Beiträge von Quintilia Valentina

    Tatsächlich war die Reaktion der beiden Sklaven sehr unerwartet. Aber da sah man mal wieder wie gut sich Leute fühlen konnten, wenn man ihnen das Gefühl gab, dass sie nicht minderwertig waren.
    Die junge Griechin war am Anfang noch ganz erschreckt, der Germane eher abweisend. Beide aber schienen jetzt einen viel gelösteren Eindruck zu machen. Und zu essen hatten sie auch schon was gefunden. Was wollte man mehr? Und auch wenn es Valentia fast einen Ticken zu schnell ging, freute es sie, dass sich da anscheinend zwei gefunden hatten. Und das wärmte der jungen Quintilia das Herz.


    Als Aculeo sie wieder ansprach, drehte sie sich zu ihm herum und stellte fest, wie nahe sie sich tatsächlich standen. Eine Nähe, der Valentina nicht abgeneigt war. Sie lächelte als er den Trubel erwähnte. "Ja, es scheint als hättest du da zwei sehr aufgeweckte Persönlichkeiten gefunden."
    Als er dann aber weiter sprach, sah sie ihn verwundert an. "Unsere eigene Casa." Wiederholte sie leise und nachdenklich. Sie hatte bisher nur immer in der familiären Casa gewohnt oder nun eben bei Aculeo. "Das ist eine großartige Idee. Und mit Irinas Hilfe wird die Hausarbeit auch leichter." Klar, dass die zuküftige Frau des Hauses gleich daran denken musste. Sie fuhr ihrem zukünftigen Mann mit den Fingern über die Wange. "Dann darf ich mein Kleid also wirklich zuende nähen?" Ein klein bisschen Bedenken hatte sie schon. Schließlich hatte sie bis jetzt nie Glück mit ihren Verlobten gehabt.

    Nachdem sie alleine im Raum waren wandte sich Valentina an ihren Zukünftigen. „Du hattest wirklich einen guten Einfall.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln. „Geben wir den Beiden das bestmöglichste Leben.“ Dann ging sie wieder zu ihrem Hocker, auf dem sie das Kleid abgelegt hatte, nahm es auf und verstaute es in einer Truhe neben ihrem Bett. „Und du traust dem Mann? Er sieht wild aus, sein Wille noch ungebrochen.“ Sie drehte sich bei dieser Frage dann wieder zu Aculeo. Es war nicht böse gemeint, es war einfach eine Frage an ihren Zukünftigen.
    Dann kamen die Beiden auch schon wieder zurück, sie schienen schon einen Rundgang mitgemacht zu haben, denn hier konnte man sich wirklich leicht verlaufen.
    Bei der Frage wo die beiden denn unterkommen könnten, kräuselte Valentina ihre Stirn und sah Aculeo fragend an. Es war schließlich seine Casa. „Mein Lager ist zu klein um Irina auch noch unter zu bringen.“ Neckte sie ihn spielerisch.

    Erleichter darüber, dass nun endlich Ruhe zu herrschen schien, lehnte sich Valentina entspannt zurück und genoss die Wärme des Wassers. Nein, solche Besuche wollte sie nicht öfter erleben und mit Ruhe und Entspannung hatte das wahrlich nicht viel zu tun. Da blieb sie ja lieber Zuhause und nähte an ihrem Kleid weiter.
    Doch scheinbar war es den Lästermäulern nun zu langweilig geworden und sie widmeten sich anderen Dingen. Valentina wollte gar nicht wissen was das sein könnte und sie wünschte sich nur, dass ein mögliches Neues Opfer möglichst weit weg zu finden war.
    „Ruhe… Wie angenehm.“ Murmelte Valentina dann, sodass es nur ihre beiden direkten Sitznachbarinnen hören konnten.
    Dann aber hörte sie jemand vertrauten ihren Namen nennen und die junge Quintilia erhob sich ein bisschen aus dem Wasser. „Sehr schön, Irina.“ Mit gedämpfter Stimme winkte sie die junge Frau zu sich. „Nun mach es dir bequem.“ An Flaminina und Lucia gewandt meinte sie. „Darf ich vorstellen, das ist Irina. Sie kommt aus Griechenland und steht seit Kurzem in meinen Diensten.“ Nein, das Wort Sklave würde Valentina niemals über die Lippen kommen. Und auch wenn sie sich immer noch nicht daran gewöhnen konnte, dass sie von einem Sklavenmarkt stammte, von dem ihr zukünftiger Mann sie erstanden hatte, so genoss Valentina nun schon immer mehr die Gesellschaft der jungen Frau.
    „Hidulf wartet draußen, nehme ich an, ja? Später wird er uns beide noch auf den Markt begleiten müssen.“
    Valentina machte es sich wieder bequem und wandte sich an ihre neu gewonnenen Bekanntschaften. „Ich schlendere immer so gerne über den Markt. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken, nicht wahr?“

    Schweigend hatte Valentina ihrem Zukünftigen zugehört. Anfangs noch den Tränen nahe, denn es hätte sie sehr verletzt, wäre Aculeo über ihre Ansichten einfach hinweg getrampelt. Seine Hände auf ihren Schultern schienen aber schon vor seinen Worten eine beruhigende Wirkung auf sie zu haben. Sie wusste sehr wohl, dass es ihr eigentlich nicht zustand eine Entscheidung ihres Verlobten in Frage zu stellen oder gar Kritik daran zu üben. Schließlich würde er ihr zukünftiger Mentor werden. Doch was Aculeo dann zu ihr meinte, lies Valentina den Mann vor ihr in einem ganz anderen Licht erkennen. Sie blickte, während er sprach, ab und zu zu den beiden Betroffenen hinüber und was ihr Zukünftiger da ansprach hätte ihr schon fast wieder die Tränen in die Augen getrieben. Aber dieses Mal wegen den schlimmen Bildern, die sich vor ihrem inneren Auge abzeichneten. Nein, sie wollte sich wirklich nicht vorstellen was hätte passieren können. Und das Argument, dass sie beide sozusagen das Beste war, was den Sklaven hatte passieren können versöhnte die junge Quintilia. Man erkannte den Weitblick ihres zukünftigen Mannes, von dem Valentina noch einiges lernen konnte. Sie nickte auf seine letzte Frage. Ja, es stimmte.
    Valentina drehte sich nun wieder zu Aculeo und nun war sie es, die sich kurz auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen Kuss auf die Wange gab. „Du hast recht. Und ich danke dir.“ Für was nun genau, das konnte sich ihr Anvertrauter selbst aussuchen. Ob nun dafür, dass er sie verstand, dass er ihre Meinung respektierte oder einfach für die beiden Leute, die da drüben standen. Vielleicht war es von allem ein bisschen.


