Beiträge von Appius Aurelius Cotta

    Nachdem der Pflichtverteidiger des Angeklagten, Tiberius Durus, verkündet hatte, dass Helvetius Sulla sich selbst verteidigen werde, sah ich meinen Wunsch in Erfüllung gehen: Tatsächlich würde sich der besiegte Aufständische in eigener Person zu den Vorwürfen äußern.


    Als er nun auch von zwei Prätorianern in den Verhandlungssaal geführt wurde, straffte sich unwillkürlich meine gesamte Körperhaltung, und ich konnte mich des kindischen, weil sensationslüsternen Gedankens nicht erwehren: So sieht also ein Hochverräter aus. Diese unpassende Überlegung vertrieb ich aber sofort wieder und machte mich stattdessen bereit, konzentriert zuzuhören.

    Dass meine letzte Frage dumm gewesen war, hatte ich ja selbst schon erwähnt. Nun aber blickte ich offenbar so verblüfft drein, dass die junge Frau vor mir in helles Lachen ausbrach und ich womöglich noch eine Spur verdutzter guckte. Denn dass ich bei meinem ersten Besuch der römischen mercatus gleich der Virgo Vestalis Maxima in die Arme laufen würde, hätte ich im Leben nicht gedacht!


    Der Gedanke an das Amt der jungen Dame brachte mich aber ins Überlegen: Virgo Vestalis Maxima - war das nicht ...


    "Du bist die Virgo Vestalis Maxima? Entschuldige, aber ist Dein Name vielleicht Flavia Agrippina?"


    Noch immer sah ich sie mit großen Augen und ähnlich großer Erwartung an. Da wurde mir schon endlich bewusst, wie unmöglich ich mich ihr gegenüber eigentlich verhielt. Ich musste selbst meinen Kopf darüber schütteln und sagte dann:


    "Bitte verzeihe mir mein ungehobeltes Benehmen! Ich bin nur so überrascht, die oberste Vestalin allein in diesem Gedränge anzutreffen. Hinzu kommt, dass Du, wenn Du die genannte Flavia Agrippina sein solltest, eine enge Freundin der Familie bist: Ich bin nämlich Appius Aurelius Cotta."


    Mit einem Blick auf Maron fügte ich hinzu:


    "Und ich muss Dir gleich sagen, dass ich erst seit kurzer Zeit in Roma und heute überhaupt zum ersten Mal auf den Märkten bin und daher gar nicht weiß, wo man Bäcker und Imker findet und jemanden, der Milch verkauft. Ich bin aber sicher, dass mein findiger Sklave hier bei Deinen Worten seine Augen schon aufgesperrt hat, um nach den Genannten zu suchen."


    Tatsächlich hatte Maron seinen Hals gereckt und nickte mir, uns, auch schon zu. Ich lächelte die Virgo Vestalis Maxima an und machte nun hoffentlich nicht mehr so eine schlechte Figur.

    Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus
    "Vorerst ich selbst", erwiderte ich und schmunzelte. "Allerdings wird wohl auch mein Vetter in absehbarer Zeit den gleichen Weg einschlagen wie ich."
    Ich überlegte einen kleinen Moment, reichte dann jedoch Avitus meine Hand und wartete, bis er einschlug. "Ich denke, ich kann guten Gewissens für alle Aurelier sprechen, wenn ich behaupte, dass neue Generationen aus Fehlern und Fehlverhalten der Ahnen lernen und sie besser machen können. Ich hoffe, dies ist auch deine Intention, Avitus. Schließen wir heute also ein Bündnis, wie es unsere Familien in alten Zeiten verband." Dass jede Seite die jeweils andere skeptisch beobachten würde, durfte selbstverständlich sein. Man mochte zwar aus alten Fehlern lernen und auch alte Wunden heilten irgendwann, doch manchmal hinterließen sie Narben.


    Als nach der Begrüßung durch den Octavius mein Vetter Corvinus das Wort ergriff, hielt ich mich im Hintergrund und lauschte umso aufmerksamer dem Dialog, der sich nun zwischen den beiden Gesprächspartnern entspann.


    Wie ich selbst vertraten die beiden die Meinung, dass es besser sei, den Blick nicht länger auf Vergangenes zu richten, sondern schon an diesem Abend damit zu beginnen, in die Zukunft zu schauen. Den ersten Schritt machten die beiden Männer, indem sie per Handschlag ein Bündnis verabredeten. Durch ein Nicken in Verbindung mit direktem Blickkontakt zu Octavius Avitus tat ich mein Einverständnis zu dieser Handlung kund. Mir war klar, dass keine der beiden Seiten so naiv sein würde, die Vergangenheit völlig aus dem Blickfeld zu verlieren. Das am heutigen Abend geschlossene Bündnis würde erst einige Belastungsproben zu bestehen haben, bevor echtes Vertrauen wachsen konnte. Ein Seitenblick auf Corvinus bestätigte mir, dass er bei sich selbst ähnlich dachte, und auch der Octavier sah die Dinge sicher genauso. Aber gerade dies machte mich auch recht zuversichtlich und war ein guter Start: Dass beide Parteien offenbar von gleichen Voraussetzungen ausgingen.


