Beiträge von Quintilia Valentina

    Nachdem Valentina geendet hatte, fühlte sie sich gar nicht gut. War es das jetzt wieder? Würde sie wieder ohne einen Mann dastehen? Wie sollte sie das ihren Nichten erklären? All das ging ihr durch den Kopf, doch als Serapio so impulsiv bestätigte, dass er sie trotz allem noch haben wollte, hob Valentina den Kopf. Ein zartes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Konnte es wirklich sein? Als er dann meinte sie wirkte stets so entschlossen, bekamen ihre Wangen eine gesunde Farbe. Sie schaffte es also doch ihre Unsicherheit zu einem gewissen Teil zu überspielen. Dennoch würde sie wohl noch viel lernen müssen. Aber es war immerhin schon mal ein Anfang.
    Er erzählte von der Hochzeit und das er sie gleich morgen heiraten wollte. Jetzt war ihr Blick schon gefestigter und sie hob ihre Hand um sie ihm auf die Brust zu legen. Entschieden schüttelte sie den Kopf. „Morgen bereits heiraten geht auf keinen Fall.“ Und sie schaffte es sogar einen Moment den Blickkontakt aufrecht zu halten und ernst zu bleiben. „Ich habe nichts anzuziehen! Das braucht Zeit und Vorbereitung.“ Nun lächelte sie und es war offen und ehrlich. Valentina freute sich wirklich sehr darauf mit ihren Nichten endlich ein Hochzeitsgewand aussuchen zu können.
    „Und was die Größe der Feier betrifft nun, da von meiner Familie außer meinem Cousin und meinen beiden Nichten niemand mehr kommen kann, brauche ich kein rauschendes Fest. Mir ist es viel lieber wir heiraten im Kreise unserer Liebsten und müssen nicht aufgrund irgendwelcher Verpflichtungen Leute einladen, die wir nicht sehen möchten.“


    Es war ihr voller Ernst, sie dachte vor allem am Fausta, die mit Sicherheit am Arm ihres Mannes hängen würde, den man auch einladen musste, wollte man nicht gegen die Regeln der Gesellschaft verstoßen. Und so sehr sie auf deren Gesellschaft verzichten konnte, konnte ihr Zukünftiger auf den Mann verzichten, so war ihnen also beiden geholfen, blieb dieses Paar der Feier fern.
    „Gib mir also noch einen Tag Zeit um ein Gewand zu finden und dann können wir heiraten.“ Und sie meinte es so wie sie es sagte und war eben noch so viel Selbstzweifel und Verzweiflung greifbar, so waren sie nun stillschweigend zur Übereinkunft gekommen, dass alles in Ordnung war. Und vielleicht war das ja gar keine so schlechte Basis für eine Hochzeit. Dann stellte Valentina sich auf die Zehenspitzen und gab Serapio einen Kuss.

    Es war lange her, dass Valentina das letzte Mal in einem Tempel ein Opfer dargebracht hatte. Nicht weil sie nicht wollte, doch jetzt war es ihr tief empfundener Herzenswunsch, dass Fortuna es nun endlich gut mit ihr meinte. Doch sie blieb bescheiden, wollte Fortuna nun nicht mit einem zu üppigen Opfer heuchlerisch dazu bringen, dass es der jungen Quintila ab sofort an nichts mehr fehlte. Nein, sie bat die Göttin einfach nur darum, dass sie an der momentanen Situation nichts mehr änderte. Das sie ihr den Mann, der seit einiger Zeit nun ihr Verlobter war, nicht mehr wegnahm. So hatte sie es auch dem älteren Priester erzählt, der für sie das Opfer dargebracht hatte und dieser hatte schweigend genickt.
    Nun stand sie bereits seit ein paar Momenten wieder auf den Stufen, die zum Tempel hinauf führten und wollte noch etwas die Atmosphäre, die den Tempel umgab, auf sich wirken lassen. In ihrer rosa Tunika und den hochgesteckten Haaren unterschied sie sich kaum von den anderen Leuten, die wortlos und ehrfurchtsvoll die Stufen emporkamen oder gerade wieder den Tempel verließen. Ihr Blick glitt an den Säulen empor und sie war wieder einmal überwältigt von diesem, den Göttern geweihtem Bauwerk. Sie hoffte so sehr, dass Fortuna sie dieses Mal anhören würde und nahm sich fest vor ihr ein gewaltiges Opfer zukommen zu lassen, an dem Tag nach ihrer Hochzeit.
    Den Blick noch immer nach oben gewandt, nahm Valentina eine Stufe und berührte dabei jemand anderen an der Schulter. Sofort sah sie schuldbewusst zu der Person und erkannte Marcus Iulius Dives.
    „Bitte entschuldige, ich habe dich nicht gesehen.“

    Während Valentina Vespa zuhörte, hörte sie nichts anderes mehr um sich herum. Sie konzentrierte sich voll und ganz auf die Worte ihrer Gegenüber. Denn ja, sie hatte es ernst gemeint, sie wollte Serpaio wirklich eine gute Frau sein. Nach außen hin sollte er nie bereuen müssen, dass er sich für sie entschieden hatte. Nachdenklich legte sie den Kopf etwas zur Seite. Sich jemanden als ein lustiges Tier vorstellen, wenn man die Person nicht mochte. Als was für ein Tier sollte sie sich dann Fausta vorstellen, wenn sie diese das nächste Mal traf? Aber mal davon abgesehen war dies ein sehr wertvoller Ratschlag. Genau dabei tat Valentina sich nämlich schwer. Sie konnte sich nicht verstellen, sie versuchte immer gut mit jedem zu sein aber wenn das mal nicht funktionierte, dann hatte sie bisher immer keinen Halt gehabt. Dies nun war wirklich Gold wert. Lustiges Tier vorstellen und sich in ein Thema einlesen. Rosen, mit denen kannte sie sich schon sehr gut aus. Wenn sie darüber noch ein bisschen mehr las, dann war das genau so ein Thema bei dem sie sich dann in Fachwissen vergehen konnte. Leicht nickend signalisierte Valentina so, dass sie über die Worte nachdachte und sie im Kopf schon umzusetzen versuchte.


    „Das wird mir auf jeden Fall weiterhelfen. Ich danke dir dafür.“
    Und dieser Dank war wirklich ernst gemeint. Gleich straffte sie etwas die Schultern und hob den Kopf etwas selbstsicherer an.
    „Und als Gastgeberin sollte ich dann womöglich auch nicht so viel herumrennen.“
    Sie benutzte das Wort nicht abfällig. Eher als Ermahnung an sich selbst.
    „Bleibe ich dann zentral stehen und warte bis die Gäste zu mir kommen? Halt nein, du hast ja gesagt ich sollte mich immer unauffällig in der Nähe meines Mannes aufhalten. Wo er ist, ist auch mein Platz.“
    Versuchte Valentina gleich alles richtig zusammen zu setzen. Und sie sah sich erneut nach Serapio um. Er stand bei der hübschen Sängerin Camelia.
    „Dann sollte ich mal, ja?“
    Sie sah Vespa an, denn eigentlich wollte sie diese jetzt nicht einfach so stehen lassen. Andererseits musste sie es aber, wenn sie den Ratschlägen Folge leisten wollte. Ach, das war wirklich alles sehr kompliziert.

    Als Vespa ihre zukünftigen, öffentlichen Pflichten als Ehefrau erläuterte hielt Valentina einen Moment den Atem an. Sie hatte in diesem Moment keine Ahnung wo Serapio sich in seinen Gesprächen befand. Wie denn auch, wenn er sich auf der anderen Seite des Gartens befand? Was war dann besser? Sollte sie hier Vespa dann unhöflich stehen lassen um bei Serapio sein zu können oder war es so wie sie es jetzt tat besser? Valentina sah sich etwas unsicher um, versuchte aber stets weiterhin den Fokus auf Vespa zu halten. Wenn das so und noch schwieriger wurde, dann konnte das ja noch heiter werden.


