Beiträge von Quintilia Valentina

    Schon seit einer Weile wandelte Valentina im Hortus und konnte gar nicht genug bekommen von all den Blumen die hier blühten. Obwohl sie ihren Garten hingebungsvoll pflegte, entdeckte sie in diesem Garten immer wieder neue Blüten. Es waren schon ein paar Tage vergangen seit sie zusammen mit Casca beschlossen hatte, zu ihrer Verlobungsfeier aufbrechen würde. Es war schon vieles organsiert worden, doch es würde sicherlich noch einige Zeit ins Land ziehen, bis sie endlich aufbrechen konnten. Casca war noch im Tempel und später würden sie zusammen zu Abend essen.
    Gerade betrachtete Valentina eine besonders schöne Blüte als sich ein gewisser Tumult in der Casa entwickelte. Valentinas erster Gedanke war, ob wohl wieder eine der Ziegen ausgebrochen war und machte sich bereit die schönen Pflanzen vor einem gefräßigen Tiermaul zu schützen. Doch dieses Mal kam keine Meute in den Garten gerannt
    Nun doch neugierig geworden, ging Valentina den Stimmen nach, bis sie schließlich im Atrium ankam. Dem Stimmengewirr der Sklaven zufolge war jemand angekommen. Langsam kam Valentina näher um den Besucher in Augenschein zu nehmen. Sie sah wie ein langhaariger Mann sich den Nacken kühlte. Ihr Blick fiel auf das exotische Tier, das gerade aus einem Käfig gelassen wurde. Noch nie hatte sie so etwas gesehen und sicherlich hätte sie sich noch länger damit beschäftigt, wenn der langhaarige Mann sich in diesem Moment nicht umgedreht hätte. Valentina hielt erschrocken den Atem an. Konnte das wirklich sein? "Serapio?!" Flüsterte sie fassungslos.

    Obwohl Valentina den Moment voll und ganz genoss, konnte sie es nicht unterdrück zu schaudern als Casca die Wegelagerer erwähnte. In all ihren Träumen hatte sie an derlei Gefahren nicht gedacht. Und jetzt sah sie sich mit der Wirklichkeit konfrontiert. Einen Moment hielt sie Cascas Hand fester. {u"Daran habe ich noch gar nicht gedacht." Sie blieb ganz nahe bei ihm. Seit sie vor so vielen Jahren Hals über Kopf auf ein Schiff gestiegen war und so weit weggesegelt war wie nur möglich, hatte sie Rom nicht mehr verlassen. Und damals war sie viel zu leichtsinnig gewesen als sich über die Gefahren ihrer Reise auch nur einen Gedanken zu machen. Die Götter waren wohl auf ihrer Seite und ihr war nichts passiert.
    Nun auch nachdenklich geworden, strich sie Casca mit der Hand über den Arm. "Du hast Recht an unserer Sicherheit dürfen wir nicht sparen. Ich werde auch meinen hünenhaften Sklaven mitnehmen, du hast ihn schon gesehen. Er räumt für gewöhnlich die Straßen frei, damit ich bequem hinter ihm herlaufen kann. Zusammen können sie dann für unsere Sicherheit sorgen." Zwei Sklaven waren besser als einer.


    Wen sollte sie noch mitnehmen? Der Greis, der schon zum Inventar ihre Casa gehörte ganz sicherlich nicht. Nicht, weil Valentina nicht wollte, doch er würde diese Reise sicherlich nicht unbeschadet überstehen. "Nimmst du Muggel auch mit?" Sie lächelte bei dem Gedanken an den Sklaven. War er doch bei ihrem ersten, gemeinsamen Ausflug dabei. Sie konnte sich noch an die Blicke erinnern und musste wieder lächeln. Denn auch wenn es ein sehr geruchintensiver Ausflug war, so war er ein wunderschöner Tag. Und seit diesem Tag mochte sie den Sklaven gerne, der oft an Cascas Seite war.
    Bei der Erwähnung des Opfers nickte Valentina dann zustimmend. "Ja das machen wir. Das erste gemeinsame Opfer, das sie den Göttern bringen würden.

    "Es freut mich dich kennen zu lernen." Erwiderte Valentina nachdem Casca die Vorstellung übernommen hatte und nickte Stella zu. "Der Hortus ist für die Festlichkeiten wunderschön dekoriert worden." Schob sie gleich noch ein Kompliment hinterher, welches nicht einfach nur so daher gesagt war.
    Anschließend fiel ihr der Blick auf, den Casca dem armen Quix zuwarf. In der Öffentlichkeit würde sie niemals offen über einen Sklaven mit Casca reden oder diesen gar in seiner Meinung verbessern. Doch es tat ihr leid, wie der Junge unter dem Blick litt. Und so legte sie Casca einfach die Hand auf den Arm, sah ihm tief in die Augen und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie würde es ihm im Stillen erklären, dass Quix keine Schuld trug.
    "Bitte entschuldigt meine Verspätung." Fuhr sie dann fort um über die Situation hinweg zu lenken. "Die Straßen waren wieder so voll, dass es kaum ein Durchkommen gab." Schlug sie ein Thema an, zu dem Stella vielleicht auch etwas zu sagen hatte und welches auch noch unverfänglich klang. Zugeben, dass sie schlicht und ergreifend verschlafen hatte weil sie bis spät in die Nacht an ihrem Gewand genäht hatte, das kam ebenfalls nicht in der Öffentlichkeit zur Sprache.

    Seit ihrer eigenen Verlobung war Valentina nicht mehr auf so einen prunkvollen Fest gewesen. Sie war von der Pracht und der Fülle, in welcher der Hortus geschmückt worden war, schlichtweg überwältigt und sie wusste gar nicht wohin sie zuerst sehen wollte. Nun war sie froh, dass sie sich so viel Zeit genommen hatte um sich herzurichten bevor sie das Haus verließ. Sie wollte unter all diesen Gästen nicht unschön auffallen. Von dem Fußmarsch hierher hatte sie einen trockenen Mund bekommen doch das war verflogen als sie sah wie Casca auf sie aufmerksam wurde. Er war ins Gespräch mit einer anderen Frau vertieft gewesen als Quix zu ihm eilte. Nun hatte sie nur noch Augen für ihren Liebsten und als Quix wieder zu ihr kam, ging Valentina ihm bereits ein paar Schritte entgegen. Er überbrachte den Wunsch und sie folgte dem Jungen. "Du musst nichts Befürchten, ich rede mit ihm." Flüsterte sie dem jungen Mann zu, bevor sie Casca und die Frau erreichten. Auch wenn sie nicht glaubte, dass Quix Konsequenzen drohten, wollte Valentina dennoch alles richtig stellen. Sicherlich kein Benehmen wie man es von einer angesehenen Bürgerin erwartete, doch die Quintilia konnte nicht anders.
    Bei Casca und der Frau angekommen sah sie natürlich zuerst ihren Verlobten mit einem Lächeln an, doch dann zwang sie die Höflichkeit ihre Aufmerksamkeit auch der Dame zu zuwenden.

