Beiträge von Aurelia Prisca

    Im ersten Moment war es natürlich eine Genugtuung zu sehen, wie das freche Grinsen einem verwirrten Ausdruck wich und sogar seine Wangen leicht zu glühen begannen. Dabei wollte Prisca ihren Sklaven keineswegs damit demütigen. Nur war dieses gegenseitige Necken eben zu schön und deshalb hatte Prisca eigentlich erwartet, dass ihrem Sklaven bestimmt gleich etwas einfallen würde, um ihre Aufforderung irgendwie zu umgehen. Falsch gedacht! Statt einer weiteren frechen Antwort oder dergleichen, kam Lyciscus aufrecht - und so wie ihn die Natur geschaffen hatte - auf sie zu. Näher, immer näher, bis er schließlich direkt vor ihr stand.


    Prisca sah die ganze Zeit über gebannt in seine Augen und sein Blick hielt sie regelrecht gefangen während Lyciscus ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Ihr triumphierendes Lächeln war einer nachdenklich erscheinenden Miene gewichen, denn so recht freuen konnte sie sich über ihren erschummelten Sieg längst nicht mehr. Aber das war eben das Los all derer, die gewohnt waren immer zu gewinnen, die nicht verlieren konnten und denen jedes Mittel recht war um zu bekommen was sie wollten. Und wenn sie es dann hatten, dann war die Freue umso geringer. Dieses Gefühl kannte Prisca durchaus, da sie von Kindheit an daran gewohnt war immer zu gewinnen und alles zu bekommen. Sowie jetzt!


    Stumm und ohne ein weiteres neckende Wort nahm Prisca die Gratulation entgegen und sie bereute in diesem Augenblick, dass sie sich nicht einfach geschlagen gegeben und Lyciscus seinen Sieg gegönnt hatte. Dann sah sie ihm nach und wartete noch einen Moment, ehe sie ihm in einem gebührenden Abstand nach folgte um den Rückweg dazu zu benutzen, ihren eigenen Gedanken nach zu hängen.


    Als sie zurück am Stand vor dem Haus waren ließ Prisca ihrem Sklaven vorerst seine Ruhe, denn Lyciscus schien gerade sehr zufrieden zu sein mit sich und der Welt, wie er da so im Sand saß und die wärmenden Sonnenstrahlen genoss. Zu gern hätte Prisca es ihm gleich getan, doch zu viel Sonne würde ihrer aristokratischen Blässe auf Dauer nicht gut tun. Also zog sich Prisca auf die Terrasse des Hauses zurück, wo einige Klinen im Schatten zum verweilen einluden. Zuvor machte die Aurelia jedoch einen Abstecher zu den Büschen, die gleich neben der Terrasse wuchsen, um einige Lorbeerzweige zu pflücken.


    Anschließend legte Prisca eine einfache Tunika an und setzte sich auf eine der Klinen, wo sie leise summend begann die geernteten Zweige zu bearbeiten.

    Ha ha!, triumphierte Prisca innerlich, dass es ihr gelungen war ihrem Leibwächter davon zu schwimmen. Zumindest fürs Erste. Wobei Prisca durchaus Hoffnung schöpfte, dass ihr ein "Überraschungssieg" gelingen könnte. Die Felsen waren zwar noch weit entfernt, aber sie kam zügig (wie sie selbst fand) voran und konditionell würde sie es spielend schaffen. Das wäre natürlich ein ganz besonderer Sieg und so packte Prisca der Ehrgeiz und sie schwamm so schnell sie konnte auf das anvisierte Ziel zu. Sie fand auch einen ganz guten Rhythmus, … bis plötzlich ein großer Schatten unter ihr auftauchte.


    Im offenen Meer hätte Prisca spontan gedacht, dass ein großer Fisch, gar ein Hai sie angreifen wolle, doch hier in der Lagune konnte es ja nur Lyciscus sein. Wie hat er das nur so schnell geschafft?, schoss es Prisca durch den Kopf und spürte sie auch schon seine kräftigen Hände, mit denen Lyciscus sie packte und aus dem Wasser hob. Das war dann wohl seine Revanche für den unfairen Start, indem er ihr eindrucksvoll demonstrierte, dass er der Stärkere war.


    Prisca war durchaus beeindruckt wie spielend Lyciscus sie auf seinen Schultern balancierte, aber mehr noch von seiner Dreistigkeit, mit der er sich heraus nahm seine Herrin einfach Huckepack durchs Wasser zu tragen. Er - wohlgemerkt - völlig nackt obendrein! Nur gut, dass das Wasser hier tief genug war und überdies niemand außer ihnen hier war, der sich sonst was dabei hätte denken können, was hier gerade ablief. Eine Erklärung hätte Prisca jedenfalls nicht abgeben können, zumindest nicht, ohne zu lachen.


    Dieser Ort hier wirkte in der Tat wie ein Jungbrunnen und Prisca fühlte sich zurück versetzt in ihre Kindheit. Damals war es durchaus üblich gewesen, dass gleichaltrige Sklavenkinder der Aurelia als Spielkameraden dienten und diese hatten es mit der Hierarchie auch nie so genau genommen. Da kam es schon Mal vor, dass Prisca herum geschubst oder beim Ballspiel von den Anderen umgerannt wurde ohne, dass gleich ein großes Geschrei darum herrschte. Nur wenn die Sklavenkinder es allzu bunt trieben, dann sprach natürlich die Mama ein Machtwort, doch hier und jetzt könnte nur Prisca selbst ein Machtwort sprechen, … aber sie tat es nicht. Hier und jetzt wollte Prisca einfach nur Kind sein und die Unbeschwertheit vergangener Kindheitstage noch einmal genießen.


    Jedenfalls war Prisca ihrem Leibwächter nicht böse für das was er gerade mit ihr machte und auch nicht, als er sie kopfüber ins Wasser schmiss und seelenruhig weiter schwamm, während sie durch den unerwarteten Abwurf reichlich Wasser schluckte. Na warte!!! Das schrie nach Rache, doch erst einmal musste Prisca hustend und prustend das ganze Wasser wieder aus Hals, Nase und Ohren bekommen. Ja ja …grins du nur!, dachte Prisca als sie sah, wie Lyciscus währenddessen frech grinsend und mit verschränkten Armen an dem Felsen lehnte und damit wohl andeuten wollte, dass er der Sieger wäre. Ob er da auch so gelassen lehnen würde, wenn ihm das Wasser nicht bis über die Hüften reichen würde? Naja verschränken würde er seine Arme bestimmt, nur eben etwas weiter unten. Bei dem Gedanken an dieses Bild musste Prisca spontan auflachen, was sie aber eigentlich nicht wollte.


    Vielmehr wollte Prisca gerade auf Rache sinnen und da fiel ihr auch schon etwas geeignetes ein.


    Ohne ein Wort zu sagen, schwamm Prisca zunächst auf Lyciscus zu, bis sie wieder Boden unter den Füßen hatte. Die Sandbank verlief an den Felsen entlang in sehr unterschiedlicher Tiefe und während das Wasser bei dem einen Felsen (an dem Lyciscus lehnte) bis zum Bauch stand, reichte das Wasser bei dem Felsen gleich daneben nur bis zu den Knien. Und genau auf diesen Felsen steuerte Prisca gemächlichen Schrittes zu.


    Dort angekommen tatschte Prisca mit der Hand dagegen und mit einem triumphierenden Grinsen rief sie ihrem Leibwächter zu: "Erste!!" Anschließend lachte Prisca erst einmal herzhaft auf angesichts des (in ihren Augen ) genialen Streiches, den sie Lyciscus gespielt hatte.
    Und damit kein Zweifel aufkam, wer hier im Recht war, fügte Prisca im selben Atemzug an: "Ich weiß ja nicht, warum du an diesem Felsen da lehnst. … Das hier ist der Zielfelsen. Also warum kommst du nicht einfach herüber und gratulierst mir, oder willst du bis zur Ebbe warten, ehe du dich da weg bewegst?" Wieder musste Prisca laut auflachen, völlig unbeschwert und fern aller Sorgen, die sie sonst tagtäglich plagten. Wenn Lyciscus nur wüsste, wie viel er ihr gab in diesem Moment der völligen Freiheit und wie froh sie in ihrem tiefsten Inneren war, dass er ihr Beschützer war …

    "Gut! .. Aber Mara soll sich heute Abend die Wunden ansehen und verbinden." entgegnete Prisca erleichtert klingend auf die Aussage hin, dass es "schon ginge" und insgeheim war sie froh, dass ihr die Suche nach den Salben erspart geblieben war. Nicht, dass sie es für Lyciscus nicht gerne getan hätte aber ein bisschen seltsam wäre sie sich schon dabei vorgekommen an Plätzen im Haus zu suchen, die sie sonst so gut wie nie betrat. Und am Ende wäre die Suche womöglich erfolglos geblieben und dieser schöne Tag wäre für beide vorbei gewesen. Ein wirklich schöner Tag und ein herrlich gelegenes Plätzchen - was gab es schöneres als das zu genießen! Und jetzt erst recht ... , dem unschönen Auftakt zum Trotz.


    Die Lagune war nicht besonders groß, so etwa eine Meile in der Länge und eine Halbe bis hinaus zu den Felsen, welche das ruhige türkisfarbene Wasser der Lagune von dem welligen dunkelblauen Wasser der offenen See abschirmten. Die Lagune war auch nicht besonders tief und der Sandboden zog sich durch bis hinaus zu den Felsen, sodass immer wieder Sandbänke unter Wasser das Stehen ermöglichten. Hier zu schwimmen war wirklich keine große Herausforderung, obgleich Prisca sich selbst für eine ducaus gute und geübte Schwimmerin hielt.