    Zum Glück kam man im Anschluss auf die Elefanten und Valentinas Blick glitt zu dem Beistelltisch auf dem ihr Tier von einem Sklaven abgestellt worden war.
    „Einen freilebenden Elefanten habe ich auch noch nicht gesehen. Nur einmal, als ich in Ägypten weilte, sah ich wie einige Elefanten auf ein Schiff getrieben worden waren.“


    Allerdings kam dann gleich ein weiterer Hinweis und Valentina hatte sich noch nicht ganz so gut unter Kontrolle, dass es nicht auffiel, dass sie über den Hinweis nicht erschrak. Man sah ihr die Unsicherheit an? Nun, es wunderte Valentina, dass sie nicht schon mehr Leute darauf angesprochen haben. Sie schluckte und nickte dann.
    „Bitte, ich wäre dir sehr dankbar für einen Rat. Das hier wird sicherlich nicht die letzte Veranstaltung sein an der ich an Serapios Seite gut aussehen sollte. Und ich will ihm eine gute Ehefrau sein.“ Wenigstens nach außen hin, doch das tat hier ja nichts zur Sache.

    Sofort stoppte Valentina einen der emsigen Sklaven, die hier herumwuselten und dafür sorgten, dass jeder genug zu trinken hat Der Ärmste stoppte so plötzlich, dass ihm fast die leeren Gläser vom Tablett gefallen wären. Valentina wies ihn an Vespa noch einen Becher mit verdünntem Wein zu bringen, dann wandte sie sich dieser wieder zu. "So könnte man es sagen, ja." Nickte die Blonde freundlich und sah, dass auch Vespas Mann ebenfalls wieder in einem Gespräch vertieft war. War das nun ihre Zukunft? Einfach schön auszusehen an der Seite ihres einflussreichen Mannes? Vielleicht einen Moment zu lange lag Valentinas Blick auf Vespas Ehemann. Nicht weil sie diesen direkt ansah, es gingen ihr verschiedene Gedanken durch den Kopf. Dann gewahrte sie Serapio ein Stück hinter Vespa vorbeigehen und zur Sängerin eilen.
    "Und Familie, wie mir scheint."
    Verlor sich Valentina dann wieder ein einem etwas glücklosen Lächeln und drehte ihren halbvollen Becher in der Hand.
    "Die Elefanten sind wirklich wunderschön, die du uns geschenkt hast. Vor allem ihre Botschaft. Das sie sich für immer treu sind."
    Sie sah zu der kleinen Gruppe, bestehend aus Aculeo, Dives und ihrem Zukünftigen. Da standen sie nun... drei Männer, die in ihrem Leben alle einen anderen Platz eingenommen hatten.
    Valentina konnte ein leises Seufzen nicht unterdrücken, als ihr das aber bewusst wurde, sah sie sofort wieder hoch und versteckte ihre Unsicherheit hinter einem Lächeln.
    "Eine wirklich wunderschöne Feier. Und vor allem wenn man bedenkt, wie schnell Serapio diese organisiert hat. All die Leute, die heute hier sind..." Immer noch etwas überwältigt blickte Valentina sich um. Vespa war solche Festlichkeiten sicherlich schon gewöhnt.

    So schnell stand man alleine da. Gerade noch von Verlobten und Ex-Verlobten umringt, verließen nun alle den Ort des Geschehens und verteilten sich unter den Feiernden. Zum Glück war auch kein neues Liebeslied zu vernehmen. Vielleicht sollte sich Valentina zur Sängerin gesellen und diese in ein Gespräch verwickeln um sie nicht nur vom Singen abzuhalten sondern sie auch besser kennen zu lernen. Serapios Schwester unterhielt sich derweil mit Borkan und da wollte Valentina dann ebenfalls nicht stören. Sie hatte das Gefühl, dass es Serapio wichtig war, dass die Beiden sich kennen lernten. Ob Seiana wusste wer Borkan wirklich war? Kurz verharrte ihr Blick auf den Beiden. Etwas unschlüssig stand die zukünftige Braut also inmitten der Gäste und hörte wie ihre Nichten sich mit Licinus unterhielten. Und alleine die Tatsache, dass sie das über all den Feierlärm hörte, missfiel Valentina. Ihr war von Anfang an klar, dass die Beiden sicherlich in eine hitzige Diskussion mit dem Soldaten verfielen aber das war dann doch etwas zu viel des Guten. Ihr Blick suchte den Rand des Geschehens ab, bis sie Mardonius erblickte. Sie gab ihm ein Zeichen dezent zu den beiden jungen Damen aufzurücken und dafür zu sorgen, dass diese ihre Erziehung nicht ganz verloren.


    Dabei sah sie, dass Aculeo mit Serapio wieder bei Dives angekommen waren und sich unterhielten. Irgendwie wusste sie nicht wie sie das finden sollte und versuchte wenigstens für heute Abend nicht weiter daran zu denken.
    Dann nahm sie einen Schluck aus ihrem Becher und gewahrte den Blick von Vespa, die mit ihrem Mann noch in der Nähe stand. Immer noch fühlte sich Valentina erschlagen von deren Anwesenheit, doch sie nahm sich ein Herz und sprach die Dame von Rang noch einmal an.
    „Hast du alles, was du brauchst, oder kann ich dir noch etwas bringen lassen? Schließlich soll es dir und deinem Mann heute Abend an nichts fehlen.“

    Natürlich spürte Valentina, dass sich die Art der Umarmung änderte und als sie soweit gelockert wurde, dass sie daraus entschlüpfen konnte, tat sie das. Sie entfernte sich vom Fenster und ging die wenigen Schritte zu dem kleinen Beistelltisch auf dem die mitgebrachten Blumen in einer schönen Vase standen. Bald würde sie neue Vasen kaufen müssen mit so vielen Blumen wie Serapio sie überschüttete. Aber irgendwie hatte Valentina das Gefühl, das könnte jetzt dann vorbei sein. Er wollte wissen ob er das richtig verstanden hatte. Und irgendwie ging die Quintilia nicht davon aus, dass er das mit der Ehre verteidigen meinte. Sie war ehrlich zu ihrem Zukünftigen gewesen. Hatte ihm gesagt was Sache war und doch schien das nicht richtig gewesen zu sein. Vielleicht weil Serapio doch dem Schundbrief Glauben schenkte, der dort noch immer auf der Kline lag. Ein kurzer Seitenblick zu diesem Zeugnis davon, was sie verloren hatte, dann strichen ihre Finger fast liebevoll über die goldenen Kerzen des Straußes.
    „Du denkst jetzt vermutlich Varus hat recht mit dem was er dort geschrieben hat. Und doch sage ich dir die Wahrheit. Bei der Hochzeit löste Aculeo meine Verlobung auf. Es war abzusehen, hatten wir doch schon ein paar Tage vorher kaum noch miteinander geredet. Er verließ die Stadt und ich war an dem Abend nicht ich selbst. Ich stand vollkommen alleine in dieser feiernden Menschenmenge. Das berauschende Räucherwerk und der ein oder andere Becher Wein taten dann ihr Übriges. Aber ich möchte betonen, dass wir am nächsten Morgen angezogen nebeneinander aufgewacht sind.“ Sie sah über ihre Schulter zu Serapio.
    „Es ist nichts passiert, ich konnte mit ihm nur so ungezwungen reden, er hat mir von seinem Weingut erzählt und mir Komplimente gemacht. Welche Frau hört das nicht gerne? Dann hat er mich am nächsten Morgen vor meiner Casa abgesetzt und sich einige Tage nicht gemeldet. Ich dachte schon das war einfach der Rausch des Festes gewesen. Erst dann wurde aus dieser anfänglichen Schwärmerei mehr. Doch bis zum heutigen Tag hatten wir keine Nacht zusammen verbracht.“
    Ihre Stimme wurde etwas bitterer und leiser, als sie erneut über die Blüten der Blumen strich. „Ich habe ihm erzählt, dass ich bereits mehrere Männer kannte, die mich liebten und ich sie. Drei um genau zu sein. Sie starben und jedes Mal starb ein Teil von mir. Deswegen war die Einwilligung in das Heiratsangebot damals von Aculeo auch eine reine Vernunftentscheidung. Es hatten sich zarte Gefühle entwickelt, doch dann musste er gehen. Varus aber war anders… ich glaube wirklich, dass ich ihn geliebt habe.“


