werden. Den anderen beiden Begleitern wurde dezent das gleiche Angebot gemacht, je nachdem ob sie den Auftrag hatten, bei ihrem Herrn zu bleiben oder nicht.

    Mit der Rückkehr von Lucianus‘ Bruder aus dem Exil, das der inzwischen ausgetauschte Kaiser verhängt hatte, schien endgültig der Alltag wieder eingekehrt zu sein. Zumindest in Form von Sicherheit und Stabilität in einem Maß, das man als jeglicher römische Sklave erwarten konnte. Nein, nur erwarten konnte, solang kein Bürgerkrieg herrschte. Phaeneas hatte ja schon fast alle Formen an Unsicherheit und Willkür erlebt, aber per omnes deos*(1) - die Gefahr eines Plötzlich heraufziehenden Bürgerkriegs würde er nie vergessen. Und der Schrecken darüber würde ihm für immer in den Knochen stecken. ‚Danke, Lucianus. Und danke, dass du dich bei der Gelegenheit noch endgültig aus dem Leben verabschiedet hast.‘
    Natürlich war Phaeneas einer der ersten, die im Atrium erschienen, sobald sich ein wenig herumgesprochen hatte, dass Lucianus‘ Bruder es betreten und nach allen Bewohnern des Hauses verlangt hatte. Aber gemäß seiner Erziehung hielt er sich im Hintergrund. Das war eine der Gelegenheiten, bei denen man bemerkte, dass Phaeneas in einem anderen Haushalt aufgewachsen war als die vinicischen Sklaven, die ihre Neugierde unverhohlener zeigten.


    „Bona Dea... Du siehst genauso aus wie dein Vater in jungen Jahren.“ Das hatte sich Phaeneas so schon gedacht. Der Junge war seinem Vater allgemein in vielem ähnlich. Manchmal fragte sich Phaeneas, ob Lucianus in jüngeren Jahren auch so naiv gewesen war. Wobei, in vielem war Lucianus bis zum Schluss blauäugig gewesen. Nicht zuletzt hatte ihn sein unzerstörbarer Glaube an was auch immer das Leben gekostet. Deshalb war Phaeneas die große Ähnlichkeit zwischen Lucianus und seinem Sohn auch nur ein geringer*(2) Trost.


    Denn Lucianus war tot. Und er hatte Phaeneas hier zurückgelassen. Wenn es auch nur entfernt irgendwie die Möglichkeit gegeben hätte, hätte Phaeneas liebend gern sein Leben gegeben, um Lucianus zu retten. Denn es wäre ihm tausend mal lieber gewesen, er wäre gestorben und Lucianus würde leben, als dass Lucianus tot war und Phaeneas lebte.
    Er, der nicht mal leben wollte.


    Sim-Off:

    *(1) per omnes deos = bei allen Göttern
    *(2) Vorsicht, Sarkasmus!

    Ich bin gerade noch etwas geplättet vom Datenverlust und werd deswegen noch eine Zeit damit beschäftigt sein, mich wieder ins Spiel einzufinden.
    Aber ich existiere noch und hoffe, dass auch möglichst viel andere ins IR zurückkehren ;)

    Wenig später stürmte der Junge auch schon wieder ins Atrium. Ohne den versprochenen Hausherrn. Weil er – verschüchtert wie er war wegen den Soldaten – so leise redete, dass man ihn kaum verstand, beugte sich Xerxes zu ihm hinunter.
    Dann richtete er sich wieder auf und wandte sich noch mal an den Optio: „Tut mir leid, Optio – der Herr ist gerade ähm, verhindert. Fühlt euch trotzdem wie zu Hause!“
    Das war natürlich nur eine dumme Ausrede. Für eine echt blöde Situation. Xerxes hatte nämlich vergessen, dass der junge Herr extra ausdrücklich angeordnet hatte, überhaupt gar niemandem zu sagen, dass er jemals aus Aegyptus hierher zurückgekommen war. Und Xerxes hatte sich gerade verplappert … Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass Soldaten vergesslich waren. Gut, der Sklave konnte da ja nur für sich reden – aber er hatte bei sich nicht die Erfahrung gemacht, dass Muskelprotze sonderlich vergesslicher waren als alle anderen.
    Aber die Hoffnung stirbt zuletzt!
    Oder: Pessimisten laufen unter der Wolke, auf der Optimisten wandeln! Xerxes war definitiv Optimist!

