Beiträge von Lucius Claudius Brutus

    Da er in der Arx nicht empfangen werden konnte aufgrund der Labilität des proconsulschen Gesundheitszustandes, klopfte er direkt am Quell der Macht an. Schließlich hatte er ein Anliegen, welches der Statthalter mit zu tragen hatte.
    Und so richtete er, aus der Sänfte entstiegen, sein Gewand und trat an die Porta, um anzuklopfen.

    Zitat

    Original von Marcus Fabius Rusticus
    Der Wächter klopfte an die Tür und nachdem Rusticus es gehört hatte rief er >Herein.<


    Der junge Claudier betrat das durchaus ansehnliche Officium und verbeugte sich leicht.


    "Ich grüße dich, Magister Officium und habe ein Ansuchen an dich zum Proconsul vorgelassen zu werden. Mein Name ist Lucius Claudius Brutus und ich bin Sacerdos Publicus.", er hoffte das genügte und blickte erwartungsvoll nach vorne.

    Sehr ungern, geradezu angewider, ließ sich der Claudier das Prozedere gefallen. Aber es führte wohl kein Weg vorbei. Ungewöhnlich war es dennoch, wenn der Proconsul so gut bewacht wurde wie wohl nur der Kaiser selbst.

    Leicht verwundert blickte Brutus die Wache an. Er und Waffen? Warum das denn? Er wollte ja noch ein wenig leben und den Proconsul zu erstechen, der ihm auf der Karriereleiter hoch helfen sollte, wäre nicht gerade sinnvoll.


    "Weder das Eine noch das Andere."


    Antwortete er seiner Natur folgend zu leise.

    Die Reise war lang und mühsam und dennoch schaffte er es. Er stand hier, am Ziel, auch wenn dies nur einer Zwischenstation in seinem Leben sein würde.
    Die Bagage ließ er vor den Toren der Stadt, denn hier war sie nicht sicher. Das Meiste würde er sich sowieso neu anschaffen müssen. Geld hatte er genug.
    Doch zuerst musste er vorstellig werden, sein Gesicht dem Manne zeigen, der in seine Karrierepläne fest eingefochten war.
    Und so trat er an eine Wache heran.


    "Lucius Claudius Brutus. Ich bin Sacerdos Publicus und wurde aus Rom hierher geschickt. Ich möchte den Proconsul sprechen."

    Bevor Brutus das heiße Rom in das noch heißere Hispania verließ, wollte er noch einmal die Gelegenheit nutzen, um den Tempel der Vesta, das Ebenbild der Reinheit und Herrlichkeit römischer Tugend und Tradition besichtigen.
    Und da gerade die Vestalia gefeiert wurden, war dies ein eben so praktischer wie glücklicher Tag, dass sein Aufenthalt in Rom sich mit den Vestalia überschnitt.
    Die Gelegenheit war da und er wollte sie nutzen. Früh am morgen erklomm er daher die wenigen Stufen zum Tempel der Vesta und blickte sich nach einer der zahlreichen Vestalinnen um, die ihn hoffentlich herum führen würden. Als Sacerdos war er nicht sonderlich kennzeichnet.

    Brutus wusste ihn zwar, doch zur Sicherheit las er ihn lieber ab. Nicht, dass er noch ins Stocken kam und der Eid in ein schlechtes Licht vor den Göttern geworfen wurde...


    "Ego, Lucius Claudius Brutus, deos deasque imperatoremque romae in omnibus meae vitae publicae temporibus me culturum, et virtutes romanas publica privataque vita me persecutorum esse iuro.


    Ego, Lucius Claudius Brutus religioni romanae me fauturum et eam defensurum, et numquam contra eius statum publicum me acturum esse, ne quid detrimenti capiat iuro."

    "Salve, Septemvir Aurelius.", entgegnete er mit einem freundlichen Lächeln, als er herein trat.


    "Ja, Pontifex Tiberius sagte, ich hätte es in zufrieden stellender Weise hinter mich gebracht und müsse mich bei dir melden. Wohl zwecks der offiziellen Ernennung.", doch Genaueres wusste er nicht. Wie auch, er war noch nicht einmal Sacerdos.

    "Sei dir dessen gewiss, Appius Tiberius, dass sowohl mein Vater als auch ich uns stets gut verstanden haben und mein Werdegang sicherlich kein Grund dafür wäre dies zu ändern.", sprach er stolz und mit einem entschlossenen Ausdruck in seinen Augen.
    Auch wenn er seinem Vater nichts davon erzählt hat, so war er sich sicher, dass jener das Verständnis hätte die Wahl des Sohnes zu akzeptieren und sein Bestreben zu unterstützen. Welcher Vater wollte es denn nicht?
    Zum Glück hatte er sich zuvor die Namen aller Brüder mit dem entsprechenden Gesicht gemerkt. Er hatte genug Geld verschwendet, für jedes Gesicht eine Büste machen zu lassen, um sie sich alle einzuprägen. Aber es half womöglich und das musste er nutzen.