    Nun drehte sie sich um und sah Serapio an. „Was denkst du jetzt von mir? Das ich das bin was er da schreibt?“ Sie deutete auf den Brief. „Was willst du hören? Das du nicht mein erster Mann bist? Ja, das stimmt. Das ich dich nur nehme weil du viel Geld hast? Das ich jeden nehme, der mir schöne Augen macht? Dann muss ich dir aber sagen, dass ich mich nicht nur für dich entschieden habe, weil du mehr Geld als Varus hast. Nein, ich habe dich als Freund kennen gelernt. Als jemand, der mir in der größten Not geholfen hat. Und deswegen habe ich mich gegen mein Herz entschieden. Du warst es, der für mich da war, als ich am meisten jemanden gebraucht habe. Und auch wenn du es mir nicht glaubst, so werde ich ab sofort niemand anderen mehr in mein Leben lassen. Ich gehöre zu dir, ich werde deine Frau und nichts wird daran etwas ändern. Es macht mir nichts aus, dass die Seite meines Bettes oft leer sein wird, ich habe mich dafür entschieden. Natürlich hast du Geld und verleihst meiner Familie damit wieder das Glück, dass uns so lange verlassen hat. Bin ich deswegen schlecht? Weil ich für meine Familie das Beste will? Und es tut mir leid, wenn ich bis heute immer noch dem Mann nachgetrauert habe, der mein Herz berührt hat. Doch du kannst dir gewiss sein, dass dies vorbei ist. Er verabscheut mich und ich habe nun endgültig verstanden, dass die Götter für mich nicht vorgesehen haben, dass ich geliebt werde. Uns verbindet etwas Serapio. Warum sonst haben die Götter mich damals auf dieser Hochzeit auf dich zugehen lassen? Gegen den Willen meines damaligen Begleiters? Sie wussten, dass wir unseren Weg ab sofort zusammen gehen sollen. Und was mich betrifft werden wir das auch. Du wirst verstehen, dass es für mich neu ist zu lernen dich mit jemandem teilen zu müssen. Nur weil ich zugestimmt habe und meine Worte auch ehrlich waren, so wird mir dennoch ein bisschen Zeit zustehen um das alles geregelt zu bekommen. Ich mag Borkan, schließlich war er damals bei meiner Ehrenrettung auch dabei.“


    Sie atmete tief durch und betrachtete sich wieder die Blumen neben sich. Schließlich schlang sie die Arme um sich selbst und rieb sich mit den Handinnenflächen über die Oberarme als wäre ihr kalt. Was wenn Serapio sie nun wirklich verließ, weil er dem Brief Glauben schenkte? „Ich habe ihn geliebt, doch das ist nun vorbei. Du bist nun der einzige Mann in meinem Leben. Ich schätze dich als Freund und bin dir dankbar für das was du mir und meiner Familie ermöglichst. Und sicherlich werde ich auch noch lernen dich auf eine ganz spezielle Art zu lieben. Vorausgesetzt du willst das jetzt noch.“
    Die letzten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.

    Als Serapio hinter ihr zu zetern anfing zuckte Valentina kurz zusammen. Doch sie sagte kein Wort. Bis zu einem gewissen Teil wollte da etwas in ihr ihrem Zukünftigen zustimmen.
    Als er dann zu ihr kam und sie in seine Arme schloss fühlte sie sich beschützt, fühlte sie sich sicher. Sie schluckte ihre Tränen hinunter und wischte sich die restlichen von den Wangen.
    "Ich habe ihn wirklich geliebt, Serapio. Wir lernten uns auf der so verhängnisvollen Hochzeit kennen auf der sich auch unsere Wege kreuzten. Wir haben den Abend zusammen verbracht und sind am nächsten Morgen zusammen aufgewacht. Meine Gefühle waren echt, nicht geheuchelt wie er schreibt. Aber er muss das natürlich denken, habe ich mich doch gegen ihn entschieden. Er hat mir einen Tag vor dir einen Heiratsantrag gestellt. Doch ich konnte ihn nicht gleich annehmen. Die Götter wissen warum. Vielleicht weil sie wussten, dass du mir am nächsten Tag die gleiche Frage stellen würdest. Ich bat ihn um einen Tag Bedenkzeit. Genau wie ich es bei dir getan habe. Und wie ich mich entschieden habe, wissen wir beide. Aber ich habe ihn wirklich geliebt, nur mein Verstand hat mir dazu geraten dich zu heiraten. Mein Herz war stets dagegen. Du bist ein wundervoller Mensch, doch genauso wie du jemand anderen liebst, habe ich ihn geliebt und während unserer Verlobungsfeier habe ich mir die ganze Zeit gewünscht er stünde neben mir. Doch da wusste ich auch noch nicht, wie er über mich denkt."
    Die letzte Worte hatte sie nur geflüstert und sah erste jetzt zu Serapio auf, der immer noch hinter ihr stand.
    "Ich habe ihm das Herz gebrochen, so wie er schreibt. Doch die Anschuldigen sind so...." Sie schluckte wieder. "Das hätte ich niemals von ihm erwartet. Auf mich wirkte er so sanft, so liebevoll." Eben so wie sie sich einen Mann gewünscht hätte.
    Sie lehnte sich an Serapio und legte ihren Hinterkopf an seine Brust. "Und du würdest dich wirklich für mich an ihm für den Brief rächen?"

    Mit einmal war Serapio wieder zurück und er hatte Borkan mit dabei. Diesen stellte er dann sofort seiner Schwester vor, weswegen Valentina einen Schritt zurücktrat, nicht aber ohne noch einmal mit den Fingern bewundern über den Stoff zu fahren. Meeresnymphe hatte er gesagt. Ja, da könnte Serapio wirklich recht haben. Er hatte ohnehin einen Blick für das künstlerische, alleine die Blumensträuße, die er ihr immer hatte zukommen lassen. Und dann der Ring, den sie nun am Finger trug. Gerade lies sie ihren Blick darauf verweilen, als sie eine weitere, ihr wohl bekannte Stimme hörte. Sie sah auf und schenkte Aculeo ein warmes Lächeln. Es war schön, dass er hier war, wenngleich es von einer gewissen Schwere begleitet war. Er könnte jetzt bereits der Mann an ihrer Seite sein. Auch sie hätten keine Liebesheirat gehabt. Valentina hatte ihn respektiert und war vielleicht gerade dabei so etwas wie Gefühle für ihn zu entwickeln. Doch dann musste er gehen. Dann hätte sie niemals Varus kennen gelernt und müsste jetzt nicht hier stehen, mit den Gedanken und dem Herzen bei einem anderen Mann, während sie wiederum jemanden nur aus Vernunft heiratete.
    Doch es war kein Groll, denn Valentina gegen Aculeo hegte. Es hatte damals einfach nicht sein sollen.