    Dann löste sie sich von Aculeo und kam zu den beiden Neuen hinüber, die etwas verloren im Zimmer standen.
    „Es freut mich wirklich euch kennen zu lernen. Aber bitte, nennt mich nicht Herrin.“ Dabei sah sie vor allem Irina an, die sich gleich unterwürfig zu geben schien. „Ich bin Valentina, wie ich bereits vorgestellt worden bin. Alles was euch bisher angetan worden ist, kann ich nicht gut machen. Und ich kann euch eure Heimat auch nicht mehr zurück geben. Aber wir…“ Und dabei deutete sie auch auf ihren Zukünftigen. „Möchten es euch hier so angenehm wie möglich machen. Wenn du mich zukünftig begleitest, dann fühle ich mich viel sicherer, bei meinen Streifzügen auf den Markt oder wenn es andere Besorgungen einzuholen gilt.“ Dabei wandte sich Valentina an Hildulf. Er sah wirklich kräftig aus. Sehr fremd für die eher zierliche Frau, die eigentlich noch nie einem Germanen näher begegnet war. Sie war sich zwar nicht sicher, ob es ihm gefiel, aber Valentina bot ihm immerhin an, sich nicht schlechter fühlen zu müssen als bis jetzt schon.
    „Und du..“ Ihr Blick lag nun auf Irina. „Du wirst mich auf die Märkte begleiten. Es ist immer schön jemanden dabei zu haben, den man nach der Meinung fragen kann. Bei all der Auswahl die man dort hat.“ Ja, es war lange her, dass Valentina mit ihrer Freundin über den Mark flaniert war. Seit deren Tod hatte Valentina eigentlich nie mehr so richtig Freude an einem Besuch zwischen all den bunten Ständen.


    Sicherlich würde es von keinen von ihnen zu Anfangs leicht werden. Aber die Worte ihres Zukünftigen hatten Valentina gestärkt. Sie würde für die Beiden sorgen. Und ja, vielleicht war das sogar ihre erste richtige Aufgabe, die sie seit langer Zeit wieder hatte. „Seid ihr hungrig?“ Blickte sie die Beiden dann fragend an.

    Die Vorstellungsrunde verlief ja noch ganz angenehm. Irina, das war ein schöner Name. Dann allerdings dämmerte Valentina etwas. An der Art wie Aculeo die Beiden vorstellte stimmte etwas nicht. Das waren keine Bekannten oder Verwandten. Nicht nur, dass man das schon an den Namen erkannte, es war auch sein Tonfall. Und mit den nächsten Worten bestätigte sich der Verdacht der jungen Quintilia. Aculeo hatte ihr zwei Sklaven besorgt? Valentina hielt einige Momente die Luft an. Das war die beste Möglichkeit um nicht gleich die Fassung zu verlieren.
    „Es freut mich euch beide kennen zu lernen.“ War dann die sehr zurückhaltende erste Reaktion der Beschenkten. Dann aber nahm sie ihren Verlobten sanft zur Seite. Der Kuss, den er ihr gegeben hatte war geflissentlich nicht erwidert worden.
    Als sie im hinteren Teil des Zimmers standen sah Valentina Aculeo an und in ihrem Blick spiegelte sich Enttäuschung.
    „Du weißt ich schätze jedes Geschenk, welches ich bekomme. Aber Sklaven? Du weißt, wie meine Einstellung dazu ist. Das Mädchen ist so jung und aus Griechenland sagst du? Und er ein Germane? Beides Gefangene nehme ich an, die hierher gebracht worden waren. Gegen ihren Willen wie die meisten Sklaven. Aculeo, wie konntest du nur?“ Valentina sprach leise, denn ihr war es sehr wohl bewusst ihren Zukünftigen nicht bloß zu stellen. Selbst vor –Sklaven- nicht. Dann sah Valentina zu den Beiden hinüber und fügte ebenfalls leise hinzu. „Sie tun mir so leid.“

    Genießend schloss die junge Quintilia die Augen. Es war sehr lange her, dass jemand solche Worte zu ihr gesagt hatte. Es mochte sicherlich für viele nicht viel bedeuten. Und auch wenn immer noch die Vernunft die Oberhand behielt, so waren diese Worte Balsam für Valentina. Sehnsucht… das war ein bedeutendes Gefühl.
    Natürlich war dann die Neugier der jungen Frau geweckt, als ihr Zukünftiger von einem Geschenk sprach. Ihr Blick verfolgte Acculeo wie er zur Türe ging. Das musste ja ein großes Geschenk sein. Dann allerdings kräuselte sich ihre Stirn etwas. Ihr zwei? Und wieso war er sich nicht sicher, dass es ihr gefallen könnte? Ansprüche hatte Valentina nun wirklich noch keine großen gestellt.
    Die junge Quintilia erhob sich von ihrem Hocker und folgte Acculeo bis sie auf halber Strecke im Raum stehen blieb. Ihre goldenen Haare fielen ihr bis über die Schultern, sie hatte sie heute nicht hochgesteckt. Das beige Gewand, welches den eher zierlichen Körper bedeckte, wurde von einem braunen Band gehalten, welches die Farbe ihrer Augen zu unterstreichen versuchte.
    Eben diese Augen blickten nun fragend von Acculeo hinüber zur Türe, die dieser soeben geöffnet hatte.

