Nach einiger Zeit spaziert Timokrates in den kleinen Hof. Er hat die Arme weit geöffnet und strahlt den Gast familiär an.
"Chaire Akhom, Willkommen in meinem bescheidenen Heim! Kann ich irgendetwas für dich tun?"
Nach einiger Zeit spaziert Timokrates in den kleinen Hof. Er hat die Arme weit geöffnet und strahlt den Gast familiär an.
"Chaire Akhom, Willkommen in meinem bescheidenen Heim! Kann ich irgendetwas für dich tun?"
Auf einem anderen Korbstuhl, der etwas abgeschottet von den anderen stand, saß eine Gestalt in weiter blauer Robe und mit einer goldenen Theatermaske. Ein paar Leibwächter sorgten dafür, dass niemand dem Mann zu nahe kam. Aber eigentlich war das nicht so wichtig. Dass sich reiche und wichtige Männer zu solchen Anlässen zu verkleiden pflegten, war eigentlich recht normal und bisher waren nur Gerüchte zu vernehmen vom Ableben Zoroasters und dem plötzlichen Auftauchen von Dionysos, dem neuen König der Unterwelt.
Auch der Mann mit der Maske hatte zwei hübsche Mädchen an seiner Seite, aber er spielte eher gelangweilt mit ihnen herum. Die Einladung war an ihn geschickt worden, da Zoroaster immer Teilnehmer an diesen Treffen war und die Nobilität der Stadt diese Stelldicheins wohl bisher immer nutzte um eigentlich unerwünschte aber doch manchmal unentbehrliche Kontakte mit der Gesellschaft der Schatten zu knüpfen. Dionysos persönlich hielt diese Veranstaltung für albern und idiotisch. Man musste schon sehr gelangweilt vom Leben sein, wenn es einem Spaß machte, zuzusehen, wie sich Menschen und Raubkatzen gegenseitig zerfleischen. Wieder so eine rhomäische Schnapsidee. Gelangweilt zog er an der Wasserpfeife neben sich und flüsterte dann einem der Leibwächter was zu, worauf dieser rief:
"200 auf den Sklaven!"
Eine von Timokrates Augenbrauen verselbstständigt sich auf wundersame Weise und zieht sich in die Höhe. Eigentlich wollte er nur mithilfe einer absoluten Belanglosigkeit ein Gespräch anfangen und nicht über die Frage ob früher alles besser war oder nicht diskutieren, eine Frage, die Timokrates auch offen gestanden so ziemlich egal ist. Er wusste bisher nicht einmal, dass so eine Frage von Belang sein könnte, obwohl schon was wahres daran ist, dass es viele Menschen gibt, die die Welt genau so zu interpretieren scheinen.
Aber was solls, zumindest ist er jetzt mit dem Mann im Gespräch. Ein sehr selbstbesessener Kosmopolit wie es scheint, wahrscheinlich will er seinen Minderwertigkeitskomplex bezüglich der wirklich nicht sonderlich interessant klingenden Herkunft übertünchen. Also lächelt Timokrates und stellt sich selbst vor:
"Dann bist du also auch nicht von hier. Mein Name ist Timokrates aus Kyrene. Eine Stadt, die wohl weitaus mehreren Leuten ein Begriff sein dürfte als Oionanda. Obwohl ich sagen muss, dass mir der lykische Städtebund durchaus ein Begriff ist."
Dass man die lykische Abkunft aus dem leicht grobschlächtigen Koiné-Dialekt des Mannes heraus hören konnte, verschweigt Timokrates mal lieber.
"Und was Alexandria angeht- So kann man nicht leugnen, dass die Stadt seh viele Reize mehr dionysischer den epikuräischer Natur zu bieten hat. Hast du schon einmal Kanopus besucht?"
Fast hätte er weiter ausgeführt, dass der Epikuräismus nach seiner Meinung nur eine traurige Verwässerung hedonistischer Ideen darstellt, die in der Praxis kaum mehr von der lebensfeindlichen Philosophie der Stoa zu unterschieden ist, aber er kann es sich gerade noch verkneifen. Alles zu seiner Zeit.
Der Mann in der goldenen Theatermaske lehnt sich weit nach hinten zurück und fuchtelt mit dem Schriftstück in der Hand in der Luft herum. Dann lehnt er sich wieder nach vorne und studiert den Wortlaut noch einmal genau. Die Türe ist verriegelt und niemand darf hinein. Gerade sahen die Verhältnisse so gut aus, da kommt schon der erste Brief vom Chef.
