Beiträge von Chion

    Leichtfüßig wie immer ging Chion über das Brett, das die Dhow mit dem Pier verband. Er war froh endlich von dem Schiff herunterzukommen.
    Nicht weil er keine Schiffsreisen mochte oder ihm übel geworden war, denn die Reise war sogar erstaunlich angenehm verlaufen, nein er freute
    sich einfach in Alexandria zu sein. Oft hatte er von der Stadt gehört, doch er war nie hier gewesen. Er hatte mit dem Kapitan noch vereinbart,
    dass ihn zwei der tylusischen Seemänner an Land begleiten sollten für den Fall der Fälle. Sein Herr hatte schon geschimpft und wollte ihn zum
    Training in eine Gladiatorenschule schicken, doch glücklicherweiße hatte er das vergessen. So beschützt und mit einer leichten Leinentunika und
    einer breiten Ledertasche ging er von Bord.

    Chion hatte inzwischen sein Pferd in einem Mietstall untergebracht und die Satteltaschen gegen eine große Ledertasche getauscht.
    Er lief langsam an den vielen Schiffen vorbei bis er eindlich eines mit der Aufschrift Perle von Tylus fand. Er wollte gerade an Bord
    gehen, als jemand laut zu brüllen anfing.


    "Heda. Was machst du da? Ach das ist auch egal. Verschwinde einfach. Wir heuern niemanden mehr an."


    "Ich bin Chion. Ihr sollt mich nach Alexandria bringen. Dafür habe ich eine Erlaubnis von Lucius Annaeus Florus."


    sagte Chion und zeigte die Wachstafel nun dem bärtigen Seeman der vor ihm stand.


    Hiermit erlaube ich, Lucius Annaeus Florus, dem Besitzer dieser Tabula, die Verwendung des Schiffes welches unter dem Namen "Perle von Tylus" meinem Bruder gehört. Die Befehle des Inhabers sind wie Befehle meines Bruders anzusehen und sofort zu seiner vollen Zufriedenheit auszuführen.



    Da der Seeman sowie auch die anderen Männer an Bord nicht lesen konnten und sie Chion nicht einfach so trauten, musste Chion erst zwei Stunden
    warten. Dann kam endlich der Kapitän. Dieser konnte lesen und nach kurzer Zeit fand sich Chion wieder in einer kleinen aber gemütlichen Kajüte wieder,
    wo er seine Sachen in einer Kiste verstaute. Der erfahrene Kapitän ließ inzwischen Proviant aufladen und auch einige waren mit denen er selbst in
    Alexandria Handel betreiben wollte. Gegen eine kleine Gebühr wusste Chion auch nichts davon. Nach zwei Tagen und einer letzten Nacht in den vielen
    Bordellen und Tavernen Ostias, waren alle Seeleute wieder an Bord und auch der Proviant war fertig verladen. Die Perle von Tylus würde endlich in
    See stechen.

    Nach etwas mehr als zwei Tagen kam Chion vor dem Toren Ostias an. Langsam ritt er zu den Wachen hin.


    "Ich bin Chion, Sklave von Kaeso Annaeus Modestus, der derzeitige Duumvir von Mantua, und in seinem Auftrag
    unterwegs, um zwei Briefe zu überbringen."


    Die beiden Soldaten mussterten Chion kritisch bevor sie nickten und ihn hereinließen. Und so trottete Chions
    Pferd langsam durch den Torbogen.

    Drei Stunden nach dem Gespräch mit seinem Herrn ritt Chion durch das Tor der Casa. Über seiner Reisetunika aus dicker Wolle
    trug er noch eine Paenula. In die Satteltaschen hatte er neben den Dokumenten noch einigen Proviant und zwei Tuniken eingepackt.
    Verborgen unter der Paenula hing noch ein Pugio. So ausgestattet trieb Chion sein Pferd an und lenkte es auf die Straße die nach
    Arretium führen würde. Von Arretium aus würde er direkt nach Ostia reiten können.