    Ein Blick in die Runde zeigte mir, dass einige offenbar einflussreiche Männer, wohl auch Senatoren, anwesend waren. Ich war gespannt, wie Corvinus den weiteren Abend gestalten würde. Mir selbst kam es nicht zu, die mir fremden Würdenträger anzusprechen, ohne vorgestellt zu werden.

    Ach, wäre Maron doch in diesem Moment so geistesgegenwärtig gewesen und hätte mir einen Spiegel vorgehalten - zu gerne hätte ich mein Gesicht gesehen, wie sein Ausdruck wohl fließend ineinander überging zwischen Freude, Glück und völliger Verblüffung, dieses Göttergeschenk hier vor mir zu sehen: meinen Bruder Lupus, gesund und immer zu Späßen aufgelegt!


    Aber warum Maron Vorwürfe machen - ich hätte ja selbst so geistesgegenwärtig sein und mir von ihm einen Spiegel vorhalten lassen können, war es aber nicht gewesen. Und auch wenn mir der Spiegel direkt vor die Nasenspitze gehalten worden wäre, so hätte ich ja wahrscheinlich doch nicht hineingesehen, denn der Anblick meines Bruders und seine rechte Hand in meinem Nacken bedeuteten mir in diesem Moment mehr als alles andere.


    Lupus lebte also, und ganz offensichtlich ging es ihm gut. Vor dieser beglückenden Erkenntnis verblassten fast sogar die freundlichen Worte, die er sofort für mich fand nach all den Jahren. Ich wusste gar nicht so genau, was ich nun als erstes sagen sollte, denn mir gingen so viele Gedanken und Fragen gleichzeitig durch den Kopf.


    Vielleicht war es deswegen, dass ich für einen Augenblick wieder ein wenig stärker auf das Äußere meines Bruders achtete. Der Tag in Roma war zweifellos heiß, und ich konnte mir denken, warum mein Sklave Lupus direkt ins balneum gebracht hatte. Unwillkürlich musste ich ein bisschen schmunzeln, denn mir kam da ein Gedanke:


    "Ach Lupus, da ist so vieles, was ich dich fragen muss, aber auch so vieles, was ich dir selber zu erzählen habe, besonders auch aus den letzten Tagen, denn ich bin zwar erst seit kurzem hier in Roma, aber diese Zeit war gleich sehr turbulent. Und weißt du was? Jetzt, wo sowieso schon mal ein Bad bereitet ist, werde ich gleich mit dir gehen, auch wenn der Tag noch nicht vorbei ist."


    Ich drehte mich zu Maron um, der auch gleich damit anfing, nun auch mich auszukleiden. Zu Lupus sagte ich grinsend:


    "Aber zum Abwaschen und Saubermachen ins Kaltwasserbecken gehst du alleine, du Dreckspatz! Ich gehe dann gleich ins tepidarium."


    Da es naturgemäß ein wenig dauerte, bis man mich aus meiner toga gewickelt hatte, redete ich gleich weiter, denn ich wollte keine Minute mit meinem Bruder verlieren:


    "Lupus, über dich hat man sich, ehrlich gesagt, die wüstesten Gerüchte erzählt. Sag, was daran ist Wahrheit, was war Übertreibung? Stimmt es, dass du dich den Kynikern angeschlossen hast?"


    Sein Äußeres deutete ja nun darauf hin, allerdings hatte er augenscheinlich mit dieser Phase seines Lebens gebrochen oder doch mindestens manche Vorsätze dieser philosophischen Bewegung in Zweifel gezogen, sonst wäre er ja nicht nach Roma in die villa Aurelia gekommen und hätte sich direkt ins balneum führen lassen, denn solches lehnten die Kyniker ja rundheraus ab.


    So gespannt ich war auf die Erzählungen meines Bruders über seine Erlebnisse und seinen Werdegang - und natürlich auch über seine Zukunftspläne -, so unvermeidlich war es auch für mich, ihn schnellstmöglich in Kenntnis zu setzen von all den Nachrichten, die auf mich schon an meinem Ankunftstag in der villa Aurelia in Roma niedergeprasselt waren.


    "Ich habe es eben schon angedeutet, Lupus, es gibt da einige Dinge über unsere gens, die ich auch erst bei meiner Ankunft hier in Roma erfahren habe und die du unbedingt wissen solltest. Sophus und Cicero befinden sich beide auf Reisen, und niemand von der gens weiß, wo sie sind und wann bzw. ob sie je zurückkommen werden. Cicero hat sich sogar als amtierender comes von Italia einfach auf und davon gemacht - und hat seine kleine Tochter Sisenna einfach alleine zurückgelassen. Zu allem Überfluss ist dann auch noch ihre Mutter Curitia Icela verstorben, und man brachte die Kleine hierher, wo sie dann eine ganze Weile allein unter den Sklaven gelebt hat, nämlich bis ich kam."