    Als es an der Tür klopfte, legte sie das Stickzeug, ihr Gewand, welches sie an der geplanten Hochzeit tragen wollte, beiseite und bat ihren Zukünftigen herin.
    "Danke, ja. Der Markt ist sehr vielfältig. Und es ist immer wieder ein Erlebnis."Sie sah zu ihm auf und erwiederte sein Lächeln.
    "Mit was habe ich es verdient, dass du etwas deiner wenigen Zeit mit mir teilst?"

    Langsam aber sicher bereute Valentina heute in die Therme gekommen zu sein. Sie war niemand, den es nach Neuigkeiten gierte oder die sich am Wohl oder Unwohl anderer Leute ergötzte. Sie hatte einfach ein paar schöne Stunden verbringen wollen. In der Zwischenzeit glaubte sie jemanden gefunden zu haben, mit der es das gemeinsam zu genießen möglich war. Doch leider schien Valentina auch das Pech anzuhaften, als hätte sie sich heute Morgen mit einer klebrigen Substanz bekleckert.
    Die beiden unangenehmen Frauen durchbohrten sie regelrecht mit ihren Blicken und langsam aber sicher wurde es Valentina zu bunt. Sie wollte nichts über Andere wissen und was man über sie erfahren sollte, das war immer noch in ihrer Entscheidung.
    Sie schämte sich nicht diese Art der Ehe einzugehen. Allzu viel Auswahl blieb der Quintilia nicht. Ihr Vermögen war nicht der Rede wert und sie wusste nicht einmal von ihrem eigenen Bruder dessen Verbleib. Ohne Mentor war sie in die Stadt zurück gekehrt, was sprach für sie also gegen die Manusehe? Nein, Valentina hatte keine Probleme damit sich in die Gewalt des Mannes zu stellen, der auch für sie sorgte. Der junge Quintilia war dies nicht fremd. Allerdings war ihr sehr wohl klar wie das auf die beiden Klapperschlangen wirken musste, die hinter ihr Stellung bezogen haben. Denn es war Valentina wahrlich nicht entgangen, dass sie immer noch nicht von ihnen befreit war. Ja, in diesem Moment würde sie sogar lieber über das Thema Sklaven sprechen.
    Sie warf Flaminina und Lucia einen Blick zu, den die Beiden hoffentlich richtig verstanden. Später, wenn sie vielleicht ein bisschen mehr Einsamkeit genießen konnten, dann würde sie gerne weitere Fragen beantworten. Aus irgendeinem Grund glaubte die junge Quintilia nämlich, dass sie sich diesen Beiden besser öffnen konnte als den anderen Anwesenden. Allerdings musste sie jetzt auch irgendwie die Frage beantworten um nicht als unhöflich in der Stellung noch weiter abzusinken.
    „Diese Art der Ehe ist tatsächlich selten geworden, nicht wahr?“ Nun, das war doch nun ziemlich weitläufig beantwortet, oder nicht? Zumindest hoffte die junge Quintilia das. Sie fühlte sich immer unwohler. Und damit sie nicht neuen Nährboden für weitere Arten des verbalen Schlagabtausches liefern konnte schwieg sie und lehnte sich stattdessen im wärmenden Nass zurück. „Mit dem Bau dieses Gebäudes hat man uns wahrlich eine Wohltat geschenkt.“ War ein weiterer Versuch endlich von ihr abzulenken. Seit wann war jemand so unwichtiges wie sie so in den Fokus gerückt?

    Valentina nippte von ihrem Becher mit dem verdünnten Wein. So verhandelten Männer also. Sie war noch nicht allzu oft bei solch einer Gelegenheit dabei gewesen. Deswegen war es wichtig, dass sie aufpasste und sich einprägte wie die Vorgehensweise ihres Zukünftigen war. Viele Jahrhunderte später hätte er diese Spende von der Steuer absetzen können. Jetzt aber überwog bei der jungen Quintilia einfach die Freude darüber, dass etwas Gutes getan worden war. Auch wenn es in diesem Fall nur auf das Geld bezogen war, dass den Besitzer wechselte und dort hoffentlich weiterhin Gutes mit sich brachte.
    „Ich gratuliere.“ Lies sie dann verlauten und sah den hoffentlich, glücklichen neuen Eigentümer des Geldes an. Und ja sie freute sich schon darauf, wenn sie wirklich mal wieder bei einem Rennen zugegen sein konnte. Ein derartiges Ereignis war immer aufregend.
    Etwas nachdenklich betrachtete Valentina dann den Sklaven, der hereintrat. Das war ein Thema für nach der Hochzeit. Jetzt konnte sie noch nicht ihren Unmut kund tun darüber wie unwürdig sie das Sklavendasein hielt.
    Deswegen lenkte sich die junge Verlobte damit ab, indem sein noch ein bisschen von dem Hühnchen nahm.

    Als Flaminina bestätigte, dass die Anlage hier wirklich überwältigend war, nickte Valentina und konnte dem gedanklich nur zustimmen. Sie war auch überwältigt gewesen, als sie das erste Mal hier war und so konnte sie das gut nachvollziehen.
    Leider war es ihr aber immer noch nicht vergönnt sich mit den freundlicheren Dingen des Lebens zu beschäftigen, die in diesem Fall Flaminina und ihre Begleitung darstellten. Sie wurde schon wieder von den Lästerschwestern angegriffen. Kurz huschte ein Hauch von Zorn über das eigentlich hübsche Gesicht. „Jetzt reichts.“ Murmelte Valentina leise, sah Flaminina vielsagend an und wandte sich dann zum hoffentlich letzten Mal zu Paula und Tusca um.
    „Meine Lieben, ich finde es ganz herzerweichend von euch, dass ihr mir die Wahl lasst. Es ist mir weder peinlich noch ist es mir unangenehm. Mein Zukünftiger ist ein angesehener Bürger dieser Stadt, falls ihr diesbezüglich irgendwelche Zweifel hegt. Auch erfreut er sich bester Gesundheit. Aber ich möchte euch beide nicht dadurch kränken, dass ich euch den Namen einfach so sage. Solch gebildeten Frauen wie ihr zwei es seit, die so einen Spürsinn für Männer haben und sich daran laben können Neuigkeiten so laut wie möglich herum zu tratschen wäre es doch einem Schlag ins Gesicht gleich, wenn ihr nicht selbst heraus finden könnt, wessen Namen ich in Zukunft tragen werde, nicht wahr?“ Wieder war da dieses Lächeln, dass einem Puppengesicht Konkurrenz machen könnte. „Ich bin mir sicher, ihr beide werdet es noch früh genug heraus finden.“