    Schließlich trainierte Prisca regemäßig in den Thermen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit, um die naturgegebene Schönheit ihres Körper so lange wie möglich zu erhalten. Der Lohn war unter anderem ein perfekt flacher Bauch und eine makellos straffe Haut, um die so manche - mit Kindern gesegnete - Matrone sie wohl beneidete. Wenigstens eine kleine Genugtuung für Prisca, obgleich sie deren Los nur zu gerne geteilt hätte, aber das Glück eines kugelrunden Babybauches schien der Aurelia ja leider verwehrt zu bleiben.


    Dafür durfte sich nun Lyciscus von der makellosen Straffheit ihres Körper überzeugen, als Prisca sich nun ebenfalls einkleidete. Unverhüllt bekam er aber nur den (bereits erwähnten) flachen Bauch, sowie Arme und Beine der Aurelia zu sehen, während die intimeren Regionen unter der antiken Form des Bikini´s verborgen blieben. Oder hätte sie es so wie er machen sollen und in letzter Sekunde den Lendenschurz fallen lassen. Hui! Beim Aufblitzen seines entblößten Gesäßes biss Prisca sich prompt auf die Unterlippe. Viel hatte sie ja nicht gesehen, aber gefallen hatte es ihr durchaus.


    Schnell blendete Prisca das Bild wieder aus, um sich stattdessen lieber auf den bevorstehenden Wettkampf zu konzentrieren. Auch wenn Prisca nicht wirklich eine Chance sah zu gewinnen, leicht wollte sie es Lyciscus nicht machen. Vor allem nicht nach seinen neckenden Worte von vorhin: Und du denkst du hast eine Chance … Na dann edle Domina, zeig mir mal was Du kannst. Mit gespielt grimmiger Miene, die Arme in die Hüften gestemmt, hatte Prisca zunächst gewartet, bis Lyciscus im Wasser war. Erst dann folgte sie ihm - mit einem geschmeidigen Hechtsprung - in das einladend wirkende türkisblaue Wasser nach. Mit zwei - drei Schwimmzügen hatte Prisca ihren Leibwächter erreicht, wo sie prustend zunächst ihr langes schwarzes Haar aus dem Gesicht streichen musste, ehe sie ihm herausfordernd und grinsend in die Augen funkeln konnte. Prisca hatte nämlich einen Plan, wie sie sich (hoffentlich) einen kleinen Vorsprung verschaffen konnte und dazu müsste sie Lyciscus nur ein wenig verwirren. Verwirren in dem Sinn, dass sie auf die Tatsache setzte, dass Lyciscus "auch nur ein Mann war".


    "Weißt du, warum ich gewinnen werde?" Um die Spannung zu steigern machte Prisca eine Pause und langsam kam sie näher heran, ihre blauen Augen dabei stets auf die Seinen gerichtet, so als wolle sie ihn hypnotisieren: "Weil …, sprach sie ganz langsam und mit süßer Stimme weiter, den Kopf dabei leicht zur Seite drehend, als wolle sie ihm die Antwort direkt ins Ohr flüstern: "Ich … Wieder eine spannungsgeladene Pause und mit noch leiserer Stimme: Ich werde einfach versuchen zu schummeln … " Gleichzeitig mit dieser Eröffnung lachte Prisca urplötzlich laut auf und mit einer schnellen Bewegung spritze sie ihm mit beiden Händen einen Schwall Wasser ins Gesicht. Mochte es auch eine kindische Aktion sein, aber die Einzige, mit der sie Lyciscus eventuell für ein paar Sekunden überrumpeln konnte.


    "Wer als erstes bei den Felsen ist, hat gewonnen!" Nun hieß es schnell sein, also stieß Prisca sich mit aller Kraft nach hinten ab und tauchte sofort unter, um mit schnellen Beinschlägen so viel Vorsprung wie möglich heraus zu arbeiten. Nach mehreren Metern ging Prisca aber die Luft aus und sie musste prustend auftauchen. Ein schneller Blick über die Schulter: Wo ist er hin? - egal … den Blick wieder auf das Ziel gerichtet, schwamm Prisca erstmal weiter so schnell sie konnte …

    Auf der anderen Seite des Anwesens bot sich ein völlig neues Bild, denn sowohl die Mauern des Gebäudes als auch der dichte Pinienwald endeten an einem schmalen Grasstreifen, der sich entlang der Küstenlinie um die Lagune herum zog. Daran anschließend folgte der helle Sandstrand der wiederum im türkisblauen Wasser verschwand. Ein warmer Wind blies von der Seeseite aus und das sanfte Rauschen des Meeres wirkte wie eine beruhigende Musik. Einfach herrlich!, dachte Prisca in dem Moment, als sie aus ihren Schuhen schlüpfte und die Zehenspitzen in den weichen warmen Sand grub. Mit ausgebreiteten Armen verweilte Prisca einen Moment um, mit geschlossenen Augen den Wind zu genießen, der erfrischend durch den dünnen Stoff ihres Kleides drang und es zum Flattern brachte.


    Während Prisca so da stand, überholte Lyciscus sie gar auf dem Weg zum Wasser und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie wie er gerade seine Hände in das glitzernde Nass tauchte. Auf seine Frage antwortete Prisca zunächst nichts, stattdessen folgte sie ihm zum Wasser und betrachtete mit zusammengezogenen Augenbrauen die roten Wundstellen an seinen Händen, die ihm anscheinend starke Schmerzen bereiteten.


    "Ist alles in Ordnung mit deinen Händen?", fragte Prisca besorgt nach und deutete mit einer Hand in Richtung des Anwesens: "Im Haus gibt es genügend Salben und Verbände. Ehm …ich, … du, wir müssen sie nur suchen, oder warten bis Mara hier ist, denn ich fürchte ich …weiß nicht, wo sie aufbewahrt werden." Ungewollt musste Prisca kichern, aber nicht wegen Lyciscus sondern weil sie nicht einmal wusste, wo in ihrem eigenen Haus sich die einfachsten Dinge befanden. Eine komische Situation war das so ganz ohne Sklaven, die jederzeit das Gewünschte holten und sich um alles kümmerten. Prisca erkannte erst jetzt wie abhängig sie eigentlich von ihnen waren und wie sehr man sie vermisste, wenn sie einmal nicht da waren.


    Also … ", schnell fing sich Prisca wieder und sie blickte Lyciscus fragend an: "sollen wir suchen gehen, oder …" Ein herausforderndes Funkeln lag plötzlich in ihren Augen, denn vielleicht würde zunächst das Salzwasser ganz gut tun, um die Wunden zu reinigen: "wollen wir ein kleines Wettschwimmen veranstalten?" Den Worten folgte ein verschmitztes Grinsen da Prisca Herausforderungen liebte. Warum also nicht mal mit ihrem Leibwächter um die Wette schwimmen. Eine dumme Idee? Vielleicht. Aber Prisca hatte schon immer das getan, wozu sie gerade Lust gehabt hatte und wozu sonst war sie hierher gefahren, wenn nicht um zu schwimmen.

    Das Missgeschick mit der Sklavin war wirklich ärgerlich. Das fehlte gerade noch, dass eine der anwesenden Damen ausgerechnet hier und heute verletzt wurde - am Ende gar von Kleidern "erstickt". Nein, das wäre wirklich zu viel. Glücklicherweise nahte Hilfe und die Claudia schien nicht ernsthaft verletzt worden zu sein. Die Bemerkung, dass die Sklavin gefährlich sei und ihr absichtlich ein Bein gestellt haben soll, überhörte Prisca geflissentlich. Nur keinen allzu großen TamTam darum machen! Sassia würde sich schon um ihre Schwester und diese Unglückssklavin kümmern.


    Prisca wandte sich derweil wieder an die Gäste, damit as Fest weiter gehen konnte:


    "200 Sesterzen sind geboten für das rote Kleid! ... Bietet jemand mehr? ... Nein? ... Drei - zwei - eins, ... dann ist es ab jetzt deins, Corvina! ... Willst du es gleich anbehalten?!", rief Prisca der Tiberia freudig zu, nachdem sie den umstehenden Damen so gut wie keine Zeit zum mit bieten gelassen hatte. Es wäre aber auch eine Schande gewesen, denn das Kleid stand Corvina unglaublich gut.


    Ebenso gut stand das grüne Kleid der Iunia. Zwar war es weitaus weniger freizügig und auffällig geschnitten wie das Rote, aber gerade diese Dezenteit hob wiederum die Schönheit der Trägerin hervor. Auch heir konnte Prisca nur neidlos Beifall klatschen:


    "Es steht dir hervorragend, Axilla! ... und an Gelegenheiten es zu tragen sollte es nicht mangeln. Wie wäre es gleich hier? Lass es doch am besten gleich an. ... sofern du bereit bist, es zu ersteigern?!", zwinkerte Prisca der Iunia gut gelaunt zu. Es sah fast danach aus, als hätte schon das zweite Kleid eine neue Besitzerin gefunden .. und wie stand es mit den übrigen?

    Prisca hörte aufmerksam zu was diese Sklavin namnes Azita zu erzählen hatte. Die Geschichte klang zwar plausibel, aber es passte so gar nicht zu dem Bild das Prisca von früher her von Varro hatte. Immer wenn der Verwalter nach Rom gekommen war um seine Berichte abzuliefern, hatte Prisca von ihm den Eindruck eines zuverlässigen und bescheiden wirkenden älteren Mannes vermittelt bekommen. Ein Mann, der seine Aufgeaben gewissenhaft erledigte und dem man bedenkenlos sein geld anvertrauen konnte. Und ausgerechnet dieser Mann soll nun plötzlich den Verstand verloren haben? Naja, so etwas passierte und spätestens als Prisca den Schriftzug an der Wand las war sie überzeugt, dass die Sklavin die Wahrheit gesagt hatte.