    Ich bemerkte deutlich meinen aufkeimenden Unmut, während ich diese Worte aussprach. Natürlich kannte ich diese ganzen Zusammenhänge ja schon seit einiger Zeit, aber nun, da ich sie nochmals im Zusammenhang und laut aussprach, konnte ich meine Gefühle nicht völlig verleugnen. Aber ich musste fortfahren, um Lupus auf den neuesten Stand zu bringen.


    "Ich habe aber auch erfreulichere Nachrichten, Lupus. Ich weiß nicht, ob du irgendwie davon erfahren hast, dass unser Vetter Corvinus in Mogontiacum ein Militärtribunat als tribunus laticlavius absolviert hat. Er wird aber schon in Kürze heimkehren und dabei Deandra mitbringen, Helena und Prisca. Deandra und Corvinus sind jetzt übrigens verlobt, und unser Vetter tritt bei den bevorstehenden Wahlen für das vigintivirat an."


    Etwas beschämt fügte ich hinzu:


    "Und wenn ich deine Begrüßungsworte eben richtig gedeutet habe, hälst du es ja auch für eine gute Nachricht, mich hier in Roma anzutreffen. Ich habe meine Studienjahre in Athen beendet und bin danach direkt hier nach Roma gekommen. Ich hoffe, hier Corvinus zunächst einige Dienste leisten zu können, um dann irgendwann eine eigene Karriere im Dienst unserer gens und des Kaisers aufzubauen."


    Bei den nun folgenden Worten war allerdings jede Spur von Beschämung aus meinem Gesicht verflogen, da ich nun froh verkündete:


    "Die schönste Nachricht aber an diesem Tage ist für mich deine Heimkehr und dass du offensichtlich gesund und guter Dinge bist!"


    Maron hatte mich inzwischen mit geübten Handgriffen aus der toga geschält, so dass nur noch tunika und Schurz übrig blieben. Ich freute mich darauf, mit meinem Bruder gleich gemeinsam im tepidarium zu entspannen.

    Ob Didius Albinus sich zu den Aussichten meines Vetters nun nicht weiter äußern konnte oder wollte - seine diesbezügliche Äußerung deutete ich dahingehend, dass er sich zu dem Thema auch nicht mehr weiter einlassen würde. Und ganz falsch lag er damit ja wohl auch nicht: Denn man konnte auch mit noch so guten Verbindungen niemals ganz sicher sein, wohin einen Karrierewege im Imperium führen würden, davon war ich überzeugt.


    Ich ließ das Thema der Aussichten von Corvinus auch umso lieber fallen, als mich die Nachricht über Didius' eigene Pläne neugierig gemacht hatte.


    "Dass du dich zur Ruhe setzen willst, wäre für die gesamte regio natürlich ein großer Verlust. Auf der anderen Seite hast du dir nach all deinen Leistungen deinen Ruhestand natürlich auch redlich verdient."


    Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, jemanden wie Didius Albinus noch länger in der Verwaltung zu sehen, und meinem Verständnis dafür, dass er sich nach den vielen arbeitsreichen Jahren endlich Muße gönnen wollte.


    "Wann soll es denn eigentlich soweit sein mit dieser Neugestaltung der regio? Wann wird das Gesetz eingeführt? Oder ist es noch gar nicht beschlossen?"


    In meiner momentanen Situation hatte ich leider zu derartigen Informationen kaum Zugang, zumal sich die Acta Diurna ja eine Sommerpause genehmigte.

    Mit entschlossenem Gesichtsausdruck nahm ich die Unterlagen aus den Händen des Schreibers entgegen, wobei diese Miene auch nur aufgesetzt war, denn ich war mir noch gar nicht so sicher, ob ich hier wirklich reüssieren würde. Davon wollte ich mir aber vor dem Schreiber natürlich gar nichts anmerken lassen - obwohl dieser mich mit seinem abschätzenden Blick wahrscheinlich ohnehin schon ganz und gar durchschaute. Dennoch lächelte ich ihn zuversichtlich an:


    "Ich danke dir für die schnelle Bearbeitung meines Anliegens und werde die Lösungen der Aufgaben so bald wie möglich vorbeibringen lassen. Bis dahin: Vale!"


    Zusammen mit meinem Sklaven entfernte ich mich aus dem officium, um die Lösung der Aufgaben so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Bei dem turbulenten Leben in der villa Aurelia in Roma in diesen Tagen konnte man nie so sicher sein, was nicht noch alles dazwischen kommen könnte.

    Bei meinem ersten Besuch, den ich den mercatus urbis in eigener Person abstattete, lernte ich sofort die Lektion, dass ich mit Mantua zwar in einer wunderschönen, zugleich aber auch provinziellen Stadt aufgewachsen war, deren Markt in keinster Weise mit dem römischen zu vergleichen war. Natürlich hatte man mich vor dem Gedränge in den Straßen gewarnt, dass die Sklaven mit meiner Sänfte aber solche Schwierigkeiten hatten, so dass die Sänfte ab und zu gefährlich schaukelte, hatte ich nicht erwartet. Und als ich ausgestiegen war und mir Maron mühevoll einen Weg bahnte, hatte ich im Innern schon beschlossen, ohne Not nie mehr selbst die mercatus zu besuchen. Zu all dem kam noch der entsetzliche Lärm der schreienden Händler und solcher Käufer, die sich betrogen fühlten.