    Ob die zwei Frauen wirklich so viel Zeit damit vergeuden würden einer einfachen Person, wie sie es offensichtlich in deren Augen war, hinterher zu spionieren oder gar Erkundigungen über sie einzuholen, das war Valentina gleichgültig. Sie wollte nur nicht weiter Zielscheibe sein und hatte den beiden Lästermäulern jetzt mal einen Warnschuss vor den Bug geknallt. „Und wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigt, ich möchte mich gerne mit den Beiden unterhalten.“ In einer leichten Geste deutete Valentina hinter sich und somit auf Lucia und Flaminina und wandte sich dann schließlich wieder gänzlich den Beiden zu. Tief durchatmend versuchte die junge Quintilia ihren Ärger verschwinden zu lassen. Es ging niemanden irgendetwas an mit wem sie verlobt war und schon gar nicht wenn man sie auf so subtile Art danach fragte. Sie gab gerne Auskunft darüber, schließlich war sie auch eine Frau, deren Hochzeit nicht mehr allzu lange bevor stehen würde.
    „Normalerweise ist es hier nicht so anstrengend.“ Seufzte Valentina dann zu Flaminina und schüttelte dazu leicht den Kopf.

    Diese Begegnung war viel angenehmer als die der vermutlich bald sterbenden Schnattergänse. Auch wollte Valentina vergessen was sie gerade erleben musste und sich viel lieber auf Flaminina und ihre durchaus nette Begleiterin konzentrieren. Die Aussichten nun endlich ins Wasser gehen zu können komplettierten das perfekte Bild noch und was konnte sie da anderes tun als sich bei Flaminina unter zu haken und endlich die Ruhe genießen, weswegen sie hergekommen war.
    Die Wärme des Wassers war eine Wohltat und in so netter Gesellschaft gleich noch viel angenehmer. Valentina schloss nur kurz die Augen um den Moment zu genießen, dann wandte sie sich wieder an Flaminina. „Sag, gefällt dir was du bis jetzt siehst? Ich muss gestehen, dass ich auch jedes Mal beeindruckt bin, wenn ich hier eine Weile verweilen kann. Und zum Glück hast du ja nun auch eine weitere, freundlich gestimmte Person an deiner Seite, die dir sicherlich noch mehr hierrüber erzählen kann als ich es vermag.“ Letzteres meinte sie in Richtung Lucia gewandt und fügte erklärend hinzu. „Ich habe mich vorhin angeboten Flamininia die Therme zu zeigen. Da ich aber selber nicht allzu oft hier verweile, ist es sicherlich von Vorteil, wenn noch jemand begleitend zur Seite steht.“ Es war ein angenehmer Plauderton, den Valentina anschlug. Froh darum, den Aufenthalt nicht alleine verbringen zu müssen und noch angenehmer, dass sie neben den Lästerschwestern auch vernünftige Leute hier getroffen hatte.


    Leider waren sie nicht alleine hier und mal von all den anderen anwesenden Personen abgesehen, folgten Ihnen auch die Flavia, sowie das Trio auf das Valentina gerne hätte verzichten können. Gut, die Schönste der dreien schien noch ganz in Ordnung zu sein, zumindest hatte diese ihre Abneigung noch nicht so offen zur Schau gestellt, aber ihre beiden Begleiterinnen hätten gerne draußen auf der Straße warten können. Leider waren der jungen Quintilia aber ein paar ruhige Minuten nicht vergönnt, denn kaum hatte sie sich auf Flaminina und deren Begleiterin eingelassen, wurde sie schon wieder angesprochen. Schade, Valentina hatte gehofft, dass der Tod, der von ihr Angefassten, schneller eintreten würde. Das waren keine schönen Wünsche, aber Valentina sah sich durchaus berechtig so zu denken. Mit dem Rücken zu dem Lästerduo, verdrehte Valentina genervt die Augen, sodass es nur Flaminina und Lucia sehen konnte. Dann aber setzte sie wieder das schon fast theaterhaft einstudierte Lächeln auf und wandte sich langsam um. Das Wasser bewegte sich leicht um sie herum und es plätscherte leise, als sie die Hand etwas anhob um ihre Worte wohl auch noch mit Gesten zu unterstreichen.
    „Sicherlich missfalle ich den werten Damen nun schon wieder und ihr zwei habt eine vollkommen andere Erwartung von mir. Aber ja, auch ich werde bald eine verheiratete Frau sein.“ Ihr Lächeln war so zuckersüß, dass man Gefahr lief davon Karies zu bekommen. Absichtlich hatte die junge Quintilia nicht den Namen ihres Zukünftigen genannt. Danach wurde sie ja auch nicht gefragt. Wenn die beiden Lästerschwestern also mehr wissen wollten, dann mussten sie wohl erneut eine Frage an sie richten. Aber diesen Gefallen tat Valentina ihnen nicht und drehte sich statt dessen wieder den angenehmen Dingen des Lebens zu. Flaminina und Lucia. „Wo waren wir stehen geblieben?“