    Glücklicherweise schien das Anwesen - mit Ausnahme des atriums - keinen Schaden genommen zu haben bis auf den unangenehmen Rauch- und Brandgeruch, der wohl noch einige Zeit im Haus hängen würde. Im atrium herrschte allerdings Chaos, denn überall lagen (halb-)verbrannte Strohreste herum und der Marmorboden, die Säulen und Wände waren schwarz vor Ruß und Asche. Hier müssten zweifelsohne Sklaven ans Werk, doch die waren ja - Azita´s Bericht nach - in alle Winde verstreut. Prisca bezweifelte, dass es Sinn machen würde sie suchen und einfangen zu lassen und auch die Matrosen der Nordwind waren keine Option. Die drei Gefolgsleute von Lyciscus waren ohnehin zu nichts mehr zu gebrauchen, auch wenn sie (bis auf ein paar Brandwunden und eine Riesenbeule) glücklicherweise keine größeren Verletzungen davon getragen hatten. Und der Rest der Mannschaft? Tja, die warteten zusammen mit dem Kapitän und Mara auf dem Schiff, das gut 2 Stunden von hier nahe Antium ankerte. Sie her zu holen wäre auch sinnlos, da es für die Reparaturen Handwerker und ausgebildete Steinmetze bedurfte und keine Seeleute.


    Mit einem tiefen Seufzer schloss Prisca die Bestandsaufnahme schließlich ab und vertagte die Organisation der Reparatur Arbeiten auf später. Schon seltsam was hier passiert war und, dass sie genau zum richtigen Zeitpunkt hierher gekommen waren. Es schien in Prisca´s Augen eindeutig eine Fügung des Schicksals gewesen zu sein, dass sie diese Reise überhaupt angetreten hatten. Nur, ... was das Schicksal mit ihnen weiter vor hatte erschloss sich ihr natürlich nicht. Sicher war nur, dass der geplante Aufenthalt hier etwas anders als erwartet verlaufen war und das war wohl auch der Grund, weshalb Lyciscus immer noch so missmutig und wütend war. Er hatte wohl auf ein paar entspannte Tage gehofft und nun das.


    Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Nach kurzer Bedenkzeit beschloss Prisca, dass sie hier bleiben wollte, denn da Haus an sich war ja immer noch bewohnbar. Und viele Sklaven bräuchte sie auch nicht wegen ein paar Tagen, bis auf ihre Leibsklavin un ihrem Leibwächter und gegebenenfalls ein paar Matrosen (außer den drei lädierten da) die zum Schutz das Anwesen bewachen würden. Der bewusstlose Verwalter konnte hingegen nicht hierbleiben. Nicht nur wegen dem, was er getan hatte sondern vielmehr, weil der Mann augenscheinlich einen medicus brauchte, sonst würde er am Ende hier noch sterben. Und das wollte Prisca nicht, egal welche Verbrechen sich Varro auch schuldig gemacht hatte und anklagen konnte sie ihn in Rom immer noch, sofern er das hier überlebte.


    "Nun gut … Herhören!" Nachdem Prisca ihren Plan zurecht gelegt hatte, teiltesie diesen nun ihren beiden Sklaven und den drei Matrosen (als Zeugen sozusagen) mit folgenden Worten mit:


    "Mein Verwalter hat offenbar völlig den Verstand verloren und wie ihr alle seht, scheint es ihm auch sonst nicht sehr gut zu gehen." Den Grund für letzteren Zustand kannten alle und Prisca warf Lyciscus einen kurzen (nicht vorwurfsvollen) Blick zu, der eher zum Ausdruck bringen sollte, dass sie ihm dafür dankbar war den Irren gestoppt zu haben:


    "Er kann jedenfalls in diesem Zustand nicht hier bleiben. Ihr Drei …" Nun deutete Prisca auf die Matrosen: " Werdet sofort mit ihm zur Nordwind aufbrechen. Von dort aus sollen ein paar gesunde und ausgeruhte Matrosen ihn auf direkten Landweg nach Rom zu einem medicus bringen und ihn bewachen, falls er es überhaupt überlebt. Nach meiner Rückkehr werde ich ihn dann für seine Verbrechen anklagen. Des Weiteren soll der Kapitän fünf Matrosen und meine Leibsklavin Mara hierher schicken während er und mit dem Rest auf meine Rückkehr warten soll. ... Nun geht! Der Tag ist noch jung und bis zum Einbruch der Dämmerung sollten meine Sklavin und ihre Begleiter spätestens hier sein" Soweit die Ansage an die Matrosen, welche sogleich mit einem Nicken bestätigten, dass sie die Anweisungen der Aurelia verstanden hatten.


    "Nun zu dir, Sklavin!"Mit ernster Miene und fester Stimme wandte sich Prisca als nächstes an Azita:"Du wirst die Matrosen auf dem Weg nach Rom begleiten und dich um die Wunden des Verwalters kümmern. Sollte Varro aufwachen und dich erneut angreifen, so werden die Matrosen das schon zu verhindern wissen. Sobald ihr in Rom seid, wirst du dich in der villa Flavia melden und dort auf mich warten. Verstanden?!" Natürlich hätte Prisca die Sklavin auch hier gut gebrauchen können, doch machte es in ihren Augen gerade mehr Sinn sie nach Rom voraus zu schicken.


    "Und was meinen mürrisch drein blickenden Held betrifft … " Als letztes wandte sich Prisca an Lyciscus. Sie wollte ihren Sklaven ein wenig aufmuntern, indem sie seine Tat gebührend würdigte und deshalb schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln, allerdings nicht ohne ihn auch ein wenig zu necken: "So darf er sich nun endlich entspannen und ausruhen, damit seine Laune hoffentlich bald wieder besser wird. …Und mich weiterhin beschützen natürlich, denn ich werde trotz dieses Vorfalles noch ein paar Tage hier bleiben. Wie es scheint, ist außer dem atrium nichts in Mitleidenschaft gezogen und es wird das Beste sein, wenn ich die nötigen Reparaturen gleich von hier aus beauftrage. Das war´s … ich werde mich nun zurück ziehen und ein Bad nehmen."


    Nachdem Prisca ihren Plan kund getan hatte, wollte sie auch schon ins balneum, doch halt: Achso, es sind ja momentan gar keine Sklaven hier, die mir das Wasser einlassen könnten. Zu dumm, diese Azita hab ich gerade fort geschickt und Mara ist noch nicht hier. Naja dann werde ich eben ein Bad in der Lagune nehmen., dachte sich´s und setzte sich gemächlichen Schrittes am Haus vorbei zu der besagten Stelle auf, ohne sich nochmal nach den Anwesenden umzusehen. Ob Lyciscus ihr folgen wollte oder nicht überlies Prisca ganz ihrem Sklaven, da sie ihm ja gerade eine Auszeit genehmigt hatte …

    "Nein, oh nein … bitte … Es konnte nicht richtig sein, was sie da taten und doch bestand Prisca´s einzige Gegenwehr in eben jenem leisen Flüstern, das ebenso schnell verflüchtigt war wie sämtliche Hemmungen, die augenblicklich von ihnen abfielen. Das Verlangen hatte über den Verstand gesiegt und nunmehr waren sie beide gefangen in einem Strom der Leidenschaft der sie mit riss und in einem Strudel der Lust verschlang. Alles Umgebende und alle Gedanken verblassten vor Prisca´s Augen und verschwanden hinter einem Vorhang der Gleichgültigkeit. Allgegenwärtig war nur noch Lupus, dem sie beinah willenlos ausgeliefert war - und sein wollte. Oh ja sie wollte es in dieser Sekunde - mehr denn je, als seine Hände scheinbar überall gleichzeitig auf ihrer Haut zu spüren waren. Mal tastend, dann streichelnd, mal sanft und mal fordernd, sodass wohlige Schauer durch ihren Körper strömten. Prisca erwiderte seine Küsse mit heißem Atem und auch sie begann sogleich, seinen Körper mit ihren Händen und Lippen zu erkunden, um Lupus mit all ihren Reizen und Verführungskünsten zu erfreuen.


    Es begann wahrhaftig ein nicht enden wollender Reigen der Lust und der Leidenschaft, in dem Prisca von seinen starken Händen und seiner Männlichkeit von einem Gipfel der Lust zum anderen getragen wurde. In allen erdenklichen und beinah unvorstellbaren Stellungen, in denen sie beide sich gefühlt durch die halbe villa Aurelia liebten. So oft und so lange, bis irgendwann die Kräfte sie verliesen.


    Völlig Erschöpft (aber weitaus mehr als einmal befriedigt) sank Prisca in die Kissen und drehte den Kopf zu Lupus, der direkt neben ihr lag. Mit glasigen Augen betrachtete Prisca ihren Cousin und es dauerte eine Zeitlang bis sie wieder einigermaßen klar denken konnte und erkannte, was sie eben getan hatten. Ein Traum! Nur ein Traum! Es kann nur ein Traum gewesen sein. …DAS hier darf einfach nicht passiert sein, redete Prisca sich vergeblich ein, doch es war wie es war. Ihre Sehnsucht nach Lupus und das Verlangen nach ihm war nach so lange Zeit endlich gestillt worden. Aber glücklicher als zuvor fühlte sich Prisca nun nicht, da sie endlich getan hatten, was sie beide wohl schon lange tief in ihrem Innersten begehrt hatten.