    Ich war äußerst gereizt, als mein Blick auf eine junge, auffällige Frau fiel, die unsicher - so schien es mir jedenfalls - um sich schaute und offenbar ganz alleine war. Ich war mir nicht ganz sicher, ob dies nicht gar eine virgo Vestalis war, denn ich konnte ihre Tracht nicht auf Anhieb einordnen; sie war den Vestalinnen schließlich auch nicht vorgeschrieben. In dem Gedränge konnte ich auch nicht genau erkennen, ob sie eine Patrizierin war - wenn aber auch nicht, so etwas wie ein Beschützerinstinkt in mir war geweckt. Ich hieß Maron halten und wandte mich besorgt der Frau zu:


    "Salve! Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber kann ich etwas für Dich tun? In diesem Gedränge wirkst Du, wenn ich es offen aussprechen darf, ein wenig verloren. Ich habe ja immerhin diesen Sklaven bei mir; vielleicht kann ich Dir für eine Weile so etwas wie Geleit anbieten."


    Bei den letzten Worten hatte ich lächelnd auf meinen Sklaven gedeutet, sah dann aber wieder gespannt zu der jungen Frau hin. Es war nicht angebracht, aber ich konnte die eine Frage nicht bezwingen, die mich noch beschäftigte:


    "Verzeih' noch eine törichte Frage: Gehörst Du zu den Priesterinnen der Vesta?"

    Mein Herz schlug bis zum Halse, und für einen Moment lang war ich wie gelähmt: Die Stimme, die mir da aus den Schwaden des Wasserdampfes entgegenhallte, klang fremd und vertraut zugleich. Doch irgendeine innere Stimme sagte mir, dass dies bestimmt Lupus sein würde.


    Obwohl ich immer noch meinen calceus trug - ich hatte mir ja nicht die Zeit genommen, sie mir am Eingang ausziehen zu lassen -, ging ich einige Schritte ins apodyterium hinein, um dem Mann ins Gesicht zu sehen, den ich für meinen verschollenen Bruder hielt. Ob ich ihn überhaupt erkennen würde? Soviele Gerüchte hatten sich um ihn gerankt, seit er immer weniger von sich hatte hören lassen. Außerdem war er ja einige Jahre älter als ich, und ich hatte ihn solange nicht gesehen.


    Als ich dem Mann endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüber stand, blickte ich in ein bärtiges Gesicht, das von Haaren eingerahmt wurde, wie sie häufig Philosophen trugen: ungebändigt, natürlich gewachsen - und für mich durchaus gewöhnungsbedürftig, denn mein auf den ersten Blick erkannte ich unter all dem Wildwuchs die Gesichtszüge meines Bruders Lucius Aurelius Lupus, gealtert zwar, doch unverkennbar. Ich stand still und war einen Moment lang zu nichts anderem fähig als ihn anzusehen und anzulachen. Dann aber löste ich mich schon endlich aus meiner Erstarrung, ging die letzten Schritte, die uns noch trennten, auf ihn zu und drückte ihn an mich, zuerst schweigend, danach dankbar aussprechend:


    "Lupus, ich freue mich so, dich zu sehen!"

    Zitat

    Original von Gaius Prudentius Commodus


    Commodus richtete seine Aufmerksamkeit auf die dazukommenden Aurelier. Er nickte leicht lächelnd und erwiderte: "Salve, Tribun. Es freut mich dich nun auch persönlich kennenzulernen." Er blickte den vorgestellten Vetter an. "Es freut mich ebenfalls dich kennenzulernen." sagte er und auch wenn dies offensichtlich hauptsächlich eine der vielen Standard-Höflichkeitsfloskeln war, brachte Commodus es fertig dies recht überzeugend rüberzubringen.


    "Da bei der Durchsicht deiner Unterlagen keine Probleme auftauchten, sah ich keinen Grund diesen deinen Wunsch abzulehnen." sagte er freundlich.



    Der Tag in der villa Aurelia war ausgesprochen hektisch verlaufen, weil das Gepäck von einem Aurelier und immerhin drei patrizischen Frauen verstaut werden musste. So waren Corvinus und ich gar nicht einmal so undankbar gewesen, als wir endlich unsere Sänfte besteigen konnten, die uns zur casa Octacvia brachte. Unterwegs nutzte Corvinus die Zeit, um mir die wichtigsten Informationen bezüglich des Abends zu geben. Als ich dann der Sänfte entstieg und mit meinem Vetter den Festsaal betrat, war ich einigermaßen gespannt auf das, was kommen würde.


    Wie ich es auch nicht anders erwartet hatte, kannte ich selbstverständlich keinen der Anwesenden. Corvinus aber schritt gleich zielstrebig auf einen würdevollen, älteren Mann zu, den er als consul Prudentius ansprach und dem er auch mich vorstellte. Von ihm war natürlich viel die Rede gewesen. Auf seine freundliche Begrüßung hin antwortete ich:


    "Salve, consul Prudentius! Es ist mir eine Ehre, dich persönlich kennenzulernen."