    Die Klänge der Flöte, welches das Mädchen immer noch tapfer spielte, waren in den letzten Momenten fast in Vergessenheit geraten. Jetzt, da Valentina neben Casca saß, den Kopf an seine Schulter gelegt und seine Nähe genoss, da hörte sie wieder aufmerksam zu. Es war alles wie ein Traum. Ein wunderschöner Traum, sie lauschte den betörenden Flötenklängen, saß in einem wunderschön beleuchteten Garten und hatte neben sich den Mann für den sie nun so starke Gefühle entwickelt hatte. Valentina war mittlerweile auch eine Frau geworden. Gab es in ihrem Leben nun schon einige Männer, so wusste sie jetzt dass viele von denen nur die Schwärmereien eines Mädchen gewesen waren. Sie fühlte sich angezogen von der Stärke eines Soldaten und war beeindruckt von deren Taten. Die Götter aber hatten ihr immer wieder schnell zu verstehen gegeben, dass dies nicht der Weg war den sie für sie gedacht hatten. Immer wieder musste Valentina das erkennen. Und als sie schon aufgegeben hatte, war sie einem Mann begegnet, der ihr zwar aufgeholfen hatte und sie wieder daran hatte glauben lassen, dass sie nicht einsam sterben würde. Doch auch dieser Mann war nicht derjenige gewesen der an ihrer Seite bleiben sollte. Nun saß sie hier mit Casca. Hatte sie all das durchmachen müssen um schlussendlich einen Mann zu finden der sie wirklich liebte? Als mittellose Bürgerin die nicht viel mehr ihr Eigen nennen konnte als die kleine Casa in der sie lebte.


    Valentina wollte daran glauben und hatte in den vergangenen Tagen schon so oft den Göttern gedankt. Der leichte Wind trug den Geruch der Fackeln zu ihnen hinüber, doch Valentina störte das nicht. Sie roch das Meer, die frische Briese, die vom Wasser kam und wenn sie die Zehen bewegte, glaubte sie sogar den Sand dazwischen zu spüren. Casca neben ihr drückte sein Bedauern aus, da sie nicht gleich morgen losfahren konnten und Valentina nickte leicht.
    "In meiner Casa gibt es außer mir und den Angestellten niemanden. Meine Nichten sind wieder zu den Großeltern gereist, Rom war nichts für sie. In den wenigen Betrieben die ich mein Eigen nennen kann kommen sie sehr gut ohne mich zurecht. Aber natürlich hast will so eine Reise vorbereitet sein. Und so müssen wir uns wohl ein bisschen in Geduld üben, auch wenn ich ebenfalls liebend gerne schon morgen aufbrechen würde."
    Da gab es dann doch noch einiges zusammen zu tragen und hinter Valentinas Stirn begann es bereits zu arbeiten was sie mitnehmen würde.

    Trotz der Bedenken die sie gerade geäußert hatte, blickte Valentina auf die Hand hinab, die ihr Knie streichelte. Es war eine so vertraute Geste, die sie sehr genoss. Sie freute sich darauf in Zukunft die Aufmerksamkeit von Casca geschenkt zu bekommen. Seine Aufmerksamkeit und noch viel mehr. Die folgenden Worte taten ihr sehr gut. Sie zauberten ihr ein Lächeln auf die Lippen und schließlich nickte Valentina. Zuerst nur zaghaft, doch dann mit einer wachsenden Überzeugung. Wer hier schlussendlich triumphierte wussten nur die Götter. Serapio hatte sie auf Händen getragen, er hatte ihr den nötigen Respekt entgegen gebracht, die sie als seine Frau verdient hätte und vielleicht hätte er sie auch auf seine Weise lieben gelernt. Und Valentina war ihm dankbar für alles was er für sie getan hatte und sicherlich noch getan hätte. Doch das hier und jetzt mit Casca, das war so anders. Er war ihr gegenüber nicht nur respektvoll. Da war so viel mehr in seinem Blick, wenn er sie ansah. Und nun hielt er auch noch zu ihr als sie ihm ihre Bedenken erzählte. Dafür war sie ihm mehr als dankbar. Sehr viel mehr. Valentina hob den Kopf, beugte sich vor und gab Casca erneut einen Kuss. Anschließend erhob sie sich von ihrer Kline und kam zu seiner hinüber. Sie setzte sich neben ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
    Sie hörte zu wie er von ihrer Verlobung sprach. Sie sah Casca und sie zusammen an einem sonnendurchfluteten Strand. Nur sie beide. Das klang wirklich sehr schön. Sie hatte bereits eine schöne Feier gehabt. Die hatte Serapio und ihr gehört. Mit Casca sollte es anders werden. Nur sie beide und dann... ja vielleicht hatten die Schicksalsgöttinnen dann ein Einsehen. "Das klingt wunderschön wie du das beschreibst. Ich habe sogar das Geschrei der Möwen gehört und die Wellen. Genau so sollten wir es machen. Das würde mir sehr viel bedeuten."

