Beiträge von Phaeneas

    Auch wenn es aufgrund beidseitiger Unkenntnis ein erschöpfliches Thema war, so war es in Phaeneas’ Augen eine freundliche Geste von Crinon gewesen, sich näher nach seiner Heimat zu erkundigen. Das taten nicht viele, denn was zählte schon eine Herkunft, wenn man ewig weit von eben jenem Land getrennt war. Eine Ansicht, die Phaeneas nicht teilte, denn ihm würde seine Heimat immer bedeutsam sein.
    Gerade war er mit dem Abräumen fertig geworden und so machte er sich mit Crinon auf, zum Tablinum.

    Phaeneas schob die Tür des Tablinum auf und ließ Crinon einen Blick hineinwerfen.
    „Hier, im Tablinum, hält sich der Herr meistens auf, wenn er zuhause ist“, erklärte er.

    Auf Crinons Frage konnte er nicht wirklich eingehen, denn Phaeneas wusste – wie Crinon – nur das bisschen, das er mal hier und dort aufgeschnappt hatte. Die meisten einfachen Leute der Plebs wussten ja auch nicht wirklich bescheid. Ein Land wie Bithynia lag so weit weg von ihnen, von ihrem Alltagsleben, wie sollten sie auch von so etwas Ahnung haben?
    „Nein, ich war nie dort. Warm soll es sein und ein Meer liegt in der Nähe – aber mehr weiß ich auch nicht.“
    Tja ja, das Land seiner Ahnen. Phaeneas hätte es gerne einmal gesehen, doch er war realistisch genug zu begreifen, dass es wohl auf ewig ein Wunschtraum bleiben würde.


    Als Crinon fertig gegessen hatte, stand Phaeneas auf und räumte den Tisch ab.
    „Hm, das Tablinum solltest du gesehen haben.“

    Während Crinon aß, füllte sich Phaeneas etwas Wein in seinen Becher - und darauf eine Unmenge an Wasser. Dieses hohe Mischverhältnis hatte ihm schon oft spöttelnde Bemerkungen eingebracht, worauf er aber nie viel gegeben hatte, denn schließlich schmeckte ihm der Wein erst so. Arion* hatte ihn jedes Mal wieder ungläubig angeschaut und gefragt, wie er „dieses Zeug da“ denn trinken konnte. Doch Arion hatte sogar fast unverdünnten wein hinuntergebracht, eine Vorstellung, bei der Phaeneas erschauderte.
    „Verschlagen ist gut. Nun, meine Eltern stammten aus Bithynia. Sie wurden als Sklaven nach Rom gebracht, wo sie sich kennen lernten.“ Verrückt, dass ausgerechnet Phaeneas, der seine Eltern nur eine kurze Zeit gehabt hatte, die Erinnerung an seine Familie so in Ehren hielt. Ihre Geschichte gehörte so untrennbar mit der seinen zusammen, dass er immer damit begann, wenn er über sein Leben erzählte. „Als ich ein paar Jahre alt war, wurde mein Vater verkauft, wogegen ich mit meiner Mutter zusammenblieb. Sie kümmerte sich sehr gut um mich und brachte mir viel bei. Als ich etwa zehn Jahre alt war, wurde auch sie weggegeben; ich vermute, unser damaliger Herr hatte ziemliche Geldsorgen.“ Bei dieser Erinnerung konnte sich Phaeneas ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. „Im Laufe meines Lebens jedenfalls wurde ich immer wieder gekauft und verkauft und diente den verschiedensten Herrn in den verschiedensten Städten von Italia.“ Das war eine sehr geraffte Darstellung von einer Zeit, die immerhin den größten Teil seines Lebens ausmachte. Sicherlich gab es darin einiges, was Phaeneas gefahrlos hätte erzählen können, ihm aber nur eingefallen wäre, wenn ihn etwas spezielles daran erinnert hätte. Doch es kamen sehr viel Dinge von so privater Natur vor, dass der Bithynier sie nicht einfach so jemandem eröffnet hätte, den er gerade erst seit kurzem kannte. „Ein Sklavenhändler nahm mich schließlich mit nach Germania, wo mich auf einem der dortigen Märkte mein jetziger Herr erwarb.“


    Sim-Off:

    *Siehe Link, dritter Beitrag von unten

    Und kaum befand man sich unter Damen, wurde Crinon zu einem Verhalten hingerissen, das Phaeneas nur jedes Mal wieder staunen ließ, wenn er solche Worte aus dem Mund eines Mannes vernahm.
    Aber vielleicht war Phaeneas dieses Verhalten ja auch nur fremd, weil ihn die Natur nicht dazu befähigt hatte Frauen zu lieben, und ihm deshalb nicht daran gelegen war, bei ihnen besonders Eindruck zu machen...
    Jedenfalls beobachtete er diese "Verwandlung" interessiert.
    Arete reagierte überhaupt nicht, denn sie war durch das Umrühren in einem Topf abgelenkt, während Berenice ihm sofort ein warmes Lächeln schenkte.
    Phaeneas stellte einen Teller und einen Becher auf den Tisch, dazu Brot, Käse und ein Stück kalter Braten. Dann schob er Crinon einen Krug Wasser und einen mit Wein hin. Selbstverständlich alles von geringerer Qualität als das, was der Herr gewöhnlich zu sich nahm.
    Für sich selbst holte Phaeneas ebenfalls einen Becher und setzte sich zu Crinon. "Sag mal", begann er, "deine Lebensgeschichte, war das die lange Version oder die kurze?"

