Der Dank, den Prisca mir für mein Kompliment zollte, und vor allem das Lächeln und Augenzwinkern, mit dem sie mich nun bedachte, machten mich so verlegen, dass ich für einen Moment den Blick von ihr wenden musste. Als ich sie wieder ansah, wusste ich nicht, was ich sagen sollte, und blieb auch stumm, doch ich wusste sicher, dass ich sie noch oft an diesem Abend ansehen würde - aus der Ferne. Denn als säßen wir in zwei getrennten Nachen auf hoher See, die der Wellengang immer weiter voneinander entfernen würde, so würden die bald hereinströmenden Gäste uns voneinander trennen, und ich würde mit Interessierten über Politik sprechen, während Prisca umlagert werden würde von Männern, Verheirateten und Unverheirateten. Dies war der Wellengang der Dinge in dieser Welt.
Und während ich noch über dies alles nachdachte, ging der zweite Stern über dem atrium der villa Aurelia in Roma auf, denn Helena trat auf uns drei Männer zu. Dass sie strahlend schön war, überraschte mich nicht im Mindesten, denn es musste wohl ein Leichtes sein, ihrer natürlichen Schönheit noch ein wenig aufzuhelfen. Eher verwunderte mich die aufgeräumte, ja scherzende Art, mit der Helena uns drei nun ansprach, und ich konnte mich nicht enthalten, sie anzulachen und zu sagen:
"Warte nur erst ab! Wir drei charmanten Herren bekommen gleich noch Verstärkung! Und dann stürzt sich alles auf dich und Prisca. Du siehst einfach umwerfend aus, Helena!"
Ob auch sie mit einem "Ziel" in dieses Fest ging? Ich konnte Helena noch viel weniger einschätzen als Prisca; sie war schließlich lange krank gewesen und hatte ihr cubiculum kaum verlassen, aber auch sonst erschien sie mir oft so traurig und fast ein wenig düster. Leider war es mir nicht gegeben, über solche Dinge zu sprechen, und andere mochten sich mir für gewöhnlich auch nicht anvertrauen.
Nun ging es aber wirklich Schlag auf Schlag. Nach der subauctrix der Acta Diurna, als die uns Sergia Plotina jetzt vorgestellt wurde - daher kannte ich also den Namen -, betraten immer mehr Gäste das atrium. Mein Blick fiel natürlich sofort auf Annaeus Modestus, den ich lachend grüßte. Dass er uns bei den Ritualen für den neuen Tempel in Mantua allerdings seine schöne Verwandte vorenthalten hatte, war natürlich eine Schande! Aber nun war sie ja hier, und fröhlich grüßte ich auch sie. Eine besondere Freude bereitete mir sodann der Anblick meines bevorzugten Marspriesters Flavius Aquilius, dessen Aufmachung das gewisse Etwas nicht vermissen ließ; ich grüßte ihn mit einer besonders tiefen Verbeugung. Sodann wurde ich von Ursus in ein Gespräch gezogen, das dann bald meine gesamte Aufmerksamkeit in Beschlag nahm, war doch der Gesprächspartner kein Geringerer als Decimus Mattiacus. Titus allerdings schien ihn noch nicht zu kennen.
"Ein herzliches Willkommen auch von mir! Wenn ich mich nicht sehr täusche, habe ich deine Kunst unlängst beim Prozess gegen den Hochverräter Helvetius Sulla in der Basilica Ulpia bewundern können. Damit kann ich dich auch meinem Vetter vorstellen. - Titus, das ist Decimus Mattiacus, der dem imperium in verschiedenen herausragenden Funktionen dient und insbesondere zu den bekannten Juristen gehört."
Mehr konnte ich leider jetzt ad hoc auch nicht über ihn sagen, denn, wie schon erwähnt, fehlte Maron ja, der sicher mehr gewusst hätte. Ich wandte mich sofort noch einmal an den Decimer, denn der genannte Prozess hatte mich noch eine ganze Weile beschäftigt:
"Bei jenem Prozess hat mich vor allem beeindruckt, wie du es als Vertreter der Anklage immer wieder geschafft hast, das Verfahren verhältnismäßig fair zu gestalten. Viele hätten sich sicher einen Schauprozess gewünscht; meiner Meinung nach aber wäre das nur Wasser auf die Mühlen derjenigen gewesen, die sich von solchen Personen wie Helvetius beeindrucken lassen."
In diesem Moment fiel mein Blick auch auf eine ausnehmend schöne Patrizierin, die das atrium betreten hatte. Sie war eine außergewöhnliche Erscheinung, deren Charakterisierung mir mit noch so vielen Worten nicht gelingen würde. Kurz war ich versucht, mich zu ihr zu wenden, schien sie doch allein zu stehen; da aber sprach sie schon von sich aus jemanden an, eine Handlung, die mir imponierte. Weil einer unserer größten und kräftigsten Sklaven, der sonst mit Gartenarbeit beschäftigt war, nun aber hier Getränke verteilte, mir den Blick verstellte, konnte ich nicht erkennen, wer der Glückliche sein mochte. Ich war gespannt.