Beiträge von Caius Tiberius Valens

    >Durchaus nicht.<


    Caius bezweifelte, dass es klug war, Durus so offen zu widersprechen, aber zu einem bloßen 'Ja-Sager' hatte ihn sein Vater nicht erzogen.


    >Eine Beschäftigung als Advocatus, welcherart auch immer, scheidet aus, zumindest auf ungewisse Zeit. Hier sitzen, zum Nichtstun verdammt und abwartend, bis die Reform durch ist, ist nicht meine Art. Zu schnell gewöhnt man sich an das sorglose Leben.<


    >Vielleicht habe ich keinen großen Einfallsreichtum, aber mir fällt nicht wirklich viel ein, was man als Patrizier in diesen Zeiten noch groß tun könnte... in Rom. Alles hat sich diese plebejische Ritterpack mittlerweile unter den Nagel gerissen.<


    Manchmal musste man sich fragen und zweifeln, ob der Kaiser der Gens Tiberia wirklich einen Gefallen getan hat, als er sie adelte.

    Caius wartete kurz ab, bis Durus ihn und Camilla einander bekannt gemacht hat. Ihre Herkunft aus Arretium verriet Caius nicht, wie sie beide nun miteinander verwandt waren. So weit Caius wusste, war er, zumindest in Rom oder gar ganz Italia, der einzige Vertreter der Linie des Spurius Tiberius Ahala, seines verstorbenen Großvaters. Camilla musste demnach weiter entfernt sein, als Base oder Nichte. Wie auch immer, er lächelte freundlich zurück.


    >Salve et tu, Camilla. Ich bin ebenfalls erfreut, deine Bekanntschaft zu machen. Du kommst also aus Arretium? Ganz alleine?<

    >Ich wäre dir sehr verbunden, Durus. Und ich bin sicher, dass man so etwas erreichen kann. Ich weiß zwar nicht, welchen Claudier du meinst, aber für einen Patrizier ist die Erhebung in den Ordo Senatorius doch eher eine Formalität, denn eine Auszeichnung. Ich rechne eigentlich nicht damit, dass der Kaiser dem Gesuch nicht entsprechen wird. Schon gar nicht, wenn diese Begehr in dem Brief von deinem Patron, dem Senator Vinicius Hungaricus, stehen würde.<


    >Wie sonst soll ich Rom dienen? Wenn ich, wie mein Vater oder Vitamalacus als einfacher Miles diene, werde ich von den Angehörigen unseres Standes arrogant belächelt, wenn nicht gar offen verspottet. Früher wurde es vielleicht akzeptiert oder zumindest geduldet, wenn wir Patrizier als einfache Milites den Dienst in den Legionen taten. Aber die Zeiten haben sich bekanntlich geändert.<


    >Was neben der Politik bleibt, ist also der Tempeldienst. Die Wichtigkeit dessen ist mir durchaus bewusst und ich respektiere die Priesterschaft. Aber den einfachen Tempeldient zu verrichten war nicht das, was ich vorgehabt hatte, als ich nach Rom kam. Sollte der Kaiser meinem Gesuch nicht stattgeben und mir die Erhebung vorenthalten, wird es wenig geben, was mich in Rom hielte...<


    Bei den letzten Worten wurde Caius' Gesichtsausdruck nachdenklich. Durus' Pessimismus, bzw. nicht all zu großer Optimismus in dieser Sache war ansteckend und bereitete ihm etwas Sorgen. Dann musste er aber ebenfalls lächeln. Dass Durus dennoch damit rechnete, dass sie zeitgleich kandidieren konnten, verriet, dass er vermutlich doch nicht ganz so pessimistisch war.


    >Entweder das oder ich trete zunächst das Militärtribunat an... je nachdem, was besser wäre.<

    Etwas müde nach einem langen Tag und etlichen Meilen, die er im Laufe des Tages in der Stadt zurückgelegt hatte, erschien Caius im Speisezimmer, wo, wie er bald nach seiner Ankunft in Rom festgestellt hatte, die Familie zu speisen beliebte.