    Schon bald darauf ergriff der Gastgeber dieses Abends, Aulus Octavius Avitus, das Wort. Leider war es Corvinus in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich gewesen, mich auch über ihn umfassend zu unterrichten. Dies aber hatte den deutlichen Vorteil, dass ich mir nun zunächst einmal selbst ein Urteil bilden konnte aufgrund seiner Worte, wohl wissend, dass er diese sicherlich lange und womöglich mit seinen Beratern zusammen vorbereitet hatte. Was mir an dem Mann gleich gefiel, war die Offenheit, mit der er Fehler zugab, die er augenscheinlich in der Vergangenheit gemacht hatte; worum es sich dabei genau handelte, wusste ich nicht.


    Da sich, wie wohl bei solchen Festivitäten unvermeidlich, verschiedene Grüppchen gebildet hatten, nutzte ich die Gelegenheit und ging nach der Rede direkt zu Aulus Octavius Avitus, zumal der consul die Feier plötzlich verlassen musste. Corvinus hatte mir Andeutungen gemacht über verschiedene Misshelligkeiten, die sich in der Vergangenheit zwischen den gentes der Aurelier und der Octavier zugetragen hatten. Da aber offenbar auch der Octavier daran interessiert war, Vergangenes hinter sich lassen zu können, trat ich lächelnd an ihn heran.


    "Salve, Octavius! Mein Vetter Aurelius Corvinus und ich, Aurelius Cotta, sind deiner Einladung gerne gefolgt. Dich zieht es also zurück auf das glatte Pflaster der Politik?"

    Aufmerksam lauschte ich den Worten des Didius. Über die Fakten, die er mir nannte, war ich inzwischen selbst ganz gut unterrichtet, da ich in meinen ersten Tagen in Roma nichts unversucht gelassen hatte, um meinen Informations-Rückstand aufzuholen. Ich freute mich insgeheim, dass ich in dieser Hinsicht offenbar gute Arbeit geleistet hatte.


    Viel wichtiger aber war mir die persönliche Einschätzung des amtierenden comes gewesen. Von einer Wiederkehr der Patrizier in den Senat hatte er gesprochen. Dieses Stichwort rief wiederum meine Neugierde auf den Plan.


    "Hm, Aurelius Corvinus in den Senat ... Ich darf dich ganz offen fragen: Welche Chancen würdest du ihm denn geben, wenn er so etwas in Angriff nähme?"


    Nachdenklich drehte ich meinen Weinbecher, ergriff ihn dann aber entschlossen, und genehmigte mir einen Schluck. Ich blickte den erfahrenen Beamten vor mir an.


    "Wie sieht es denn mir dir selbst aus, Didius Albinus? Wenn diese lex Octavia et Aelia de administratione regionum Italicarum durchkommt, wärest du ja nicht mehr comes. Wo zieht es dich hin?"

    So geht es also zu beim Militär, dachte ich bei mir angesichts der äußerst raschen Bearbeitung meines Anliegens und der klaren, unmissverständlichen Anweisungen, die man mir gab. Mir war dieser Ton durchaus nicht unsympathisch, im Gegenteil. In Verlegenheit setzte mich nur der durchdringende, abschätzige Blick des Schreibers, der mir offenbar schon an der Nasenspitze ansehen konnte, dass ich nie bei der Truppe gewesen war. Nun, da hatte er ja unzweifelhaft Recht.


    "Richtig, ich bin kein aktiver oder ehemaliger Soldat. Daher führe ich die 500 Sz. gleich bei mir."


    Von meinem Sklaven ließ ich mir einen mit der entsprechenden Summe gefüllten Lederbeutel geben und händigte diesem dem Schreiber aus.




    Sim-Off:

    Überweisung von M. Aurelius Corvinus an Staatskasse II ;)

    Ganz außer Atem kam ich von der porta her am balneum an, außer Atem allerdings nicht wegen der körperlichen Anstrengung des schnellen Laufs, sondern wegen der inneren Anspannung und der bangen Frage: Würde ich nun, wenn ich diese Türe zum balneum, vor der ich jetzt stand, öffnete - würde ich dann meinen Bruder nach vielen Jahren wiedersehen? Ich atmete noch einmal tief durch, schickte ein Gebet zu den Göttern, dass sie meine Hoffnungen nun nicht enttäuschen möchten, und drückte dann entschlossen die Türe auf.


    Das apodyterium war schon von einigen Dampfschwaden des heißen Wassers durchzogen, so dass ich zunächst kaum etwas sehen konnte. Dann aber vermochte ich, in nur geringer Entfernung von mir zunächst Maron zu erkennen und bei ihm einen jungen Mann, etwas älter als ich - in Lupus' Alter! -, den mein Sklave gerade entkleidete. Ich öffnete meinen Mund, doch versagte mir im ersten Moment die Stimme und brachte nur ein Krächzen heraus. Angespannt presste ich meine Lippen zusammen, versuchte mich zu beruhigen und wagte dann einen neuen Anlauf bei der Ansprache. Viel brachte ich nicht über die Lippen, doch ich hoffte inständig, dass es das Treffende sei.