    Natürlich wurde ihr Handeln von ihrem auserwählten Opfer nicht gut geheißen. Dennoch war Valentina selbst ein bisschen erschrocken darüber welche Grobheit die Frau ihr gegenüber anwandte. Als wäre sie ein Käfer, den es zu zertreten galt, war nun der Blick, mit dem sie bedacht wurde. Dennoch entging auch Valentina nicht, dass die Frau nun gebrandmarkt war und sogar von ihrer Begleiterin gemieden wurde. Tja, stille Wasser waren bekanntlich tief und nur weil sich Valentina selten offen einmischte, so hatte sie durchaus auch ihre Möglichkeiten zu zeigen, dass sie nicht Niemand war und schon gar kein einfacher Bürger. Selbst wenn alle Beweise dagegen sprachen, so war man immer so stolz wie man es im Herzen trug. „Nun, da kann ich dir natürlich nur dazu gratulieren.“ Meinte Valentina dann zuckersüß zur Behauptung der glücklichen Ehe und senkte ihre Hand langsam wieder. Schließlich war sie hier nicht der getretene Hund, der sich schnell hinter das nächste Wagenrad zurück zog. Die Tatsache, dass sich ihre Gegenüber offensichtlich vor ihr ekelte, versuchte die junge Quintilia so gut es ging zu ignorieren. Nein, das waren Dinge, die hatte sie in Ägypten nicht vermisst. Ganz und gar nicht. Rom war eine schöne Stadt. Wenn sie nur mehr freundlichere Leute beherbergen würde.


    Angesichts ihres Sieges, drehte Valentina nun der zum Tode verurteilten Paula die kalte Schulter zu und wandte sich stattdessen dem dunkelhaarigen Neuankömmling zu. Diese schien kein Problem damit zu haben, einfache Leute in ihrer Nähe zu wissen und stellte sich sogleich vor. Anschließend glitt sie ins warme Wasser und auch Valentina bekam das Bedürfnis diesem Beispiel zu folgen. Schließlich musste sie sich ja all ihre ansteckenden Krankheiten und ihre Einfachheit abwaschen.
    Die junge Quintilia betrachtete kurz die Domina der Sklavin, die ihr eben noch die Schultern massiert hatte. Sie war wirklich eine beeindruckende Erscheinung. Man konnte ihr das Geld und die Macht, die sie umgab regelrecht ansehen. Und auch, wenn Valentina immer noch nicht wusste, warum ihr dieses Geschenk gemacht wurde, so wollte sie dennoch glauben, dass es keinen bösen Hintergedanken hatte. Auch wenn sie sicherlich ebenfalls nur das einfache Mädchen in ihr sehen wollte, war ihr Verhalten anders als das der nun bald sterbenden Paula.


    Dann schließlich begegnete ihr der Blick von Flaminina und Valentina verstand sofort. Offensichtlich hatte sie tatsächlich in kürzester Zeit eine Verbündete gefunden. Sie tat die wenigen Schritte, die von Nöten waren um näher zu ihr zu kommen und wandte sich dann aber erst an ihre Begleitung. „Es freut mich eine Bekanntschaft von Decima kennen zu lernen. Wir zwei hatten eben gerade das Vergnügen uns ein bisschen zu unterhalten.“ Offensichtlich war Valentina sehr wohl gewillt, den kleinen Zwischenfall mit der Sklavin vorerst zu übergehen. Missgunst und böse Worte waren für ihren Geschmack nun schon zu viele gefallen.

    Ob es den hohen Damen nun passte oder nicht, aber Valentina war nun anwesend und so schnell würde sie sicherlich nicht mehr gehen. Es störte sie sehr, dass man so abfällig über sie und wohl auch Flaminina gesprochen hatte und es auch immer noch tat. Die junge Quintilia mochte vielleicht etwas weltfremd sein und sich auch sehr lange nicht in der Stadt aufgehalten haben, aber sie erkannte sehr wohl, wenn es jemand nicht gut mit ihr meinte und diese beiden eingebildeten Frauen vor ihr gehörten eindeutig dazu. In Momenten wie diesen vermisste sie ihren Bruder sehr. Auch wenn er jetzt und in diesem Moment nicht bei ihr sein konnte. Aber der schützende Einfluss wäre dennoch ganz anders gewesen, wäre sie nicht so gut wie auf sich alleine gestellt. Dennoch war sie eine starke Frau und ähnlich wie Flaminina erreichte auch Valentina die Grenzen dessen was sie sich bieten lassen wollte. Obwohl sie die neu gewonnene Verbündete noch nicht lange kannte, bemerkte man doch sehr schnell, dass sie nur mit Hilfe der offensichtlich befreundeten Frau beruhigen lassen konnte. Valentina hatte niemanden an ihrer Seite und leider auch kein so ausgeprägtes Temperament. Aber hilflos war sie deswegen nicht. Sie setzte ein falsches wie übertrieben freundliches Lächeln auf und fiel in das Gekicher mit ein, welches die beiden Frauen, namentlich Tusca und Paula, anstimmten.
    „Du kannst dir gar nicht vorstellen was das für eine Ehre für mich ist, solch Frauen gegenüber zu stehen, die aus reinstem Carrara Marmor geformt sein könnten. Alleine, wenn ich mir diese Haut ansehe.“Und mit diesen Worten hob Valentina ihre zarte Hand und die feingliedrigen Finger strichen in einer scheinbar bewundernden Geste einer der beiden Frauen über den Oberarm. Die Berührung so zart wie die Schwingen eines Schmetterlings und doch mit einer eindeutigen Botschaft. Der Augenaufschlag glich dem eines Engels und das Lächeln verriet immer noch nicht, wie schwer es Valentina fiel der eigenbildeten Frau vor sich, nicht deutlich ihre Meinung zu sagen. Aber wie hieß es so schön? Lächeln ist die schönste Art deinem Gegner die Zähne zu zeigen. Und vielleicht hatte sie ja Glück und die Frau vor ihr fiel tot um, wegen der Berührung einer so einfachen Frau wie sie es war.