    Etwas überrascht, ein neues Gesicht zu sehen, blieb er zunächst stehen, sich fragend, um wen es sich bei der jungen Dame wohl handeln konnte. Er musterte die Dame, deren Antlitz ihm unweigerlich ein Lächeln zu entlocken vermochte. Blondes Haar und dunkle Augen, freundlicher, aber dennoch 'aristokratischer' Ausdruck. Er begrüßte Durus und die junge Dame.


    >Salvete<


    Caius nahm auf einer Kline Platz und ließ sich die Schuhe abnehmen und die Füße waschen, während ihm eine Schale mit frischem Wasser gereicht wurde, so dass er seine Hände säubern konnte. Gewiss würde Durus sie beide einander vorstellen.

    >Natürlich. Ein paar Worte mit den Lenkern zu wechseln, sofern dies zu diesem Zeitpunkt möglich ist, dürfte auch nicht schaden, meine ich.<


    Zwar hatte es keine große Aufnahmezeremonie gegeben, aber mit derartigem hatte Caius auch nicht gerechnet. Von nun an war er 'dabei'. Von nun an war er mehr, als bloß ein mitfiebernder Anhänger auf den Tribünen.

    Als jemand, der hier um eine Aufnahme ersuchen wollte, hätte er vermutlich keinen guten Eindruck gemacht, wenn er zu den letzten gehören würde, die eintreffen würden, geschweige denn, wenn er zu spät erschienen wäre. Deshalb erschien Caius recht früh und stellte fest, dass er zu den ersten gehörte. So grüßte er die Anwesenden.


    >Salvete<


    Die Frage von Iuvenalis an Durus hatte er mitbekommen, wollte letzterem hierbei aber nicht ins Wort fallen. Durus würde zu gegebener Zeit schon mitteilen, dass ein Punkt auf der Tagesordnung sein Ersuchen um die Aufnahme sein würde.

    Einige Tage waren vergangen, in denen Caius der Bearbeitung der Prüfungsunterlagen die größte Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Insgesamt hatte er dann doch weniger als eine ganze Woche gebraucht. Alles in allem waren es fordernde, aber keineswegs überforndernde Aufgaben, die bewältigt werden mussten und der junge Patrizier hatte ein gutes Gefühl. Wie schon beim letzten Mal trat er ein, ohne anzuklopfen, und gab die Unterlagen ab, mit dem Gedanken spielend, dass es zwar gesund, aber wohl doch unter seiner Würde sei, derartige Botengänge selbst zu unternehmen und nahm sich vor, beim nächsten Mal lieber einen der Sklaven aus dem reichlichen Bestand des Hauses der Tiberier mit diesen lästigen Aufgaben zu betrauen.

    Caius nickte. Schon bei der nächsten Zusammenkunft dabei zu sein, bedeutete, die besagten wichtigen Köpfe also bald zu treffen.


    >Ich werde selbstverständlich erscheinen und um eine Aufnahme ersuchen.<


    Dann kam er auf den Grund seines 'Besuches' zu sprechen.


    >Ich denke schon. Meine Absichten kennst du, meine Ziele ebenfalls. Wie ich es dir vor einer Weile dargelegt hatte, möchte ich den Cursus Honorum beschreiten. Es ist meine Pflicht, es ist aber ebenso mein Wunsch. Als Patrizier, als Tiberier. Was mir fehlt, ist der Ordo Senatorius. Was ich brauche, ist deine Hilfe, den Kaiser zu bewegen, mich in diesen zu erheben. Und das noch vor dem nächsten Termin für die Wahlen.<

    Caius nahm die Prüfungsunterlagen entgegen. Die Bearbeitungszeit war äußerst großzügig bemessen. So war zumindest sein Eindruck zu diesem Zeitpunkt. Eine ganze Woche würde genug Zeit sein, um mit allem rechtzeitig fertig zu werden. Er verabschiedete sich wortlos mit einem vermutlich etwas arrogant wirkenden, gerade mal leicht angedeuteten Nicken schon während er sich umdrehte, und verließ das Officium, um sich an die Arbeit zu machen.

    Caius setzte sich. Dass der Cursus reformiert wurde, war eine Sache. Dass man deswegen keine neuen Juristen mehr prüfte, eine andere und etwas, was Caius nicht wirklich verstehen konnte. Oder besser gesagt, nur schwer akzeptieren konnte. Aber das lag vermutlich nur an seiner Situation. Hätte er das Examen bereits in der Tasche, würde er wohl anders darüber denken und den Prüfungsstop befürworten.