Unter seiner starren Maske verzieht Dionysos das Gesicht. Mord... Er ist ein Schwindler, ein Trickbetrüger, ein Dieb, aber Mörder...? Keine Frage: Dieser Auftrag geht vollkommen gegen seine Prinzipien.
Er faltet das Schriftstück zusammen und nimmt eine neue Papyrusrolle hervor...
Ranshid, der lustige Inder
Ranshid überlegt fieberhaft. Was hat der Herr gesagt? Er geht im Kopf nochmal die Liste der erwarteten Besucher durch, aber bemerkt, dass sie ihm wohl entfallen ist. Jetzt steht er vor einer sehr schwierigen Entscheidung: Erst nochmal nachfragen und den Besucher draußen stehen lassen oder den Besucher einfach reinlassen. Letzteres würde Timokrates vielleicht entzürnen, ersteres den Gast. Da Ranshid aus einem Land kommt, wo Gastfreundschaft groß geschrieben wird, Timokrates nur sein Vorgesetzter im Rahmen eines ökonomischen Zweckbündnisses ist und nicht sein Herr und der Mann einen recht ordentlichen Eindruck macht, entscheidet er sich für reinlassen.
"Hewzlich willkommen, Akhom. Es ist miw eine Fweude, dich als Gast in Timokwates Haus zu haben. Bitte folge miw!"
Er weist ins Innere des Gebäudes und führt den Besucher in einen schönen, ägyptisch angelegten Innenhof mit zahlreichen exotischen Pflanzen und weist auf eine Kline, neben der eine Schale mit Naschereien und Wein steht.
"Einen Moment noch bitte, ich hole den Herren."
Dann verschwindet er.
Timokrates begutachtet weiter die beiden nackten Männer, wie sie sich auf dem Boden wälzen und das Olivenöl den Körper immer mehr mit Sand paniert. Wär eigentlich lustig, wenn es jetzt zu regnen anfangen würde, denkt er sich.
Dann schaut er sich wieder um. Das Gespräch mit den alten Säcken wird ihm langsam ein wenig zu langweilig. Sicherlich hatten sie schon ein langes Leben hinter sich, das sie ganz der Stadt widmeten und waren somit eine gute Informationsquelle was wichtige Persönlichkeiten und anderes angeht. Außerdem konnte er so seinen Namen in das Gedächtnis der lokalen Aristokratie einbringen. Aber mit der Dauer wird es langweilig, mit vertrockneten und verkalkten Männern über die Bauchmuskeln von Athleten zu debattieren. Er sucht jemand Jüngeres.
Ein neuer Besucher betritt die Zuschauerstoa, der Timokrates Vorstellungen entspricht. Noch weiß er nicht, dass der Mann Diogenes ist, ein weitgereister Mann aus einem winiziigen Kaff des vollkommen unbedeutenden lykischen Bundes.
"Entschuldigt, ich muss weiter. Schönen Tag noch die Herren." verabschiedet er sich und tänzelt in Richtung Diogenes. Er stellt sich so als würde er nur den Wettkampf mitverfolgen wollen hinter den Anatolier und meint dann irgendwann:
"Die Ringkämpfer sind auch nicht mehr das, was sie mal waren, oder?"
Ranshid, der lustige Inder
Die Türe wird geöffnet und ein kleiner, sehr exotisch wirkender Mann mit Turban und grauem Schnurrbart verbeugt sich lächelnd vor dem Besucher. Zahlos grinst der Akhom an.
"Willkommen an der Tüwe des bescheidenen Hauses von Meister Timokwates. Was kann ich füw dich tun, mein Fweund?"
Theodorus, Timokrates und Vocula sind wohlbehalten wieder zurück
Timokrates würfelt eine III und eine VI. Nnja, kein so guter Wurf aber es ließe sich schon was draus machen. Timokrates übergeht aber die Gelegenheit und macht, ohne sich das anmerken zu lassen, absichtlich einen schlechteren Zug.
"Ach so. Glücksspiel und guter Wein. Wer hat denn gesagt, dass wir hier Glücksspiel spielen? Also ich sehe niemand, der hier Glücksspiel betreibt.
Aber mit dem Wein..." er nippt noch einmal und trinkt dann einen vollen Schluck "...hast du wohl recht, ja!