    "Nein ich habe keine Fragen, Dominus. Ich werde gleich noch einige Dinge und Proviant zusasmmenpacken und heute Mittag abreisen."

    sagte Chion und verließ das Officium mit dem drei Schriftstücken und dem Lederbeutel. Fast wäre ihm der Geldbeutel aus der Hand
    gefallen, doch er hatte es noch verhindern können und nun hing der Beutel an seinem Gürtel.

    Nachdem er kurz angeklopft hatte tratt Chion ein. Vor dem Schreibtisch seines Herrn, hinter dem dieser auch saß, blieb er stehen


    "Salve, Dominus. Du hast mich rufen lassen." sagte er mit einem fragenden Unterton und einem leichten Lächeln.

    Da Chion vorausging war er auch als erster bei der Porta und klopfte an die schwere Eichentür. Sie
    wurde von einem großen und starken Nubier geöffnet, der Chion gut um einen Kopf überagte.


    "Salvete. Ihr befindet euch vor der Villa Saliena. Was ist euer begeht ?"


    Chion, geübt in solchen Dingen, antwortete dem Türsteher auch gleich.


    "Der Stadtschreiber von Mantua Decimus Annaeus Varus möchte im Auftrag des Duumvirs Kaeso
    Annaeus Modestus den ehrenwerten Decurion Manius Salienus Calvisius sprechen um mit ihm über
    einige geschäftliche Angelegenheiten zu sprechen."


    "Ich werde meinen Herrn benachrichtigen lassen. Wenn dein Herr solange Atrium warten möchte."


    sagte er und machte eine einladende Geste.

    Chion nickte nur kurz und ging voraus, denn der Annaeer kannte den Weg nicht. Die Villa war nicht weit weg
    von der Casa der Gens Annaea, weshalb es nicht sehr lange dauerte bis die beiden Männer vor ihr ankamen.

    "Er ist schon hier."


    sagte Chion und stand von der Bank im Atrium auf. Er trug nun die himmelblaue Tunika die mit einem guten
    Gürtel mit vergoldeter Schnalle gegürtet war.


    "Zwei Dinge. Erstens solltest du jetzt nichts essen, denn du wirst bei Calvisius essen. Ob du willst oder nicht.
    Zweitens solltest du nicht mit dir selbst sprechen. Das tun nur Irre und keine zukünftigen Magistrati."

    "Ich werde im Atrium auf dich warten, Herr."


    sagte Chion und räumte nun die Wachstafeln in die Schubladen. Für heute würde er seine Arbeit beenden.
    Nun musste er nurnoch die gute Tunika finden und sich umziehen. Waschen sollte er sich auch noch. Doch
    ein gutes gab es ander Sache. Das Essen bei diesen reichen Männern war meistens sehr gut.

    "Sicher. Er lebt in der Villa Saliena, die nicht weit von hier ist. Allerdings würde ich vorschlagen, dass du deine beste Toga
    anziehst und auch noch den Tonsor der Villa aufsuchst. Er ist einer der reichsten Bürger Mantuas und legt viel Wert auf ein
    gepflegtes Äußeres. Er hat selbst seinen Angestellten kostbare Togen geschenkt, damit sie ordentlich aussehen, wenn sie
    bei ihm Bericht erstatten."


    Chion legte nun endgültig die letzten Wachstafeln zur Seite und überlegte wo die himmelblaue Tunika mit der goldenen Borte
    war, die ihm Modestus für solche Anlässe gekauft hatte. Wahrscheinlich sollte er Varus auf die Finger schauen, denn sonst
    hätte sein Dominus diesen Varus sicher nicht zu ihm geschickt. Schließlich gab es genügend Sklavenjungen in der Casa und
    in der Curia, die die Villa kannten.