    Es hätte heut einfach alles perfekt sein sollen. So gerne wäre Valentina zusammen mit Casca auf diesem Fest erschienen. Schließlich war es ihr erster gemeinsamer Auftritt. Und doch war sie jetzt zu spät. Viel zu spät.
    Sie hatte noch bis spät in die Nacht an ihrem Gewand genäht. Sie hatte sich so darüber gefreut als Casca ihr den Stoff hatte überbringen lassen. Genau in den Farben die ihr so sehr gefielen. Es waren die Farben ihrer Rosen, die sie in ihrem Garten so sehr liebte. Es hatte Tage gedauert, bis sie sich entscheiden konnte in welche Form sie den Stoff bringen sollte.
    Und dann wollte sie sich nur kurz in eben diesem Garten ausruhen. Und als der schweigsame Diener sie dann endlich wieder geweckt hatte war der Tag schon vorangeschritten. So weit vorangeschritten, dass sie es nicht mehr rechtzeitig geschafft hatte sich herzurichten und die beiden Diener, die Casca ihr geschickt hatte eine ziemlich lange Zeit hatten auf Valentina warten müssen, bis sie endlich aufbrechen konnten.
    Der hünenhafte Diener, den sie Dank eines Freundes der Familie seit einer Weile ihr Eigen nennen konnte, leistete gute Dienste, als er ihnen drei die Straßen freiräumte. Irgendwann wollte Quix sich dann ihnen vorbeistehlen um zur Feier voraus zu laufen, doch Valentina hielt ihn zurück. Sie war ohnehin schon zu spät, da wollte sie Casca nicht auch noch aus irgendwelchen wichtigen Gesprächen reißen, in die er sicherlich vertieft war. Sonderlich wohl war Quix dabei nicht, doch Valentina versicherte ihm, ein gutes Wort für ihn einzulegen.
    Und so kam sie nun, umringt von der kleinen Gruppe Männer endlich auf den Feierlichkeiten an und folgte Cascas Dienern, nachdem sie eingelassen wurden zu den restlichen Gästen. Jetzt konnte Valentina Quix nicht mehr zurückhalten und er erfüllte noch den kläglichen Rest seines Auftrages um Casca die Ankunft von Valentina mitzuteilen. Diese stand währenddessen etwas abseits und sah sich sichtlich nervös um. Seit ihrer eigenen Verlobung war sie nicht mehr auf so einem großen Fest gewesen.

    Der Kuss kam unerwartet, war aber keinesfalls unerwünscht. Die Hand die eben noch auf seiner Wange gelegenen hatte, wanderten während des Kusses in sein dichtes, wallendes Haar. Dort vergrub Valentina ihre Finger um ihren Liebsten bei sich zu halten. Auch bemühte sie sich in den Kuss all ihre neu gewonnene Zuneigung für Casca zu legen um ihm zu zeigen wie ehrlich sie es mit ihm meinte. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die für Valentina auch noch viel länger hätte andauern dürfen, löste er sich von ihr und entschuldigte sich. Da sah ihn die junge Quintilia direkt an "Nein." Meinte sie dann entschieden und schüttelte den Kopf. Einer der wenigen Male in denen sie tatsächlich mutig ihre Meinung vertrat. "Nein, bitte entschuldige dich nicht für diesen Kuss. Er war so wunderschön und verspricht mir eine Zukunft mit dir, die ich mir nach all der Zeit der Einsamkeit nur wünschen kann. Ich möchte nicht, dass du dich dafür entschuldigst." Nun legte sie beide Hände an Cascas Gesicht und hielt ihn fest. Eine Vertrautheit, als wäre das nicht erst einer der ersten Abende an denen sie so lange und so vertraut miteinander umgingen. "Es ist so schön für mich in deiner Nähe zu sein. Da sollte es keine Entschuldigungen geben müssen."


    Sie spürte seine Hand auf ihrem Knie und ließ ihn gewähren. Wie er, so dachte auch Valentina, dass es nur sie beide waren und niemand sah sie. Zumal Valentina ohnehin nicht die strengste Verfechterin der aufgelegten Etikette war. Nachdem sie ihre Hände wieder von seinem Gesicht genommen hatte, legte sie eine Hand auf die Seine. Als sie seine Worte hörte wurde Valentina wieder rot. Sie konnte nichts dagegen machen, Casca wusste genau welche Worte er wählen musste um ihr zu schmeicheln. Größter Schatz... dabei hatte sie ihm doch so gar nichts zu bieten. Doch diese trüben Gedanken hatten jetzt keinen Platz. Er wusste es und hatte sich dennoch für sie entschieden. Darüber sollte sie einfach glücklich sein. Wie sie so zusammen saßen, dem Klang der Flöte lauschten und die Wärme der Nacht genossen kam Valentina dann allerdings doch ein Gedanke, den sie in Worte fassen musste. "Meinst du die Leute werden sehr reden, wenn sie erneut zu einer Verlobungsfeier hierher eingeladen werden und sie sehen wieder mich?" Da waren sie wieder, die Zweifel, die Valentina einfach nicht ganz ablegen konnte.

    Mit klopfendem Herzen ging Valentina neben Casca durch den Garten. Alles war so schön und sie glaubte immer noch zu träumen. Sie war regelrecht überwältigt von all dem Glück, dass ihr alleine an diesem Abend zuteil wurde. Ihr schwirrte der Kopf, nicht wissend ob es vom Wein kam oder ob ihr der Zustand in dem sie sich befand, vollkommenen Glücks und umspielt von der gewonnenen Liebe des Mannes neben sich.
    Sie folgte all seinen Andeutungen, wenn er ihr eine Blume zeigte, sie wollte alles in sich aufnehmen, doch es war einfach zu viel. Wie bei einem Theaterstück bei dem auf einmal viel zu viele Schauspieler auf der Bühne tanzten, war es nicht möglich sich auf einen Tänzer zu konzentrieren.
    Erst als Casca in den Himmel deutete hob auch Valentina den Kopf. Sie hatte immer schon gern das schwarze Firmament betrachtet, besonders wenn sie alleine in ihrer Casa war und wieder einmal nicht schlafen konnte.
    Erst durch Casca wurde Valentina bewusst wie vorteilhaft es für sie war sich mit einem Mann zu umgeben, der nicht ausschließlich den Kampf zu seinem Leben gemacht hatte. Aufgewachsen zwischen Brüdern die alle früher oder später dem Militär beitraten waren ihr solche phantastischen Erzählungen viel zu oft verwehrt geblieben. Jetzt, da Casca ihr diese Geschichte vom Gott des Weines erzählte hing sie, wie jedes Mal an seinen Lippen. Er wusste so viel und er konnte so vorzüglich vortragen.


    Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und Valentina neigte ihm den Kopf entgegen. "Ich hoffe du wirst nie müde werden mir solche Geschichten zu erzählen. Du weißt so viel, kannst so wunderbar vortragen und ich möchte dir immer zuhören." Mit einem Augenaufschlag, der diese Worte nur noch unterstützte blickte sie zu ihm. In ihrer Welt schien Casca allwissend zu sein und Valentina dürstete danach auch ihr Wissen zu erweitern.
    Die Klänge der Flöte die das Mädchen so vorzüglich zu spielen wusste drangen wieder an ihr Ohr und Valentina blickte zu der eben erwähnten Laube. Sie lächelte und nickte. "Sehr gerne." Und so ließ sie sich auf der Kline direkt neben der von Casca nieder. Ihr Blick jedoch ruhte immer noch auf dem Mann, der ihr versprochen hatte von nun an für sie zu sorgen. Das Licht der Fackeln schmeichelte ihm und Valentina kam nicht umhin ihre Hand zu heben und mit den Fingern über seine Wange zu streichen.