    Es war nur der jahrelang, anerzogenen Zurückhaltung der jungen Quintilia zu verdanken, dass sie nicht aufstand und den Damen dort drüben die Meinung sagte. Denn sie war sich mittlerweile sehr sicher, dass die dort drüben unter anderem über sie redeten. „Ja, das meine ich sehr wohl.“ Wiederholte Valentina ihre Worte und klang dabei nicht mehr ganz so unbeschwert. Wobei sich ihr Groll nicht gegen Flaminina richtete. Es war einfach nicht angenehm zu glauben es wurde schlecht über jemanden gesprochen. Als sie dann schlussendlich doch entschied aufzustehen und die Sache zu klären, kam plötzlich eine weitere Sklavin auf die Beiden zu. Valentina wusste nicht, was sie mehr ärgerte, dass ihre Nachbarin mit einer scheinbar nicht zufrieden war, oder das sie immer noch nicht wusste wieso die Damenschar über sie redete. Allerdings staunte die junge Frau nicht schlecht, als die Sklavin vor ihr stehen blieb und ihr eröffnete, dass sie sozusagen ein Geschenk ihrer Domina war und sie nun massieren sollte. Valentinas Gesicht glich dem einer gemeißelten Marmorfigur, als sie das hörte. Nicht nur, dass dies vollkommen gegen ihre Denkweise sprach, (sie mochte sicherlich als einseitig angesehen werden, denn die junge Quintilia achtete nicht darauf ob man einen Sklaven schlecht behandelte oder nicht, denn für sie wurden alle Sklaven schlecht behandelt. Ein Sklave zu sein war schon schlechte Behandlung genug. Sie mied auch die Sklavenmärkte wo sie nur konnte.) nein, sie konnte das arme Ding nicht einmal zurück weisen, denn sie wusste sehr wohl was dann passierte. Ihre Domina würde sie dafür bestrafen, denn es wäre dann ihre Schuld. Oft genug hatte Valentina das schon gesehen. Deswegen setzte sie ein freundliches Lächeln auf und nickte deutlich sichtbar auch über weitere Entfernung. „Hab Dank.“ Und lehnte sich zurück, damit die Sklavin ihren aufgezwungenen Dienst tun konnte.


    Leider würde sich die Sklavin umsonst mühen, denn Valentina war mehr als verspannt. Doch das war nicht die Schuld des armen Dings hinter ihr. Diese mühte sich redlich um ihre Arbeit zu erledigen. Es wäre sicherlich angenehm gewesen, könnte sich die junge Quintilia darauf einlassen. Nach nicht allzu langer Zeit aber richtete sie sich wieder auf und drehte sich zu der Sklavin um. „Hab Dank, ich werde deiner Domina nun meinen Dank und mein Lob über dich aussprechen.“ Und gerade als sie dies sagte und sich umdrehte konnte sie erkennen, wie zwei der Frauen zu ihnen hinübersahen und die eine eindeutig pikiert die Hand vor den Mund nahm. Jetzt war es vorbei mit der Zurückhaltung. „Was genug ist, ist genug.“ Fauchte Valentina nun fast. „Entschuldige mich bitte kurz Flaminina, ich muss tun, was ein Mitglied einer alten, römischen Familie tun muss.“ Letzteres sprach sie zu ihrer bisherigen Gesprächspartnerin, aber teilweise wohl auch als Aufforderung an sich selbst. Gesagt getan, stand Valentina auf. Langsam und geschmeidig, nichts sollte ihren Groll verraten. Sie kam erhobenen Hauptes zu der schnattrigen Frauenrunde. „Flavia Domitilla?“ Sah sie dann fragend in die Runde und als die Angesprochene eine Regung zeigte, widmete sich Valentina vorerst nur ihr. „Hab vielen Dank, für deine Freundlichkeit. Ich kann über deine Sklavin nur Gutes berichten. Und da ich nun schon weiß wer du bist, gestatte mir, mich ebenfalls vorzustellen. Mein Name ist Quintilia Valentina.“ War das ein klein bisschen Lauter als nötig, sodass auch die Schnattergänse mitbekamen zu welcher kaisertreuen Familie sie gehörte?


    Sim-Off:

    (Habe meine Anrede aufgrund des Hinweises geändert.)

    Eigentlich hatte Valentina nicht vor sich als Thermenführerin einen Namen zu machen. Aber sie konnte noch nie gut nein sagen und deswegen folgte auf die Frage ein freundliches Nicken.
    „Wie gesagt, ich war auch schon lange nicht mehr hier, aber an den Örtlichkeiten kann sich ja nicht viel verändert haben.“ Meinte die junge Quintilia dann mit einem freundlichen Lächeln. Es war ein schönes Gefühl sich mal wieder ungezwungen unterhalten zu können. Vielleicht gerade aus dem Grund, weil sie mit der Dunkelhaarigen neben sich nichts verband. Sie hatten keine gemeinsame Vergangenheit oder waren gar verlobt, sodass Valentina stets auf ihre Worte achten musste um ihren Zukünftigen nicht zu brüskieren. Bis vor wenigen Momenten wusste sie ja nicht einmal den Namen des Mädchens. Ja, deswegen würde sie gerne noch etwas Zeit mit ihr verbringen und ihr die Therme zeigen so gut sie konnte. Für jemanden der das erste Mal hier war, wusste Valentina sicherlich genügend.