    "Lupus?"

    Anstelle Marons öffnete mir Leone - nun, das war natürlich völlig in der Ordnung. Was er mir dann aber er-öffnete, ließ mich für einen Augenblick erstarren: Der unbekannte Besucher hatte sich ausgegeben als - Lucius Aurelius Lupus, mein Bruder! Dass er "nicht so aussehe", wie Leone sich ausgedrückt hatte, passte dazu nur genau ins Bild, denn seine Spur hatte sich ja verloren, als er sich der Lebensform der Kyniker angeschlossen hatte.


    Er lebte also! Und war jetzt hier in Roma! - Ohne auf Leone oder sonst noch irgendetwas zu achten, hastete ich auf direktem Wege ins balneum.

    Noch ganz versunken in eine andächtige Stimmung nach einem Opfer im Tempel der Ceres verließ ich meine Sänfte, als diese vor der villa Aurelia in Roma Halt machte. Fast hätte ich die andere Sänfte übersehen, die in einiger Entfernung von der porta der villa Aurelia abgestellt worden war, doch so nahe, dass kein Zweifel daran aufkommen konnte, dass diese Sänfte zu jemandem gehört, der zu uns wollte. Ich stutzte einen Augenblick: Erwarteten wir Besuch? Hatte ich etwa einen Termin vergessen?


    Bei meinen Besuchen in den Tempeln der Stadt Roma verzichtete ich stets auf Maron, dessen indifferente Haltung zur religio ich kannte. Deshalb hatte ich ihn nun nicht bei mir, um ihn zu fragen. Doch auch so war ich mir sicher: Nein, ich erwartete niemanden. Schnellen Schrittes marschierte ich nun in Begleitung eines anderen Sklaven auf die porta zu in der Erwartung, dort nach dem Klopfen des Sklaven von Maron geöffnet zu bekommen. Ich war gespannt, welchen Besucher er mir vorstellen würde. Ob es sich etwa um Cicero handelte oder um Sophus?

    Ich war mir zwar alles andere als sicher, dass ich in den kommenden Tagen in der heimischen villa Aurelia in Roma die nötige Ruhe zum Studieren finden würde, aber ich hatte mich entschlossen, das Examen Primum nun schon endlich in Angriff zu nehmen. Außerdem reizte mich dieses Wissensgebiet, von dem ich bislang gar nichts verstand.


    Vor der Tür des officiums angelangt, ließ ich meinen Sklaven klopfen. Nachdem aus dem Inneren der Ruf zum Eintreten erklungen war, öffnete mein Sklave die Tür, und ich leistete diesem Ruf nur zu gerne Folge.


    "Salve! Mein Name ist Appius Aurelius Cotta. Ich möchte gerne das Examen Primum ablegen."

    Der Prozess gegen den Hochverräter Helvetius Sulla hatte, wie nicht anders zu erwarten, da er ja auch öffentlich stattfand, großen Andrang hervorgerufen. Es war für meine Sänfte nicht einfach gewesen, bis zur Basilica Ulpia vorzudringen; dort endlich angelangt, bedurfte es der tatkräftigen Hilfe meines Sklaven, um unbeschadet einen Platz im Zuschauerraum einzunehmen, der sowohl eine gute Akustik als auch eine gute Sicht bot.


    Die meisten Prozessbeteiligten waren mir zumindest namentlich bekannt; ich hoffte, sie in den nächsten Wochen und Monaten noch persönlich kennenzulernen. Alle machten sie einen routinierten Eindruck, was mich nicht weiter verwunderte, da das römische Prozessrecht ja einen glasklaren Ablauf solcher Verhandlungen vorsah. Allerdings war ich auf das Höchste gespannt, wie der Prozess sich in seinem weiteren Verlauf entwickeln würde, schließlich ging es hier ja nicht um irgendeinen Fall - und nicht um irgendeinen Angeklagten. Denn eines musste ich gestehen: Wenn ich auch das Vorgehen des Helvetius Sulla aus tiefster Seele ablehnte, so fesselte mich doch die Frage, wie so ein Mann aus einer solchen gens zu diesen Untaten willens und fähig gewesen war. Ich hoffte, ihm würde die Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern.


    Während der Verlesung der Anklageschrift blickte ich mich auch im Zuschauerraum um.

    Je länger ich Flavius Aquilius ansah, desto stärker fielen mir nicht nur die edlen und einnehmenden Züge seines Gesichts auf, sondern auch eine gewisse - Melancholie vielleicht? Ich war mir nicht sicher, ob ich dabei nicht zuviel interpretierte, doch schienen mir auch seine Worte in diese Richtung zu weisen. Deshalb war ich glücklich darüber, nun auch ihm hier in Roma die gute Nachricht von Corvinus mitteilen zu können. Strahlend eröffnete ich ihm:


    "Meinen Vetter Corvinus erwarte ich bereits in Kürze wieder zurück in Roma! Ich bin sicher, dass Du einer der ersten sein wirst, mit denen er sich nach seiner Ankunft in Verbindung setzen wird. Und daher freue ich mich, dass auch wir beiden uns aller Wahrscheinlichkeit nach schon bald wieder sehen werden. Doch danke ich den Göttern, dass sie mir ein Treffen mit Dir schon am heutigen Tage ermöglicht haben."