    Die Worte von Casca klangen schöner als jedes Gesicht, dass der Sklave mit seiner hinreisenden, musikalischen Begleitung hätte vortragen können. Ohne dem Mann sein Talent absprechen zu wollen, doch im Moment war das, das Schönste was Valentina hören wollte. Und auch wenn es bereits vor Casca Männer gegeben hatte, die ihr genau das versprochen hatten und es dann doch nicht einhalten konnten, ignorierte sie die Stimme in ihrem Kopf, die sie dazu aufrief sich nicht wieder Hals über Kopf in einen Mann zu verlieben. Aber war es nicht genau das was sie wollte? Sie wollte nicht mehr alleine sein und jeden Abend in ihrer Casa alleine das Licht löschen. Vielleicht hatten die Götter wirklich die Einsamkeit für sie vorgesehen und würden ihr am Ende auch Casca wegnehmen. Doch bis dahin wollte sie einfach nur glücklich sein. Sie wollte noch einmal das Gefühl haben jemandem wichtig zu sein. Und so wie ihr Gegenüber sie in diesem Moment ansah, hätte sie schon blind sein müssen um nicht zu erkennen, dass er seine Worte genau so meinte wie er sie aussprach. Ab dem heutigen Abend wollte Valentina nicht mehr den Weg alleine gehen. Er mochte vielleicht nicht lange sein und steil bergauf gehen, doch sie wollte jeden Schritt an Cascas Seite genießen. Und vielleicht.... ganz vielleicht würden sich ihre Wege am Ende doch nicht in der Einsamkeit verlieren.


    Durch das Räuspern wurde auch Valentina wieder auf die Anwesenheit der anderen Personen erinnert und sie sah entschuldigend zu dem Mädchen und ihrem Gedichteerzähler. Es war sicherlich nicht sonderlich nett die Beiden jetzt und hier einfach so sitzen bzw. stehen zu lassen und nicht weiter ihrem Talent zuzuhören. Doch wenn sie von nun an zusammen waren, würde es noch viele Abende wie diesen geben und dann konnten die Beiden sie unterhalten. Valentina sah in die Richtung, in die Casca deutete und nickte leicht. "Gerne würde ich deinen Garten einmal in Ruhe besichtigen ohne die Aufregung einer Ziegenhatz." Sie lächelte und sah Casca mit einem Blick an, der deutlich zeigte, dass Valentina auch anders war als nur ruhig und zurückhaltend. Sie stand von ihrer Kline auf und reichte Casca die Hand.

    Noch immer war Valentina wie berauscht von ihrer Tat und dem darauffolgenden Kuss. Sie konnte selbst noch nicht ganz glauben zu was sie sich hinreisen ließ. Doch sie bereute absolut nichts. Sie hatte noch immer den Geschmack von Cascas Lippen auf den Ihren und sie hatten während dem Kuss die Augen geschlossen um ihn voll und ganz genießen zu können. In diesem Moment hatte sie sich entschieden. Sie hatte sich für Casca und für die Herausforderung eines neuen, gemeinsamen Lebens. Und vor allem hatte sie sich dafür entschieden wieder jemanden in ihr Leben zu lassen und jemandem ihr Herz zu schenken. Sie hatte sich für die Hoffnung entschieden und dafür, dass es vielleicht doch noch nicht zu spät für sie war. Gerade jetzt, da ihre Nichten wieder zu den Großeltern zurück gefahren waren und ihr Bruder viel Zeit in der Kaserne verbrachte war ihre eigene Casa oft so groß und leer.
    Sie brauchte wieder jemanden an ihrer Seite und sie hatte sich für Casca entschieden. Was ausgebrochene Ziegen doch alles bewirken konnten.


    Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, hielt Valentina Cascas Gesicht immer noch fest, als hätte sie Angst er würde sich sonst zu schnell von ihr entfernen. Seine Worte zauberten ein Lächeln auf ihre Züge. Es war lange her, dass jemand so schöne Worte für sie hatte und bei seiner anschließenden Frage sah sie ihm tief in die Augen, während sie mit den Fingern über seine Wange strich. Zuerst nickte sie nur, doch dann füge sie hinzu. "So wie du der glücklichste Mann Roms werden würdest, wäre ich die glücklichste Frau Roms, wenn du weiter um mich wirbst." Sie strich eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht und betrachtete dabei wie diese im Schein der Fackeln schimmerte. "Ich...." Sie verstummte noch einen Moment, doch nach einem weiteren Blick in seine Augen wusste Valentina, dass es richtig war und so flüsterte sie in die Stille des Momentes. "Ich liebe dich."

    Nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, taten sie ihr fast sogleich wieder leid. Nur weil sie die Ängste hatte, war es nicht richtig von ihr sie mit Casca zu teilen. An so einem schönen Abend den er extra wegen ihr veranstaltet hatte. Valentina fühlte sich schlecht ihm genau dieses wunderschöne Geschenk an sie durch ihre Worte verdorben zu haben. Auch wenn sie ehrlich und echt gemeint waren, sollten manche Dinge nicht ausgesprochen werden. Die Schicksalsgöttinnen waren nicht immer auf ihrer Seite gewesen, doch war es ihr Recht zu jammern? Sollte sie nicht einfach den Augenblick genießen und das so lange es ihr möglich war? Die Musik im Hintergrund hörte sich plötzlich irgendwie traurig an und doch zwang Valentina sich Casca direkt anzusehen. Das war sie ihm schuldig nachdem was sie gerade gesagt hatte. Er nahm ihre Hand und hielt sie an seine Brust. Es fühlte sich richtig an.
    Ihr Herz schlug schwer in ihrer Brust und sie glaubte die Worte wie von weit weg zu hören. Als wär sie plötzlich unter Wasser und nicht mehr im schön beleuchteten Hof von Cascas Casa.