    Ob es Lupus ähnlich ging? Woran mochte Lupus in dem Moment wohl denken und wie würde es nun weiter gehen? Hatte er nun, da er sie einmal besessen hatte, genug von ihr? Oder begehrte er sie nach wie vor? Prisca konnte nicht sagen, was davon ihr lieber wäre, während ihr Blick weiter auf dem Gesicht ihres Cousin´s ruhte. Äußerlich wirkte sie nur müde, aber in ihrem Kopf schwirrten bereits wieder so viele Zweifel und Sorgen umher, die Prisca - trotz ihrer körperlichen Erschöpfung - nicht zur Ruhe kommen ließen.


    "Nun, da du mein, tiefstes, innigstes, dunkelstes Verlangen kennst … und ich das deine … und wir beide vom goldenen Apfel und von Ambrosia gekostet haben, … was sollen wir nun tun. Lupus?", fragte Prisca leise und unsicher klingend angesichts der Möglichkeiten die es wohl für sie gäbe …

    Gewiss, … Die Begeisterung ihres Mannes hatte sich wohl in Grenzen gehalten angesichts der von Prisca eingeforderten ehelichen Pflichten und dennoch hatte Gracchus die Erfüllung eben jener Pflichten für diese Nacht in Aussicht gestellt. Prisca mochte deren Erfüllung ungleich mehr bedeuten als ihrem Mann, dem weitaus wichtigere Probleme zu beschäftigten schienen, als seine Gattin bei ihrem aussichtslos scheinendem Vorhaben zu unterstützen. Gracchus hatte schließlich bereits erfolgreich einen vitalen Nachfolger gezeugt, während Prisca so langsam in schiere Verzweiflung geriet. Denn der Makel der Kinderlosigkeit lastete ungleich schwerer an Prisca als die Tatsache, dass sie von Tag zu Tag älter wurde. Noch war sie jung genug, um jeden Mann mit ihrer Schönheit zu verzaubern, doch würde dies nicht ewig so bleiben.


    Wahrlich ein Dilemma, indem Prisca sich gefangen fühlte. Ganz allein und ohne Hoffnung auf Beistand, denn wem konnte sie ihr Leid schon klagen, wenn nicht ihrem Mann? Nein, ihren Mann durfte sie mit derlei Nebensächlichkeiten nicht über Gebühr belasten, auch wenn es ihr so viel bedeutete. Ach, wenn Gracchus doch nur von sich aus erkennen würde, welch innigster Wunsch seine Gemahlin Tag für Tag plagte und er sich diesbezüglich dazu durchringen könnte, noch viel mehr Zeit mit ihr im Bett zu verbringen.


    Zwar hegte Prisca wenig Hoffnung, dass ihre Gebete ausgerechnet heute erhört werden würden und dennoch wollte sie nichts unversucht lassen, um diese Nacht für ihren sehr geschätzten Gatten zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen. Wahrscheinlich nur ein weiterer erfolgloser Versuch, aber sei´s drum:


    Prisca hatte sich für diesen Abend und die kommende Nacht mit unvermindertem Perfektionismus vorbereiten lassen. Zuerst ein entspannendes Bad, dann die obligatorische Enthaarungsprozedur, bei der gleich vier Sklavinnen jedes noch so klitzekleine Körperhaar entfernten, ehe sie selbigen in einen Hauch von Lavendel tauchten. Nur nicht zu aufdringlich sollte der Duft sein, genauso wie die gesamte Schminke, die nur sehr dezent aufgetragen wurde. Noch konnte es sich Prisca leisten, ihre natürliche Schönheit unter den künstlichen Aufstrichen durch scheinen zu lassen und sie hatte so ein Gefühl, dass eben jene natürliche Schönheit ihrem Mann weitaus mehr zu sagen würde, als eine allzu weiblich gestaltete Maske. Also trat Prisca ihrem Gemahl an diesem Abend in einer ziemlich schlichten Gewandung gegenüber, genauso wie sie das Haar eher unscheinbar (zu einem einfachen Zopf geflochten) trug und lediglich ihre blauen Augen waren mit etwas Ruß betont hervor gehoben.


    Was nun folgte war für Prisca ein weiteres Mal wie ein Experiment, denn sie wollte alles richtig machen, damit Gracchus wenigstens zu einem Bruchteil aus sich heraus kommen würde und die Zweisamkeit mit ihr genießen könnte. Daran lag Prisca wirklich viel, denn immer wenn ihr Mann lachte oder er in ausgelassener Stimmung war, fühlte sie sich besonders zu ihm hingezogen.


    "Mein Beschützer …endlich bist du da!" Mit diesen Worten und einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen trat Prisca auf Gracchus zu, just als er ihr Zimmer mit zögerlich wirkender Stimme betrat. Sogleich ergriff Prisca seine Hände mit den Ihren, um ihn sanft mit sich in die Mitte des Raumes zu ziehen. Unmerklich atmete Prisca tief ein und nahm seinen Duft wahr, welcher den ihren dominierte und dabei sah sie ihrem Mann anhimmelnd in die Augen, um ihm zu zeigen wie sehr sie sich freute, dass er hier bei ihr war. "Möchtest du etwas trinken und … wie wäre es, wenn wir uns dort auf die Kline setzen und ein wenig den Nachthimmel beobachten?" Mit einer leichten Drehung des Kopfes deutete Prisca zu jener Liegestatt, die sie direkt am Fenster aufstellen hat lassen und von wo aus man einen wundervollen Blick über den Garten hinweg bis hinauf zu den Sternen hatte. Natürlich könnte man die Kline auch für andere Zwecke nutzen, doch soweit dachte Prisca noch nicht und sie bewegte sie sich auch nicht, sondern überlies ihrem Mann die Entscheidung und die Führung ...

    Da staunte Prisca nicht schlecht, als Lyciscus mit zwei geschulterten Personen auf sie zu stapfte und beide vor ihr "abstellte". Dazu die aufsteigende Rauchsäule im Hintergrund. Was brennt denn da? Und wo sind die drei Matrosen abgeblieben? …Etwa tot?. "Was? … Was bei allen Göttern …", begann Prisca und stockte sogleich als ihr Leibwächter sie vorwurfsvoll ansah. Was nenn ich da Entspannung?? Verwirrt blickte Prisca zwischen dem am Boden liegenden Körper, der unbekannten Frau und Lyciscus hin und her. "Du hast was? … Ihm die Nase gebrochen? …Wer ist das überhaupt? Und was macht diese Frau hier?" Aufgedreht? Die Frau sah eigentlich ganz ruhig aus … eher ängstlich, aber Prisca konnte sich täuschen. "Und woher kommt der Rauch? Brennt etwa mein Anwesen?" Fragend und erstaunlich gelassen (worüber sie sich selbst wunderte) blickte Prisca weiterhin zu Lyciscus, der aber anscheinend gerade keine Lust hatte seiner Herrin Bericht zu erstatten. Na gut, wie es schien hatte er gerade ziemlichen Stress gehabt. "Geht es dir wenigstens gut?", bohrte Prisca lediglich noch nach um Lyciscus zu zeigen, dass sie sich durchaus um sein Wohlergehen sorgte.


    Dann richtete Prisca den Blick auf den Bewusstlosen am Boden. Auf den ersten Blick erkannte sie den völlig verwahrlost wirkenden Mann, doch bei genauerer Betrachtung hatte Prisca keine Zweifel, dass er es wäre: "Lucius Duilius Varro, der Verwalter. … Du meine Güte, er sieht schrecklich aus. Was ist nur mit ihm passiert?" Tja, Varro hätte ihr womöglich erklären können, was hier vorgefallen war, doch im Augenblick sah es nicht danach aus, als würde er jeden Moment erwachen.


    Kopfschüttelnd wandte sich Prisca nun an die Frau, die wie eine Sklavin aussah. Gehörte sie zum Inventar? Wo waren überhaupt alle anderen Sklaven: "Nun denn, mir scheint du bist im Moment die Einzige die in der Lage ist uns aufzuklären. … Also, ich höre, … wer bist du, was machst du hier und was genau ist hier vorgefallen?", mit ruhiger aber bestimmter Stimme forderte Prisca nun Erklärungen, um hoffentlich bald ein genaueres Bild von den Geschehnissen zu haben.


    Da Prisca aber nicht die ganze Zeit weiter hier herum stehen wollte, gab sie Lyciscus ein Zeichen: "Lyciscus! Ich denke es besteht nun keine Gefahr mehr. Also lass uns gehen. … Du trägst Varro! … Ich möchte sehen, was von meinem Haus noch übrig ist." Mit diesen Worten setzte sich die Aurelia in Bewegung, denn zuhören konnte sie auch beim gehen.

    Nein, Prisca glaubte nicht so leicht davon zu kommen. Dieses Mal nicht. Dieses Mal hatte sie den Bogen ein wenig zu sehr überspannt und damit etwas ausgelöst das nicht (oder nur sehr schwer) wieder aufzuhalten wäre. War sie wirklich so naiv gewesen zu glauben, dass die verwandtschaftlichen Bande Lupus davon abhalten würden, die Grenzen zu überschreiten? Ja, in diesem Punkt war sich Prisca ihrer Sache zu sicher gewesen und nun geschah genau das, was sie in ihren geheimsten Träumen immer herbei gesehnt und gleichzeitig gefürchtet hatte. Das herrlich erregende und faszinierende Spiel mit dem Feuer, bei dem nun die Flammen gefährlich nah und heiß zu lodern begannen.


