Ja Fortuna mochte in der Tat eine etwas ungewöhnliche Wahl sein. Doch besaß die Schicksalsgöttin für Pricsa die meiste Faszination von allen Göttern. Weil die Vorstellung, in die Zukunft zu blicken oder gar das Schicksal mit bestimmen einfach so verlockend war und das, obwohl sich diesbezüglich Prisca fast keiner Illusion mehr hin gab. Schon gar nicht seit dem Besuch bei der Sibylle der - außer einer unbeschriebenen Tafel und den Tränen einer Sklavin - keinerlei Erkenntnis über das Schicksal gebracht hatte. Aber an das Schicksal einer Sklavin wollte Prisca bestimmt nicht denken, denn heute ging es schließlich um ihre eigene Zukunft. Wie würde diese wohl an der Seite des Flaviers aussehen? Werden wir beide glücklich sein? Oh, Fortuna kannst du mir nicht wenigstens einen kleinen Blick auf mein künftiges Schicksal gewähren? … Sag schon, bitte! Nur dieses eine Mal., flehte Prisca im stillen die Göttin an. Eine Antwort erhielt sie freilich nicht..
Und so recht überlegt wollte Prisca auch gar keine Antwort darauf, denn gerade diese Ungewissheit, dieses Neue und Unbekannte schuf eine süße und prickelnde Spannung in ihr. Genau so wie die flüchtigen Berührungen ihrer Hände eine gewisse Spannung, in Form einer leichten Gänsehaut verursacht hatte, welche ihr immer noch wohlig über den Rücken lief.
"Ich fürchte auch, dass Fortuna mir diesen Blick in die Zukunft verwehren wird, werter Caius. … Andererseits ist Glück etwas was uns allen zu Teil werden sollte. … Und wenn es mir nützt das Interesse eines Mannes für mich zu wecken, so soll Fortuna mich gerne ein bisschen mit diesem Glück segnen ", antwortete Prisca dem Flavier mit einem verheißungsvollen Lächeln, wohlwissend, dass er gerade auch von ihnen beiden gesprochen hatte.
Caius schien eine hohe Meinung von ihr zu haben, zumindest was ihren Einsatz für die vom Schicksal Benachteiligten betraf. Vielleicht verwunderte es ihn aber auch ein wenig, wie sie andererseits die blutigen Gladiatorenspiele so sehr lieben konnte. Wie auch immer, waren diese Spiele eben zu jener Zeit eine Normalität und Prisca fand Gefallen daran. Nichts schlimmes, wobei … "Die Wagenrennen sind mir von all den Spielen auch die liebsten", … die Aurelia hierin sehr wohl dem Flavier beipflichten konnte.
Ebenso wie Prisca wohlwollend zur Kenntnis nahm, dass der Flavier seine Frau bei bestimmten Entscheidungen durchaus mit ein binden wollte. Zu jener Zeit sicher keine Selbstverständlichkeit und ein Grund mehr, diesen Mann zu …"Lieber Caius, ich finde sehr schön, dass du bei einer solchen Entscheidung auch an deine Frau denken würdest. Denn sicher ist dies eine von vielleicht wenigen Gelegenheiten, um etwas gemeinsam zu unternehmen. Ich erinnere mich gerade an die letzte Sitzung der facito aurata, auf die ich meinen Onkel begleiten durfte . Vielleicht würde diese ja auch dir zu sagen?!", meinte Prisca, die gerne an den vergnüglichen Abend in der casa Decima zurück dachte. Sicher kannte die Aurelia vergleichsweise keine anderen factiones, doch warum sollte es nicht diejenige sein, für die sich auch ihr Onkel entschieden hatte.
Ganz nebenbei bemerkte Prisca, dass sie in ihren Gedanken an Caius sehr viel weiter abzugleiten drohte, wie es sich für eine junge Patrizierin geziemt hätte. Ihr leidenschaftlicher Blick traf dann wohl auch genau ins Schwarze, so dass der Vorschlag mit dem Spaziergang für sie beide die rettende Zerstreuung bringen würde. Also legte Prisca ihre Hand dankend auf dem ihr angebotenen Arm und erhob sich elegant von der cline, um mit dem Flavier gemeinsam das Zelt zu verlassen.
Die frische Meeresbrise empfing sie beide wieder und Prisca atmete tief die würziges Luft in ihren Lungen, während sie beide so dastanden und auf das Meer hinausblickten.. Erinnerungen an ihre Kindheit kamen zurück, wie sie hier barfuß am Strand entlang gelaufen war. Es war eine schöne und unbeschwerte Zeit gewesen, die Prisca sehr vermisste und die sie doch nicht zurück holen oder festhalten konnte - so wie diesen wundervollen Tag mit Caius. "mmmh, ist es nicht herrlich hier? Wenn wir doch nur etwas mehr Zeit hätten … ", seufzte sie leise vor sich hin und schloss für einen Moment die Augen, " Aber Du kommst mich doch bald schon in Rom besuchen, ja?" fügte Prisca dann leise eine Bitte an und unterstrich diesen Wunsch mit einem sehnsüchtigen Blick in Richtung des Flaviers.