Beiträge von Lucius Claudius Brutus

    Lucius, wie es Gewohnheit war, wenn man ihn direkt ansprach, machte einen Satz zurück und versteckte sich hinter dem großen Numidier, zu dem er nun ein wenig Vertrauen gefasst hatte. Der Mann wusste auch, dass der Kleine sehr scheu war und verraten konnte man das Kind auch nicht, so dass er selbst sprach.


    "Der Dominus kann unmöglich in diesem Aufzug erscheinen, sein Gewand muss zuerst gewechselt werden."


    Lucius pflichtete dem Sklaven mit einem überzeugten Kopfnicken bei und zog leicht an dessen Hand, damit sich dieser in Bewegung setzte. Lucius hatte nun überhaupt keine Lust auf den komischen Mann, der sich Vater nannte.

    Lucius hatte schon vorher davon gehört, dass sie ganz lange in Rom bleiben würde, aber man wollte ja so schnell nichts wahr haben und er hatte fest damit gerechnet wieder vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein. Dem war nicht so, was er schon nach dem ersten Tag erfahren würde, natürlich war da das Geschrei groß.
    So wie auch jetzt.


    "Ich will aber nicht, Rom ist blöd, der Kaiserpalast ist blöd, die Tempel sind blöd, ich will nach Hause."


    Seinen Becher Honigmilch hatte er aber doch so schnell bekommen, dass das anfängliche Schluchzen prompt aufhörte und er den Becher gierig umschloss, um den süßen Nektar zu trinken. Es schmeckte wider Erwaten vorzüglich, so dass Lucius still wurde und sich an dem Getränk, welches er seit der Abgewöhnung von der Ammenmilch vorgehalten bekommen hatte.


    Als der Becher geleert war, kam er wieder auf das Wesentliche: Blödes Rom.
    Sofort wurde der Becher einem Sklaven gereicht und der krabbelte über die Füße des Opas zu dem anderen Ende der Kline, wo Pegasos secundus noch vor einiger Zeit hingeworfen wurde. Dieser lag auf dem Boden und hatte nach Lucius´Meinung kein erfreuliches Gesicht.


    "Nein, schau, er will nicht! Ich auch nicht! Wir wollen nach Hause! Jetzt! Komm Opa Myrtilus! Komm schon!"


    Der vermeidliche Vater wurde nun gänzlich außer Acht gelassen, Lucius ballte seine Hände zu Fäusten und fing an auf der Kline zu springen, mit den Händen auf und ab zu wedeln, wie auch lautstark seinen Unmut auszulassen, indem er schrie und weinte.

    Just in diesem Moment kamen Lucius, an der Hand geführt von einem großen Numidier, und einigen anderen Sklaven aus der Richtung Hortus in eines der zahlreichen Zimmer.
    Lucius wollte Holzschiffchen schwimmen sehen, der Wunsch wurde natürlich nicht ausgeschlagen und so ging er erfreut an der Hand. Man musste sein kleines Gewand wechseln, da er unweigerlich nass wurde, schließlich war das Beobachten nach einiger Zeit öde und die Schiffchen wollten auch nicht zusammenstoßfen, so hatte er sich kurzerhand entschlossen in den kleinen Teich, der eher einem Tümpel gleichkam, zu springen und die Gefährte selbst anzutreiben und gefügig zu machen, damit sie sich endlich rammten.

    Lucius sagte immer noch nichts, weder ein "Salve", noch ein "Papa", denn der Mann war ihm völlig fremd und das Fremde war immer unheimlich und erschreckend zugleich. So umschloss er sein Holzpferd fester und watschelte den Männern hinterher.
    Die Gewohnheit am Daumen zu nuckeln hatte er sich bis jetzt noch nicht abgewöhnen können, besser gesagt, er wollte es auch nicht, aber alle anderen waren der Ansicht es werde Zeit davon abzulassen.
    So kletterte Lucius, nachdem er sein Pferd in eine sichere Ecke des Raumes gebracht hatte, mit Mühe auf die Kline von Myrtilus und formte mit seinen kleinen Händen ein Sprechrohr, um dieses sogleich dem alten Mann ans Ohr zu führen und ihm etwas zu flüstern.


    "Lucius will Honig mit Milch. Und wann kommt Mama?"


    Ein kurzer Blick des Misstrauens zu dem fremden Mann versicherte Lucius, dass dieser nicht lauschte.


    "Ich will nach Hause."


    edit: Rechtschreibung...ich kann ja noch kein richtiges Latein mit 5 Jahren...

    Lucius war zwar sehr vital, doch Fremden gegenüber entwickelte er stets gewisses Misstrauen und ein gutes Stück Angst. Wer wusste schon, ob hier ein böser oder guter Mensch stand, ob er Lucius schmerzvoll in die Backe kneiffen würde oder ihn ebenfalls schmerzhaft unter den Achseln packen und nach oben schleudern würde. Dies alles musste man schließlich in Erfahrung bringen, bevor man sich aufopfernd dem Willen seines Gegenübers beugte.
    So huschte er, nachdem der große Mann vor Opa Myrtilus stand, hinter den alten Mann und blickte teils neugierig, teils ängstlich, sich an einer der vielen Falten der Toga haltend, zu dem Mann. Der da musste Opa Myrtilus kennen, das war klar, ob jener jedoch der Vesuvianus war, der Papa, wusste er nicht.


    Mit großen Augen guckte er hervor und nickte, als der Mann etwas zu ihm sagte. Auf die Worte achtete er gar nicht, Lucius war noch immer zu sehr in Angst versetzt, um hierauf etwas zu erwidern. Dies waren Momente, in denen man Lucius hätte kitzeln müssen, bevor er den Mund aufmachen würde.
    Weiterhin den Mann misstrauisch beäugend stand er hinter Myrtilus und wartete ab, was der Opa machte.