    Valentina schluckte hart um das Rauschen in ihren Ohren zu vertreiben. Die ganze Zeit sah sie Casca an und langsam verstand sie auch wieder was er sagte und die Bedeutung seiner Worte drang bis in ihr Bewusstsein. Das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen löste sich langsam auf. Sie begriff was hier gerade passierte. Casca gestand ihr seine Gefühle und er gab ihr ein Versprechen. Eines, dass ihr sehr viel bedeutete, war sie doch schon so oft alleine gelassen worden. Zusammen einsam zu sein hörte sich wundervoll an. Er wollte für sie da sein. Und obwohl Casca nicht der erste Mann war, der ihr das versprochen hatte, hatte sie bei ihm ein so gutes Gefühl. Als ob er der Erste wäre, der diese Versprechen wirklich nicht brechen würde.
    Verräterisch begann es in ihren Augenwinkeln zu glänzen und es dauerte nur ein paar Atemzüge, bis sich in ihrem Augenwinke eine Träne formte, die dann langsam an ihrer Wange nach unten glitt. Das Licht der Fackeln brach sich darin. Doch es war keine Trauer die der Grund dafür war. Valentina war von den Worten von Casca so gerührt, dass sie gar nicht anders konnte. Er küsste ihr Hand, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen. Und als er ihre Hand wieder sinken ließ, entzog Valentina sie ihm ganz langsam. Hatte es zuerst den Eindruck als wollte sie sich ihm entziehen, hob sie anschließend beide Hände. rückte auf ihrer Kline nach vorne und legte beide Handflächen an die Wangen von Casca. Einen Moment blickte sie ihm noch ganz tief in die Augen, dann kam sie seinen Lippen mit ihren ganz nahe um ihm schließlich einen zuerst noch zaghaften aber schließlich vollkommen ehrlich gemeinten Kuss zu geben.

    So einen Abend hatte Valentina wahrlich noch nie erlebt. Und langsam legte sich die Angst, dass man ihr all zu sehr anmerken konnte wie wenig Kontakt sie in ihrer Vergangenheit mit Kunst und Kultur hatte. Sie war von all den Eindrücken um sich herum derart berauscht, dass sie glaubte wirklich glücklich zu sein. Dabei hatte sie von dem Wein noch gar nicht so viel getrunken. Es waren die Worte des Sklaven der Gedichte rezitierte, der sanfte Klang der Flöte dazu und vor allem die Worte, die Casca an sie richtete. Schon lange waren Valentinas Wangen gerötet doch sie schämte sich nicht dafür.
    Dann plötzlich stand Casca auf und veranlasste, dass seine Kline näher zu ihrer herangeschoben wurde. Natürlich war das Geräusch das diese Handlung mit sich brachte nicht sonderlich angenehm als die Füße über den schönen Boden gezogen wurden. Doch es war ein anderer Schreckensmoment der in ihr hochkam. So oft schon war sie enttäuscht worden. Glaubte sich in den starken Armen eines Mannes sicher und geborgen. Zuletzt bei einem gutaussehenden, hoch angesehenen Soldat der ihr versprochen hatte, ihr eine sichere und angenehme Zukunft zu schenken.


    Und es war noch gar nicht so lange her als sie eigentlich zum letzten Mal in dieser Casa sein wollte weil sie nur noch ihre verbleibenden Habseligkeiten holte. Mittlerweile saß Casca wieder neben ihr, lächelte sie an und sie blickte in seine wunderschönen Augen. Er hatte wie immer wohlklingende Worte für sie und dann gab er ihr einen Kuss auf die Hand. Valentina musste in diesem Moment ausgesehen haben wie das sprichwörtliche Reh, dass direkt vor dem Jäger aus dem Wald gesprungen war und nun auf die Pfeilspitze blickte.
    Dann ganz plötzlich griff sie mit den Fingern der Hand die gerade den Kuss bekommen hatte die Finger von Casca und hielt sie fest. Immer noch sah sie ihn an und wusste nicht woher auf einmal dieser Schrecken kam der sich ihren Rücken hinaufgeschlichen hatte und nun dort festsaß. Sie ließ ihren Blick schweifen, über den Garten, das Mädchen mit der Flöte und blieb schließlich wieder auf Cascas schönem Gesicht liegen. "Es ist alles wie ein wunderschöner Traum. Dieser Abend, diese Gedichte, die Musik ... du." Sie hielt kurz inne und der Griff ihrer Hand wurde noch ein bisschen fester. Flüsternd offenbarte sie nun ihre Befürchtungen. "Ich habe Angst aufzuwachen und wieder alleine zu sein."

    Dieser Abend, nein der ganze Tag war wundervoll und Valentina würde sich noch sehr lange daran erinnern. Es wäre sehr vermessen sich zu wünschen, dass sich solche Tage noch in unzähliger Vielzahl wiederholen sollte. Sie genoss einfach alles, jeder Sinneseindruck, der sich ihr hier bot. Nicht nur die kulinarischen Verführungen, die sie so auch nicht jeden Tag genießen konnte. Streng genommen hatte sie das letzte Mal so geschlemmt bei ihrer Verlobungsfeier mit Serapio. Kurz kam wieder dieser Stich im Herzen als sie an den gutaussehenden Mann dachte, der ihr alles bieten wollte was sie sich wünschte und dann doch so plötzlich aus ihrem Leben verschwunden war. Sie hatte ihn geliebt, das war sie bereit zuzugeben, auch wenn sie wusste, dass die Liebe die sie von Serapio bekommen hatte nur die eines Bruders gewesen wäre. Vielleicht die eines sehr guten Freundes. Dennoch war er ein ganz besonderer Mann. Doch sie rief sich selbst zur Ordnung, es war nicht angebracht in Cascas Gegenwart an einen anderen Mann zu denken. Zumal Serapio nicht mehr Teil ihres Lebens war und Casca hier mit großen Schritten in ihr Leben einzutreten vermochte. War sie am Anfang noch vorsichtig und zurückhaltend gewesen weil der Verlust und ja auch die Wunde die das erneute Alleinsein bei ihr verursacht hatte noch zu frisch waren, so heilten diese Wunden mit fast schon göttlicher Schnelligkeit je länger sie in Cascas Nähe war.