    "Danke." War dann erst einmal alles was sie sagen konnte, denn ja er hatte recht. Sie hatte es gut getroffen. Besser ging es für jemanden aus ihrer Familie wohl kaum noch. Allein bei all der illustren Gästeschar, die sich hier tummelte.
    "Und ja du hast recht es ist sehr voll hier. Auch ich bin gänzlich überwältigt von der Vielzahl der Leute die hier sind. Vor allem wenn man bedenkt wie spontan die Einladung ausgesprochen wurde."
    Als Aculeo dann die Sangeskünste lobte, drehte Valentina sich etwas zur Seite weg. Nun fing der auch noch an! Keine Widerrede, das Mädchen sang wunderschön, es waren nur ihre Texte, die Valentina langsam zur Verzweiflung trieben. Sie nahm einem vorbeieilenden Sklaven einen neuen, vollen Becher vom Tablett.

    Tatsächlich waren nun schon ein paar Tage seit dem Fest vergangen und Valentina fing an sich langsam aber sicher wieder an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie eine Verlobte war. Es fühlte sich gut an je länger sie darüber nachdachte. Wenngleich immer eine gewisse Wehmut mit dabei sein würde. Heute kam ihr Zukünftiger kurz vorbei und es freute Valentina ihn in ihrem kleinen Heim in Empfang nehmen zu können. Verglichen mit seiner Casa war Ihre nichts Besonderes und doch freute sie sich sehr über den Strauß Blumen, den er ihr mitbrachte. Ihr kleines Näschen in den Blüten versenkend gab sie daraufhin bekannt wie gut diese doch rochen und wie sehr sie sich darüber freute. Es war schön das Fest noch einmal Revue passieren zu lassen. Valentina stellte die ein oder andere Frage und lies sich die genauen Zusammenhänge erklären.


    Dann rückte Serapio einen Brief heraus und verwundert nahm Valentina ihn entgegen. Ein Brief für sie und dann auch noch an ihr neues Zuhause? Mit einer gewissen Neugier nahm sie ihn entgegen und hielt erschrocken die Luft an, als sie das Wappen darauf sah. „Varus.“ Flüsterte sie leise und ihre Finger beeilten sich das Siegel zu brechen und den Brief zu lesen. Für den Moment war ihr Zukünftiger, der neben ihr saß, einfach vergessen. Obwohl sie gleich beim Anblick des Wappens ein ungutes Gefühl befallen hatte, wollte Valentina wissen was in dem Brief stand. Und so flogen ihre Augen regelrecht über die Zeilen.
    Doch je mehr sie las umso schneller verblasste ihr freudiges Lächeln und in ihren Blick trat ein nicht zu leugnender Ausdruck von Schock und Trauer. Als sie ungefähr bei der Hälfte des Textes angekommen war, lies sie den Brief sinken und sah zu Serapio hinüber. Doch sie sah ihn in diesem Moment nicht. Sie konnte nicht glauben was sie da las. Valentina zwang sich noch einmal von vorne anzufangen. Vielleicht hatte sie in der Aufregung einfach etwas falsch verstanden. Doch es war genauso wie sie es gelesen hatte. Dieses Mal las sie den Brief bis zum Ende und eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel. Langsam lies sie das Papier sinken und legte es achtlos neben sich auf die Kline. Dann nahm sie Serapio wortlos das Kästchen aus der Hand, welches dieser immer noch hielt und öffnete langsam den Deckel. Doch als hätte sich darin eine giftige Schlange versteckt, die nun nach ihr schnappte, lies sie das Geschenk mit einem kleinen Aufschrei fallen und sprang auf. Sie ging zu einem der Fenster und blickte hinaus. Kein Wort verließ ihre Lippen und sie gestattete sich auch sonst keiner Regung, wie eine Statue verharrte sie dort am Fenster. Bis sie irgendwann die Augen schloss und leise schluchzte.

    Das war also diese Schwester. Manchmal erhörten die Götter Wünsche scheinbar ziemlich schnell. Erst beim Minervafest hatte Valentina noch den Gedanken getragen diese Schwester kennen zu lernen, da sie eine sehr starke Frau sein musste. Und hier war sie. Geduldig wartete die Quintilia ab bis Serapio seine Schwester bekränzt hatte. Gleich darauf verabschiedete er sich kurz und als Valentina ihm mit Blicken folgte, sah sie, dass er zu Borkan ging. Ja, sie war hier nur die Dekoration. Die Frau zum Vorzeigen. Ob es wohl lange dauern würde, bis sie sich an diesen Gedanken gewöhnte? Valentina hoffte, dass wenigstens ihre Brüder stolz auf sie waren. Die kleine Schwester, die all zu oft ihren eigenen Kopf hatte und nicht immer das tat was man von ihr verlangt hatte heiratete nun aus Vernunft und weil es das Beste für ihre verbliebene Familie war.
    Valentina atmete tief durch und widmete sich dann Seiana. "Serapio hat es erwähnt, ja. Er hat mir so viel gutes erzählt und da wir scheinbar das gleiche Schicksal geteilt haben wollte ich dich unbedingt kennen lernen. Es ist schön, dass sich diese Gelegenheit nun ergibt."
    Dankbar nahm sie das Geschenk entgegen und strich mit den Fingern über den edlen Stoff.
    "Das ist wirklich wunderschön. Hoffentlich ergibt sich bald eine Gelegenheit bei der ich sie tragen kann."


    Hinter ihnen stimmte Camelia wieder ein Lied an und Valentina verstummte. Allerdings wurde auch ihr Lächeln ein bisschen künstlicher. Es war wunderschön vorgetragen, es klang lieblich und schön. Und doch wünschte sich Valentina es würde diesen Abend keine Lieder mehr geben. Schließlich waren diese nicht passend. Alle dachten sie würden passen, doch das taten sie nicht. Wäre ein anderer Mann an ihrer Seite, dann würde gerade dieses Lied wie für sie geschrieben sein. Und vielleicht traf es Valentina deswegen so hart. Während des Vortrages hielt Valentina also ihr Lächeln aufrecht und bemerkte, dass sich auch Reweel unter die Dienerschaft gemischt hatte. Es war gut zu wissen, dass er nun auch hier war.
    Als das Lied endete, klatschte auch Valentina pflichtschuldig nachdem sie das Geschenk einem Sklaven übergeben hatte, der es zu den Anderen stellen sollte. Langsam wurde der Tisch wirklich sehr voll.