    Dem Jungen schien das Herumtragen nichts ausgemacht zu haben und zeugte von Gewohnheit, da Lucius des öfteren irgendwo verschwinden wollte. Der Cäsar durfte Würfel werfen, da durfte es Lucius natürlich auch. Stolz den göttlichen Mann übertroffen zu haben, lächelte Lucius und klatschte weiterhin in die Hände, auch als man ihn auf die eigenen Füße stellte.


    "Jaaaaaaa, aber nicht ohne Pferd!"


    Sofort blickte er sich zu dem Wagen um und lief los. Da der Wagen zum Einen die Sicht versperren sollte, zum Anderen nicht so leicht weg zu bewegen war, stand er noch immer vor der porta. So war es ein leichtes für Lucius das Gefährt zu erreichen, was jedoch nicht hieß, dass das geliebte Ross es ebenfalls war. Vor den Stufen der Kutsche stehend, auf- und ab hüpfend und mit den Händen nach dem Nichts greifend, um sein Verlangen nach dem Spielzeugpferd zu steigern - er hatte die Erfahrung gemacht, dass bestimmte schnelle und fordernde Gesten die Schnelligkeit der Ummenschen steigern konnten. Ein Sklave erbarmte sich und griff über den Kleinen in die Kutsche hinein, um nach dem geeigneten Spielzeug zu forschen. Auf dem Kutschenboden lag ja noch allerlei anderes Spielzeug herum. Noch bevor das Quängeln des Kleinen zum fordernden Weinen übergehen konnte, war das Ding gefunden und Lucius in die Hände gegeben.
    Dieser stellte sofort das Verhalten um und war überglücklich das geliebte Pferd namens Pegasus Secundos in den Händen zu halten. Da es ein größeres Pferd war, musste er es mit beiden Händen halten, denn vor noch nicht allzu langer Zeit hatte er den Fehler gemacht Pegasus Primus mit nur einer Hand durch das Atrium zu tragen so dass dieser bei dem Sturz auf den Marmorfußboden enthauptet wurde. Damals konnte man Lucius erst nach Stunden mit Pegasus Secundos, der sofort gekauft werden musste, vertrösten.


    Nun war er auch schon bei Opa angelangt und klemmte sich das Pferd unter den rechten Arm, ergriff mit dem Linken reflexartig die Hand des alten Mannes, um diesem zu bedeuten, dass Lucius bereit war.

    Der kleine Lucius wusste nicht was er von dem ganzen halten sollte. Der Kleine wurde aus seiner Umgebung gerissen, seiner Spielfreunde beraubt und den Spielsklaven sowieso, zumindest waren einige dort geblieben. Ob es hier auch das große Wasser gab? Stillschweigend ertrug er die Stille und dachte an die ganzen Geschichten über das große Rom und die Kaiser, manche waren böse Menschen gewesen, das wusste er, denn die Namen böser Kaiser waren interessanter, als die der friedlichen und keine Gräuel verübenden.


    Natürlich musste man ihm beim Aussteigen helfen, denn es war ihm eindeutig zu hoch, so dass er Opa Myrtili nicht folgen wollte und darauf bestehen musste auf den Arm genommen zu werden. Zum Glück gab es Sklaven und ihm wurde geholfen.


    Mit den Elfenbeinwürfeln in der Hand riss er sich von Myrtilus los und lief einige Schritte davon, bis ihn ein Sklave zum Leid des Kleinen erwischte.


    "Neeeein."


    Rief Lucius erböst aus, dennoch nicht so laut, um es als Aufschrei zu bezeichnen. Der Sklave ließ ihn los, denn der Kleine durfte nicht lange festgehalten werden, das mochte Lucius nie und fing dann sofort an zu treten.
    Lucius hingegen lief unbeirrt ein paar Schritte weiter und schleuderte mit all seiner Kraft die Würfel nach vorne. Zu seiner Enttäuschung flogen sie nicht in die Pfütze, in die er eigentlich werfen wollte, prallten statt dessen etwa zwei Metter vor ihm auf die Pflastersteine. Enttäuscht und zugleich erbost über den schlechten Wurf stampfte er einmal auf und setzte sich sofort in Bewegung, um die Steine wieder aufzuheben. Ein Blick verriet ihm, dass der Sklave ihn wohl bald einfangen würde, so dass er die kleinen Beine in die Hände nahm und auf die Pfütze zusteuerte. Leider beherrschte Lucius das schnelle Laufen, doch anhalten konnte er schlecht, so dass er alsbald in der Pfütze stand und die kleinen calligae das unangenehm kalte Wasser an seine Füße durchließen. Stiefel trug er noch nie.
    Doch Lucius hatte Glück im Unglück, nun war er am Ziel. Er holte aus und schleuderte die Würfel zu seinen Füßen. Das Wasser spritzte ihm auf die Beine, doch das war ihm in diesem Moment egal, er streckte die Hände gen Himmel und hüpfte vor Freude auf und ab.


    "Alea iacta est! Alea iacta est!""


    In diesem Moment erwischte ihn der Sklave und Lucius spürte, wie seine Füße langsam die Bodenhaftung verloren und er selbst unter die Achsel des großen Sklaven geklemmt wurde. Nun wurde er horizontal zum Boden zu Myrtilus zurück getragen und klatschte glücklich in die Hände.


    "Opa Myrtiliiiiiii, ich bin Cäsar!"