    "Was? …was tust du …?, ungläubig, überrascht und völlig erstarrt verfolgte Prisca mit offenem Mund, wie ihr Cousin auf sie zu kam und mit seinen starken Armen in einen festen (aber nicht unangenehmen) Griff nahm. Spätestens jetzt hätte sie protestieren und sich wehren müssen, doch Prisca tat nichts dergleichen sondern sah ihm nur leise keuchend und fasziniert in die Augen. Den goldenen Apfel aus dem Garten der Hesperiden. Nektar und Ambrosia … Er hatte es in all den Jahren nicht vergessen! Genau wie ich ….


    Prisca schluckte und ihre Nasenflügel bebten vor Aufregung, während sie die geflüsterten Worte vernahm und sie sein Gesicht dabei so nah war, dass selbst sein heißer Atem sie vor Erregung frösteln ließ. Niemals würde er etwas tun, dass sie nicht möchte. Aber wollte sie das? Wollte sie das wirklich … Sanftes Verlangen oder leidenschaftliche Bestimmung - Was will ich?! Ein leiser Seufzer entsprang Priscas Lippen als Lupus sie zuerst sanft streichelte und gleich darauf grob packte und ihre Augen blickten ihn verwirrt und gleichzeitig voller Leidenschaft und Sehnsucht an:


    "Beides! …ich will beides … ", hauchte Prisca zurück und dabei kamen ihre Lippen denen ihres Cousins gefährlich nahe. Ihre eigenen Worte lösten einen wohligen Schauer aus und Prisca erschrak darüber gleichermaßen, wie sie mehr und mehr Gefallen an diesem sündigen und verbotenen Spiel fand. Was tue ich da!!! Sogleich biss Prisca sich auf die Zunge und bereute, was sie eben gesagt hatte. "Aber nicht hier und jetzt … ", schob sie schnell etwas lauter nach und blickte dabei verstohlen an Lupus vorbei: "Oder was willst du unseren Cousinen erzählen, wenn sie dich und mich hier eng umschlungen vorfinden?" Bittend sah Prisca ihrem Cousin in die Augen. Natürlich wollte sie Zeit gewinnen, einen Grund finden um dem Ganzen hier Einhalt zu gebieten, obwohl sie tief in ihrem Inneren das Verlangen nach Lupus verspürte. Aber Lupus konnte nicht allen ernstes erwarten, dass sie sich ihm hier, in der villa Aurelia hingeben würde: "Bitte, lass uns einen sicheren Ort finden! …ich will nur nicht, dass wir beide irgendwann bereuen was wir tun … Es steht doch so vieles auf dem Spiel, das wir uns aufgebaut haben, oder etwa nicht?"


    Sie waren ohnehin schon viel zu weit gegangen und tausend Gedanken schossen Prisca durch den Kopf, was alles passieren könnte. Tausend Gründe dagegen und nur Einer dafür … und dieser eine Grund hielt sie in seinen Armen gefangen und ließ Prisca endgültig schwach werden, indem sie Lupus einen sanften Kuss auf seine Lippen hauchte. …

    Von dem Irren bekamen die drei Matrosen vorerst nichts mit. Der vom Stein Getroffene schlief immer noch selig und würde sich höchstens über Kopfschmerzen und eine riesige Beule wundern. Die beiden anderen "kämpften" hingegen immer noch mit dem Feuer und scherten sich momentan wenig um die Befehle, die ihnen Lyciscus zu rief. Auch von der Frau nahmen die beiden nur flüchtig Notiz, als diese zappelnd und kreischend versuchte, den Sack vom Kopf zu bekommen, den der Verwalter ihr übergestülpt hatte.


    Das Geschrei der Frau musste der durchgedrehte Verwalter wohl gehört haben, denn als Lyciscus das Haus wieder betrat, stürmte der Verwalter mit dem gladius erneut schreiend auf ihn zu:


    "DU NARR! …. DU WAHNSINNGER!! …. WAS TUST DU DA … GIB SIE MIR WIEDER … MEINE GÖTTIN! .. DIESE HEXE …SIE HAT MICH WAHNSINNIG GEMACHT UND DAFÜR SOLL SIE BÜßEN …HI HI HI HI …IM ELYSIUM WIRD SIE MEIN SEIN… ENDLICH MEIN … NUR MEIN"


    Erstaunlich flink und agil sprang der alte Mann durch eine Feuerwand und scherte sich nicht weiter darum, dass eine Haarspitzen dabei angesengt wurden. Sein irrer Blick war genau auf Lyciscus gerichtet, der ihm den Weg nach draußen versperrte.


    "WEICHE … DU … NARR!!! ... LASS MICH DURCH ... DU STÜRZT UNS ALLE INS VERDERBEN WENN ...SIE ... WEITER LEBT", kreischte der Alte und schwang das gladius erneut wild über den Kopf. Der Angriff war weder gut koordiniert noch war Lyciscus das eigentliche Ziel. Der Verwalter wollte nur nach draußen, zu der Frau. Also plante er keinen Stoß oder Hieb mit dem gladius. Vielmehr würde der Verwalter einfach den Mann umrennen (wollen). Ob ihm das gelang und welchen Weg das Schicksal weiter nehmen würde hing nun ganz davon ab, was Lyciscus zu tun gedachte …

    Im Gegensatz zu ihrem Sklaven fand Prisca (in der Nacht der Überfahrt) kaum Schlaf und dementsprechend müde und kleinlaut war sie am nächsten Morgen. Das hielt die Aurelia jedoch nicht davon ab, an ihrer Forderung vom Vortag fest zu halten, auch wenn Lyciscus das gar nicht gefiel. Prisca konnte seine Sorge ja verstehen, aber auf dem Schiff hätte sie es vor lauter Ungeduld nicht ausgehalten, bis endlich die Nachricht sie erreicht hätte. Abgesehen davon fühlte sich Prisca in der Nähe ihres Leibwächters immer noch am sichersten, auch wenn ihr auf dem Schiff keinerlei Gefahr drohen würde.


    Bis hierher also und nicht weiter … So war es ihr Wunsch gewesen und darauf bestand nun Lyciscus, als er sie sanft aber bestimmend an den Schultern fest hielt. Prisca erwiderte seinen Blick und dieses Mal widersprach sie ihm nicht. Vielmehr würde sie seinen Anweisungen Folge leisten und dieses Versprechen gab sie ihm nun:"Ja ich habe verstanden, Lyciscus. Ich werde hier warten und falls nötig zurück zum Schiff eilen, sollte etwas ungewöhnliches passieren. Ich verspreche es dir." Mit einem leisen Seufzer blickte Prisca ihrem Leibwächter und den drei Matrosen nach, in der Hoffnung, dass auch Lyciscus sein Versprechen halten- und vorsichtig sein würde.


    ~~~ Vor dem Haus ~~~


    Die drei Matrosen folgten dem Thraker und ihre Blicke wanderten ebenfalls in alle Richtungen umher. Man merkte den Männern deutlich die Anspannung an, da Landeinsätze eindeutig nicht zu ihren Stärken zählten und als Lyciscus gegen die Tür hämmerte, rückten die Drei augenblicklich enger zusammen."He, Thraker! Warte mal! Wäre es nicht klüger, wenn wir sofort umkehren? …. Dieser Spruch da ist mir nicht ganz geheuer", zischte der Erste leise zu Lyciscus und die beiden anderen Matrosen nickten sogleich beifällig: "Ja … was, wenn da in dem Haus eine Horde Banditen auf uns wartet?""Bei Neptun´s Dreizack, ich weiß schon, warum ich am liebsten auf einem Schiff bin, da gibt es keine scheiß Mauern, hinter die man nicht blicken kann …" Besonders mutig wirkten die drei Matrosen nicht, obgleich sie ebenfalls bewaffnet waren, aber noch hielten sie ihre Position schräg hinter Lyciscus und horchten gebannt in Richtung der Türe …


    Nichts war zu hören! Es herrschte absolute Stille … bis …


    … plötzlich ein Kratzen und Scharren aus dem Inneren drang. Zuerst ganz leise, dann etwas lauter, … so als würde etwas aus dem hinteren Teil des Gebäudes in Richtung Türe gezerrt. Außerdem war nun das Getrampel von Füßen zu hören, die ziemlich hektisch über den Boden zu huschen schienen. Wie viele Füße es waren, das konnte man allerdings nicht heraus hören.


    "Oh Scheiße, Mann … lass uns lieber abhauen, ja? … Tot nützt du deiner Herrin ebenso wenig, wie wir unserem Kapitän", rief der erste Matrose wieder in Richtung Lyciscus, der hier das Kommando hatte und der Zweite stimmte sogleich mit ein: "Ja lass uns abhau … Moment mal …" Mitten im Satz stockte der Mann. Er hob den Kopf und schnupperte kurz: "Hier riecht doch etwas verbrannt, oder täusch ich mich …"


    "Nein, du täuschst dich nicht … Da …da….DAAAAA!!!", kreischte der Dritte nun fast hysterisch, als er mit den Fingern auf die porta deutete. Durch den unteren Türschlitz drang heller Rauch, der schnell immer dichter und dichter wurde. Doch das war noch nicht alles. Eine Stimme dang aus dem Inneren des Hauses, laut und bedrohlich und irgendwie völlig irre:


    "GEHT …GEHT WEG! ….SCHNELL!! … HI HI HI …ICH MUSS … MUSS DAS HIER ZU ENDE BRINGEN … SIE! SIE MUSS BRENNEN …JAWOHL … HI HI HI … BRENNEN MUSS … SIE! … DIESE HEXE!!!!! …. DANN WIRD ALLES WIEDER GUT. … HI HI HI …HÖRT IHR MICH NICHT? … LAUFT, SO LANGE IHR NOCH KÖNNT!"