    Dies ist die Villa des Manius Salienus Calvisius. Schon von außen lässt das pompöse Gebäude erahnen in welchem Luxus
    seine Bewohner schwelgen. Das gesamte Anwesen ist mit feinem weißem Marmor verkleidet, der von solch einer Qualität
    war, dass man ihn ohne bedenkten selbst in den wichtigsten Tempeln Roms hätte verbauen können. Wenn man nun den
    Kopf vor gen Himmel streckte sah man, dass die Balken der Traufe komplett vergoldet worden waren. Diese Villa zu errichten
    musste ein Vermögen gekostet haben, doch es ist weithin bekannt, dass der Saliener nicht am Hungertuch nagen musste.
    Zwar ist er nicht so reich wie der Licinier Crassus, doch an dessen Verwandten Lucullus reicht er heran.

    Chion saß gerade an dem kleineren Holzschreibtisch im Officium seines Herrn und überprüfte wie angeordnet, die Einnahmen
    und die Ausgaben einer Werkstatt seines Herrn. Der Altarbauer hatte anscheinend eine recht ordentliche Gewinnspanne, doch
    der Verkauf lief in der letzten Zeit etwas zäh und so waren noch Altäre einige im Lager. Die Anzahl der im Lager verbliebenen
    Altäre notierte Chion auf einer Wachstafel.

    Die Sänfte wurde am Rand des Grundstücks vorsichtig von den vier Galliern abgestellt und Chion öffnete wieder den Vorhang.


    "Wir sind angekommen, Dominus." sagte er ruhig und ging wieder etwas zurück, damit der alte Annaeer herauskommen konnte.

    Chion zog den Vorhang der Sänfte wieder zu und auf sein Zeichen hoben die vier Sklaven die Sänfte an. Er wieß die Sklaven noch an
    ihm zu folgen und ging voraus. Da keine Eile von Nöten war lief er in einem angenehmen Tempo voraus und die Sklaven passten sich
    dem Tempo an. Deshalb wackelte die Sänfte auch nicht besonders doch es dauerte etwas länger bis die Sänfte ihr Ziel erreichte.

    Als er sicher war, dass Sophus im folgte, ging Chion zur Tür und öffnete sie. Vor der Türe warteten schon vier große Gallier mit einer Sänfte.
    Diese war für ein bis zwei Personen ausgelegt und mit bunten Farben und Schnitzereien verziert. Chion räusperte sich kurz und Gallier hörten
    auf mit einander zu reden und machten sich bereit. Sie verteilten sich an die vier Holme der Sänfte und Chion zog den Vorhang, der die Person
    in der Sänfte von der Außenwelt abschirmte, zur Seite damit Sophus einsteigen konnte.

    "Natürlich werde ich dich dorthin führen, Dominus. Entschuldige mich bitte kurz."


    sagte Chion und winkte einen Sklavenjungen herbei.


    "Lauf zur Curie und unterrichte den Dominus Annaeus Modestus davon, dass der
    Augur Annaeus Sophus sich nun zu dem Bauplatz begeben wird. Ach und bringe
    diese Briefe vorher noch in das Officiumd des Dominus."


    Der Junge nickte nur kurz und nahm die Briefe von Chion und verschwand danach in der Casa.


    "Wenn du mir nun bitte folgen würdest. Vor der Porta wartet bereits ,wie vorher
    angeordnet, die Sänfte auf dich, Dominus."

    Chion kam gerade mit zwei Briefen in der Hand durch das Vestibulum und wollte
    auch sofort zum Officium seines Herrn als er den Großvater seines Herrn sah.


    "Kann ich euch vieleicht helfen, Dominus ?"


    fragte er während er vor dem alten Annaeer stand. Vieleicht war er ja jetzt bereit
    für dieses Ritual, dass er durchführen sollte. Chion hatte zwar keine Ahnung davon,
    aber Tempelbau und ähnliche Sachen interessierten ihn auch nicht besonders.

    "Jawohl, Dominus. Aber darf ich dich an deinen Termin mit dem Duumvir von Patavium, Faustus Tarpeius Pandus, erinnern."


    sagte Chion, da er vermutete, dass sein Herr den Termin wohl vergessen hatte.