    So ganz wusste Valentina nicht, was sie von Aculeos Worten hatte halten sollen. Es freute sie natürlich ihn wieder zu treffen und zu sehen, dass es ihm den Umständen entsprechend gut ging, doch irgendwie... nein, sie erlaubte sich nicht jetzt und hier weiter darüber nachzudenken. Sie hatte auch keine Gelegenheit. Nachdem Serapio ihr die Frau vom Sklavenmarkt vorgestellt hatte staunte Valentina nicht schlecht, wem sie da den Salven vor der Nase weggeschnappt hatten. Sie begrüßte die Vestalin mit gebührendem Respekt und wartete dann als Serapio sich kurz entfernt hatte um mit seinen Familienmitgliedern ein paar Worte zu wechseln. Gerade noch rechtzeitig kehrte er zurück, damit er ihr den Mann vorstellen konnte, der ihn gerade so herzlich begrüßt und dessen Begleitung, die auch bereits das Wort an sie gerichtet hatte.
    Es handelte sich hier also um seinen Vater und seine Stiefmutter. Valentina sah jedem ins Gesicht, als die Namen genannt wurden. Es würde also in Zukunft öfter zu einem Treffen mit den beiden kommen. Valentina hoffte, dass sie dann nicht jedes Mal aufgrund deren Anwesenheit ein solch erdrückendes Gefühl bekommen würde. Vielleicht lag es ja auch nur am heutigen Abend, an dem die Gefühle ohnehin ein bisschen in Aufruhr waren. Denn nicht nur, dass sie gerade ihrem einstigen Verlobten gegenüber gestanden hatte, ähnlich wie Serapio, hatte auch Valentina sich bei dem Gedanken ertappt wie eine Feier in einem anderen Haus, mit einer anderen Familie und einem anderen Mann an ihrer Seite wohl verlaufen wäre. Sicherlich genau so herzlich und sie versteckte hinter einem Lächeln das traurige Gefühl, dass sie diesen Mann an ihrer Seite wirklich geliebt hätte. Sie hätte in seine schönen Augen blicken können und all die Glückwünsche von Herzen genossen. Denn ja, er wäre es gewesen mit dem sie bis an ihr Lebensende hätte zusammen sein wollen. Doch es war ihr Verstand gewesen, der ihr davon abgeraten hatte und sie dazu brachte heute nun hier zu stehen. So also nahm sie die Glückwünsche entgegen ohne wirklich eine tiefere Bedeutung dahinter zu spüren. Es war für ihre Familie, ihre Nichten und all diejenigen die nach ihr kommen würden. Sie hatte sich richtig entschieden. Vielleicht würde sie irgendwann anfangen an diesen Satz zu glauben, wenn sie ihn oft genug wiederholte.


    Dann allerdings konzentrierte sie sich wieder auf das hier und Jetzt und schenkte ihrer Gegenüber ein freundliches Lächeln. "Vielen Dank Vespa für diese Glückwünsche. Und es ist mir eine Freude dich kennenlernen zu dürfen." Denn auch wenn es sich hier nur um die Stiefmutter handelte, so war sie doch sicherlich ein wichtiger Teil in Serapios Leben. Valentina hatte ihre Mutter nicht wirklich kennen lernen dürfen
    Dann erzählte sie von ihren Reisen und die junge Quintilia kam nicht darum herum etwas neugierig zu werden als Vespa dann das Geschenk überreichte. Es war wirklich wunderschön und vor allem die Botschaft, welche sie damit übermitteln wollte. Einen kurzen Moment sah sie kurz hoch und suchte in den Augen ihrer Gegenüber nach Antworten. Wusste sie, dass es sich hier nur um eine Zweckehe handelte? Meinte sie das damit, als sie meinte mit treu? Sie hatte nichts von Liebe gesagt. Vielleicht war es einen Augenblick zu lange, den Valentina den Blick aufrecht hielt und immer noch darüber nachdachte ob sie hier vielleicht einer Vertrauten gegenüberstand. Dann aber riss sie sich zusammen. Dieses Mysterium konnte später noch geklärt werden.
    "Hab Dank für dieses wirklich wunderschöne Geschenk. Die Tiere sind ein Zeichen wahrer Handwerkskunst und vor allem die Geschichte dahinter ist sehr passend." Und ja, sie tat es ihrem Zukünftigen gleich und hakte den Rüssel ihres Elefanten in den des Seinen. So würden sie ab sofort nun zusammen gehören. Sie sah auf und Serapio direkt in die Augen. Es war keine Liebe, die sie für ihn empfand. Respekt und Dankbarkeit, Freundschaft und eine gewisse Art von Zuneigung. Aber irgendwie spürte sie den Blick Borkans in ihrem Rücken. Sie war nicht böse deswegen. Es war nur wieder eine Erinnerung, dass sie hier nur die Dritte im Bunde war.


    Gleich nach der Geschenkübergabe trat eine weitere Gratulantin auf sie zu. Sie umarmte ihren Zukünftigen und sprach ihn sehr vertraut an. Ein Zeichen eines engen Familienmitglieds. Valentina hielt den Elefanten noch in einer Hand, bevor sie ihn an einen Sklaven übergab mit der dringenden Bitte diesen neben die Quadriga zu stellen und das möglichst vorsichtig!
    Es war ein beklemmendes Gefühl von jedem auf der Feier mit Namen angesprochen zu werden wo sie doch keinen kannte. Dummerweise war ihr Name auf der Einladung gestanden und sie stand nun neben Serapio also mussten die Gäste nur scharf kombinieren, wer sie war. Den Vorteil hatte Valentina leider nicht.
    "Ja, die bin ich wohl." Nickte sie dann der Frau zu, die eben Serapio so herzlich umarmt hatte.
    "Danke für die Glückwünsche."
    Und wie sie die Dunkelhaarige so ansah, erblickte Valentina über deren Schulter hinweg Dives, der sich mit Aculeo unterhielt. Sie sah gerade, wie die beiden Männer sich umarmten und es stimmte Valentina glücklich. Sie wusste, dass beide sich kannten und befreundet waren. Wären sie damals doch sonst nicht auf die Hochzeit gegangen. Diese verhängnisvolle Hochzeit...

    Tatsächlich hatte die Gesellschaft mittlerweile eine schon fast unübersichtliche Menge angenommen und Valentina war bemüht an der Seite ihres Mannes eine gute Figur zu machen. Als dieser den Trinkspruch von Dives verlängerte, trafen sich ihre Blicke und sie lächelte. Ja, es waren tatsächlich Wirren gewesen, die sie zusammengeführt hatten. Wer hätte damals schon ahnen können, dass eine flüchtige Begegnung auf einer Hochzeit solche Auswirkungen haben könnte? Valentina damals wollte einfach nur helfen als sie sah wie schlecht es Serapio auf der Hochzeit von Dives ging. Ohne zu wissen welchen Hintergrund der Groll aber auch die offensichtliche Enttäuschung hatte, wollte sie einfach nicht, dass er weiterhin so alleine herumstand. Und nun waren sie zusammen hier. Zusammen, das spricht man eine Sprache schon so lange und manche Wörter kamen einem dennoch fremd vor. Aber sie würde sich daran gewöhnen und es war ein schönes Gefühl.


    Dann trat plötzlich jemand vor sie, mit dem die junge Quintilia wahrlich nicht gerechnet hatte. „Aculeo?“ Murmelte sie fassungslos, als sie den abgemagerten Mann vor sich sah. Die Zeiten mussten nicht sonderlich gut mit ihm gewesen sein. Sie spürte den Arm um ihre Schulter und Valentina musste zugeben, dass es ihr gefiel, dass es da nun jemanden gab, der offensichtlich zeigen wollte zu wem sie nun gehörte. Immer noch sprachlos schüttelte sie dann aber den Kopf auf seine Frage, nein sie hatte ihn nicht eingeladen. Woher auch? Wusste sie doch bis zu diesem Moment nicht einmal, dass er wieder in der Stadt war und sie hatte gerade Zeit gehabt ihren Sklaven zu ihrer Casa zu schicken um ihre Nichten zu holen. Dennoch schenkte sie ihrem ehemaligen Verlobten ein ebenfalls warmes wie gut gemeintes Lächeln.
    „Danke für deine Glückwünsche. Und es ist schön zu sehen, dass du wieder hier bist.“ Sie hätte gerne wohlbehalten hinzugefügt, doch sie wagte es nicht allzu viel in sein Erscheinen hineinzuinterpretieren. Serapio reichte ihm einen Becher. „Bitte, bediene dich, heute soll sich jeder wohl fühlen.“ Lud sie ihn ein und sie hoffte er würde etwas essen, so wie er aussah hatte er das wohl nötig.