    Das Geschrei war kaum verklungen als die Türe mit lautem Gepolter auf flog. Ein gewaltiger Schwall Rauch drang nach außen, gefolgt von einem brennenden Strohbündel, das funkenschlagend und völlig unvorbereitet den ersten Matrosen frontal traf. Seine Hose fing sofort Feuer und begann lichterloh zu brennen, was dieser mit einem überraschen und hellen Schmerzensschrei quittierte. "Oh Scheiße, wir sind am Arsch....aaarrrrgghhh!", schrie der Zweite nun ebenfalls los, während er gebannt auf seinen brennenden Kollegen starrte. Weiter kam er nicht, da traf ihn ein weiteres Wurfgeschoss (in Form eines Steines) am Kopf und schickte ihn sogleich in Morpheus Reich. Der dritte Matrose wiederum eilte nun dem Ersten zu Hilfe, indem er ihn packte, zu Boden warf und versuchte, durch herum wälzen im Staub irgendwie die Flammen zu ersticken


    Die drei Matrosen waren momentan also "bestens bedient" und vorerst keine große Hilfe mehr. Doch wider Erwarten stürzte nun keine Horde von wilden Banditen heraus, sondern lediglich ein einzelner Mann (der Verwalter). Sein Gewand war dreckig und voller Strohhalme und in der Rechten hielt er ein gladius. Sein graues Haar war völlig wirr, seine Augen weit aufgerissen und blutunterlaufen und sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er völlig den Verstand verloren haben musste. Mit gefletschten Zähnen und wie ein Tier knurrend fixierte er Lyciscus … kurz verharrend, ehe er zum Angriff ansetzte. "UUUUAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHH!!!!, brüllte er so laut wie er nur konnte und fuchtelte mit dem gladius wild über seinem Kopf hin und her. Doch der Angriff war nur eine Finte und blitzschnell zog sich der Mann, mit einem irren Kichern, wieder hinter die Rauchwand in das Haus zurück: " HI HI HI HI …. DIE HEXE! … GLEICH … GLEICH BRENNT SIE … MOMENT! … ICH … ICH …MUSS …NOCH MEHR FEUER MACHEN … HI HI HI HI"


    Der Blick und der Weg in das Haus war nun frei, sodass jeder der so verrückt war dem Irren in das Haus zu folgen sehen konnte, woher der viele Rauch so plötzlich gekommen war. Der Verwalter hatte im gesamten atrium Stroh und Strohbüschel ausgelegt und musste diese wohl just in dem Moment angezündet haben, als Lyciscus und die drei Matrosen an der Türe angekommen waren. Wie das sprichwörtliche "Strohfeuer" loderte das trockene Gras mittlerweile lichterloh, doch die umgebenden Mauern und Säulen aus Marmor boten dem Feuer nur wenig neue Nahrung, sodass das Feuer sehr wahrscheinlich von selbst wieder ausgehen würde, ohne gleich das ganze Anwesen abzufackeln.


    Allerdings würde das Feuer noch lange und heftig genug brennen, um sich bis zur Mitte des atriums durch zu fressen. Dort wiederum bot sich jedem potenziellen Betrachter folgendes bizarres Bild: In der Mitte des atriums - direkt vor dem impulvium - befand sich eine Frau, umgeben von Strohbündeln und gefesselt auf einen Stuhl. Über ihren Kopf war ein Sack gestülpt und darunter musste sie wohl geknebelt sein, denn man hörte nur undefinierbare Laute, während sie heftig an ihren Fesseln zerrte und herum zappelte. Was wiederum wenig verwunderlich war, angesichts des drohenden Feuertodes, der sie zweifelsohne ereilen würde, wenn nicht irgendwer ihr in letzter Sekunde zu Hilfe eilen würde. Von dem Irren war im übrigen nirgendwo auch nur eine Haarsträhne zu sehen, doch weit konnte er sehr wahrscheinlich noch nicht sein, denn man hörte zumindest sein irres Kichern schaurig von den Wänden des Anwesens wider hallen …

    "Ja, genau der … Marcus Iulius Dives", wiederholte Prisca auf die Nachfrage ihres Mannes noch einmal den vollen Namen des Iulius. Gracchus schien verwundert, nicht, weil ihm der Name nichts zu sagen schien, sondern gerade weil er den Mann wohl recht gut kannte. Prisca machte sich darüber keine weiteren Gedanken, da sich die ganze Angelegenheit in ihren Augen recht bald klären würde. So klang es jedenfalls aus dem Mund ihres Mannes, der zwischenzeitlich sogar emotional wurde bei der Erwähnung jener Frauen, die ihm sehr viel bedeuteten.


    "Zweifellos haben diese Frauen großartiges für das Reich geleistet!", nickte Prisca bestätigend zu seinen Worten, denen sie weiter aufmerksam lauschte. Am Ende war sie gar ein wenig überraschte, wie schnell ihr Mann das Thema ab hakte und zum gemütlichen Teil überging. Hasenbraten? Oh ja, der Duft köstlicher Speisen drang auch in Prisca´s Nase und machte Appetit. Wenn es denn noch etwas zu besprechen gäbe, so könnten sie dies auch beim Essen klären, Warum also weiter hier herum stehen ...


    "Ich bin überzeugt, dass du dich richtig entscheiden wirst, mein lieber Gemahl … und wisse, dass ich immer an deiner Seite stehen und zu dir halten werde" Mit einem warmen Lächeln wollte Prisca ihrem Gatten einmal mehr zeigen, dass sie fest zu ihm stand, egal was auch passieren mochte. Für den Augenblick gab es jedoch nichts weiter das sie hätte tun oder sagen können, außer, ihre Hand in die Seine zu legen und sich von ihm zu Tisch führen zu lassen …

    Zurück auf dem Schiff verstaute Prisca als erstes die Tafel mit dem Orakelspruch in ihren Sachen. Die Deutung des Spruches würde zweifelsohne Ruhe und Geduld erfordern und beides würde Prisca auf dem Schiff mit Sicherheit nicht finden. Aber das war auch nicht weiter tragisch. Vielmehr wollte Prisca die vielen Eindrücke der Reise genießen, in dem Wissen, dass diese schöne Zeit viel zu schnell vorüber sein würde. Zurück auf Deck, begab sich die Aurelia wieder an jene Stelle am Rand des Schiffes, wo sie die meiste Zeit auf der Fahrt verbracht hatte. Mit bestem Blick auf das Meer, mit den unzähligen Wellenhügeln, die im Sonnenlicht funkelten wie tausende Diamanten. Prisca blickte eine Weile versonnen auf das Meer hinaus, ehe sie ihrem Sklaven gewahr wurde, der neben ihr (in sichtlich entspannter Haltung) an einem Balken lehnte. Wie lange mochte Lyciscus da schon so gestanden- und sie mit diesem zufriedenen Grinsen angestarrt haben? War er glücklich? Prisca versuchte in seinen Augen zu lesen und sie glaubte so einiges hinter seinen Blicken erahnen zu können, ohne je Gewissheit zu haben, was in ihrem Sklaven gerade vorgehen mochte.


    Allein die Worte, die Lyciscus nun an sie richtete, mochten die Gedanken und Pläne ihres Sklaven verraten, die allein ihrem Wohl galten. Prisca schenkte ihrem Sklaven ein dankbares Lächeln und wohlwollend sah sie über seine folgende freche Bemerkung hinweg, mit der er sie vor den umstehenden Matrosen nicht nur neckte, sondern regelrecht heraus forderte. Prisca bemerkte durchaus die Blicke der Matrosen und wie sie tuschelten, von wegen, dass sich der Sklave ganz schön viel heraus nahm mit seiner Herrin so zu reden. Wie einfach wäre es gewesen, Lyciscus vor aller Augen zurecht zuweisen, doch lag es Prisca fern ihrem Sklaven das anzutun. Vielmehr blickte sie kurz gespielt beschämt zu Boden, sodass es für die Matrosen den Anschein hatte, als hätte Lyciscus seine Herrin ganz unter seiner Kontrolle. Was natürlich nicht der Wahrheit entsprach, denn Prisca würde auch ganz anders können - wenn sie wollte.


    "Lyciscus! …", seinen Namen sanft und leise wie eine Sirene rufend, winkte Prisca ihren Sklaven kurz darauf näher heran, um ihm einen ernst- und gut gemeinten Rat zu zu flüstern: "Wenn du mich und andere beeindrucken möchtest, dann solltest du dich besser nicht selbst als Sitzgelegenheit anbieten. Oder was glaubst du würden die Matrosen denken, wenn ich dein Angebot tatsächlich annehme und mich vor aller Augen auf dich setze?" Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah Prisca ihrem Sklaven tief und eindringlich die Augen, ohne ihm dabei ein schlechtes Gefühl geben zu wollen. Sie erwartete auch keine direkte Antwort sondern nur, dass Lyciscus seiner besonderen Stellung und Verantwortung bewusst wurde, die er zweifelsohne als ihr Leibwächter ein nahm.