    >Das mit dem Cursus Iuris ist sehr schade. Aber da es wohl nicht zu ändern ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten.<


    Dann dachte er einen Augenblick lang nach. Einer Sodalität beizutreten gehörte zu seinen Pflichten als Patrizier. Dass man dabei einige wichtige Köpfe kennenlernen konnte, war ein 'Nebeneffekt'.


    >Selbstverständlich, Durus. Ich werde, der tiberischen Tradition folgend, deinen Vorschlag gerne annehmen und den Arvales Fratres beitreten.<

    Caius war dem Sklaven gefolgt und trat dann ein. Er hatte Durus nun seit einigen Tagen nicht gesehen und gesprochen. Einerseits hatte er selbst in der Stadt zu tun gehabt, andererseits erledigten sich auch Durus' Pflichten nicht von selbst. Heute morgen war er daher froh, dass beide etwas Zeit hatten, mit einander zu reden.


    >Sei gegrüßt Durus. Die letzten Tage waren voller zeitaufwendiger Pflichten. Um so mehr freue ich mich, dass wir uns unterhalten können. Ich komme nämlich nicht ohne Grund. Doch zuerst... gibt es vielleicht etwas, was du mir sagen möchtest<


    Wenn dies der Fall war, man konnte ja nie wissen, dann war es gewiss nicht unwichtig und Caius würde es bestimmt zuerst hören wollen. So geduldete er sich noch einen Moment mit seinem Anliegen.

    Caius nickte und sprach die nächsten Worte auf Griechisch.


    >Selbstverständlich bin ich der griechischen Sprache mächtig. Und mit Pferden kenne ich mich bestens aus. Welcher vornehme Mann, der etwas auf sich hält, tut das nicht?<


    Die letzte Frage hatte Caius nicht mit einem Unterton der Prahlerei gestellt, vielmehr mit einem, der anmuten ließ, dass er es für eine Selbstverständlichkeit hielt, dass es sich für ihn als 'vornehmen Mann' gehörte, sich mit Pferden auszukennen. Er wechselte wieder zu Latein.


    >Die eine oder andere Phrase der Sprachen der Britannier habe ich während meines Aufenthalts in dieser Provinz ebenfalls aufgeschnappt.<


    Vielleicht war ja der ein oder andere Lenker aus Bitannien dabei, der zufällig den gleichen Dialekt sprach.

    Recht früh am Tage schritt Caius zum Officium. Er dachte nicht daran, anzuklopfen, geschweige denn, auf eine Erlaubnis zum Betreten des Raumes zu warten, sondern schritt gleich hinein und ließ den unbedeutenden Schreiber wissen, wen er vor sich hatte und warum.


    >Ich bin Caius Tiberius Valens, hier, um mich für das Examen Primum anzumelden.<

    Es waren einige Tage vergangen, in denen Caius sich einleben konnte. Er hatte sich, mehr oder weniger zumindest, mit der Stadt vertraut gemacht, hier und da vorbeigeschaut und die eine oder andere Persönlichkeit kennengelernt.


    An diesem Morgen trat Caius recht guter Laune ins Atrium, vornehm gekleidet. Ein Sklave eilte herbei. Da das Atrium leer war, empfing Durus an diesem Morgen wohl keine Klienten. Um so besser.


    >Ist Tiberius Durus schon aus dem Haus?<

    >Es freut mich, dass du zustimmst, Decima Valeria.<


    Dass sich Valeria vorbehaltlos einverstanden erklärte, freute Caius natürlich. Überhaupt schien die Decima offen und herzlich zu sein. Dass nicht ihre Anwesenheit allein mehr Römer in die Tempel lockte, hätte Caius stark gewundert.


