Beiträge von Theodorus von Corinthus

    Nach dem Ruf von innen richtete ich noch einmal meine zerschlissene Kleidung und die zerzausten Haare und trat schließlich ein. Schnell schloss ich die Tür hinter mir.


    "Chaire, werter Herr. Mein Name ist Theodorus von Corinthus. Ich suche Anstellung im Lehrbetrieb dieser Schola oder einer anderen."

    Etwa zur ersten Stunde des neuen Tages hatte ich mich von meinem Platz auf dem forum romanum auf den Weg zur Tiberbrücke gemacht. Dank mangelnder Ortskenntnisse hatte ich eine gute Stunde benötigt. Zum Glück half mir der junge Morgen, den Weg doch noch zu finden. Nun stand ich zitternd vor morgendlicher Kälte auf der Tiberbrücke und hielt Ausschau nach dem bekannten Gesicht des Sklaven.

    In meiner spärlich gesäten freien Zeit wollte ich nun auch einmal die vielen Tempel besichtigen, die Rom für den Besucher bereithielt. Freudig betrat ich den Tempel des Mars, des Kriegsgottes der Römer. Hier würde ich wahrscheinlich keine tiefschürfenden Antworten finden, glaubten die Menschen doch schon seit Ewigkeiten an die Götter und würden sicher noch lange in ihren Träumen wandeln wollen. Doch ein Gespräch mit einem ihrer Priester konnte sicher nicht schaden. So ging ich durch den weitläufigen Tempel und erblickte auch eine große Statue dieses großen Gottes. Schmunzelnd betrachtete ich das Werk eines Künstlers.


    "Kann ich mit einem Priester sprechen?", fragte ich durch den Raum und ließ suchend meine Augen schweifen.

    Ich nickte Meridius noch einmal zum Gruß zu und sah ihm dann lächelnd hinterher. Wahrlich, die Gastfreundschaft hatten die Römer noch nicht verlernt. So wartete ich denn geduldig auf den maiordomus und sah mich weiter im Atrium um. Weitläufig und lichtdurchflutet erschien es mir wirklich schön. Ich ging zum Brunnen am anderen Ende des Raumes und betrachtete schmunzelnd das plätschernde Wasser. Hier war es wirklich ruhig. Eine gelassene und beruhigende Stimmung durchdrang das ganze Haus. Hier würde ich sicher einen ruhigen und erholsamen Schlaf finden.

    Zwar hatte mich der großherzige Sklave im Haus der reichen Familie vor diesem Viertel gewarnt, aber wieder hatte ich mich bei meinem stillen Zwiegespräch, das ich im Gehen zu halten pflegt, in den Straßen verirrt und schon wieder sah ich vor mir ein riesiges Haus. So langsam gewöhnte ich mich an diesen Prunk, der hier scheinbar eher Flucht vor der Realität der Straße war. Aber darum kümmerte ich mich wenig, sollten die Menschen auf ihre Weise glücklich sein. Vor der Tür angekommen klopfte ich daran.

    Ich nickte verstehend.


    "Ich freue mich sehr, Deine Bekanntschaft zu machen, Decimus Meridius. Ich heiße Theodorus von Corinthus. Gern werde ich hier warten.", erwiderte ich freudig und nickte ihm zu.


    "Ja, sicher werden wir uns bei der cena wiedersehen. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung unseres anregenden Gesprächs."

    Während ich weiter in den Regen starrte und mich meines Lebens erfreute, kam ein Mann auf mich zu und legte eine Münze in die Schale, die nun wieder ausgetrunken war. Ich hatte ja ganz die Geldstücke darin vergessen. Zum Glück hatte ich sie nicht mitgeschluckt :D. Dankbar blickte ich zu dem Mann hinauf.


    "Nicht doch, allein Euer guter Wille und die großherzige Geste zählen. Ich danke Euch vielmals.", erwiderte ich aufrichtig und behielt den Mann im Blick.


    Seiner Uniform nach zu ordnen gehörte er wohl nicht zu den Legionären, die ich auf meiner Reise gesehen hatte.


    "Seid Ihr so etwas wie ein Stadtwächter?"


    Die Frage war ehrlich gemeint, schließlich hatte ich solche Soldaten noch nie zuvor gesehen. Ich kannte zwar Stadtwachen, aber die hier sahen doch anders aus.