    "Was nun Antium betrifft, …" Nun wirkten Prisca´s Gesichtszüge wieder ernster, was aber allein der Tatsache geschuldet war, dass niemand wusste was sie dort vorfinden sollten: "Ich werde nicht auf dem Schiff warten. Vom Hafen bis zum Anwesen sind es eine gute Stunde Fahrt. Das dauert mir zu lange. Ich will sofort wissen, was vorgefallen ist, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass es etwas ernsthaftes ist." In diesem Punkt widersprach Prisca dem Plan ihres Leibwächters, ohne ihn gänzlich über den Haufen werfen zu wollen: "Ich werde aber brav und in gebührender Entfernung warten, bis du die Lage sondiert hast. …Hier nimm! … Ich möchte, dass du das bei dir hast, für alle Fälle." Mit einem schnellen Seitenblick vergewisserte sich Prisca, dass niemand sonst Notiz davon nahm, wie sie nun aus dem linken Ärmel ihres Kleides einen edlen und wundervoll verzierten Dolch zauberte: " Dieser Dolch gehörte einst meinem Onkel.",flüstere Prisca mit andächtiger Stimme: "Ich weiß, dass Sklaven eigentlich keine Waffen tragen dürfen, aber auf meinem Grund und Boden habe noch immer ich das Sagen. Was auch immer also passieren mag - benutze ihn um dich zu schützen, gegen wen auch immer! .. Ich werde dafür sorgen, dass nichts und niemand dir deswegen etwas anhaben wird.", Dieses Versprechen gab Prisca ihrem Sklaven gerne, denn falls tatsächlich irgendwelches Gesindel sich auf dem Landsitz herum trieb, so wäre es ihr gutes Recht sie mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen (auch mitttels eines bewaffneten Sklaven, der ja nur ihren Befehl ausführen würde).


    "Sei bitte vorsichtig, ja?! …Und kehre sofort um, wenn es zu gefährlich wird. Wir können immer noch Hilfe herbei rufen, falls nötig." Mit diesem Wunsch und Bitte überreichte Prisca die Waffe in dem festen Glauben, dass sich die ganze Aufregung am Ende als unbegründet heraus stellen würde. Allerdings konnte auch Prisca nicht in vorhersagen, was auf dem Landgut geschehen würde, denn dieses Privileg stand allein den Göttern und dem Schicksal zu …

    Die Sonne stand beinah im Zenit und entsprechend kurz waren die Schatten des Pinienwaldes, der das Anwesen zur Landseite hin vor ungebetenen Blicken abschirmte. Idyllisch gelegen war das Anwesen, zwischen jenem dichten grünen Pinienwald und dem glitzernden hellen Sandstrand, der direkt in das türkisblaue Meer endete. Ein Traum für jeden, der an sonnig warmen Tagen Entspannung und Erholung suchte. Und dennoch wollte sich dieser Effekt ausgerechnet heute nicht so recht einstellen. Woran lag das nur? Lag es an der Villa selbst, die wie verlassen wirkte, mit den zugezogenen Fensterläden? Und auch der Garten, die Ställe und Wirtschaftsbereiche um das Haus herum, nirgendwo sah man eine einzige Person. Nichts erkennbares wies darauf hin, dass etwas ungewöhnliches vorgefallen war, ... nichts, außer der Tatsache, dass eben kein einziger Sklave zu sehen war. Hinzu kam jenes verwirrende Bild, das sich jemandem bot, der von der Landseite aus auf den Haupteingang zu gehen mochte. Unübersehbar - einer Warnung gleich - stand nämlich auf der Wand (gleich neben der porta) in blutroten Lettern geschrieben:


    ...Adora quod incandisti, incande quod adorasti* ...


    Sim-Off:

    *) Bete an, was du verbrannt hast - verbrenne, was du angebetet hast.

    Mit der Tafel in Händen und mit gemischten Gefühlen verließ Prisca den Tempel. Sie wusste nicht wie es Lyciscus gerade ergehen mochte, aber sie fühlte sich nun keineswegs schlauer sondern noch mehr verwirrt angesichts der Antwort des Orakels. Der Text klang für Prisca wie eine belanglose lustige Kindergeschichte. Wie sollte sie daraus deuten, ob sie nun Kinder bekommen könnte oder nicht? Oder Moment mal! Sollte gar dieser kindlich anmutende Text selbst der Wink sein? Puh! ... Prisca verdrängte für den Augenblick jeden weiteren Gedanken an das Orakel, denn für die Deutung bräuchte sie Zeit und Ruhe und beides - so hoffte sie - würden sie erst in Antium finden.


    "Wir brechen sofort auf. Noch eine Nacht in einer Herberge möchte ich nicht verbringen. Da ist es auf der Nordwind viel gemütlicher", signalisierte Prisca ihrem Leibwächter, dass sie möglichst schnell zurück wollte. "Außerdem möchte ich vermeiden, dass du mir jetzt und hier noch eine Kostprobe deiner Stärke gibst. Das kannst du auf dem Schiff immer noch tun wenn du möchtest.", spielte Prisca noch einmal scherzend und augenzwinkernd auf die Szene von vorhin an. Womöglich verwunderte es ihren Sklaven wie gelassen und mit wie viel Humor sie es nahm, schließlich hatte er ja schon so einige Launen und spontane Stimmungswechsel von ihr mit bekommen. Andererseits müsste Lyciscus aber auch bemerkt haben, dass Prisca ihm gewisse Vorzüge und Freiheiten zugestand und sie sich ihm gegenüber (meistens zumindest) viel weniger "herrisch" benahm wie beispielsweise gegenüber Mara.


    Das tat Prisca im übrigen nicht ganz ohne Grund. Ihr Leibwächter sollte ja gegenüber Fremden und potenziellen Angreifern furcht- und respekteinflößend wirken und da wäre es eher kontraproduktiv wenn sie ihn in aller Öffentlichkeit "herunter putzen" würde, wie einen "gewöhnlichen" Sklaven. Das befreite den Thraker freilich nicht gänzlich vor möglichen Strafen, sollte er es mit seinen Freiheiten übertrieben oder es gar wagen seine Herrin zu verraten. Davon ging Prisca aber nicht aus, denn sie hatte längst Vertrauen zu ihrem Leibwächter gefasst und das bekam Lyciscus nun auch des Öfteren (auf positive Weise) "zu spüren".

    "Ehm, Ich hoffe nicht, dass wir bis zum Abend hier warten müssen ..., entgegnete Prisca auf die Frage ihres Leibwächters durchaus belustigt klingend, denn wer wollte schon ewig hier in diesem tristen Vorraum ausharren?! Allein wegen der Antwort des Orakels? Womöglich, doch keinesfalls um einem Sklaven bei seinen Leibesertüchtigungen zu sehen zu dürfen/-müssen. "Lyciscus! …was? …was in aller Welt soll das werden?", fragend, ratlos, am Ende gar belustigt kichernd sah Prisca ihrem Leibwächter bei seinen Liegestützen zu. Was? Ich soll mich auf seinen Rücken setzen?" Wie absurd war das denn?! "Lyciscus ..bitte! Die Priesterin kann jeden Moment zurück kommen … was ..soll sie denn denken, wenn ich auf deinem Rücken sitze? .. Komm, steh auf! Bitte! … Deine Liegestütze kannst du mir noch zur genüge andernorts vorführen" Allein die Vorstellung (wie verdutzt die Priesterin wohl drein schauen würde angesichts einer auf einem Sklaven sitzenden Patrizierin, in Erwartung ihres Orakelspruches) ließ Prisca amüsiert auflachen, obwohl sie sich keineswegs über ihren Leibwächter lustig machen wollte. Vielmehr beeindruckte Lyciscus sie, mit seiner Initiative sehr und bestätigte sie in ihrer innigsten Meinung über ihn, dass er kein gewöhnlicher Sklave wäre.


    Zum Glück kehrte die Priesterin rechtzeitig zurück, ehe sich die Aurelia spontan zu der Aufforderung ihres Sklaven hatte hinreißen lassen. Doch die Antwort der Sibylle riefen weitaus mehr Frage auf, als jedes ungebührliche Verhalten an jenem heiligen Ort jemals hätte hervor rufen können.


    Großer Hase vorm Haus, im Keller die Möhren. Das Huhn und der Bär, blau ist besser als gelb und den zweiten Saft soll ich beim kuschen nicht vergessen????? Wow! Der Spruch auf der Tafel hatte es in sich und Prisca bezweifelte spontan, dass ein paar besinnliche Tage in Antium ausreichen würden, um diesen Spruch auch nur ansatzweise deuten zu können.


    Entsprechend ratlos blickte Prisca zunächst auf die Tafel, … dann zu der Priesterin und schließlich zu Lyciscus (der augenscheinlich mit der Deutung seiner Antwort ebenfalls kurzfristig überfordert war).


    "Also …mmh, nun, ..ich …wir … danken dir für die Antworten des Orakels und …wir nehmen den Spruch der Sibylle hiermit in demütiger Ergebenheit an. Richte der Sibylle unsere aufrichtigsten Wünsche aus und vale ebenfalls bene!" Was sonst hätte Prisca der Priesterin auch sonst in diesem Moment als Antwort geben sollen? Prisca bräuchte sicherlich noch einige Tage, wenn nicht gar Wochen, um sich mit der Antwort auseinander zusetzen. Voraus gesetzt, es würde überhaupt einen Sinn ergeben … Beide kuscheln?! Na soweit war Prisca auch mit ihrem Latein und beinah am Ende, denn mit kuscheln allein hatte noch niemand Kinder in die Welt gesetzt. Oder war die Aufforderung zum kuscheln gleich zusetzen mit "treibt es so oft wie möglich, sonst wird das nie was mit dem Kinder kriegen?Genauso wenig wie der Hase die Möhren bekommt, wenn er vorm Haus sitzen bleibt. …? …. Du meine Güte!


    Fast hätte Prisca belustigt aufgelacht angesicht der absurden Deutungen, die ihr just in den Sinn kamen und lieber gab sie Lyciscus mit einem verstohlenen Blick und einem vagen Nicken zum Ausgang hin zu erkennen, dass sie besser schnell von hier verschwinden sollten …

    Na also! Die Tiberia ließ sich nicht lange bitten und als sie kurz darauf in dem sündig roten Traum auftrat, klatschte Prisca begeistert Beifall:"Oh ja, es ist wunderschön! ... Es steht dir perfekt, Corvina!" Mit einem schnellen Blick in die Runde vergewisserte sich Prisca, ob noch weitere Damen Interesse daran hätten, doch: "Mir scheint es wird keine von uns es wagen, dir dieses Kleid streitig zu machen. ... Nun musst du uns nur noch dein Gebot nennen und schon gehört es dir", zwinkerte Prisca der Tiberia gut gelaunt zu.