    Ein Schmunzeln erschien auf Phaeneas’ Gesicht, als er Crinons Worte hörte. Zweierlei gefiel dem bithynischen Sklaven besonders: Redekunst und blumige Formulierungen. „Kulinarische Labsal“ hätte er Crinon auf den ersten Blick nicht sofort zugetraut.
    „Nun gut, dann gehen wir dort hin, meinte er mit einem Nicken.

    In der Culina war wie üblich Berenice am Werk, und mit ihr Arete.
    Als Phaeneas hereinkam, stellte er ihnen den neuen Sklaven vor: „Das hier ist Crinon.“ Und im Gegenzug erfuhr der, wer vor ihm stand: „Berenice und Arete.“
    Dann entsann er sich der äußerst zuvorkommenden Behandlungsweisen mancher Sklavenhändler und erkundigte sich: „Hast du Hunger?“

    „Such dir einfach eine aus“, antwortete Phaeneas und deutete auf die, die noch frei waren. Dann fiel ihm noch ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Raumes ein. Vermutlich das, was dem jungen Bithynier daran am besten gefiel und wovon er jeden Tag wieder regen Gebrauch machte. „Ach ja, in der Schüssel dort drüben kannst du dich morgens waschen. Der erste, der wach ist, darf sie in der Küche auffüllen.“
    Er ging davon aus, dass hier ansonsten alles klar war, und fragte weiter: „Was willst du als nächstes sehen, Crinon? Es gäbe noch die Küche oder den Garten...“ Was gab es sonst so an diesem Haus interessantes?
    Phaeneas dachte gerade nicht sehr zweckmäßig :D ;)

    Zum zweiten Mal betrat Phaeneas dieses Zimmer in Begleitung eines Neuen, den er einzuführen hatte. Mit einer ausladenden Geste zeigte er in den Raum. "Das hier ist die Sklavenunterkunft, Crinon. Hier schlafen alle Sklaven oder halten sich sonst irgendwie auf, wenn es nichts zu tun gibt." Wobei letzteres natürlich rigoros einschränkbar war... Schließlich konnte man ein Haus auch doppelt und dreifach schrubben.

    Auf das Kommentar des Herrn bezüglich der 10.000 Sesterzen hin hatte Phaeneas einen Blick mit dem Fußboden ausgetauscht.


    Zu den Aufträgen des Herrn nickte der bithynische Sklave.
    In Gedanken überschlug er noch einmal alles den Neuen betreffende: Er sollte ihm das Haus und die Sklavenunterkunft zeigen, Crinon konnte sich im Wohnbereich der Regia frei bewegen und Phaeneas sollte ihm anfallende Aufgaben zuteilen. Gut.


    Dann bedeutete er Crinon ihm zu folgen. Zuerst zu den Unterkünften. Danach sollte Crinon entscheiden, was er als nächstes sehen wollte.
    Bisher hatte er eine gute Figur gemacht. Wenn er sich auch so hielt, sobald der Herr nicht mehr in Sicht- und Hörweite war, stand Phaeneas' Glück für die nächste Zeit nichts mehr im Wege.


    Sim-Off:

    Du kannst auch rufen, wenn es nichts zu tun gibt! *g* ;)

    Als der Herr Phaeneas herbeiwinkte, kam er sofort heran.
    Doch bald sah er sich in einer Situation, die er nicht sonderlich liebte. „Wieviel?“ war eine recht nichtssagende Frage... Das einzige, was Phaeneas zahlenmäßig einfiel, war der Preis für Crinon. Dem Bithynier blieb nichts anderes übrig als davon auszugehen.
    Doch Crinons Nachfrage hinderte ihn erst einmal daran etwas zu entgegnen.
    Dann antwortete er genauso leise: „10.000 Sesterzen, Herr.“
    Als er die Geschichte hörte, konnte er nur noch staunen! Er war gespannt, was der Herr dazu sagen würde... Vor allem zu der Sache mit der Schmuggelei.


    Sim-Off:

    Edit: Schlechte Formulierung ausgebessert

    Phaeneas nahm das Schweigen hin. Er selbst hatte auch nicht mehr gesprochen, als er dem Herrn gegenübertreten sollte, obwohl er ihn schon vom Markt her gekannt hatte.
    Tja, und so wurde Crinon auch nicht mehr weiter auf die Folter gespannt. Nach wenigen Schritten erreichten sie die weite Halle des Atrium.