    Dann aber nahte die Sklavin einer der beiden Frauen von eben. Valentina musste gestehen, sie hatte nicht aufgepasst, wem das arme Ding gehörte. Schließlich veranstalteten die Frauen das lustige Hütchenspiel nur, dass es in diesem Fall die Sklavin war, die nach Lust und Laune ihrer Herrinnen herum geschoben wurde. Mit den Augen verfolgte die junge Quintilia wie sie sich zu ihrer Gesprächspartnerin begab. Der Blick Valentinas bekam einen dunklen Schatten und ihr lag eine beißende Bemerkung auf der Zunge. Fast hätte sie gesagt, dass Flaminia nun wohl keine Zeit mehr hatte sich weiter umzusehen. Doch die junge Frau war es schon lange gewöhnt vieles für sich zu behalten, was besser nicht für andere Ohren gedacht war. Ihre Erziehung und leider auch ihr momentaner Stand ließen das nicht zu.
    Allerdings konnte Valentina nicht so ohne weiteres darüber hinwegsehen und drehte sich ein klein wenig von Flaminia weg. Nicht direkt die kalte Schulter zeigend, eher nur eine kleine Drehung des Oberkörpers, doch diese Geste sollte deutlich machen, dass sie sicherlich nicht zusehen würde, wie das arme Ding ihren Dienst verrichten musste.


    Allerdings hatte sie damit direkten Sichtkontakt zu der illusteren Runde, die sich um zwei Frauen erweitert hatte. Zuerst wollte Valentina nichts weiter darauf geben, doch dann zögerte sie kurz. Bildete sie sich das nur ein? Aber die vorgehaltene Hand und der Blick, der direkt in ihre Richtung ging, war deutlich. Deswegen beschloss Valentina über die Tatsache hinweg zu sehen, dass ihre eigentlich nette Gesprächspartnerin die Dienste einer Sklavin in Anspruch nahm und kam ihr wieder näher. „Spielen mir meine Sinne einen Streich oder sehen die Frauen dort drüben direkt zu uns herüber? Kann es sein, dass sie über uns reden? Nichts Gutes wie man annehmen kann.“ Senkte nun Valentina noch ein bisschen mehr ihre Stimme, sodass es sogar zweifelhaft war, ob die Sklavin die direkt hinter Flaminia stand, noch ein Wort verstehen konnte.
    Valentina war niemand, der groß reden von ihrer Figur machen wollte oder das je tat. Aber dieses Getuschel stieß ihr dann doch unschön auf. Ob sie aufstehen und ihrem Namen eine Ehre machen sollte? Sie mochten arm sein, doch sie waren eine alte Familie Roms.

    Ohne es zu wollen, aber auch ohne eine Möglichkeit weghören zu können, bekam auch Valentina den Großteil der Unterhaltung mit. Die Namen kamen ihr nicht bekannt vor. War sie aber auch eine lange Zeit nicht in der Stadt gewesen und hatte sich noch nie groß für die Politik interessiert. Es versetzte ihr allerdings einen kleinen Stich, als sie hörte wie die Damen dort über die Männer redeten. Als wäre die Liebe ein Spiel und die Drei dort drüben wussten genau wie man es spielte. Ob nun mit fairen Regeln oder nicht. Neid kam bei ihr nicht auf, denn sie war mittlerweile auch verlobt und auch wenn das keine Verbindung aus Liebe war, so war es nur recht und vernünftig.


    Unterbrochen wurden ihre Gedanken von der freundlichen Stimme ihrer Banknachbarin wandte Valentina wieder ihren Blick dort hin. „Valentina ist mein Name, stellte sie sich nun auch vor. Das erste Mal ist es nicht, es ist leider nur schon viel zu lange her, dass ich die Vorzüge dieser Therme genießen konnte. Aber ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich das erste Mal hier war. Es ist wirklich überwältigend. Und dabei ist das hier ja nur ein Bereich. Es gibt noch so viel mehr.“ Meinte Valentina und machte eine ausladende Bewegung mit der Hand, die aber kaum weiter auffiel. Auch ohne Massage tat die Wärme hier drinnen mehr als gut und die junge Quintilia nahm sich vor, in Zukunft wieder öfter hierher zu kommen. Denn auch ohne Sklave konnte man es hier sehr gut aushalten.
    „Hast du vor dir auch noch die anderen Bereiche anzusehen?“ Versuchte Valentina dann das Gespräch aufrecht zu erhalten, so gut das bei dem Geschnatter nebenher ging.

    Nun wurden die Sklaven auch noch lustig hin und her getauscht. Valentina wollte ja nicht lauschen, doch sie saß nahe genug um alles mit an zu hören. Allerdings war sie bereits geneigt aufzustehen und sich eine andere Sitzgelegenheit zu suchen. Sie erspähte auch schon eine Möglichkeit sich wenigstens ein Stück weiter weg zu setzen, denn so einfach war das in dem gut besuchten Bereich nun auch nicht. Doch da traten plötzlich drei laut plappernde Frauen herein, die Valentina dann doch verwundert aufblicken ließen. Sie verstand natürlich nicht gleich um was es ging, hatte man den Anfang des Gespräches nicht mitbekommen, doch sehr schnell wurde der Inhalt deutlich. Und leider war es auch hier so gut wie unmöglich wegzuhören. Hier hätte es nicht einmal etwas genutzt eine andere Bank zu suchen, man hätte den Bereich gänzlich verlassen müssen. Und dazu war Valentina dann auch nicht bereit. Sie wusste ja noch von früher, dass man hier allerlei Tratsch und Klatsch zu hören bekam. Aber musste das so laut sein? Sie war ja auch nicht gänzlich abgeneigt sich mit Informationen zu beschäftigen. Schließlich lebte sie nun wieder in der römischen Hauptstadt und nicht mehr abseits gelegen in der ägyptischen Provinz, in der sie Ruhe und Abgeschiedenheit suchte. Sie musste anfangen sich wieder mit dem alltäglichen Geschehen auseinander zu setzen. Aber das hätte sie gerne im Kleinen und vor allem ruhiger getan.