    Meinetwegen? Xerxes hatte im Lauf seiner Karriere an der Haustür ja schon so einiges gehört, aber nicht das. Es klang irgendwie … nicht so hundertprozentig überzeugt. Eigentlich kamen Leute doch an die Tür von einem anderen Haus, um da dem Ianitor ihre Wünsche mitzuteilen. Seit wann richtete man sich denn da nach den Wünschen vom Ianitor?! Anders gesagt, Xerxes war überfordert. Klare Befehle, klare Ausführung - das war seins, das war er gewohnt. War das nicht eigentlich auch beim Militär so? Oder hatte der Soldat, der hier zu Besuch war, versucht sich damit an zivile Sprache anzupassen? Oh nein, das war Xerxes jetzt alles viel zu hoch.
    Lieber ließ er jetzt mal den Herrn holen und behielt die Situation weiter im Auge. Das würde sich dann schon alles irgendwie aufklären.


    Deshalb schickte er jetzt einen sichtbar verängstigten, sichtbar neugierigen Jungen los: „Menyllus, hol den Hausherrn!“ Der düste ab, hyperaktiv wie Kinder gerne waren.

    Eigentlich ja eine echt super Sache, dachte sich der große, breite Sklave. Wenn die gekommen waren, um die Villa zu schützen. Sämtliche Bewohner hier im Haus hatten sich schon Weltuntergangsszenarien überlegt, wenn der Kampf in der Stadt losging. Alle Frauen und die meisten Männer (die nicht so kräftig waren wie zum Beispiel Xerxes) hatten sich schon geweigert, im Falle des Falles zu sehr in die Nähe von Türen und Fenstern nach draußen zu gehen.


    „So, Optio Rutilius“, den Namen musste Xerxes natürlich für alle Fälle behalten, „willkommen in der Villa Vinicia! Willst du dich mit dem Hausherrn unterhalten?“ Dem jungen Hausherrn, der gegen den Willen von seinem Vater aus Aegyptus zurückgekommen war. Jugend von heute halt. Kein Gehorsam mehr gegenüber den Eltern. Schande, vor allem so eine Respektlosigkeit gegenüber einem Verstorbenen. War ein guter Herr gewesen, der Lucianus ... Ein guter Herr ...


    Mal sehen, wie das weitergehen würde. Man sah es Xerxes nicht an, aber seit er den Soldaten die Tür aufgemacht hatte, war er innerlich angespannt. Wie auf dem Sprung. Man wusste ja nie. Und wenn die sich mit dem jungen Herrn unterhalten wollten, dann würde Xerxes ihn definitiv von noch mehr starken Sklaven bewachen lassen. Sicher ist sicher.

    Die Geschichte vom Geständnis vom nun verstorbenen Herrn hatte sich längst doppelt und dreifach in der vinicischen Sklavenschaft herumgesprochen.
    Zusätzlich bewirkten noch die vielen Soldaten da draußen, dass sich Nachdenken, ob man die bedenkenlos reinlassen konnte, für Xerxes erübrigte. Sich mit diesen kampferprobten Milites anzulegen, wäre wahrscheinlich knapp geworden. Zu knapp.
    Also war für Xerxes klar, das waren Anhänger des verstorbenen Herrn, die gekommen waren, um sie gegen den Bürgerkrieg zu verteidigen.
    „Aber natürlich, der Herr“, nickte Xerxes. „Nur herein, nur herein. Ich geh voraus ins Atrium.“


    Sim-Off:

    ->Link ins Atrium

    Seit in der Stadt der Pluto los war, wurde in der Villa Vinicia erst recht niemandem mehr die Tür geöffnet, ohne vorher durch das kleine Gucktürchen geschaut zu haben, wer da überhaupt unter welchen Umstanden draußen stand. Und seitdem machte hier eigentlich niemand mehr einen auf Ianitor, der nicht riesig, breit und kräftig gebaut und so breitschultrig war wie eben Xerxes, der heute dran war. In Krisenzeiten musste die Rhetorik gegenüber den Gästen eben manchmal zurückstehen.