    "Ein Vale bene auch euch, Pontifex, Sacerdos.", antwortete er mit einem unsicheren Lächeln und einer kurzen Verbeugung.


    Brutus konnte noch nie gut mit Menschen. Und er zog es auch vor alleine zu feiern, wenn man es denn feiern nennen konnte, denn er war nun ganz wild darauf wieder ein paar Schriften Platons in die Hände zu nehmen und bis in die Morgenstunden zu lesen.

    Ein Zentner der Last entwich aus seinem Körper und nach der Ermahnung, man solle andere Götter nicht erwähnen, konnte Brutus nur angespannt nicken, doch dann seufzte er befreiend und ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.


    "Ich werde deinen Rat befolgen, Pontifex. Ich danke dir und der Sacerdos. Ja, ich entsende ihm deine Grüße."


    Was nun? Ein wenig verloren stand er dennoch da. Sollte er nun ernannt werden oder erst morgen oder an einem anderen Tag? Oder musste er noch etwas absolvieren?

    Tolle Frage, dachte sich Brutus und fing an zu grübeln. Warum ging man denn überhaupt zu solchen Kultvereinen? Doch nur, um dazu zu gehören, ein wenig Prestige zu ernten und sich nicht nur mit seinem Vater auszutauschen. Ja, er musste sich seine Antwort gut zusammen basteln.


    "Warum ich nicht in der gleichen Kultgemeinschaft bin wie mein Vater, erklärt mein Hang zu Selbstständigkeit und zudem sprechen mich weder die Salii Palatini noch die Collini besonders an.
    Ich muss gestehen, ich bin kein allzu guter Tänzer. Es sind wichtige Kultgemeinschaften, welche einen großen Dienst an Rom verrichten, doch sie stehen im Schatten der Arvales Fratres.
    Daher möchte ich dazu gehören, weil ich diese Kultgemeinschaft wie auch ihre Mitglieder über alle anderen schätze. Das Opfer zum Dienste unserer Soldaten und zum Schutze unseres Vaterlandes ist einer der größten Dienste und ich würde mich geehrt fühlen, diesen mit euch vollziehen zu können."


    Kurze Zeit später betrat Brutus den Raum und verbeugte sich leicht.


    "Lucius Claudius Brutus ist mein Name. Sohn des Senators Claudius Menecrates und Enkel des Senators Claudius Macrinus.", stellte er sich vor. Die Namen seines Vaters und Großvaters galten hier sicherlich viel, schließlich war sein Vater ein ehrbarer Mann und Senator und sein Großvater einst nicht nur Senator, Proconsul und Praefectus Praetorio, sondern auch Träger des Ehrennamens Restitutor und galt wohl damals genau so viel wie der Kaiser selbst.

    Der Blick des Pontifex war eine überaus große Erleichterung, so dass Brutus sich sicher sein konnte, nun mit dem blutigen Opfer fortfahren zu dürfen.
    Die Toga nahm er von seinem Kopf und folgte den beiden Prüfern hinaus vor die Treppen des Tempels.


    Ein Kreis Schaulustiger stand schon seit geraumer Zeit und einige claudische Sklaven waren auch seit dieser geraumen Zeit damit beschäftigt, diese Schaulustigen zurück zu drängen, damit der Opferherr genug Platz hatte, um das Ritual auszuführen.
    Ein Tempeldiener, der Brutus gefolgt war, hatte eine Schüssel unter dem Arm und ging durch die Reihen der Opferbeteiligten, sowohl der Opferhelfer wie auch die Prüfer und Brutus selbst, um diese mit Wasser zu besprengen und so noch einmal die helige Waschung durchzuführen. Nachdem er damit fertig war, wandte er sich an die Schaulustigen mit den Worten: "favete linguis!", und besprengte auch diese, um sicher zu gehen, dass Nichts am Opferplatz unrein war.
    Brutus nahm dies nur halbherzig zur Kenntnis, er selbst ging in Gedanken die Opferformel durch und die spannte seine Muskeln an. Denn schon die Nacht zuvor hatte ihn die Frage gequält, ob er die Ziege selbst erlegen sollte oder dies einem cultrarius überlassen konnte. Doch da er als künftiger Sacerdos auch nicht selbst schlachten würde, entschied er sich gegen eine aktive Beteiligung.


    So nahm er den goldenen Becher, welcher ihm zuvor gereicht wurde und trat an die mit einer reich verzierten Wolldecke geschmückte schwarze Ziege heran. Natürlich wurde sie von Brutus zuvor sorgfältig ausgesucht und war ein aus einer oberitalischen Zucht sicherlich makelloses Tier.
    Leicht kippte er den goldenen Becher und übergoß damit den Kopf des Tieres mit purpurrotem Wein.