    Prisca ging zwar nicht davon aus, dass eine von den Damen heute mit den Sesterzen geizen würde, doch könnte es wohl nicht schaden den Gästen bei dieser Gelegenheit zu verraten, für welchen guten Zweck das Geld gesammelt würde (nur um sicher zu gehen, dass keine bösen Lästermäuler Gerüchte verbreiten würden, von wegen die Aurelia und die Claudia würden aus Geldnot Kleider verkaufen).


    "Und tut euch nur keinen Zwang an, die Gebote in die Höhe zu treiben. Ihr tut das für einen guten Zweck, denn sämtliche Sesterzen die ihr heute hier ausgebt, werden in Form einer Brotspende - in unser aller Namen - an das Volk verteilt" Für Rom und das Volk! Wer würde da nicht gerne als Wohltäter genannt werden?! Prisca war jedenfalls sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Feier. Da Sassia sich um Axillas Vorliebe für grüne Kleider kümmerte, blieb augenscheinlich gerade nichts weiter zu tun und so gönnte sich Prisca ein Stückchen Obst, welches ihr eine Sklavin netter Weise auf einem Tablett zu rechten Zeit reichte.


    Flüchtig warf Prisca der rothaarigen Sklavin einen Blick zu. War das nicht die rothaarige Sklavin, von deren Bestrafung sie unlängst Kenntnis genommen hatte. Jene Sklavin, die mit ihrer rebellischen Art auffällig geworden war? Nun, sofern es sich um selbige Sklavin handelte, so konnte Prisca an ihr nichts rebellisches mehr erkennen. Und das war auch gut so, denn hier und heute würde Prisca höchstpersönlich dafür sorgen, dass jede Sklavin "funktionierte", so wie man es eben von dem beweglichen Inventar erwarten durfte.


    Weiter hielt sich Prisca mit der Sklavin nicht auf, denn viel lieber beobachtete sie das Geschehen und schließlich wollte sie wissen, welches Gebot Corvina nun abgeben würde und an welchem Kleid (in grüner Farbe) Axilla wohl Gefallen finden würde.


    Es dauerte allerdings nicht lange, bis Prisca´s Aufmerksamkeit auf ein offensichtliches Missgeschick gelenkt wurde, welches einer der Frauen widerfahren war. "Was ist passiert?", rief Prisca fragend in die Runde und mit ein paar schnellen Schritten war sie schon bei dem Ort des Geschehens. Offensichtlich war eine der Damen unter ein paar Kleidern begraben worden und wenn es auch schlimmeres gab als dieses, so sollte doch der Betroffenen sofort Hilfe zu kommen. Wer war das denn eigentlich? Erkennen konnte Prisca das Gesicht (noch) nciht, aber wofür gab es Sklavinnen: "Na los! Was steht ihr da so rum, helft ihr gefällgst auf und sorgt dafür, dass es ihr gut geht", herrschte Prisca die umstehenden Sklavinnen an, ehe sie mit besorgter Stimme der verschleierten Dame zu rief: "Ist alles in Ordnung mit dir?"

    Es war wirklich nicht einfach der Versuchung zu widerstehen. Nicht bei einem Mann wie ihrem Cousin. Und überhaupt: Was ist schon dabei ein wenig zu flirten und was soll schon großartig passieren? Ein wenig naiv gedacht vielleicht, doch Prisca war felsenfest davon überzeugt, die Fäden jederzeit fest genug in der Hand zu behalten, um den Balanceakt auf dem dünnen Seil - zwischen Anstand und Sünde - zu meistern. Bis dato war es ihr auch immer gelungen, die Kontrolle zu behalten, obgleich Fortuna manchmal hatte nach helfen müssen. So zum Beispiel damals in jenem Lupanar, als ihr Cousin Ursus sie und ihre Cousine Laevina in letzter Sekunde davor bewahrte, von einem alten Lustmolch vernascht zu werden. Ja, das war knapp gewesen! Doch solche Erlebnisse hielten Prisca nicht davon ab - vielmehr spornten diese sie geradezu an - weiterhin das Spiel mit dem Feuer und den Männern zu suchen. In dieser Hinsicht überschätzte sich Prisca womöglich selbst und gleichzeitig unterschätzte sie wohl ihren Cousin, obgleich sie nicht zum ersten Mal so miteinander "spielten". Per aspera ad astra, lange war es her und doch erinnerte sich Prisca noch gut daran.


    "Vorhin hast du mir noch gesagt, dass du ein verheirateter Mann bist und jetzt verlangst du von mir eine Liste mit jungen Damen, denen du deinen Qualitäten als Mann beweisen willst? … Aber gut, wenn ich damit meine Schuldigkeit begleichen kann, die ich dir damals versprechen musste …", völlig unbedarft und ohne großartig darüber nachzudenken spielte Prisca kichernd auf den Gefallen an, den sie ihren Cousin damals hatte schwören müssen. Dabei ging Prisca nicht ernsthaft davon aus, dass Lupus es ihr so leicht machen würde … im Gegenteil …


    Lupus brachte Prisca augenblicklich gehörig aus dem Konzept, indem er ihr mit gespielter Ungeschicktheit eine Traube in den Ausschnitt zauberte. Prisca sah ihren Cousin verdutzt und mit großen Augen an und ihre Augen wurden noch größer, als sich just in dem Moment Lyciscus "verabschiedete". Prisca drehte den Kopf und sah ihrem Leibwächter nach: Wie hat er ihn genannt? Meine Anstandsdame? … Priscas Blick wanderte zurück zu Lupus, dessen Augen irgendwie herausfordernd funkelten. "Neiiiiiinnnn …", ganz langsam bewegte Prisca den Kopf hin und her und ein vages Grinsen umspielte ihre Mundwinkel als sie mit gedehnter Stimme seinem Wunsch Einhalt gebieten wollte: "Nein, nein, nein … untersteh dich!" Prisca wollte selbstsicher und bestimmend wirken, doch die Tatsache, dass ihr Herz augenblicklich bis zum Hals schlug machte wohl ihre Unsicherheit offensichtlich. Nun blieb nur noch der Ausweg ihm zuvor zu kommen und die Traube selbst heraus zu picken, doch irgendwie fühlte sich Prisca gerade von dem wölfischen Blick ihres Cousins wie in einen Bann gezogen. …

    Ein paar Tage am Meer entspannen?! ... "Ja genau das werden wir tun …", entgegnete Prisca auf die Frage ihres Leibwächters knapp und versonnen lächelnd. Eine gewisse Vorfreude war der Aurelia durchaus anzumerken, angesichts der Aussicht auf ein paar erholsame und besinnliche Tage. Fernab von Rom und all dem Trubel der Großstadt! Warum verbringe ich eigentlich nicht viel mehr Zeit am Meer? Eine gute Frage, denn Antium war selbst auf dem Landweg in kurzer Zeit erreichbar. Seltsamer Weise hatte Prisca schon lange nicht mehr daran gedacht, aber das wollte sie ändern. Spätestens mit Beginn der Sommermonate, sobald die Hitze in Rom wieder unerträglich werden würde.


    Bei der Erwähnung des fehlenden Berichts des Verwalters hatte sich Prisca eigentlich nichts weiter gedacht. Erst die Bemerkung von Lyciscus und seine ernste Miene brachten die Aurelia ins Grübeln, ob auf dem Landsitz wirklich alles in Ordnung wäre. Vielleicht hatte der Hausverwalter nur vergessen den Bericht rechtzeitig abzuschicken, oder der Brief war auf dem Weg nach Rom verloren gegangen. Könnte ja sein. Anderseits lag Antium nicht am anderen Ende des Reiches und auf dieser kurzen Distanz wäre es schon sehr ungewöhnlich, wenn ein Brief samt Bote unbemerkt und spurlos verschwinden würde. War am Ende doch etwas ernstes vorgefallen? Hatte gar verbrecherisches Gesindel das Landgut überfallen und alle Angestellten und Sklaven getötet? Ein derartiges Verbrechen würde wohl kaum lange unbemerkt bleiben, doch gänzlich auszuschließen wäre es dennoch nicht.


    Prisca fröstelte bei dem Gedanken daran, dass sie am Ende völlig unbedarft in eine Falle tappen könnten und verunsichert blickte sie Lyciscus in die Augen: "Eine mögliche Gefahr? So hatte ich es eigentlich nicht gemeint. Allerdings, … je länger ich darüber nachdenke, … seltsam ist es schon, denn auf den Verwalter war stets Verlass und der Weg zwischen Antium nach Rom ist weder lang noch sonderlich gefährlich. … normalerweise." Nachdenklich kaute Prisca auf ihrer Unterlippe. Sollte sie Lyciscus wirklich alleine vor schicken, um nach dem Rechten zu sehen? Das wäre schließlich die originäre Aufgabe eines Leibwächter und doch … verspürte Prisca plötzlich eine undefinierbare Angst um Lyciscus und entsprechend besorgt wirkte sie nun: "Nun, ich bin nicht begeistert davon, Lyciscus, ... aber wenn du es für notwendig hältst, dann wird es so gemacht. … Aber wenigstens ein paar von den Matrosen sollten dich begleiten, ja?" Es klang mehr wie ein Vorschlag, wie ein Wunsch und nicht wie ein Befehl, schließlich ging es darum sie zu beschützen und diesbezüglich hatte ausnahmsweise ihr Sklave das letzte Wort.