    Dies sagte ich nicht zuletzt im Hinblick auf die Worte des Marspriesters, die dieser zu meinen Opfergaben gefunden hatte. Besonders dankbar war ich ihm dabei dafür, dass er mir den Hinweis zum deplatzierten Obst-Opfer in einem so freundlichen Ton gegeben hatte, und nicht etwa überheblich oder gar hämisch. Ich war bei seinen Worten zwar dennoch leicht errötet, das fühlte ich, lächelte ihn aber umso dankbarer an.


    Nachdem das geklärt war, wurde gerade auch ein Opferaltar frei und neu hergerichtet, an den Flavius Aquilius mich nun führte. Er winkte auch meine Sklaven mit den Opfergaben heran, wobei ich denjenigen meiner servi, die das Obst mit sich führten, bedeutete, sich vom Tempel zu entfernen. Die Sklaven stellten die genehmen Opfergaben bereit, und der Marspriester gab mir noch einige hilfreiche praktische Ratschläge. Diesen gemäß wurde mir nun ein Kohle-Becken gereicht, dessen Inhalt ich entzündete. Ich wartete, bis die Kohle ganz durchglühte; dann ließ ich mir in einem mitgebrachten Schälchen Weihrauchkörner geben, die ich vorsichtig zur Kohle fügte. Langsam erfüllte sich, ganz den Worten des Priesters gemäß, der Raum um uns herum mit dem starken Duft. Ich selbst wurde immer stiller und versank in einer Stimmung von Andacht und Sammlung.

    Gleich bei den ersten Worten meines Gegenübers über die Patrizier horchte ich auf.


    "Deine Worte über die Patrizier machen mich hellhörig, Didius Albinus, denn offenbar weißt du mehr als ich - gut, bei deinen Verbindungen war das auch nicht anders zu erwarten. Ich weiß nur, dass Claudius Vesuvianus amtierender quaestor urbanus ist. Von anderen Patriziern weiß ich nichts."


    Ich schmunzelte.


    "Ich hoffe, aus deinen Worten über die Patrizier im CH und im Senat keine Kritik herauszuhören. Wir Patrizier genießen gewisse Privilegien, und da erscheint es mir nur recht und billig, wenn wir uns in den Dienst von Kaiser und Imperium stellen. Wenn du aber konkrete Kritikpunkte vorzubringen hast - auch an einzelnen Personen -, oder noch etwas zur Kandidatur meines Vetters sagen möchtest, dann zögere nicht, dies zu tun. Die offene und bestimmte Art, die ich bisher bei dir kennengelernt habe, schätze ich nämlich sehr."


    Das Thema mit der curia stellte ich einstweilen hintenan, zu sehr hatten mich die übrigen Andeutungen des amtierenden comes gefesselt.

    Na, das war ja mal wieder typisch Maron gewesen: Bei seiner Einschätzung der Latein-Kenntnisse Cadhlas hatte er mächtig übertrieben. Da hatte wohl der optische Eindruck, den die rothaarige Sklavin auf ihn machte, den akustischen Eindruck beeinflusst. Ich jedenfalls lauschte schmunzelnd ihrer sprachlich holpernden Entschuldigung.


    Die ängstliche, ja, fast misstrauische Art, mit der sie mich ansah, machte mich allerdings nachdenklich: Hatte sie tatsächlich immer noch eine solche Angst vor mir? Nun ja, immerhin hatte ich eben ja kurz angedacht, sie "tüchtig auspeitschen" zu lassen - aber das war doch nur aus fast hilfloser Sorge um Sisenna gewesen! Jetzt tat mir die Überlegung natürlich Leid. Auf der anderen Seite hörte ich in mir auch eine ganz seltsame Stimme, die mir sagte, dass es mir vielleicht im Leben und in meiner Laufbahn noch dienlich sein könne, wenn ich in der Lage sei, anderen zumindest Respekt einzuflößen.


    Diese neue Erwägung war hier im Angesicht einer besudelten Cadhla aber nun ganz und gar unpassend, und so verscheuchte ich sie entschlossen. Ihr Misstrauen mir gegenüber gründete sich hoffentlich nicht darauf, dass ich immer so Respekt erheischend wirkte. Allerdings hatte ich wirklich lange nicht mehr mit ihr gesprochen, was ja auch wegen ihrer - wie ich hatte feststellen müssen - immer noch schwachen Latein-Kenntnisse nicht ganz einfach war. So war ich froh, als sie wenigstens meine Hand nahm und sich dabei helfen ließ, sich aus dem Wasser des Teichs zu erheben, ohne auf dem glitschigen Untergrund erneut auszugleiten. Vorher hatte sie aus dem Wasser noch einen Eimer an sich genommen, den ich bis dahin noch gar nicht gesehen hatte; er verriet mir den Grund für ihre Anwesenheit im Garten: Der Hausverwalter hatte sie wohl dafür eingeteilt, den hortus zu bewässern.