    Xerxes machte sich um so was aber keine Gedanken, der erledigte nur seinen Dienst, um sich auf einen gemütlichen Feierabend zu freuen. Vielleicht hatte ja Mago später Lust auf ein Stündchen zu zweit. Die Situation da draußen vor den eigenen Grundstücksgrenzen und in der eigenen Stadt war zwar besorgniserregend, aber sich da drum einen Kopf zu machen, machte auch da für Xerxes keinen Sinn. Er war da ganz Epikureer (zumindest hatte ihm das mal jemand bei einem Becher Wein erzählt) – warum sich wegen was verrückt machen, was noch gar nicht passiert war. Und später dann machte es auch keinen Sinn.


    Nachdem draußen also ein ziemliches Gepolter und Geplärre losgebrochen war und es dann auch noch klopfte, wechselte Xerxes mit seinem Kumpel Tigranes einen Blick, dann folgte die Kontrolle durchs Türchen in der Tür und Xerxes zog die Porta auf. „Salve, optio! Was kann man für dich tun?“ Man merkte, er hatte trotz allem an seiner Rhetorik gefeilt. Wollte sich ja nicht blamieren.


    Sim-Off:

    Tut mir leid, dass man auf dem Hintergrund Xerxes' Farbe praktisch gar nicht lesen kann.

    Der Tag des Gerichtstermins. Lucianus‘ Gerichtstermin. Genau dafür hatte Phaeneas seit Lucianus‘ Gefangennahme die Ohren offengehalten, um solche Dinge mitzubekommen. Und natürlich auch noch weiterzuleiten, wie es seine Pflichten vorsahen. Auch wenn dem Bithynier sowas völlig egal war, seinetwegen hätten die Klienten etc. alle zu Hause bleiben können und er allein hier stehen. Aber Lucianus hätte es so gewollt.
    Was die Verhandlung gebracht hatte, war nicht schwer zu erraten, und Phaeneas wurde es kalt in der Brust, weil seine seit gefühlten Ewigkeiten mit sich herumgetragene und nur schlecht verdrängte Vermutung damit bestätigt wurde: Lucianus war tot und das schon seit dem Moment, als er verhaftet worden war.
    Seine Umwelt begann der Sklave immer mehr auszublenden, wie durch einen Tunnel verfolgte er nur den Hinrichtungszug und wie die entscheidenden Beteiligten im Mamertinum verschwanden. Sein Blick war vollkommen starr und wenn man ihn jetzt angesprochen hätte, wäre seine Stimme nur völlig emotionslos und kühl gewesen.
    Sie wollten Lucianus hinrichten … Es war so eine vollkommen verrückte Situation. Denn in Phaeneas‘ Leben war ja vom Schicksal für alles ein bestimmter Rahmen vorgesehen. Aber das hier passte da definitiv nicht rein!!!! Dass Sklaven hingerichtet wurden, ja klar, aber doch nicht der (vornehme) Herr! Der starb vielleicht im Krieg oder an ´ner Krankheit – was anderes war da nicht vorgesehen.
    Deshalb kam Phaeneas auch zu dieser Hinrichtung. Wenn ein Sklave, der ihm aus welchen Gründen auch immer etwas bedeutete, gekreuzigt werden sollte, sah der Bithynier keinen Grund, da teilzunehmen. Denn – das hatte der sich selber eingebrockt. Ganz egal, was passiert war. Und auch wenn er nur als Sündenbock herhalten musste – das war eben so.
    Jeder Sklave litt für sich allein. Da waren sie alle dazu verdammt einsam zu sein. Geteiltes Leid ist halbes Leid – so ein Schwachsinn. Jeder trage allein seine Last, um da nicht noch anderen was mit aufzuhalsen.


    Aber bei Lucianus war das anders. Er war doch nur ein freier römischer Bürger. Ein Sprössling aus gutem Hause, dem man in seiner Jugend nur beigebracht hatte, im Krieg oder im Krankenbett zu sterben …

    Na klar, das musste ziemlich überwältigend sein - also negativ überwältigend – auf einen Schlag sowas erzählt zu bekommen. Massa wollte Gelegenheit, das alles zu verdauen und die Geschichte von jemandem zu hören, der halbwegs Ahnung hatte.
    Deshalb nickte er sofort: „Aber ja, Herr, ich hol ihn dir. Komm erstmal hier ins Atrium. Ist es in Ordnung, wenn du dich hier mit Phaeneas unterhältst?“
    Und schon lotste er den jungen Vinicier auf bekannten Wegen zum Mittelpunkt eines römischen Hauses.