    Ich sah den Mann erstaunt an. Die Römer lehrten mich jeden Tag aufs Neue, dass man sich niemals sicher sein konnte, was am nächsten Tag für einen bereitstehen würde. Sichtlich erfreut nickte ich.


    "Gern werde ich hier übernachten. Ihr habt ein schönes Haus. Aber macht Euch bitte nicht zu viele Umstände, ich bin Einfaches gewöhnt und brauche daher nicht viel."

    Natürlich, auch die Römer wussten natürlich, wie sie sich auf Griechisch zu verständigen hatten; sie wurden schließlich, so war es gute Sitte, nach Athen zum Studieren geschickt. Trotzdem klangen die Worte aus dem Munde der jungen Frau wesentlich schöner, als sie ein alter Mann wie ich hätte aussprechen können.


    "Es ist mir eine Freude, dich kennenzulernen, Sergia Plotina. Mein Name ist Theodorus von Corinthus.", antwortete ich höflich und verneigte mich noch einmal.


    "Ein einfaches Mahl mit herzensguten Menschen ist ungleich mehr wert als die schnell geworfene Münze. Ich sehe meine Arbeit als Tausch. Ich nehme eine milde Spende, und sei sie noch so einfach, dankbar an und versuche im Austausch dagegen mein Wissen zu vermitteln, wenn es gewünscht ist. Ich werde also gern hereinkommen und mit dir speisen.", sagte ich fröhlich.

    Ich dankte dem Mann noch einmal überschwenglich und versprach, auf jeden Fall zum verabredeten Treffpunkt zu kommen. Dann kam ich auch schon wieder auf die Straße und ging weiter meiner Wege. Noch war nicht Abend, aber für den heutigen Tag hatte ich ausreichend zu essen und zu trinken.


    Sim-Off:

    Schankedön für die Waren :)

    Ich lächelte milde und ließ es darauf bewenden. Auch er dachte, was er denken wollte. Damit konnte und wollte ich ihn nicht weiter überzeugen. Auf seine Frage hin überlegte ich. Schließlich musste ich verneinen.


    "Nein, da ich grundsätzlich kein Geld bei mir führe, werde ich nicht in einer Taverne unterkommen. Ich denke, die Sterne werden auch heute Nacht meine Decke sein."

    Während wir sprachen, stellte mir die Köchin einen Teller Suppe, kalten Braten und ein paar Früchte vor. Ich dankte ihr sehr und aß dann mit gutem Apetit. Nachdem ich einigermaßen meinen Hunger gestillt hatte, verstaute ich die Reste des Bratens und die Früchte in einem Tuch und schnürte es wieder an meinen Gürtel. Reserven für schlechte Tage waren immer wichtig. Als der Mann mir anbot, frische Kleidung und Nahrung zu bringen, kamen mir Tränen in die Augen. Es gab die Herzlichkeit also doch noch. Als ich an mir herabsah, bemerkte ich erst, wie zerrissen meine Kleidung doch war. Der speckige und abgewetzte Reisemantel würde seinen Dienst sicher noch länger tun, aber die Tunika darunter fiel mir fast vom Leib, vielmehr waren nur noch Fetzen vorhanden.


    "Ich danke Dir von ganzem Herzen. Gern nehme ich dein Geschenk an. Kannst du mir den Weg beschreiben? Ich bin erst seit kurzem hier und verlaufe mich ständig."


    Sim-Off:

    Willst du dazu einen Thread machen oder soll ich? :)

    "Nicht unbedingt...", antwortete ich lächelnd.


    Ich war froh darüber, wieder einmal mit jemandem über die Philosophie sprechen zu können. Lange hatte ich das mit mir rumgetragen und war fast wahnsinnig geworden.


    "Es gibt Menschen, die selbst zu dieser Erkenntnis gelangen. Wieder andere erlangen sie nicht und wollen geführt werden. Ich dränge niemandem meine Lehre auf, denn was sie denken oder nicht denken, liegt letztendlich bei ihnen. Die Fähigkeit, kritisch und zweiflerisch zu denken, ist jedem gegeben. Aber nur wenige gebrauchen sie auch.


    Aber es stellt sich die Frage... wer garantiert Euch, dass ich vor Euch stehe und gerade mit Euch spreche?", fragte ich zwinkernd.