    Den kurzen Moment, in dem ich ihr dabei half aufzustehen, nutzte ich, um einen Blick auf ihre Hand zu werfen. Was ich sah, überraschte mich: Statt einer zarten, weichen Frauenhand, wie ich sie mir ausgemalt hatte, hielt ich eine starke Arbeitshand, die unmöglich allein aus der kurzen Zeit bei uns hier in der villa Aurelia in Roma resultieren konnte. Was hatte sie vorher gemacht, in ihrer Heimat? - Der Anblick und das Gefühl ihrer Hand weckten meine Neugierde. Und wenn sie schon noch nicht ganz so gut Latein sprach, vielleicht konnte sie mir wenigstens etwas von solchen alltäglichen Dingen erzählen. So richtete ich also wieder einige, langsam und deutlich gesprochene, Worte an sie.


    "Ich hoffe, du hast dir nicht weh getan! Sag mal, Cadhla, zu Hause in Britannia, was hast du da gemacht? Bäuerin? Vieh? Pferde?"


    Während der Frage, ob sie sich verletzt habe, hatte ich sie besorgt gemustert: Sisenna würde Cadhla sicher sehr vermissen, wenn diese etwa der Bettruhe bedürfen würde; aber danach sah es nicht aus. Dann blickte ich wieder nach ihrer Hand und bemerkte, dass ich ganz vergessen hatte, diese loszulassen, und immer noch in meiner Hand hielt. Ich erschrak über mich selbst, ließ die Sklavin los und schaute ihr wieder in die Augen, aber das war irgendwie noch ... ich wusste nicht, wie das war. Jedenfalls war sie kein mythisches Wesen, sondern Cadhla aus Fleisch und Blut.


    Zum Glück öffnete auch Cadhla jetzt ihren Mund, und was sie sagte, brachte mich so zum Lachen, dass alle anderen Gedanken davongetrieben wurden wie Wolken von frischem Wind. Wenn sie besser Latein gekonnt hätte, wäre ihr Rat eine Frechheit gewesen; wenn wir hier nicht in dieser seltsamen Lage gesteckt hätten, auch - aber so lachte ich laut auf. Sie riet mir tatsächlich, ich solle ein Bad nehmen, nein, ich müsse ein Bad nehmen, weil ich aussähe wie ein Sumpftoter! Nachdem ich wieder zu Luft gekommen war, sah ich ihr, breit grinsend, ins Gesicht.


    "Ah, du musst dich aber auch waschen! Was glaubst du, wie du aussiehst! Vae, wie eine gorgo!"


    Und dabei schüttelte ich mich mit absichtlich übertrieben gespieltem Ekel, dass reichlich Schlamm von mir spritzte. Denn eigentlich war sie ja alles andere als eklig.

    Ich nickte, denn ich konnte den Worten des Didius nur beipflichten. Seine Offenheit bestätigte dabei den guten Eindruck, den er bisher auf mich gemacht hatte.


    "Ich danke dir für deine offenen Worte! Ich darf dir versichern: Dass wir alle in der gens das Verhalten des Aurelius Cicero "nicht gutheißen", ist noch gelinde ausgedrückt. Aber deinen Worten entnehme ich, dass auch du jetzt - zumal in deiner neuen Position - den Blick lieber nach vorne richten möchtest."


    Ich unterbrach mich selbst, da mich der neue comes ja auch direkt nach meiner Person gefragt hatte. Es lag mir normalerweise nicht, über mich selbst zu sprechen, doch wollte ich die Antwort auch nicht schuldig bleiben.


    "Zuvor vielleicht noch ein Wort über mich selbst, weil du danach fragst. Wie ich dir schon geschrieben habe, bin ich in Mantua aufgewachsen. Daher war mir dein Name natürlich ein Begriff, auch wenn wir uns leider persönlich noch nicht begegnet sind; ich war damals ja noch ein Knabe. Im Moment bin ich tatsächlich auch der einzige erwachsene Aurelius hier in Roma. In Kürze wird aber auch mein Vetter Aurelius Corvinus aus Mogontiacum zurückkehren; dies schrieb ich dir ja schon. Auch in seinem Namen soll ich dir Glückwünsche und Grüße ausrichten und dich der Unterstützung unserer Gens versichern. - Du weißt, dass er für den cursus honorum kandidieren wird?"


    In diesem Moment brachte uns Leone allerlei Erfrischungen; mit einer Handbewegung lud ich Didius Albinus ein, zuzugreifen, und nahm selber einen Schluck verdünnten Wein.


    "Didius, du selbst hast es eben schon angedeutet: Die curia Italica soll weitgehenden Veränderungen unterworfen werden. Wie ist denn dort jetzt der Stand der Dinge? Ich weiß nur das, was ich dem letzten Artikel der Acta Diurna entnehmen konnte."