    Gerne hätte sie noch ein paar Worte mit ihm gewechselt hätte ihn gefragt wie es ihm ergangen war, denn es hatte sie schließlich mal etwas verbunden, doch da trat bereits die Frau vom Sklavenmarkt heran und beglückwünschte Serapio. Onkel? Nun, hoffentlich warf das nun kein schlechtes Licht auf sie, wenn sie einer zukünftigen Verwandten den Sklaven vor der Nase weggeschnappt hatte. Aber Valentina hoffte, dass derlei Geschäfte nicht all zu hoch gehandelt wurden.
    So war es einfach ein freundlicher, neutraler Blick, den die Dunkelhaarige von ihr bekam während sie die Begrüßung abwartete.


    Dann allerdings trat ein Paar auf die Beiden zu, bei dem es Valentina tatsächlich fast unwohl zumute wurde. Sie kannte sie nicht, doch alleine das Auftreten war ehrfurchtgebietend. Und es sprach Serapio mit Sohn an! Nun war es fast um ihre Beherrschung geschehen, aber natürlich nur fast. Valentina wusste ihre Verwunderung hinter einem freundlichen Blick zu verstecken und ein Lächeln täuschte darüber hinweg, dass sie die Namen nicht wusste. Direkt angesprochen bedankte sie sich höflich.
    „Quintilia Valentina, ja. Es ist auch mir eine Freude.“ Viel von ihr gehört? Valentina sah kurz an ihrem Gegenüber vorbei zu ihrem Zukünftigen. Sie wünscht sie könnte dasselbe sagen! So oder so ähnlich war nun ihr Blick, dem sie Serapio kurz zuwarf, bevor sie wieder ihren Gegenüber und dessen Begleitung ansah.

    Oh, armer Dives. Valentina hätte ihn wohl wirklich gebeten zu gehen, wenn sie wüsste welche Kleinigkeiten er ihrer Zurückhaltung zugrunde legte. Die Freundschaft zu ihrem ehemaligen Verlobten spielte keine Rolle. Sie hatte sich von Aculeo im Guten getrennt und auch wenn es nicht angenehm war, trug sie keinen Groll in sich. Und sie hätte ihm auch Dives Ängste und das Ärgernis über ihr Mitwissen seiner besonderen Vorlieben genommen, wüsste sie davon. Ja es war in ihren Augen ein Vertrauensbeweis, dass Serapio ihr das erzählt hatte. Aber im Gegensatz zu Dives´ Ehefrau war Valentina niemand, die daraus Vorteile gezogen hätte. Wäre die Ehefrau jemand anderes, hätte sie im Höchstfall eine Art Mitleid für sie empfunden und vielleicht sogar ihre Freundschaft gesucht, sodass man sich austauschen hätte können. Da dies aber in diesem Fall vollkommen ins Reich der Mythen und Sagen abglitt, war das ein Wissen mit dem Valentina lebte und weiter nichts.
    Es wäre nicht einmal nur die Tatsache, dass Dives der Mann einer sehr unangenehmen Person war. Sicherlich war dies belastend, doch es war einzig und alleine das Aufeinandertreffen im Theater gewesen. Seine Frau hatte eine so gräuliche Tat begangen mit der sie nicht nur ihr Leben sondern auch das ihrer Nichten zerstört hätte und er stand da und wollte es sich nicht einmal anhören. Es war die Arroganz, die er damals an den Tag gelegt hatte und die Tatsache, dass es ihm scheinbar egal war, was aus ihr geworden wäre. Selbst Serapios Worte, er hätte es sicherlich nicht so gemeint, konnten Valentina nicht gänzlich versöhnlich stimmen.
    Sie konnte ihrem Gegenüber einfach nicht vertrauen. Er musste stets auf der Seite seiner Frau stehen. Dives war einfach der Mann der falschen Frau, denn das sich Valentina je mit Fausta aussöhnen würde war so unwahrscheinlich wie eine Versöhnung zwischen ihm und Serapio.


    Zum Glück allerdings wusste sie von all diesen Dingen nichts und wollte an diesem Abend auch nicht weiter darauf eingehen. Es war ein schöner Anlass und niemand sollte ihn stören. Deswegen hatte sie sich mit ihren Nichten dem Korb mit Kränzen zugewandt und nun zierten die Häupter der Beiden, farblich passende Blumen.
    Ein weiterer Gratulant kam hinzu, der eine aus Holz geschnitzte Quadriga überreichte. Valentina betrachtete sich die filigrane Arbeit und nachdem sie wusste wer er war, bedankte sie sich auch bei ihm mit einer freundlichen Umarmung. Er war schließlich Familie. Mit einem warmen Lächeln hoffte sie Serapios Cousin Casca für sich gewinnen zu können.
    „Das ist wirklich eine sehr schöne Handarbeit. Es bekommt einen schönen Platz im Haus.“
    Ihr Zukünftiger begrüßte dann ihre Nichten und Valentina fiel ein Stein vom Herzen. Nicht, dass sie es anders erwartet hätte, aber das nun zu sehen war ihr sehr wichtig.
    Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Serapio die Hand hob um offensichtlich als nächstes ihren Nichten durch die Haare zu fahren. Sie wollte gerade erschrocken etwas sagen, als er zum Glück selbst darauf kam, dass dies keine gute Idee war.
    „Nun, wenn du noch etwas Platz für zwei wohl erzogene, junge Damen in unserem Haus hast, dann würde es mich freuen, die Beiden auch weiterhin um mich haben zu können.“
    Zwinkerte sie zuerst Sila und Pina zu und dann ihrem Zukünftigen.
    Was das Temperament der Beiden anging würde Serapio sich wohl noch umschauen, aber das musste auch nicht heute Abend besprochen werden.


    Licinus, nun wirklich als Soldat enttarnt, bekam von Valentina dann ebenfalls ein zustimmendes Nicken, als er mit seinem Kranz auf dem Haupte vor ihr stand. Sie konnte es ihm ansehen wie verdattert er war und sie wusste nur zu gut, dass dies sicherlich nicht die Standartbekleidung eines Soldaten war. Doch hier und heute war er nicht beim Militär. Er war heute Gast. Sie kam mit Sila und Pina auf ihn zu. „Darf ich meine Nichten vorstellen? Quintilia Sila und Pina.“ Vielleicht keine so gute Idee, da der Ärmste sicherlich heute noch in ein Gespräch verwickelt werden würde, doch auch das gönnte Valentina ihrer Nichte. Und der Mann vor ihr machte auf sie den Eindruck als könnte er ihr auch die nicht ganz so schönen Seiten eines Soldatenlebens erzählen. Ein keiner Einblick in die Realität wäre vielleicht nicht falsch und schürten Valentinas Hoffnungen, dass sie sich vielleicht doch noch umorientierte.


    Dann hörte man freundlicher Saitenklänge und sofort verstummte die Gesellschaft. Auch Valentina hörte andächtig zu und kam nicht umher ihren Gedanken einen Flug über die Mauern dieses Anwesens zu gestatten. An einen Mann, auf den diese Worte, gerade die Sache mit der Sehnsucht zutrafen. Ja, der Abend wäre wirklich perfekt, wäre nun an Serapios Stelle jemand anderes. Und ähnlich wie dieser zu Borkan blickte, blickte Valentina über die Mauern als könnte sie dort oben, im langsam dunkel werdenden Abendhimmel, jemanden sehen, den sie so gerne an ihrer Seite hätte. Doch sie war nun hier, würde lernen Serapio auf ihre Art zu lieben und alleine der Anblick des Hauses machte ihr wieder mal deutlich, dass es keine falsche Entscheidung war. Es war vernünftig.