    "Ich weihe dieses Tier dir, Göttin Venus Libitina!", sprach er laut und deutlich, trat zurück, um das Opfermesser in Empfang zu nehmen. Die Wolldecke wurde dem Tier abgenommen, welches sich dafür nicht gerade bedankte und schon wie beim Übergießen mit Wein, zu zittern anfing und leicht an den Seilen zerrte, welches es fest angebunden hielten.
    In gravitas und völliger Ruhe, strich Brutus dem Tier mit dem Messer vom Kopf und über den Rücken, um es symbolisch zu entkleiden, um sich darauf gen Himmel zu richten und seine Handflächen wieder nach oben zu legen. Die Toga ward zuvor kurz über den Kopf gezogen und die Flötenspieler begangen auch zu spielen.


    "Göttin nimm´dich dieses Opfers an, denn es ist ein Geschenk an dich, ein Dank für deinen Dienst an Rom und der ganzen Menschheit. Große Göttin, ich hoffe, du erfreust dich dessen."
    Dies war die Opferformel und nachdem die heilige Waschung ein weiteres Mal erfolgte und er sich mit demmalluium latum abtrocknete, wurde ihm der goldene Becher wein weiteres Mal gereicht.
    "Ich trinke auf dich, Venus Libitina, möge es dir munden.", sprach er, verschüttete einen Teil des Weines auf den Boden und nahm darauf hin selbst einen kräftigen Schluck.


    Der cultrarius trat mit dem Opfermesser an das Tier heran und setzte es an der Halsschalgader gekonnt an. Er war ein alte rund erfahrener Mann, welcher sogleich die rituelle Frage stellte.
    "Agone?", worauf hin Brutus entschieden nickte: "Age!"
    Und das Messer wurde in das Tier gestoßen, welches zuckte, sich jedoch nach kurzer Zeit auf den Boden legte, da es die Kräfte verließen. Blut floss und befleckte nicht nur den cultrarius, sondern auch Brutus´Gewand. Ein Sklave eilte herbei und stellte eine Schale unter die blutende Wunde, um das Blut noch aufzufangen.


    Sie blutete lange und nachdem man sicher sein konnte, dass das Tier nicht mehr zucken würde, konnte man es gefahrlos auf den Rücken drehen und den Bauch aufschneiden. Dies übernahm selbstverständlich der Schlächter.
    Er nahm auch die Organe heraus und bereitete sie auf der patera zur Eingeweidenschau aus.
    Dies war nun wiederum Brutus´Aufgabe. Er hatte schon Monate davor Bücher und Schriftrollen gewälzt, ja sogar bei einem Schlächter und einem erfahrenen Sacerdos um Rat gefragt, um ja nichts zu übersehen und zu wissen, wie welches Organ auszusehen hatte.
    Nun stelle er sich vor die patera und begutachtete alle Eingeweide genau, nahm einige in die Hand, wog sie, drehte sie und legte sie wieder zurück.
    Eine angespannte Stimmung lag in der Luft, denn jeder wartete auf das wohl bekannte Wort. Alles schien in Ordnung und ehe er das Wort sprach, warf Brutus einen Blick zum Pointifex und dann zu einem der Sacerdotes, die diesem Schauspiel als Zuschauer beigewohnt hatten. Einer davon wurde von Brutus zuvor bezahlt, um ihm zu signalisieren, ob er nun wirklich richtig lag mit der Eingeweidenschau oder nicht. Und als dieser leicht nickte, zeichnete sich ein leichtes Lächeln auf den Zügen des jungen Claudiers ab.
    Er stand ruhig auf, drehte sich zur Menge und rief "Litatio!", worauf hin diese in Jubel ausbrach und mit den Händen klatschte.


    Auch wenn sich Brutus darüber freute, galt sein zweiter Blick seinen beiden Prüfern, auf die er sich ruhig zubewegte und einige Schritte fragend vor diesen stehen blieb. Ob er bestanden hatte oder nicht, das wusste er nicht.
    Und während der Schlächter das Tier für die kommende Volksspeisung präparierte, wartete der Claudier auf sein Urteil.

    Brutus lächelte leicht und prostete kurz seinem Vater zu, nachdem er sich einen der vielen mit verdünnten Wein gefüllten Becher nahm.


    "Ein wunderschöner Morgen, Vater.", pflichtete er ihm schließlich bei, um das Gespräch in Gang zu setzen. "Es ist entschieden, ich habe die erste Probatio absolviert und morgen ist meine praktische Prüfung im Tempel der Venus Libitina.", erwähnte er nebenbei und nahm sich wieder seiner Trauben an, um die Reaktion des Vaters darauf abzuwarten.