    Die freundliche Stimme, die sie plötzlich ansprach, lenkte Valentina zum Glück ab. Sie hatte zu ihrer Schande gar nicht mitbekommen, wie sich jemand auf die Bank gleich neben sie gesetzt hatte. So sehr war sie vom dem lautstarken Gespräch der drei Damen abgelenkt gewesen. Teilweise hatte sie auch mitgehört, das musste Valentina gestehen. „Hallo.“ Schenkte sie Decima Flaminina ein freundliches Lächeln und der leicht traurige Ausdruck in ihrem Blick verschwand, um den braunen Seelenspiegeln wieder ihren Glanz zurück zu geben. „Und ja, ich bin ohne Begleitung hier.“ Umschiffte sie das Thema Sklaverei dann hoffentlich ganz gut. Sie war nicht hier um Streit oder Ärger zu suchen. Aber ihre Meinung blieb unumstößlich. Denn im Gegensatz zu ihrer Gesprächspartnerin fand Valentina das Ausleihen der Sklaven alles andere als nett. Zum Glück hatten sie aber eine Gemeinsamkeit und das war die Schnatterhaftigkeit des lauten Trios. „Da hast du recht. Eigentlich bin ich hierhergekommen um ein bisschen Ruhe und Entspannung zu finden. Aber ich fürchte so schnell werden wir die hier nicht bekommen.“ Mit einem Blick, der mehr sagte als Worte sah Valentina zu den Ruhestörern hinüber. Nein, die sahen nicht aus als würden sie sich nur mit einem Thema begnügen.

    Sie wusste schon, warum sie so selten in die Öffentlichkeit ging. Nicht nur, weil Valentina nicht unbedingt die geselligste Person war. Sie wurde auch immer und überall mit dem Thema der Sklaverei konfrontiert. Selbst hier war es so. Natürlich würde auch Valentina so ein Dienst gefallen, doch jemand anderes dafür versklaven verstand sich nicht mit ihrem Gewissen. Als dann eine weiter Frau hinzu kam, die ebenfalls eine Sklavin im Schlepptau hatte und diese dann auch noch schlecht machte, wandte Valentina ihren Blick gänzlich ab und betrachtete statt dessen lieber die Wasseroberfläche und genoss die Wärme und die Ruhe, die nun wieder herrschte seit die Mutter mit ihren Kindern den Bereich verlassen hatte.
    Bald würde sie verheiratet sein, dieser Gedanke, lies sie nicht los. Es gab noch kein genaues Datum, man wollte noch abwarten. Und dennoch gehörte sie wieder an die Seite eines Mannes. Es war gut und es war vernünftig, ihre eigene Familie war so weit verstreut, dass niemand mehr da war, der für sie Patron sein konnte oder bei dem sie unterkommen könnte. Momentan bewohnte sie die Casa so gut wie alleine. Einige Angestellten, denen Valentina zwar nicht viel zahlen konnte, aber immerhin mehr als nichts, kümmerten sich um den Garten und den Haushalt. Da war es nur gut, wenn sie sich für diesen Weg entschied. Aber war das auch der Richtige? Würde sie ihren Zukünftigen bald mehr als nur Respekt und Dankbarkeit entgegen bringen können? Ein Seufzer entglitt Valentina fast unbemerkt.

    Lange, lange war es her, seit Valentina sich der Entspannung in einer Therme gegönnt hatte. Vieles war in der vergangenen Zeit geschehen. Jetzt aber änderte sich wieder etwas in ihrem Leben. Sie war verlobt und würde bald einen angesehenen Mann heiraten. Sicherlich war dieser nicht abgeneigt, wenn seine Zukünftige etwas für ihr Äußeres tat und sich dementsprechend verwöhnte. Ein ganz klein bisschen war auch Eigennutz vorhanden, denn wer genoss den Besuch in einer Therme nicht?


    So also hatte sich Valentina heute auf den Weg gemacht den Vormittag genau mit dieser Art der Entspannung zu verbringen. Sie kam alleine, denn einen Sklaven besaß sie nicht. Deswegen gab es auch niemanden, der ihr beim Entkleiden half und sie wusch sich selbst. Anschließend überlegte die junge Quintilia in welchen Bereich sie als erstes gehen sollte, entschied sich aber dann für das Tepidarium. Dort waren schon ein paar wenige Frauen und Valentina lies sich in der Nähe einer Rothaarigen auf einer der Bänke nieder, die gerade von ihrer Sklavin massiert wurde. Schön wäre das jetzt schon auch. Doch Valentina hielt nichts von der Sklaverei. Also musste sie auch auf diesen kleinen Luxus verzichten.

    Wie lange war es her, dass sie das letzte Mal im Circus gewesen ist? Viel zu lange. Valentina nahm einen Schluck aus dem Becher mit dem verdünnten Wein und hing ihren Gedanken nach. Damals war ihre Welt noch in Ordnung. Da war ihr älterer Bruder ihr Vormund und sie dachte nichts und niemand könnte diese Glück zwischen den Geschwistern zerstören. Doch die Schicksalsgöttin hatte es anders geplant gehabt und Valentina seither viele Steine in den Weg gelegt.
    Sie blickte zu ihrem Verlobten, der sich mit dem Gast unterhielt. Sie würde ihn heiraten. Vielleicht... Nicht, weil sie nicht wollte. Es war eine Vernunftheirat. Doch Valentina war schon einmal verlobt gewesen. Und dieser Mann war nicht für sie bestimmt. Auch Aculeo war schon in Gefahr gewesen, seit sie ihn kennen gelernt hatte. Man hatte ihn eingesperrt. Nun sie musste abwarten, was die Göttin für sie nieder geschrieben hatte. Sollte diese Vernunftehe mit einem Mann, den sie zwar achtete, aber nicht so liebte wie ihren ersten Verlobten, für sie gedacht sein? Die junge Quintilia würde es herausfinden.
    In dem Moment wurde sie auch von Aculeo angesprochen. Und jetzt zeigte sich die Gabe der Frau, mehrere Dinge gleichzeitig machen zu können, als äußerst vorteilhaft.
    "Nun..." Begann Valentina langsam, sich die richtigen Worte zurecht legend. "Gutes zu tun ist nie falsch. Und jemanden zu unterstützen, der darum bittet ist meiner Meinung nach fast so etwas wie die Pflicht eines guten Menschen."