    Als er das Wort wieder an sie richtete hörte sie ihm zu, wie jedes Mal. Kurz schmunzelte sie als er behauptete er wäre der Weisheit noch sehr fern. Sie hätte ihm nun gerne widersprochen, wusste er doch so viel und konnte so gut erzählen wie selten ein Mann vor ihm. Sie hob die Hand vor den Mund, damit er nicht sehen sollte wie sehr sie seine Worte amüsierte. Als er dann erwähnte, dass er sie sehr schätzte, sah sie ihn einen Moment fassungslos an. Nicht weil er zu forsch gewesen war, nein sie hatte nicht gehofft so schnell wieder von einem Mann zu hören, dass er ihre Gesellschaft sehr schätzte. Konnte das wirklich sein oder war es Wunschdenken? Doch Casca blickte sie direkt an und im Hintergrund wurden Liebesverse zu lieblich klingender Musik rezitiert. Es dauerte einen Moment bis Valentina auf diese Aussage reagieren konnte. Sie richtete sich etwas auf ihrer Kline auf und sah Casca direkt an.
    "Auch ich würde mich darüber freuen mehr Abende wie diesen zusammen mit dir zu erleben. Du magst noch nicht die vollkommene Weisheit für dich gefunden zu haben. Ich jedoch höre dir so gerne zu, du weißt so viel und kannst fantastisch erzählen, dass ich dir am liebsten Tag und Nacht zuhören möchte, wenn der Schlaf mich nicht zu einer Pause zwingen würde. Nach dem Verlust, denn ich erst in jüngster Vergangenheit habe erleben müssen habe ich nicht zu hoffen gewagt jemals wieder Glück für mich zu finden. Und dann bin ich dir begegnet." Leider war Valentina nicht so wortgewandt wie Casca, doch sie hoffte er würde es richtig verstehen. Sie hoffte er würde verstehen wie glücklich er sie machte. Wie sehr sie seine Nähe genoss und wie gerne sie bei ihm war.

    Es war eine Wohltat wieder mit ihrem Bruder zusammen zu sitzen und zu reden. Sie sprachen einfach miteinander ohne Ärger, ohne Sorgen und obwohl Canus alles über den Mann wissen wollte, der immer mehr in Valentinas Leben einzutreten vorhatte, so war es nicht unangenehm. Sie erzählte von Casca und hatte nichts zu verbergen. Er hatte es geschafft wieder eine Kerze in ihrem düsteren Dasein anzuzünden und so wie sie ihren Bruder nun erlebte, wusste er zu schätzen was dieser Mann für sie tat.
    "Es hat mir nie an irgend etwas gefehlt." Versicherte sie ihrem Bruder schnell als sie auf das Geld zu sprechen kamen. Selbst als ihre Nichten bei ihr wohnten hatte Valentina sehr wohl gewusst wie sie mit den wenigen Sesterzen die sie zur Verfügung hatte das Beste zu machen. Sicherlich hatten die Nichten nicht alles das haben können was sich Mädchen in deren Alter vorstellten. Valentina hätte ihnen sicherlich noch viel mehr Luxus bieten wollen, doch es hatte an nichts gefehlt. Sicherlich hätte der ein oder andere Sklave gut getan doch dank helfender Freunde die ebenfalls in letzter Zeit in ihr Leben getreten waren war auch dieser Punkt zur vollsten Zufriedenheit aufgefüllt worden. Der dunkelhäutige Hüne, der am Eingang des Zimmers stand und schweigend doch aufmerksam darüber wachte was seine Domina ihm als nächstes anschaffen würde war Valentinas persönlicher Schutz. Sie fühlte sich viel wohler seit der Sklave ihr den Weg freiräumte sobald sie die Casa verließ.
    Canus erzählte von seiner ereignislosen Tätigkeit. Valentina hörte an seiner Stimme, dass dies nicht die Erfüllung war, die er sicherlich für sich wünschte. Sie beugte sich vor und legte ihm eine Hand auf die Seine. "Sicherlich ist es nicht das was du hören möchtest aber ich bin froh, dass es so ist. Du dienst Rom auch in dem was du tust und ich kann viel ruhiger schlafen. Deine Arbeit ist ebenfalls wertvoll."

    Ja sie hätte wissen müssen, dass neben all dem Ansehen und dem Stand, der ihr zweifelsohne nach der Hochzeit mit Serapio zugekommen wäre auch noch etwas anderes auf sie warten würde. Sie hatte schon damit gerechnet, dass er lange weg sein würde. Gefährliche Zeiten hätten auf ihn gewartet und ja, sie hatte auch schon mit Angst daran gedacht, sollte er eines Tages nicht mehr nach Hause kommen. Ihr Herz wollte diese Zeit aber so gut es ging verdrängen und nur an die guten Zeiten denken. So war es nicht verwunderlich, dass Canus dieses Thema ansprach. Mit einem Klos im Hals nickte sie bedrückt. Ja so war es wohl.
    Das Thema mit der Ziege hätte sie wohl besser nicht erwähnt, denn Canus zog sie liebevoll damit auf. Sie lächelte verlegen und ihre Wangen nahmen eine rötliche Farbe an. Er kannte den Wirbelwind einfach viel zu gut. Canus´ kleine Schwester war noch nie wirklich so gewesen wie es sich für eine sittsame römische Bürgerin gehörte. "Ich musste am Abend viel Duftöl verwenden als ich mich gewaschen habe bis ich nicht mehr nach Ziege gerochen habe." Sah sie ihn verschmitzt an.
    Natürlich wollte Canus dann wissen mit was ihr zukünftiger sein Geld verdiente. Seine Gens war an sich schon ziemlich einflussreich, vor allem im Vergleich zu ihrer eigenen. Aber Casca hatte ihr schon an diesem ersten, gemeinsamen Abend versichert, dass er sich nicht auf dem Ruf seiner Familie ausruhen wollte. "Casca ist nicht beim Militär. Ich hoffe deswegen sinkt er nicht in deinem Ansehen." Sie sah ihn prüfend an. "Er ist Aedituus."


    Einen Moment schwieg sie. Sie würde, wenn die Götter dieses Mal nicht wieder etwas anderes vorhatten, die Frau eines Tempelverwalters werden. Und das obwohl sie aus einer Familie kam, die dem Militär sehr zugeneigt war. Erst als Canus erwähnte seinen Sold zu spenden nickte sie. "Es läuft momentan ganz gut. Unsere Nichten, die mich bis vor einer Weile besucht hatten sind wieder zu der Großmutter gezogen. Rom war für die Beiden doch zu groß. Sie wollen später einmal wieder kommen. So bin ich hier momentan ziemlich alleine mit unserem alten Haussklaven. Und mit dir jetzt natürlich. Wir haben nicht viele Gäste und ich weiß schon gar nicht mehr wann hier das letzte Fest war. Ein bisschen etwas von deinem Sold genügt also vollkommen. Du hast ihn verdient und das nicht einfach." Sie sah auf und Canus direkt an. Hatte sie gerade noch recht unverfänglich geklungen war jetzt doch ein klein wenig Angst in ihrem Blick. "Hast du schon viele schlimme Dinge gesehen?"