    Das Lied fand sein Ende und als Serapio auf die Sängerin zutrat, lies auch Valentina ihre Nichten kurz in der Gesellschaft von Serapios Freund und folgte ihrem Zukünftigen. Sie hörte die Worte der Gedrückten und musste kurz lachen.
    „Nun, solange er sie wirklich nur zerdrückt, soll es mir recht sein.“
    Ein Segen und Fluch zugleich. Sie würde nie eifersüchtig auf andere Frauen sein müssen. Andererseits bewahrte sie ein Geheimnis.
    „Camelia.“ Trat sie dann an die zierliche Frau heran und sah sie freundlich an.
    „Meinem zukünftigen Mann muss wohl mein Name entfallen sein.“
    Von der guten Laune an diesem Abend langsam angesteckt und auch etwas gelöst, sah sie Serapio scherzend an.
    „Valentina.“ Überging die junge Quintilia dann mal Höflichkeitsfloskeln, wusste sie bis jetzt ja auch nur den Vornamen und, wie sie vermutete, einen Kosenamen ihrer Gegenüber.
    „Das war wirklich ein wunderschöner Gesang. Vielen Dank für deine Glückwünsche.“
    Bevor die junge Frau zur Antwort ansetzen konnte, sprach Dives einen Trinkspruch aus und schnell griff sich Valentina zwei Becher vom Tablett eines vorbeieilenden Sklaven. Einen davon reichte sie an Camelia weiter, wollte sie sicherlich nach der Gesangseinlage etwas trinken. Schweigend hörte sie an was der wichtige Mann zu sagen hatte und auch sie zog ihre Augenbraue nach oben, als Dives dann ein wirklich großzügiges Trinkopfer brachte. Doch sie schwieg, sie würde sich zu keiner Äußerung darüber herablassen. Es war dessen Entscheidung wie er sich benahm und sie hoffte inständig, dass sowohl er als auch seine holde Ehefrau am Tag ihrer Hochzeit ebenfalls von geschäftlichen Dingen davon abgehalten wurden zu kommen.
    Sie konnte sich eines erschrockenen Zusammenzuckens nicht erwähnen, als Licinus den Trinkspruch einen Tick zu Laut bestätigte, doch das nahm sie ihm nicht übel. Das Militär war kein leiser und zurückhaltender Ort.
    Mittlerweile hatte sich auf ihren Wangen ein rosiger Schimmer ausgebreitet. Es war ein wunderschöner Abend, ein großartiger Grund und es war sie, die heute dieses Glück erlebte. Nach so langer Zeit endlich glücklich zu werden, das war Grund genug. Ohne es zu bemerken glitt ihr Blick zu Serapio und sie sah ihn überglücklich an. Er war es, der ihr dieses Glück ermöglichte…

    Glücklich betrachtete Valentina ihren Zukünftigen der nun geschmückt war mit einem Kranz aus rotem Oleander. Soso, unschuldiges Weiß wäre also nicht so passend gewesen. Valentina hatte den verschwörerischen Blick zwischen den Männern sehr wohl wahrgenommen und in sich hinein gelächelt. Gut sah Serapio aus, das tat er ohnehin aber nun wirkte er gleich noch festlicher. Valentina hatte ein gutes Gefühl was ihre Beziehung zu Borkan betraf. Er machte auf sie auch einen offenen Eindruck und seine Umarmung vorhin war herzlich. Vielleicht war er eines Tages wirklich der Bruder, den sie so sehr brauchte.
    "Kein unschuldiges Weiß also..." Lächelte sie und strich Serapio über die Schulter als müsste sie dort etwas abwischen.
    Dann übergab Borkan seine Geschenke und Valentina war ganz gerührt, sie betrachtete das Tuch und fuhr mit den Fingern darüber, es war ein angenehmer Stoff, sie würde es in Ehren halten. Als der Freund sich dann entfernte, sah sie ihm kurz nach, dann konzentrierte sie sich auf die Gratulanten.


    So gut sie konnte, versuchte Valentina ihre Nervosität zu verbergen.
    Ein ihr unbekannter Mann trat heran und begrüßte Serapio mit Kamerad, also war er auch ein Soldat, schlussfolgerte Valentina und freute sich über die offensichtliche Freude des Kameraden.
    Als er dann sie ansprach nickte sie ihm höflich zu. "Vielen Dank für deine Glückwünsche. Und, wenn mir diese Bemerkung erlaubt ist, mir ist es Geschenk genug dich kennen lernen zu dürfen."


    Dann trat Dives auf den Plan und Valentina hielt kurz die Luft an. Ein Blick über dessen Schultern verriet ihr, dass er offensichtlich alleine war. Erleichtert atmete sie aus, blieb dennoch sehr distanziert. Etwas, dass ihr eigentlich nicht gefiel, doch auch sie wusste wann es besser war Abstand zu wahren. Und dieser Mann hatte nicht nur Serapio sehr wehgetan, das letzte Mal als sie sich sahen war er wutentbrannt davon gelaufen.
    Dennoch war sich Valentina ihrer Pflicht bewusst und nickte auch Dives zu.
    "Danke für dein Kommen und die Glückwünsche."
    Sie überging absichtlich die Bemerkung mit der fehlenden Frau. Welch ein Jammer aber auch, doch Valentina schwieg sich darüber aus. Sie erinnerte sich stattdessen an die Worte von Borkan und über römische Frauen die vor Neid erblassten. Sie hatte sehr wohl verstanden, was er damit meinte und das alleine genügte Valentina.
    "Nun dann wollen wir dich sicherlich nicht von deinen wichtigen Reden abhalten. Man muss schließlich Prioritäten setzen." Meinte sie dann mit einem Seitenblick zu Serapio, dem sie bei diesen Worten die Hand auf den Arm legte. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie es in ihm aussehen musste. Sie sah es als große Geste an, dass Serapio ihm ebenfalls eine Einladung zukommen hatte lassen.


    Zum Glück kamen in diesem Moment ihre beiden Nichten und vor Freude strahlend nahm Valentina beide überglücklich in den Arm. "Auch ich freue mich so sehr. Und danke für eure Segenswünsche."
    Sie löste sich von den Beiden und sah sie aufmerksam an.
    "Ihr seht wunderschön aus." Stolz strich sie beiden über die Wange. Nein, lange würde es sicherlich nicht dauern, dann waren ihre Nichten die Nächsten, auf deren Verlobungsfeier sie eingeladen waren.
    "Kommt, suchen wir für euch auch noch einen Kranz."
    Sie ging mit den Beiden ein paar Schritte zur Seite zu der Sklavin mit dem Korb voller Kränze. Sie wusste nicht ob es richtig war, doch vielleicht wollte Serapio noch ein paar Worte mit Dives wechseln, ohne dass sie dabei stand.

    "Nun, du kannst uns vielleicht gleich mal in der Küche etwas zur Hand gehen. Der Marktbesuch hat mich hungrig gemacht. Geh schon mal vor, ich komme dann mit Sila und Pina nach."
    Gab sie ihrem neu erworbenen Diener einen Wink und zupfte noch ein paar welke Blätter von den Rosen ab.

