Die aufmerksame Nubierin bemerkte sofort die skeptischen Blicke der beiden Römer bezüglich der Kleiderfrage. Sie schienen eher nicht daran interessiert die goldenen Prachtgewänder eines Satrapen anzuziehen, die eigens von parthischen Sklavinnen angefertigt worden waren. "Natürlich müsst ihr euch nicht umziehen wenn ihr nicht wollt edle Herren. Es ist nur so, dass viele Gäste den Wunsch haben einmal selbst in die Rolle des Großkönigs zu schlüpfen", erklärte sie ihnen mit einem sanften Lächeln und schlug prompt eine passende Alternative vor. Ob die beiden Römer auf solche Rollenspiele standen? Nun das würde sich zeigen. "Dann seid ihr eben die römischen Herrschaften, die den Harem des Shah erobert haben und nun ihre Beute in Augenschein nehmen und außerdem werdet ihr ... eure Kleider sicher nicht mehr lange anbehalten."
Die Nubiern kicherte hinter vorgehaltener Hand über ihren eigenen kleinen Scherz. "Ich heiße übrigens Niobe …", verriet sie ihren Namen sogleich und da sie bereits vor dem Eingang zum Harem standen, öffnete Niobe die Türe nun auch ohne weitere Verzögerung.
Der Raum dahinter war zweifellos im orientalischen Stil geschmückt und mit allerlei prunkvollen Accessoires ausgestattet worden. Von der Größe her konnte er natürlich nicht mit den originalen Frauengemächern des Shah konkurrieren, dennoch gab es erstaunlich viel zu entdecken. Satt Klinen fanden sich überall plüschige Kissen auf dem Boden und neben dem niederen Esstisch, der mit edelsten Speisen und Getränken beladen war, standen Wasserpfeifen bereit. In einer Ecke spendete sogar eine deckenhohe Palme vermeintlich ihren Schatten und auf der anderen Seite des Raumes befand sich ein abgeteiltes Badebecken, in dem verstreute Rosenblüten langsam auf der Wasseroberfläche dahin trieben. Ach ja und das Wichtigste!
Natürlich standen schon drei weitere Mädchen bereit, die sich beim Eintreten der beiden Römer tief vor ihnen verbeugten."Das sind eure Mädchen. Farah, Benicé, Selene und meine Wenigkeit", stellte Niobe die übrigen Frauen kurz vor. Eine blonde Germanin mit üppiger Oberweite, eine schwarzhaarige Syrerin mit wundervoll dunklen Mandelaugen und eine brünette Griechin, deren Beine endlos schienen. Alle drei trugen bauchfreie Kleider, die aus goldbesticken Brustbändern und seidenen Pluderhosen bestanden. Filigrane Goldplättchen klimperten leise an kleinen Kettchen um die Hüften der Frauen, die nun lächelnd auf die Männer zu kamen und diese regelrecht umringten.
"Seid gegrüßt edle Herren", sagte Farah freundlich lächelnd. "Gefallen wir euch denn?", fragte Benicé im neckenden Tonfall. "Wollt ihr etwas essen oder lieber zuerst ein Bad nehmen?", schlug Selene vor und leckte sich dabei genüsslich über die Lippen."Oder sollen wir für euch tanzen. … Oder wollt ihr gleich mit uns ...? ", das letzte Wort verpackte Niobe lediglich in einem verführerischen Augenzwinkern. So umgarnten die vier Frauen weiterhin die beiden Römer, wobei es natürlich den Männern überlassen war zu entscheiden, welches von den Angeboten sie zuerst annehmen wollten ...
~ Auf dem Flur ~
Bei diesem Widerling hatte Prisca wirklich den Eindruck, er könne durch ihre Kleider hindurch sehen und sie von oben bis unten begutachten, als würde sie nackt vor ihm stehen. Wie eine Ware die zum Verkauf stand, oder wie diese beiden leicht bekleideten Mädchen da. Arme Geschöpfe!, zeigte Prisca still sogar ein wenig Mitleid mit ihnen. Zum Glück gab sich der Besitzer mit dem Gesagten soweit zufrieden und lenkte nach kurzer Bedenkzeit sogar ein. Ein kleiner Triumph, der allerdings hart erkämpft war. Damit waren das Gespräch und diese unangenehme Szene in seinem Büro beendet. Den Göttern sei dank Ein erleichtertes und schnell gesprochenes "Danke, … zu gütig!" und schon zog Prisca ihre Cousine an der Hand von dem Besitzer und seinen knurrenden Hunden weg, um dem Mädchen namens Cantalla zu folgen.
Die Tiere hatte Prisca, bei all der Aufregung mit dem Besitzer, gar nicht so recht wahr genommen und umgekehrt, hatten die beiden Hunde anscheinend eher ihre Cousine im Visier gehabt und nicht sie. Wie auch immer. Bei dem Anblick der gefletschten Zähne lief Prisca beim Hinaus eilen ein kalter Schauer über den Rücken. Auf den Flur musste die Aurelia dann erst einmal einige Sekunden lang tief durch atmen, ehe sie wieder einigermaßen klar denken konnte.
"Puh, alles in Ordnung mit dir Laevina? Du meine Güte was war das denn für ein brutaler Widerling! ", machte Prisca ihrem Unmut über den Besitzer noch einmal Luft, ehe die Neugier wieder Besitz von ihr ergriff. Mit einem kurzen Blick musterte die Aurelia die Sklavin und nach einem weiteren tiefen Atemzug und einem verschwörerischem Blick zu Laevina meinte sie schließlich drängend: "Na gut, … dann wollen wir mal sehen ob unsere Verlobten wirklich hier sind. Nicht wahr Laevina? … " Wo genau sie mit ihrer Suche nach den erfundenen Männern beginnen würden war Prisca eigentlich egal, also überließ sie die Entscheidung ganz der Sklavin - oder ihrer Cousine.
Prisca richtete ihren Blick derweil gespannt auf die vielen Schilder und Türen. Was sich dahinter wohl gerade abspielt? Ein kurzes irritiertes Blinzeln folgte. hmm, fehlt da nicht irgend was - oder irgend wer? … Der Flur sah irgendwie so verlassen aus ...