Timokrates runzelt die Stirn. Was für eine ungehörige Frage. Das Opium hatte wohl Nikolaos Hirn vollkommen vernebelt. Ungewöhnlich ernst beginnt Timokrates, zu erzählen: "Na klar. Dir kann ichs ja erzählen: Also, ich bin Dionysos. Wenn ich von meiner bürgerlichen Arbeit nach Hause komme, ziehe ich mir einen weiten, grauen Mantel und eine alberne vergoldete Theatermaske an, dann gehe ich raus, fliege die ganze Nacht über die Dächer der Stadt und vernichte alle, die mir nicht passen mit meinen Blizen, die mir Zeus höchstpersönlich gegeben hat. " Ernst schaut er Nikolaos eine Weile lang eindringlich an...
Dann bricht er aprupt ab vor Lachen. Nachdem er sich wieder eingekriegt hat, meint er immer noch amüsiert zu Nikolaos: "Am Anfang hast du mir jetzt wirklich geglaubt, oder? :D"
Timokrates wird wieder ernst und für seine Verhältnisse sogar ungewöhnlich seriös: "Nein, mal im Ernst: Die Nimbactus ist offiziell eine eingetragene Zunft. Sie setzt die Preise für die Beerdigungen fest, zahlt ihre Steuern und ist beim Agoranomos im Handelsregister eingetragen. Wie alle anderen Zünfte übt sie also ganz legal ihren Einfluss aus und es ist nicht schwierig, mit ihr in Kontakt zu kommen. Natürlich weiß aber in echt jeder, was die Nimbactus wirklich macht - obwohl ihr noch nie etwas nachgewiesen werden konnte. Alle Untersuchungen und Razzien waren erfolglos und brachen irgendwann im Sumpf des rhakotischen Klientelwesens ab. Jeder deckt den anderen. Die Leute werden unter Druck gesetzt und gegenüber den offiziellen Behörden ist man ohnehin skeptisch. Nur kleine Fische wurden bisher geangelt und nie gelang ein Nachweis, dass es sich bei den begangenen Verbrechen um mehr als nur Einzeltäter gehandelt habe. Man geht davon aus, dass die Nimbactus Rhakotis fast vollständig in ihrer Hand hat und dass es Verbindungen zu zahlreichen einflussreichen Personen der Stadt gibt. Aber das brauche ich dir sicher nicht zu erklären, du sitzt da ja als Strategos direkt an der Quelle.
Was mich anbelangt, so verfolge ich im Hinblick auf die Nimbactus einen etwas unorthodoxen Kurs: Sicher, die Nimbactus ist eine Gefahr für die öffentliche Ordnung: Sie organisiert einen unfairen Wettbewerb, sie unterhält bewaffnete Männer, sie lässt Menschen verschwinden und ermorden und sie unterschlägt der Stadt und dem Kaiser Unmengen an Steuergeldern.
Aber die Nimbactus macht noch etwas anderes: Sie stabilisiert in gewissem Maße das Rhakotisviertel. Sie hält einen Deckel auf einen brodelnden Topf von Frustrationen, Aggressionen und Hass, der sich durch ihr Fehlen jeden Moment entladen könnte. Blutige Bandenkämpfe und Volksaufstände, denen die Behörden relativ machtlos gegenüberstehen würden, wären die Folge.
Meine Strategie ist es deswegen, die Nimbactus in gewisser Weise zu behalten, sogar zu garantieren, dass sie die Oberaufsicht in diesem Viertel behält. Auf der anderen Seite muss die Nimbactus in gewisser Weise beschnitten werden um ihre wüstesten Ausschweifungen zu verhindern. Dazu müssen auf der einen Seite inoffizielle Verträge mit den wahren Anführern dieser Organisation gemacht werden, eine Praxis die übrigens schon meine Vorgänger pflegten, auf der anderen Seite brauche ich Spitzel, die kontrollieren, ob sich die Nimbactus an die Voraussetzungen hält."