    Überwältigt von der Fülle und der Pracht die sich ihr hier in diesem Haus bot war sie noch ganz sprachlos als sie in den Garten traten. All die kunstvollen Statuen und Gemälde waren so beeindruckend und vor allem das, welches auch ihrem Zukünftigen am besten gefiel, hatte am meisten Eindruck auf sie hinterlassen. Es musste sehr schön dort sein wo er aufgewachsen war und Valentina war jetzt schon ganz verzückt, doch dann traten sie eben in den Garten und sie konnte gar nicht glauben was sie hier alles sah. Alles war wunderbar hergerichtet und die Sklaven eilten umher um noch die letzten Kleinigkeiten zu präparieren.
    Ihr eigener Sklave war mittlerweile hoffentlich bei ihr Zuhause angekommen um ihre Nichten zu holen. Mardonius hatte sie hierher begleitet und vor der Türe gewartet. Nun, als klar war, wie sich der Abend entwickelte, hatte sie ihn auf schnellstem Weg zur Casa Quintilia geschickt um ihre beiden Nichten zu holen. Sie durften an so einem schönen Tag nicht fehlen. Sie hoffte er nahm die Beine in die Hand, sodass sie ihre Liebsten bald um sich hatte.
    Die junge Quintilia war froh eines ihrer besten Gewänder ausgewählt zu haben, sodass sie wenigsten ein klein wenig etwas darstellte zwischen all den schönen Dingen die es hier gab. Und die Rosen, die sie alsbald im Haar trug rundeten ihre Erscheinung farblich passend vollkommen ab. Sie kam sich vor wie in einem Traum. Ein wunderschöner Traum, der hoffentlich nie wieder enden sollte.
    „Danke, die sind wirklich schön und dir steht das auch besonders hervorragend.“
    Meinte sie mit einem Blick auf Borkan.
    „Nun, was könnten wir denn für dich aussuchen?“
    Ging sie spielerisch auf die Neckereien ein, blickte aber hoch als sie feine Musik hörte, die aber gleich wieder abbrach. Es schien als näherten sich schon die ersten Familienmitglieder. Valentinas Nervosität wuchs. Bei den Sklaven und Bediensteten war es nichts besonderes, auch wenn sie ihnen mit dem nötigen Respekt entgegen getreten war. Familie aber war eine ganz andere Schublade. Sie hoffte so sehr, dass sie aufgenommen wurde. War sie doch die Neue und sicherlich war ihr familiärerer Hintergrund bekannt. Nervös strich sie Serapio unbemerkt über die Hand, während ihr Blick zwischen dem Inhalt des Korbes und dem Weg, der zu ihren Klienen führte, hin und her huschte.
    „Nun, ich schwanke zwischen diesem unschuldig weißen Myrtekranz, der sich wunderbar auf deinem dunklen Haar abzeichnen würde oder dieser Kranz aus diesem kräftigen, dunkelrotem Oleander. Der würde farblich zu meinem Ring passen und somit gleich allen symbolisieren, dass ab jetzt zusammen gehören.“
    Fast erschrocken blickte Valentina nach ihrem letzten Satz zu Borkan. So hatte sie das nicht gemeint. Nun ja doch schon gemeint aber nicht um ihn auszuschließen… Ach, das Ganze war wohl doch etwas komplizierter als sie dachte.
    „Was meinst du?“
    Raunte sie dann dem Dritten im Bunde zu, in der Hoffnung noch ein bisschen etwas gutmachen zu können.

    Nachdem die Drei den Markt wieder verlassen hatten, hatten sie zusammen mit ihrem neuen Sklaven den Heimweg angetreten.
    Ihre beiden Nichten hatten sich nach der Ankunft in ihre Zimmer zurück gezogen. Zurück blieb Valentina mit dem Sklaven, mit dem sie nun durch den Garten der Casa flanierte. Ihrem Lieblingsort.
    "Nun Mardonius, wie du mittlerweile sicherlich gesehen hast, bist du unser einziger Sklave. Vor Kurzem bereits hatten wir einen Sklaven erstanden, der für unsere Sicherheit sorgen sollte, leider hat sich dieser entschieden nicht weiter Teil unserer Familie zu sein. Er kam eines Tages nicht mehr von einem Marktbesuch zurück."
    Sie blieb an einem Rosenstrauch stehen und strich vorsichtig über die schönen Blütenblätter, bevor sie fortfuhr.
    "Natürlich gehe ich davon aus, dass du Stillschweigen über die finanziellen Verhältnisse dieser Familie behältst. Dein Kauf war nicht eingeplant und das heißt wir müssen uns in nächster Zeit etwas einschränken. Meine Familie ist das was du bereits gesehen hast. Ich bin das Familienoberhaupt und mein einziger Cousin weilt in Mogontiacum. Der Sklavenhändler hat dich als gute Ware angepriesen, ich hoffe er hat nicht gelogen. Dir soll es hier an nichts fehlen. Du bekommst ein Zimmer und immer ausreichend zu essen. Aber dir werden eine Vielzahl an Aufgaben zufallen. Du bist nicht so kräftig wie unser letzter Sklave und dennoch wird eine deiner Hauptaufgaben die Sicherheit sein. Vor allem die meiner Nichten. Du begleitest sie bei jeden Marktbesuch und lässt sie nicht aus den Augen. Du wirst mich begleiten und du wirst dich ein bisschen um das Haus kümmern. Kleinere Arbeiten wirst du sicherlich erledigen können. Und dann sollst du meine Nichten natürlich auch unterrichten. Sie haben bis vor Kurzem bei meinem Bruder gelebt, bis dieser starb und das heißt, sie sind mit dem römischen Leben nicht vertraut. Das wird dein zweiter wichtiger Aufgabenbereich sein. Sie sollen gebildete Frauen werden, die sich die besten Männer aussuchen können."
    Nach ein paar weiteren Schritten sah Valentina Mardonius an.
    "Hast du alles verstanden? Und gibt es von deiner Seite aus noch Fragen?"

    Das sollte er also nun werden. Ihr zukünftiger Ehemann. Immer noch konnte es Valentina nicht ganz glauben, doch das Gefühl war wunderschön.
    Bei seinem Kompliment nahmen dann ihre Wangen, passend zu ihrem Gewand, eine rötlich Farbe an und sie sah ihn dankbar an.
    Dann löste sich Serapio von Valentina und begrüßte Borkan. Es war ein Moment an den man sich erst gewöhnen musste. Doch die junge Quintilia hatte sich dafür entschieden und nachdem die Beiden sich ausreichend begrüßt hatten, trat auch Valentina vor, sah zuerst Serapio an, dann Borkan. Einen Moment zögerte sie noch, dann nahm sie den Mann ebenfalls in den Arm.
    Als sie sich wieder von ihm löste suchte sie den Blick des orientalisch gewandeten Mannes.
    "Nun lieben wir wohl beide den gleichen Mann. Aber du sollst wissen, dass ich nicht deine Feindin werden möchte. Ich bin nicht diejenige die dir den Mann wegnehmen wird. Ich bin für das Geschenk welches Serapio mir macht äußerst dankbar und das auch vor allem im Namen meiner kleinen Familie. Auch dir bin ich dankbar für dein damals so besonnenes Handeln. Und deswegen biete ich dir hier und jetzt meine Freundschaft an, vielleicht irgendwann die Liebe einer Schwester, die keinen Bruder mehr hat."
    Während sie sprach hatte Valentina Borkans Hand genommen und hielt sie kurz fest.
    "Ich bin es die Serapio heiraten wird, doch er liebt dich."
    Diesen Satz sagt sie so leise, dass Serpaio vielleicht schon Probleme hatte ihn zu verstehen. Er war nur für Borkan bestimmt. Sie lächelte dabei mit einer gewissen Traurigkeit. Wusste Valentina doch, dass es dort draußen jemanden gegeben hatte, der sie so liebte wie Borkan geliebt wurde. Doch das war nun nicht mehr wichtig. Sie war nun hier, zwischen zwei Männern. Welche Frau konnte das offiziell schon von sich behaupten?
    Dann atmete sie tief durch, sah Borkan noch einen Moment an und wandte sich dann wieder an Serapio.
    "Das ist eine ganz hervorragende Idee. Ich würde gerne zuerst ein bisschen das Haus sehen."
    Ein fragender Blick über die Schulter zu Borkan ob dieser ebenfalls damit einverstanden war.