    Ich folgte dem gütigen Mann hinein ins Haus und traute meinen Augen kaum. Das wenige, was ich vom eigentlichen Haus erhaschen konnte, sah dekadent und übertrieben luxuriös aus. Hier mussten wirklich mächtige Herrschaften leben. Aber das war eine andere Geschichte und es ging mich auch nichts an. In der Küche angekommen roch ich sofort die Köstlichkeiten, die dort zubereitet worden. Nachdem der Mann mit der Köchin geredet hatte, verneigte ich mich noch einmal.


    "Ich danke Euch vielmals. Soviel Herzlichkeit erlebt man selten. Wie kann ich Euch dafür danken?", fragte ich aufrichtig. Noch keiner hatte mich sofort bekochen lassen. Das war wirklich zuviel des Guten.


    "Mein Name ist Theodorus von Corinthus."

    Ich sah den Mann vor mir verwundert an. Normalerweise waren sich die Römer zu fein, um einem alten Mann zuzuhören. Ich sammelte meine Gedanken.


    "Nun, wo soll ich anfangen?", fragte ich mich.


    "Das, was Ihr hier in diesem Moment mit Euren Sinnen wahrnehmt, ist für Euch wirklich und wahrhaftig. So scheint es zumindest. Euer Urteilsvermögen und Eure Wahrnehmung könnten theoretisch auch getrübt sein, denn die Sinne sind zweifelhafte Instrumente unserer Existenz. Daraus folgt, dass es keine feststehenden Wahrheiten und Beweise gibt. Darum ist das höchste Gut meiner Lehre die Toleranz allen Wesen gegenüber.


    Meine Lehre hat aber noch eine zweite Komponente, die Euch weniger gefallen könnte. Die Nichtigkeit des Seins. Letztlich ist alles, was wir im Hier und Jetzt tun, bedeutungslos. Wir leben einen Traum, aus dem wir erst im Tod erwachen, wenn wir in das große weite Nichts eintauchen. Wir können nur durch jahrelange Betrachtung und Versunkenheit versuchen, diesen Traum abzuschütteln und die wahre Erkenntnis des Schönen und Guten zu erlangen. Bis dahin sind diejenigen, die Erkenntnis erlangen wollen, nur Suchende."

    "Ich werde vorerst in Rom bleiben und sehen, was sich mir hier bietet. Bisher waren die Menschen meistens hilfsbereit und einem kleinen Diskurs nicht gerade abgeneigt.", antwortete ich lächelnd.


    "In meinen alten Jahren drängt es mich, mein Wissen mit den Jüngeren zu teilen, damit sie auch etwas davon haben."

    Lange saß ich in der brütenden Hitze, als sich über mir plötzlich der Himmel verdunkelte und ein Regenschauer auf die Stadt niederging. Sofort suchten die Menschen nach einem Unterstand und die Straße wurde etwas leerer. Ich blickte zufrieden lächelnd nach oben und genoss den Regen. Nachdem das Wasser fast über den Rand meiner Bettelschale lief, musste ich vor Glückseligkeit lachen. Ich hatte in der stillen Versunkenheit gar nicht meinen Durst bemerkt und nahm einen großen Schluck aus der Schale. Das Wasser erschien mir süß und rein und rann meine Kehle wohltuend hinab. Wahrlich, wenn man Äonen verharrte, kam das Glück von selbst. Wieder wurde ich darin bestärkt, dass ich außer dem, was ich am Leib hatte, nichts brauchte.

    Ich war fest in Gedanken vertieft, als mich plötzlich jemand von hinten ansprach. Erschrocken drehte ich mich um und erblickte einen Mann, scheinbar der Hausherr. Hinter ihm stand ein weiterer Mann. Lächelnd verneigte ich mich vor beiden und blickte dem Hausherrn fest in die Augen.


    "Ich bin ein Philosoph auf Reisen und bettle mir meinen kargen Unterhalt zusammen. Ein anderer Hausbewohner hat mich sehr freundlich empfangen und ist nun wohl in der Küche zu Gange. Es tut mir leid, wenn ich Euch Umstände mache."

    Ich verneigte mich noch einmal dankbar.


    "Ich wünsche Euch ebenfalls nur Gutes in Eurem weiteren Leben."


    Ich verabschiedete mich und ging zufrieden meiner Wege. Die Welt wäre um soviel schöner, gäbe es wohltätige Menschen überall.