Aber verzeih noch einmal meine Frage: Sie kam mir viel eher in dem Sinn, da mir gerade eben bewusst wurde, dass wir uns noch gar nicht vorgestellt hatten. Mein Name ist übrigens Timokrates Kyrenaikos." Höflich verbeugt er sich in die Philidas Richtung.
Timokrates schaut Philidas etwas fragend an.
"Schöner Zug, aber du vergisst, dass ich einen Stein von dir rausgeworfen habe. Den musst du erst wieder einsetzen. Die II. und die III. Reihe sind frei bei mir. Du kannst also wieder rein."
Dann wechselt er ganz unvermittelt das Thema:
"Sag mal, was treibt dich eigentlich in diese Lokalität, wenn ich fragen darf."
Etwas verärgert nimmt Timokrates den Würfelbecher und wirft!
"Bei allen Göttern der Unterwelt! Ver Pasch!"
Seelenruhig stellt er die Steine in die Vte Reihe, wo ein einsamer Stein des Philidas nun seinen Platz räumen muss. Er hat jetzt alle Steine geschlossen.
"Verdopple abermals."
Das hätte Akhom nicht erwähnen müssen, denn Timokrates schaut schon wieder auf sein Brett. Soviel ist auch noch nicht passiert. Er würfelt und der geschmissene Stein ist wieder im Spiel.
"Broucheion, Deme Nikephoros, Phratrie Dyonisos. Ein Haus in ägyptisierendem Stil, direkt am Argeus-Boulevard nicht weit entfernt vom Alexanderplatz. Ist eigentlich leicht zu finden."
Nachdem Akhom geredet hat schaut sich Timokrates etwas skeptisch um. Dann raunt er Akhom zu: "Ich bin auch ein Freund offener Worte. Allerdings wirkt mir dieses Lokal nicht gerade wie der beste Ort für offene Worte." Dann wieder lauter: "Wie wärs, wenn wir uns mal lieber privat treffen, ganz ungestört und ungezwungen? Sagen wir, irgendwann nächste Woche bei mir?"
Timokrates schmunzelt schelmisch. "Gut erkannt, mein Freund." Dann mustert er den Alexandriner aufmerksamer: "Auch ich habe meine Kontakte. Und wenn ich mich wiederum nicht irre, denke ich, dass wir einen interessanten Handel abschließen könnten..."
Timokrates Mine erhellt sich. "Ah! In die Politik! Das ist ja eine feine Sache. Das trifft sich ja hervorragend!"
Dann schaut er wieder auf das Spielbrett.
"Um in die Politik zu gehen braucht man einflussreiche Freunde und viel Geld um sich einen Namen zu machen. Weißt du schon, wie du das anstellen willst?"
Timokrates schüttelt seinen Würfelbecher ein wenig um seine Hände zu beruhigen.
"Ich denke, wenn man einige Zeit im Geschäft ist, lernt man die richtigen Leute - die Unterwelt - schnell kennen. Willst du das Geschäft deines Vaters übernehmen oder planst du weiter?"
"Hmm... Auf die Unterwelt... " Konzentriert schaut Timokrates auf das Spielfeld. Dann wendet er sich aprupt zu Akhom.
"Na ja, ein ehrbarer Mensch sollte sich auch nicht mit solchem Gesindel herumtreiben - obwohl es als Händler oft schwer ist, sich darum herum zu drücken - oder als Politiker..."
Etwas wehmütig schiebt Timokrates die schwarzen Steine rüber und baut sich selbst seinen Teil auf. Dann würfelt er.
Mist! Gerade und ungerade beim ersten Zug. Schlecht, ganz schlecht. Und dann auch noch in der Kombination. Zähneknischend schiebt er seine Steine weiter hinten im Spiel weiter und lässt die am Anfang unangetastet.
"Ermordet haben sie ihn? Hässliche Sache das. Ganz hässliche Sache. Weißt du, wer sie ermordet hat?"
Timokrates kneift ein wenig enttäuscht die Augen zusammen. Eigentlich spielt er am liebsten Schwarz.
"Bist du dir sicher, dass du Schwarz spielen willst?"
Dann wirft auch er seinen Einsatz, ein paar Drachmen und Obolen, ungefähr das geschätzte Adäquat zu Philidas Sesterzen, auf das Spielfeld.
"Ich geh dann mal. Ich hab noch zu tun heute. Timokrates, komm einfach mal die Tage vorbei. Chaire, Philoi!" meint dann Hamilkar, aber man sieht ihn an, dass er sich wegen seines Verlustes ärgert.