    Kurz war Valentina verwirrt über die Aussage seines Bruders. Warum wollte er nicht, dass sie ihm sagte, dass ihm seine Meinung am wichtigsten war? Ihre Frage schien sich wohl auch auf ihrem Gesicht abzuzeichnen. Doch sie fragte nicht nach. Nicht nur, weil sie nicht sicher war ob sie das hätte tun dürfen, sie wusste auch nicht ob ihr die Antwort gefiel. Was war in der Zeit in der Canus nicht hier war passiert? Hatte er Dinge getan, die sie vielleicht besser nicht wusste? Was hatte ihr großer Bruder alles erlebt in der Zeit in der er weg war? Irgendwann würde er es ihr hoffentlich erzählen. Sie waren früher so innig. Zumindest glaubte Valentina das noch zu wissen. Sie war noch so jung als sie Canus zum letzten Mal gesehen hatte. Hatte sie etwa ein verklärtes Bild von ihrem großen Bruder? Nein, das wollte die junge Quintilia nicht glauben. Irgend etwas musste passiert sein und Valentina war sich sicher, dass er es ihr bestimmt erzählen würde, wenn die richtige Zeit gekommen war.


    So nahm sie statt dessen noch einmal einen Schluck aus ihrem Becher. Der Moment des Zweifels war vergangen und es würde sicherlich irgendwann eine Erklärung dafür geben. Er bereute es gegangen zu sein und Valentina glaubte ihm, was auch immer ihn dazu bewogen hatte. Irgendwann würde sie Antworten bekommen. Statt dessen erinnerte sie sich daran, dass Canus im Gegenzug ihr ein paar Fragen gestellt hatte. Er wollte wissen was mit Serapio passiert war.
    "Nun, es trifft sich gut, dass ich deine Fragen zusammen beantworten kann. Mein vorheriger Verlobter Faustus Decimus Serapio, bekleidete als Soldat sein sehr hohes Amt." Es war nicht, dass sie ihrem Bruder nicht die genaue Tatsache nannte, sie wollte zum Einen nicht unnötig angeben zum Anderen glaubte sie Serapio noch immer schützen zu müssen. "Und gerade als wir uns verlobt hatten und ich bereits mit den Planungen für die Hochzeit angefangen habe wurde Serapio versetzt. Er konnte es mir nicht einmal genau mitteilen. Nur in einem Brief hat er mir mitgeteilt was geschehen ist. Er musste sofort abreisen und teilte mir mit, dass es eine geheime Mission mit unbekannter Dauer und Ausgang war. Und damit er mir die Zukunft nicht verbaute, entließ er mich aus der Verlobung." Valentina atmete tief durch. Es tat immer noch ein bisschen weh.


    "Und als ich dann in der Casa war um meine letzten Habseligkeiten zu holen, traf ich auf Casca." Sie lächelte bei der Erinnerung an den Tumult.
    "Ich hörte laute Stimmen und als ich nachsah, kam ich gerade dazu wie Casca mit einigen Sklaven hinter ein paar Ziegen herrannte, die entkommen waren. Und du kennst mich, ich kann nicht einfach daneben stehen und zusehen. Als so eine kleine Ziege auf mich zukam, habe ich geholfen sie einzufangen." Zuerst sah sie ihren Bruder stolz an, dann als sie ihre Worte nochmal Revue passieren ließ, räusperte sie sich und meinte. "Es war nur eine ganz kleine Ziege, wirklich. Und so habe ich Casca besser kennen gelernt. Gekannt habe ich ihn schon seit der Verlobungsfeier mit Serapio. So hat es sich dann entwickelt." Ob Canus sie jetzt wegen der Ziege rügen würde?

    Als ihr Bruder antwortete, entspannte sich Valentina mit jedem Wort. Sie war nicht mehr die widerspenstige Schwester, die sie noch vor einigen Jahren gewesen war. Die Valentina, die sich gegen das Wort des älteren Bruder stellte und trotzdem tat was sie wollte. Diese Zeiten waren vollkommen vorbei. Die Quintilia hätte nicht gewusst wie sie reagiert hätte, wenn Canus ernsthafte Einwände gegen diesen Verbindung gehabt hätte. Sie atmete einmal tief durch, als er geendet hatte und blickte ihn dann an. "Es bedeutet mir viel, dass du mir zustimmst. Natürlich bin ich erwachsen und habe bisher alles getan was in meiner Macht stand. Dennoch ist mir dein Zuspruch wichtig." Sie hob ihre Hand und legte sie auf die von Canus. "Es ist mir nicht leicht gefallen über unseren finanziellen Hintergrund zu sprechen. Aber dadurch, dass ich bereits vorher mit einem Mann aus der Gens Decima verbunden war, war es kein großes Geheimnis mehr. Bisher haben mir die Männer dieser Gens sehr viel Respekt und Liebenswürdigkeit entgegen gebracht. Ich kann kein schlechtes Wort für sie finden."


    Valentina sprach aus voller Überzeugung. Sie verheimlichte momentan nur die Tatsache, dass Serapio, ihr vorheriger Verlobter, sie aus Mitgefühl und Respekt geheiratet hätte. Nie aber aus tiefer Liebe. Diese Liebe gehörte jemand anderem. Valentina war bereit für ihre Familie diese Verbindung einzugehen. Sie empfand Hochachtung für Serapio und irgendwo auch Liebe, denn er tat es nicht um des Ansehens wegen, er hätte ihr zuliebe so gehandelt. Doch jetzt einen Mann gefunden zu haben der nur sie alleine liebte war etwas besonderes. "Casca ist so ein gebildeter Mann. Er berichtet mir so viel, er kann schön erzählen und ich höre ihm gerne zu. Er hat sicherlich schon bemerkt, dass ich nicht so gebildet bin wie er, nicht so belesen und nicht so viel erzählen kann. Und dennoch will er mich bei sich haben. Ich hoffe sehr, dass du ihn mögen wirst, wenn er uns besuchen kommt." Während des letzten Satzes drückte sie die Hand ihres Bruders etwas fester. "Du bist der wichtigste Mann in meinem Leben. Jetzt, da ich dich wieder habe. Und es ist mir wichtig, dass du meine Entscheidung für richtig hältst." Sie flüsterte den letzten Satz fast. Damals war Valerian nicht ihrer Meinung gewesen, Valentina hatte sich ihm widersetzt und sie hatte ihn danach nie wieder gesehen. Das würde sie nicht noch einmal überstehen.