    Caius betrachtete aufmerksam, was Valeria tat und versuchte sich den genauen Ablauf der Opferung einzuprägen. Es musste auf die alten, ungeschriebenen Normen und Regeln, die den Ablauf einer Opferung peinlichst genau festlegten, geachtet werden, wenn man auch wollte, dass das Opfer angenommen wurde. So viel wusste er zumindest. Im privaten Kreis hatte man es mit all diesen strengen Pflichten aber nicht nicht zu genau genommen. Und dass er oft an öffentlichen Zeremonien teilgenommen hätte, konnte Caius nicht gerade von sich behaupten.


    >Verbindung zu den Göttern? Du meinst, so ähnlich, als würde man träumen?<

    >Sich seine Factio nach Erfolg auszusuchen, halte ich für kurzsichtig. Heute mag die eine Factio Erfolg haben, morgen ist ihr Fahrer verunglückt, in welchem Sinne des Wortes auch immer, und eine andere gewinnt.<


    Es war schwer, es in Worte zu fassen, wenn man beschreiben wollte, für was die Russata stand. Insofern befand Caius die Frage durchaus für nicht ganz einfach. Denn wollte man sich nicht in pathetischen, großspurigen Phrasen verlieren, die überaus übertrieben und vielleicht gar sinnlos wären, musste man den anderen, lakonischen Stil bei der Antwort wählen. Einen Mittelweg zu finden war überaus schwierig.


    Um etwas Zeit zu schinden, während er seine Antwort überlegte, griff Caius nach ein-zwei grünen Trauben, die er dann einzeln aß. Dann blickte er zum Senator.


    >Gute Frage. So wie ich die Dinge sehe, steht die Russata für das Militär. Mögen die anderen Factiones Stadtteile Roms oder was auch immer repräsentieren, die Russata sehe ich als Vertreterin des Soldaten, und alles, wofür er steht, auf der Rennbahn. Nun bin ich kein Soldat, aber immerhin der Sohn von einem. Und verdammt stolz drauf. Und ich denke, die Russata passt am besten zu mir.<


    Ob aber Caius zur Russata passte, lag natürlich nicht in seiner Entscheidung. Im Block der Anhänger der Russata zu sitzen, die Jubelschreie zu hören, für einen Moment seinen Stand vergessen und sich gar selbst zu einigen hinreißen lassen, mitzufeiern, mitzufiebern, die rotbemalten Wagen unten auf der Bahn rasen zu sehen... das hatte etwas.

    Dass die Priesterin den Hasen selbst 'gejagt' hatte, war Caius nun irgendwie unangenehm. Hätte er gewusst, dass sie sich zu derlei hinreißen ließ, hätte er ihr zumindest Hilfe geleistet, was sicherlich eine spaßige Angelegenheit geworden wäre. Andererseits hätte es vielleicht die der Situation innewohnende Würde genommen. Er lächelte.


    >Nicht der Rede wert. Ich hoffe, man lässt dich nicht allzu oft auf Hasenjagd gehen.<


    Das arme Tier ahnte wohl, welch grauenhaftes Schicksal ihm blühte und zappelte nach Kräften in der wagen Hoffnung, dieses vielleicht doch noch irgendwie abwenden zu können. Doch so chancenlos, wie es war, war der Tod eines Frage der Zeit. Und die Aufmerksamkeit und Wohlwollen Fortuna's damit hoffentlich ebenfalls.


    Dann fuhr er sich mit der Hand übers Kinn, überlegte kurz, dabei nachdenklich auf den Boden schauend. Caius musste sich ehrlich eingestehen, dass er selbstständig wohl kein Opfer durchführen konnte. Hier und jetzt bot sich ihm eine vielleicht einmalige Gelegenheit, genau das zu lernen und er konnte sich glücklich schätzen, dass ihm die Götter eine bezaubernde Lehrerin bescherten. Offenbar hatte Fortuna ihn noch nicht ganz vergessen. Und ausserdem konnte man ja nie wissen, vielleicht führte ihn sein Weg ja mal zum Cultus Deorum. Er sah wieder hoch und setzte einen freundlicheren Gesichtsausdruck auf.


    >Ich gestehe, dass ich die Gelegenheit ergreifen und eine Opferung gänzlich erlernen möchte.<


    Das war wohl so etwas wie eine nette Umschreibung der Worte im Sinne von 'ich kann das gar nicht'.


    >Von daher wäre ich dir sehr verbunden, würdest du mir zugleich eine Lektion geben.<