    Phaeneas stellte zuerst einmal ein wenig amüsiert das „unseren Herrn“ fest, eine Ausdrucksweise, die Hedda bis jetzt verweigert hatte.
    Dass er sich erkundigte sprach für Crinon, es verriet Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Es war schließlich immer gut vorbereitet zu sein.
    Phaeneas sah den Germanen von der Seite her an, während er sprach: „Er ist ein guter und gerechter Herr. Er ist nicht übertrieben kleinlich oder am Ende launisch und straft auch nicht aus einer Laune heraus. Er weiß, was er will, und geht meist sachlich an etwas heran.
    Wenn du guten Willen zeigst, wirst du nichts zu befürchten haben, Crinon.“

    Der bithynische Sklave hoffte, den Herrn damit zumindest ein bisschen getroffen zu haben. Es war schwierig, jenen einzuschätzen, weil er so selten Einblick in seine Gedanken ließ...

    Phaeneas hielt sich wie üblich im Hintergrund und war dabei auch unauffällig wie immer. Jemand, der zusätzlich zu den ohnehin schon anwesenden Personen in diesem Moment das Atrium betreten hätte, hätte ihn gut übersehen können.
    Von hier aus beobachtete er das Geschehen und obwohl er dabei halb in Gedanken war, würde ihm nichts, was passieren würde, entgehen. In dieser Hinsicht war er hellhörig wie ein Luchs, nichts übersah oder überhörte Phaeneas so leicht.

    Die zwei Kerle verschwanden, die Tür wurde geschlossen und Phaeneas kam dazu.
    „Salve, Crinon! Ich heiße Phaeneas und bin Leibsklave des Marcus Vinicius Lucianus, deines neuen Herrn.“ Mit einer Geste forderte der Bithynier ihn auf, ihm zu folgen. „Zu ihm bringe ich dich jetzt.“

    Das Atrium war wieder herrlich sonnenbeschienen, ein Umstand, der Phaeneas sehr behagte. Na ja, nicht so warm wie gestern, so schien es ihm, aber auszuhalten. Bei allen Göttern, wie konnte man sich nur ein ums andere Mal über warme Temperaturen freuen? Aber dem Bithynier schien es Freude genug...
    Er wandte sich an den Neuen: „Warte hier.“ Und mit diesen Worten verschwand Phaeneas, um dem Herrn bescheid zu sagen.

    Antias, Cephalus und Lichas betraten die Küche, Phaeneas kam etwas unsicheren Schritts hinterher, ließ sich kurzerhand auf einen Hocker neben dem Tisch fallen, füllte sich einen Becher mit Wasser und stürzte es durstig hinunter. In vollem Bewusstsein, dass man ihm ansehen konnte, dass er müde und kaputt war, lehnte er sich erschöpft gegen die Wand. Antias warf ihm einen teils spöttischen, teils mitfühlenden Blick zu.
    Cephalus hatte Phaeneas am Morgen zu überreden versucht, im Garten zu helfen. „Was anderes würdest du denn jetzt sonst tun als sehen, was gemacht werden muss, und dich dann irgendwo einbringen? Wieso dann nicht im Garten? Die anderen kümmern sich auch so um alles.“ Worauf Lichas ausgerufen hatte: „Leiste uns Gesellschaft! Damit wir was zu lachen haben!“ Cephalus hatte sich beeilt zu sagen: „Nein, nein! Mehr tatkräftige Unterstützung! Schau – spätestens wenn du den Garten siehst, willst du von selber helfen!“ Ein recht durchsichtiges Argument, weswegen Cephalus leicht entschuldigend gelächelt hatte, weil Phaeneas es ihm sowieso nicht abgenommen hätte. Schließlich hätte Phaeneas es nie geduldet, wenn Cephalus und die anderen für den Hortus zuständigen Sklaven auf der faulen Haut liegen würden und der Garten vernachlässigt wäre. „Nun gut, nun gut... Aber weißt du was, die Arbeit an der Sonne würde dir gut tun. Ich glaube, du bist schon ganz blass geworden, seit du hier bist.“ Entsetzt hatte Phaeneas seine Arme betrachtet, dabei aber keine Veränderung feststellen können.
    Irgendwie, Phaeneas wusste selbst nicht wie, hatte Cephalus es doch noch geschafft ihn zu überreden.
    Anfangs war es noch wie eine etwas andere, ganz nette Beschäftigung gewesen. Langsam war es dann in die Arme gegangen, auch am Rücken hatte er gemerkt, dass er es nicht gewohnt war. Und mit der Zeit war es nahezu richtig anstrengend geworden.
    Nach getaner Arbeit war er jetzt jedenfalls erschöpft und wünschte sich nichts mehr als irgendwo sitzen können und vorerst nichts mehr tun müssen. Phaeneas schenkte sich zum zweiten Mal ein und der Becher war wieder genauso schnell geleert wie der erste...

    Sklave mit dem Lockenkopf... In Phaeneas machte sich Erstaunen breit bei diesen Worten. Kaum jemand hatte je eine Bemerkung zu seinem Aussehen gemacht.
    Der Bithynier trat auf die Tribüne zu. Er ignorierte das Grinsen des Sklavenhändlers und nickte zu dem Angebot, Crinon zur Regia bringen zu lassen.
    "Nein danke.", meinte er schließlich nur und drehte sich um, um die Versteigerung zu verlassen.
    An und für sich fand er, dass er es sachlich über die Bühne gebracht hatte.