    Nervös blickte Valentina von dem Sklaven zu Casca hinüber nachdem nach ihrer Aussage dieser Moment der Stille entstanden war. War sie zu weit gegangen? War es nun auch dem Letzten klar geworden, dass sie von dieser Welt der Lyrik und der Poesie keine Ahnung hatte? Würde Casca sie jetzt zwar höflich doch bestimmt bitten zu gehen? Doch dann irritierte sie das Lachen des Mannes an ihrer Seite noch mehr und erst als er erklärte war sie ziemlich erleichtert. Sie hatte wohl einen Redeschwall verursacht, unwissend wie viele Gedichte der Sklave tatsächlich wusste. Das war wohl der Grund warum Casca sich so amüsierte. Der Sklave beeilte sich ihr zu versichern nicht mehrere Tage von ihrer Zeit in Anspruch zu nehmen. Da aber sah sie Casca an, legte dann ihre Hand auf die von Casca und senkte die Stimme. "Ich würde sehr gerne mehrere Tage hier bei dir sitzen und die Zeit damit verbringen schöne Gedichte zu hören. Oder die Geschichten die du immer so gefühlvoll erzählen kannst." Einen Moment gab es nur sie zwei, nichts um sie herum und Valentina verlor sich im sanften Blick ihres Gegenübers. Die beiden Klinen waren zu weit auseinander um weitere Nähe zuzulassen, doch vielleicht war es Möglich diese kleine Tatsache an diesem Abend noch zu ändern.


    Casca war so ein weltgewandter, kluger Mann. Bei Valentina hatte es in letzter Zeit nur ihre Casa gegeben und die Sorgen darum wie sie ihre finanziellen Mittel zusammenhalten konnte um nicht vollkommen in der Gesellschaft unter zu gehen. Serapio wäre ein Weg aus dieser Einsamkeit gewesen und obwohl sie diese Möglichkeit nicht mehr hatte, so hatten ihr die Götter einen anderen Weg gezeigt. Ihr Daumen strich über Cascas Hand und anschließend drückte sie diese sanft.
    Dann trat ein Mädchen herein und nach einem weiteren Moment in dem sie Casca tief in die Augen sah, lehnte sie sich wieder zurück. Verwundert wie viel Talent in so einem kleinen Mädchen schlummerte lauschte sie den ersten Tönen und begann sich dann auch endlich etwas zu entspannen. Sie hörte die Worte, die Musik und schien in eine andere Welt abzutauchen. Das musste es sein was Casca immer empfand wenn er Gedichte rezitierte und davon sprach wie wertvoll die Poesie doch war.
    Sie nickte dankbar als er erklärte wer diese Worte einst niedergeschrieben hatte und genoss dann ebenfalls den Moment. Obwohl sie schon öfter hier in der Casa verweilte schien ihr der heutige Abend doch zu einem der schönsten zu werden. Mit einem freundlichen Nicken zeigte sie dem Sklaven, das er doch bitte fortfahren sollte und schenkte dem Mädchen in freundliches Lächeln als Lob für ihr Können.

    Bei der Frage nach dem Warum senkte Valentina den Blick und betrachtete den Inhalt ihres Bechers als würde sie den verdünnten Wein zum ersten Mal sehen. Natürlich könnte sie jetzt auffahren und ihren Bruder anschreien. Er war so lange nicht da gewesen, sie hatte alles auf sich genommen um wenigstens einen Hauch des alten Familienglücks aufrecht zu halten. Und nun kam er hierher und wollte ihr das Glück nicht gönnen. Es war nur ein einziger Sonnenstrahl in all dem Dunkel das sich um sie herum ausgebreitet hatte.
    Doch diese Valentina gab es nicht mehr. Sie hatte sich früher gegen ihren Bruder aufgelehnt. Valerian hatte einen ihrer damaligen Liebhaber nicht für gut genug empfunden und Valentina war weggelaufen. Hatte mit ihm gebrochen und ihn danach nie wieder gesehen. Und obwohl Valerian sich in diesem Mann getäuscht hatte, hatte sie am Ende doch kein Glück gefunden. Und nun tat Canus etwas ähnliches. Die blonde Quintilia aber blieb ruhig, drehte nur den Becher in ihrer Hand hin und her.


    Sie wusste, dass Canus berechtigt war diese Frage zu stellen. Und obwohl sie mittlerweile alt genug war, konnten Gefühle immer noch ihre Entscheidungen beeinflussen. Es war also wichtig und richtig, dass sie Canus diese Frage wahrheitsgemäß beantwortete.
    Valentina atmete tief durch. "Um ehrlich zu sein wünsche ich mir mehr sicher zu sein alsdass ich es wirklich bin. Nach all den Verlusten möchte ich einfach mal daran glauben, dass ich auch mal Glück habe. Casca war bei der Verlobungsfeier mit meinem vorherigen Verlobten schon sehr freundlich zu mir gewesen. Er kannte mich also schon von damals. Und dann, als ich zum letzten Mal in die Casa ging um mein Hab und Gut zu holen, da sind wir uns wieder begegnet." Valentina lächelte als sie an die Ziegenjagt dachte und wie sie danach gerochen hatte. Sie blickte auf und Canus direkt an. "Wir haben lange miteinander geredet und uns zwischenzeitlich viel Male getroffen und." Sie unterbrach sich, denn nun kam der Teil, der sie so sicher machte aber der gleichzeitig auch so unangenehm war. "Und er weiß dass wir kaum Geld haben. Er weiß, dass der alte Sklave ohne Zunge den wir schon seit unserer Kindheit kennen, der Einzige ist, der uns noch gehört. Er weiß, dass der kräftige Sklave, der mich auf den Markt und sonst überall hin begleitet ein Geschenk eines früheren Freundes von Valerian ist. Er weiß, dass ich zusehen muss wie wir unsere Casa bewirtschaften können und... und er hat mich trotzdem gefragt ob ich die Frau an seiner Seite sein möchte. Ist das nicht Beweis genug?"
    Nun sah sie Canus direkt an und hoffte so sehr, dass er ihr zustimmte. Denn wenn er es nicht tat, dann konnte sie sich auch nicht mehr sicher sein. Und das war doch alles was Valentina wollte. Sicherheit....